L 27 P 89/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 P 70/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 89/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. März 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I für den Zeitraum von Juli 2004 bis Januar 2006.

Die 1927 geborene Klägerin beantragte im Juli 2004 bei der Beklagten Pflegesachleistungen. Auf der Grundlage des durch den Dipl.-Med. Z erstellten MDK-Gutachtens vom 26. August 2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 23. September 2004 ab. Den daraufhin erhobenen Widerspruch wies sie nach Einholung einer erneuten Stellungnahme des Dipl.-Med. Z vom 16. November 2004 und des gutachterlichen Stellungnahme des Krankenpflegers L (MDK) vom 22. November 2004 mit Widerspruchbescheid vom 23. Februar 2005 zurück.

Mit ihrer zu dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin Pflegeleistungen der Pflegestufe I begehrt. Im Klageverfahren hat die Beklagte das MDK-Gutachten vom 15. Juli 2005 vorgelegt, in dem die Gutachterin Dr. P die Pflegebedürftigkeit der Klägerin verneint hat. Das Sozialgericht hat das Gutachten des Internisten Dr. F vom 3. Februar 2006 eingeholt, der aufgrund der Untersuchung der Klägerin im Januar 2006 zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sie erheblich pflegebedürftig sei. Es bestehe ein täglicher Hilfebedarf bei der Grundpflege von 47 Minuten, bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 117 Minuten. Gestützt auf die gu-tachterliche Stellungnahme der Ärztin Dr. N (MDK) vom 21. März 2006 hat die Beklagte ein-gewandt, der Hilfebedarf der Klägerin bei der Grundpflege betrage nur 44 Minuten. Der Auf-wand für den Transfer in die Badewanne von zwei Minuten falle nur einmal wöchentlich an, weshalb der von dem Gerichtssachverständigen Dr. F berücksichtigte Hilfebedarf von zwei Minuten auf eine Minute zu reduzieren sei. Des Weiteren sei der von Dr. F angesetzte Hilfebe-darf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für monatliche Konsultationen beim Hausarzt und bei der vierteljährlichen Vorstellung beim Pulmologen mit durchschnittlich 2,67 Minuten pro Tag abzuziehen, da es sich hierbei nicht – wie erforderlich – um wöchentliche Arztbesuche handele. Gleichwohl erkenne sie an, dass die Klägerin vom Zeitpunkt der Begutachtung erheblich pflegebedürftig sei. Mit Bescheid vom 3. April 2006 hat die Beklagte der Klägerin Leistungen der Pflegestufe I vom 1. Februar 2006 an gewährt.

Den verbliebenen Klageantrag auf Pflegeleistungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Januar 2006 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 13. März 2008 abgewiesen. Zur Begrün-dung hat es insbesondere ausgeführt, dass die Klägerin während dieses Zeitraums noch nicht pflegebedürftig gewesen sei. Zutreffend habe die Beklagte ausgeführt, dass die von dem Sach-verständigen Dr. F in seinem Gutachten vom 3. Februar 2006 für den täglichen Hilfebedarf in der Grundpflege geschätzten 47 Minuten auf 44 Minuten zu reduzieren seien. Zum Beginn der Hilfe habe der Gutachter ausgeführt, dass zwar ein Hilfebedarf seit der Antragstellung bestan-den habe. Da sich die körperliche Verfassung der Klägerin jedoch verschlechtert habe, sei er im Zeitpunkt der Begutachtung im Januar 2006 von einem vermehrten Hilfebedarf ausgegan-gen. Die Vorgutachten von August 2004 und Juli 2005, denen er folge, spiegelten das allmähli-che Nachlassen der körperlichen Kräfte der Klägerin wider.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass das Sozialgericht, da es in Abweichung von dem Gutachten des Dr. F vom 3. Februar 2006 einen Hilfebedarf in der Grundpflege von nur 44 Minuten angenommen habe, gehalten gewe-sen wäre, den Sachverständigen zu einer ergänzenden Stellungnahme aufzufordern.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. März 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 23. September 2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 23. Februar 2005, geändert durch Bescheid vom 3. April 2006, zu verpflichten, ihr Leistungen der Pflegestufe I auch für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Januar 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Im Rahmen der vom Gericht angeforderten ergänzenden Stellungnahme vom 30. Dezember 2008 hat Dr. F ausgeführt, dass vor seiner Begutachtung der Klägerin kein Hilfebedarf bestan-den habe, der die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I gerechtfertigt hätte.

Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegen-stand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstan-des wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage mit seinem Urteil vom 13. März 2008 abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. September 2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 23. Februar 2005, geändert durch Bescheid vom 3. April 2006, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn ihr steht kein Anspruch auf Pflegeleistungen nach der Pflegestufe I für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Januar 2006 zu.

Der geltend gemachte Anspruch setzt nach § 37 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI) u. a. voraus, dass der Anspruchsteller pflegebedürftig ist und mindestens der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei nach § 14 Abs. 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheb-lichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Abs. 3 SGB XI in der Unterstüt-zung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des tägli-chen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Ü-bernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Ver-richtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Abs. 4 SGB XI im Bereich der Körper-pflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Bla-senentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Rei-nigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Be-heizen.

Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für we-nigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.

Diese Voraussetzungen sind im Fall der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfüllt. Denn entgegen ihrer Auffassung lässt sich nicht feststellen, dass ihr Grundpflegebedarf wöchentlich im Tagesdurchschnitt mehr als 45 Minuten betrug.

Dies hat das Sozialgericht unter Verwertung der im Verwaltungs- und im Klageverfahren er-hobenen ärztlichen und fachpflegerischen Feststellungen – einschließlich des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. F vom 3. Februar 2006 und der gutachterlichen Stellung-nahme der Ärztin Dr. N (MDK) vom 21. März 2006 – überzeugend dargelegt. Auf die zutref-fende Begründung des angefochtenen Urteils vom 21. Juli 2005 wird nach § 153 Abs. 2 Sozi-algerichtsgesetzes (SGG) Bezug genommen.

Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Entschei-dung: In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Dezember 2008 hat Dr. F nachvollziehbar ausgeführt, dass vor dem Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin durch ihn kein die Pflege-stufe I rechtfertigender Hilfebedarf bestanden habe, da die Schwere des Krankheitsbildes im Laufe der Zeit zugenommen habe. Dies lasse sich, wie der Sachverständige anschaulich darge-legt hat, auch darauf ersehen, dass sich der Medikamentenverbrauch erhöht habe und später ein Sauerstoffgerät habe verordnet werden müssen. Dem wird gefolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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