Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SF 3158/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 SV 363/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Januar 2010 aufgehoben.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Beim Sozialgericht Konstanz (SG) ging am 22. November 2009 ein 28 Blätter umfassendes Telefaxschreiben des Klägers ein.
Das SG forderte den Kläger durch Verfügung vom 24. November 2009 auf mitzuteilen, ob es sich bei dem Telefaxschreiben um eine neue Klage handele und gegen wen sie sich richte.
Der Kläger teilte daraufhin unter Übersendung weiterer 30 Seiten Telefaxe mit, er sei Teil einer mehrere Personen umfassenden Streitgenossenschaft, die sich - sinngemäß - dagegen wende, dass Behörden und Gerichte das Recht insbesondere in Form von UN-Resolutionen und sonstiger übernationaler Rechtsquellen nicht beachteten.
Das SG forderte den Kläger durch Verfügung vom 9. Dezember 2009 erneut unter Hinweis auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und Fristsetzung auf, den Klagegegner und das Klagebegehren zu benennen. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist werde die Klage durch Gerichtsbescheid als unzulässig abgewiesen.
Der Kläger führte hierzu im Faxschreiben vom 29. Dezember 2009 aus, das Begehren des SG sei undurchsichtig. Es gebe in den dem SG zugefaxten Tatsachen keine Begehren sondern eine erfüllungspflichtige Rechtslage. Außerdem übersandte er weitere schriftliche Äußerungen per Telefax, u.a. einen Eilantrag, mit welchem die Anerkennung der "Ringvorsorgegemeinschaft als Weltanschauungsgemeinschaft" einschließlich finanzieller und gesetzlicher Förderung verlangt wird.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2010 wies das SG die Klage ab. Zwar seien die zahlreichen Schreiben des Klägers als Rechtsschutzbegehren aufzufassen. Sie ließen aber einen Klagegegner nicht erkennen. Auch sei die Frist zur Benennung von Klagegegner und Klagegegenstand fruchtlos abgelaufen. Es könne auch offen bleiben, ob bei fehlender fristgerechter Ergänzung der Klageschrift die Klageabweisung als unzulässig zwingend sei, da das Vorbringen des Kläger auch nicht einmal ansatzweise ein sozialrechtliches Begehren erkennen lasse. Auch sei nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger in seinen sozialen Rechten beeinträchtigt sei. Nachdem auch nichts dafür ersichtlich sei, dass der Kläger zu dem kostenmäßig privilegierten Personenkreis nach § 183 SGG gehöre, würden dem Kläger gemäß § 197a Abs. Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Beschluss vom 7. Januar 2010 setzte das SG den Streitwert auf 1250 EUR fest.
Am 21. Januar 2010 sind beim Landessozialgericht mehrere Faxschreiben eingegangen, in welchen sinngemäß zum Ausdruck gebracht wird, dass "alles, was gegen eine volljährige Person der Ringvorsorgegemeinschaft" vorgebracht worden sei, angefochten werde. Des weiteren hat der Kläger mit am 3. Februar 2010 per Fax eingegangenem, u.a. an das LSG gerichtetem Schreiben vom 1. Februar 2010 vorgetragen, das Amtsgericht Konstanz behaupte, er habe angeblich eine Klage beim SG eingereicht und müsse nun für eine Klage, die nicht existent sei, 195 EUR an die Landeskasse bezahlen. Auch die Berufung sei erfunden. Bei normalem Menschenverstand könnten keine Gerichtskosten anfallen, da er keine Klage eingereicht habe. Sämtliche Akten seien dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzulegen. Er weise darauf hin, dass er, wie bereits bekannt sein müsse, Teil der Ringvorsorge sei, was als wahrscheinlicher Grund für die erfundene Klage anzunehmen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Januar 2010 aufzuheben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Akten des SG und die Senatsakte.
Entscheidungsgründe:
Das am 3. Februar 2010 innerhalb der Berufungsfrist eingegangene Schreiben des Klägers vom 1. Februar 2010 ist als Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2010 anzusehen. Durch den Gerichtsbescheid ist der Kläger beschwert und gegen diesen wendet er sich, auch wenn er die Berufung als "erfunden" bezeichnet.
Die Berufung ist auch sachlich begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger mit den Faxschreiben, die seit dem 22. November 2009 bis zur Entscheidung des SG am 7. Januar 2010 bei diesem eingegangen sind, keine Klage i.S.d. § 90 SGG erhoben. Der Gerichtsbescheid des SG, mit dem die Klage abgewiesen wurde, musste daher aufgehoben werden. Gemäß § 90 SGG ist die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ob mit einem Schreiben eine Klage gewollt ist, muss im Weg der Auslegung ermittelt werden. Dabei ist es unwesentlich, wie das Schriftstück bezeichnet wird; erforderlich ist aber, dass das Ziel der Überprüfung durch ein Gericht deutlich wird. Wird nicht deutlich, ob Klage erhoben werden soll, erfolgt aber später - ggf. auf Nachfrage - eine Klarstellung, liegt erst in dieser die Klage, die auch für eine ggf. einzuhaltende Frist entscheidend ist. Solange tritt keine Rechtshängigkeit ein (vgl. Binder in Handkommentar-SGG, 2. Auflage § 90 Rdnr. 3. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 90 Rdnr. 4).
Zutreffend hat das SG in der Verfügung vom 24. November 2009 Zweifel daran geäußert, dass der Kläger mit den per Telefax am 22. November 2009 übersandten Schriftstücken Klage zum SG erheben wollte. Aus den Schriftstücken ergibt sich kein Begehren auf gerichtliche Überprüfung eines konkreten Sachverhalts, sondern es wird sinngemäß geltend gemacht, dass Behörden und Gerichte, mit denen der auch dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannte Personenkreis, der sich durch eine "Ringvorsorgevollmacht" verbunden fühlt, in wiederum zahlreichen Verfahren in Kontakt getreten ist, das Recht insbesondere in Form von UN-Resolutionen und sonstigen übernationalen Rechtsquellen und entsprechende Veröffentlichungen nicht beachteten. Auch die im Anschluss an die Verfügung vom 24. November 2009 eingegangenen Schriftstücke der "Ringvorsorge" mahnen sinngemäß lediglich die Einhaltung von "Grund- und Menschenrechtschartas" an, enthalten aber keinen Hinweis auf einen konkreten Sachverhalt, der vom SG überprüft werden solle. Auch bringt der Kläger auch in Beantwortung der Verfügung vom 9. Dezember 2009 noch einmal zum Ausdruck, dass sich aus den dem SG zugefaxten Tatsachen kein Begehren, sondern eine "erfüllungspflichtige Rechtslage" ergebe und verweist erneut auf aus seiner Sicht supranationale Rechtsquellen. Schließlich kann auch dem an Behörden und Instanzen gerichteten Eilantrag, die "Ringvorsorgegemeinschaft als Weltanschauungsgemeinschaft" anzuerkennen und finanziell und gesetzlich zu fördern, kein Antrag auf gerichtliche Überprüfung eines konkreten Sachverhalts entnommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Beim Sozialgericht Konstanz (SG) ging am 22. November 2009 ein 28 Blätter umfassendes Telefaxschreiben des Klägers ein.
Das SG forderte den Kläger durch Verfügung vom 24. November 2009 auf mitzuteilen, ob es sich bei dem Telefaxschreiben um eine neue Klage handele und gegen wen sie sich richte.
Der Kläger teilte daraufhin unter Übersendung weiterer 30 Seiten Telefaxe mit, er sei Teil einer mehrere Personen umfassenden Streitgenossenschaft, die sich - sinngemäß - dagegen wende, dass Behörden und Gerichte das Recht insbesondere in Form von UN-Resolutionen und sonstiger übernationaler Rechtsquellen nicht beachteten.
Das SG forderte den Kläger durch Verfügung vom 9. Dezember 2009 erneut unter Hinweis auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und Fristsetzung auf, den Klagegegner und das Klagebegehren zu benennen. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist werde die Klage durch Gerichtsbescheid als unzulässig abgewiesen.
Der Kläger führte hierzu im Faxschreiben vom 29. Dezember 2009 aus, das Begehren des SG sei undurchsichtig. Es gebe in den dem SG zugefaxten Tatsachen keine Begehren sondern eine erfüllungspflichtige Rechtslage. Außerdem übersandte er weitere schriftliche Äußerungen per Telefax, u.a. einen Eilantrag, mit welchem die Anerkennung der "Ringvorsorgegemeinschaft als Weltanschauungsgemeinschaft" einschließlich finanzieller und gesetzlicher Förderung verlangt wird.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2010 wies das SG die Klage ab. Zwar seien die zahlreichen Schreiben des Klägers als Rechtsschutzbegehren aufzufassen. Sie ließen aber einen Klagegegner nicht erkennen. Auch sei die Frist zur Benennung von Klagegegner und Klagegegenstand fruchtlos abgelaufen. Es könne auch offen bleiben, ob bei fehlender fristgerechter Ergänzung der Klageschrift die Klageabweisung als unzulässig zwingend sei, da das Vorbringen des Kläger auch nicht einmal ansatzweise ein sozialrechtliches Begehren erkennen lasse. Auch sei nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger in seinen sozialen Rechten beeinträchtigt sei. Nachdem auch nichts dafür ersichtlich sei, dass der Kläger zu dem kostenmäßig privilegierten Personenkreis nach § 183 SGG gehöre, würden dem Kläger gemäß § 197a Abs. Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Beschluss vom 7. Januar 2010 setzte das SG den Streitwert auf 1250 EUR fest.
Am 21. Januar 2010 sind beim Landessozialgericht mehrere Faxschreiben eingegangen, in welchen sinngemäß zum Ausdruck gebracht wird, dass "alles, was gegen eine volljährige Person der Ringvorsorgegemeinschaft" vorgebracht worden sei, angefochten werde. Des weiteren hat der Kläger mit am 3. Februar 2010 per Fax eingegangenem, u.a. an das LSG gerichtetem Schreiben vom 1. Februar 2010 vorgetragen, das Amtsgericht Konstanz behaupte, er habe angeblich eine Klage beim SG eingereicht und müsse nun für eine Klage, die nicht existent sei, 195 EUR an die Landeskasse bezahlen. Auch die Berufung sei erfunden. Bei normalem Menschenverstand könnten keine Gerichtskosten anfallen, da er keine Klage eingereicht habe. Sämtliche Akten seien dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzulegen. Er weise darauf hin, dass er, wie bereits bekannt sein müsse, Teil der Ringvorsorge sei, was als wahrscheinlicher Grund für die erfundene Klage anzunehmen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Januar 2010 aufzuheben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Akten des SG und die Senatsakte.
Entscheidungsgründe:
Das am 3. Februar 2010 innerhalb der Berufungsfrist eingegangene Schreiben des Klägers vom 1. Februar 2010 ist als Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2010 anzusehen. Durch den Gerichtsbescheid ist der Kläger beschwert und gegen diesen wendet er sich, auch wenn er die Berufung als "erfunden" bezeichnet.
Die Berufung ist auch sachlich begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat der Kläger mit den Faxschreiben, die seit dem 22. November 2009 bis zur Entscheidung des SG am 7. Januar 2010 bei diesem eingegangen sind, keine Klage i.S.d. § 90 SGG erhoben. Der Gerichtsbescheid des SG, mit dem die Klage abgewiesen wurde, musste daher aufgehoben werden. Gemäß § 90 SGG ist die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ob mit einem Schreiben eine Klage gewollt ist, muss im Weg der Auslegung ermittelt werden. Dabei ist es unwesentlich, wie das Schriftstück bezeichnet wird; erforderlich ist aber, dass das Ziel der Überprüfung durch ein Gericht deutlich wird. Wird nicht deutlich, ob Klage erhoben werden soll, erfolgt aber später - ggf. auf Nachfrage - eine Klarstellung, liegt erst in dieser die Klage, die auch für eine ggf. einzuhaltende Frist entscheidend ist. Solange tritt keine Rechtshängigkeit ein (vgl. Binder in Handkommentar-SGG, 2. Auflage § 90 Rdnr. 3. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 90 Rdnr. 4).
Zutreffend hat das SG in der Verfügung vom 24. November 2009 Zweifel daran geäußert, dass der Kläger mit den per Telefax am 22. November 2009 übersandten Schriftstücken Klage zum SG erheben wollte. Aus den Schriftstücken ergibt sich kein Begehren auf gerichtliche Überprüfung eines konkreten Sachverhalts, sondern es wird sinngemäß geltend gemacht, dass Behörden und Gerichte, mit denen der auch dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannte Personenkreis, der sich durch eine "Ringvorsorgevollmacht" verbunden fühlt, in wiederum zahlreichen Verfahren in Kontakt getreten ist, das Recht insbesondere in Form von UN-Resolutionen und sonstigen übernationalen Rechtsquellen und entsprechende Veröffentlichungen nicht beachteten. Auch die im Anschluss an die Verfügung vom 24. November 2009 eingegangenen Schriftstücke der "Ringvorsorge" mahnen sinngemäß lediglich die Einhaltung von "Grund- und Menschenrechtschartas" an, enthalten aber keinen Hinweis auf einen konkreten Sachverhalt, der vom SG überprüft werden solle. Auch bringt der Kläger auch in Beantwortung der Verfügung vom 9. Dezember 2009 noch einmal zum Ausdruck, dass sich aus den dem SG zugefaxten Tatsachen kein Begehren, sondern eine "erfüllungspflichtige Rechtslage" ergebe und verweist erneut auf aus seiner Sicht supranationale Rechtsquellen. Schließlich kann auch dem an Behörden und Instanzen gerichteten Eilantrag, die "Ringvorsorgegemeinschaft als Weltanschauungsgemeinschaft" anzuerkennen und finanziell und gesetzlich zu fördern, kein Antrag auf gerichtliche Überprüfung eines konkreten Sachverhalts entnommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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