Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 2923/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 6124/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2007 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zur Logopädin durch die Beklagte.
Die 1969 geborene Klägerin absolvierte nach Erlangung der mittleren Reife keine Berufsausbildung, sondern war ab November 1999 zunächst als Aushilfe in einem Blumenhof und dann als Verkaufshilfe in einem Blumengeschäft versicherungspflichtig beschäftigt. Das letztgenannte Arbeitsverhältnis kündigte der Arbeitgeber am 30.08.2005 zum 30.09.2005 aus betriebsbedingten Gründen.
Am 18.01.2005 sprach die Klägerin erstmals bei der Beklagten vor und wünschte einen Termin für eine Beratung. Sie teilte mit, dass sie sich für den Beruf der Logopädin interessiere. Am 01.02.2005 informierte sie die Beklagte darüber, dass sie einen Schulungsträger in Konstanz-Reichenau habe. Ihr wurden die Voraussetzungen für eine berufliche Weiterbildung und das Verfahren erläutert. Sie wurde aufgefordert, Kontakt mit der Frauenbeauftragten Frau L. aufzunehmen. Die Klägerin telefonierte mit Frau L. am 02.02.2005 und 07.02.2005. Man vereinbarte zu prüfen, ob eine Förderung zur Logopädin eventuell doch möglich sei. Am 23.02.2005 wurde die Klägerin darüber informiert, dass eine Ausbildung zur Logopädin durch die Beklagte nicht zugelassen sei. Eine Förderung sei auch aufgrund der Dauer der Maßnahme (drei Jahre) ausgeschlossen.
Im Juli 2005 beantragte die Klägerin förmlich die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zur staatlich geprüften Logopädin in der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Friedrichshafen vom 04.10.2005 bis 30.09.2008.
Mit Bescheid vom 18.07.2005 lehnte die Beklagte die Förderung ab. Für die angestrebte spätere berufliche Tätigkeit bzw. das von der Klägerin angestrebte Bildungsziel werde eine bedeutende Arbeitskräftenachfrage nach erfolgreichem Abschluss nicht prognostiziert. Die Maßnahme überschreite die Höchstförderungsdauer.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass unabhängig von der Einschätzung der Arbeitskräftenachfrage bei ihr durch ihren fehlenden Berufsabschluss die berufliche Weiterbildung vom Gesetz als Wert an sich anerkannt sei. Eine Verkürzung der Ausbildungsdauer um ein Drittel sei bei der Ausbildung zur Logopädin nicht möglich, da die Ausbildung bundeseinheitlich auf 3 Jahre festgesetzt sei. Für diesen Fall sehe § 85 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) jedoch vor, dass eine Förderung des Maßnahmeteils von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme dann nicht ausgeschlossen werde, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert sei. Sie habe in den Beratungsgesprächen immer wieder darauf hingewiesen, dass ihre Familie und ihr Lebenspartner wohl für ein Drittel der Ausbildung aufkommen könnten. Diesbezüglich legte die Klägerin eine Erklärung ihres Lebenspartners Werner Rimmele vom 12.09.2005 vor, wonach sich dieser für den Fall, dass die Beklagte die Weiterbildungskosten für die Dauer von zwei Jahren übernimmt und außerdem für die Dauer der Weiterbildung Arbeitslosengeld bewilligt, verpflichtet, für die Dauer von einem Jahr die Weiterbildungskosten in vollem Umfang zu übernehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte hierzu aus, dass vor dem Hintergrund des beruflichen Werdegangs der Klägerin und von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes es nicht angemessen sei, eine dreijährige Weiterbildung der Klägerin zur Logopädin zu fördern. Es sei zunächst eine ungeförderte Integration in den Arbeitsmarkt anzustreben.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2005 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Sie hat ausgeführt, aufgrund des Alters ihrer drei 1987, 1990 und 1991 geborenen Kinder könne sie nunmehr eine Berufsausbildung beginnen. Als gering Qualifizierte gehöre sie zur Zielgruppe des Eingliederungstitels der Beklagten. Es sei bekannt, dass die Gefahr der dauerhaften Arbeitslosigkeit bei ungelernten Arbeitnehmern am größten sei. Außerdem bedürfe sie als Frau zur Verbesserung ihrer beruflichen Situation der Förderung. Dies habe die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Der Beruf der Logopädin entspreche ihren Interessen. Die Aussichten, nach Beendigung der Ausbildung einen Arbeitsplatz zu erhalten, seien gut. Die Aufnahmetests zu den Ausbildungsstätten auf der Insel Reichenau und der Gotthilf-Vöhringer-Schule habe sie jeweils bestanden. Es könne ihr nicht zugemutet werden, zunächst eine ungeförderte Integration in den Arbeitsmarkt anzustreben. Wenn sie die Ausbildung zur Logopädin abgeschlossen habe, werde sie 39 Jahre alt sein. Die Aussichten in diesem Alter eine Anstellung zu finden, seien gut. Jedes Jahr, um den sich der Beginn der Ausbildung verzögere, würden sich ihre Chancen verschlechtern. Bezüglich des Berufsbilds der Logopädin sei von einer positiven Beschäftigungsprognose auszugehen. Dies zeige sich auch bei Betrachtung des beruflichen Werdegangs der Absolventen der Gotthilf-Vöhringer-Schule. Auch unter Zugrundelegung der von der Beklagten genannten Zahlen sei verglichen mit anderen Berufsbildern eine positive Beschäftigungsprognose zu stellen. Die Klägerin hat die Bildungsnews der Beklagten vom 23.12.2005 beigefügt.
Die Beklagte hat hierauf erwidert, dass die von der Klägerin angestrebte und ab 04.10.2005 angetretene dreijährige Weiterbildung zur Logopädin nicht notwendig im Sinne des § 77 Abs. 1 SGB III sei. Die Integration der Klägerin auf den Arbeitsmarkt wäre auch ohne Fördermittel schnell realisierbar gewesen. Es gelte der Vorrang der Vermittlung in Arbeit. Flankierend hätte sich allenfalls die Teilnahme der Klägerin an einer der im Jahr 2005 durchgeführten zwölfwöchigen Trainingsmaßnahme im kaufmännischen Bereich (mit integriertem Praktikum) oder die Teilnahme der Klägerin an einer achtwöchigen betrieblichen Trainingsmaßnahme in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Einzelhandel angeboten. Falls sie dann wider Erwarten arbeitslos geblieben wäre, hätte sie eine Weiterbildung im Verkaufsbereich mit dem Ziel "Qualifizierung im Verkauf mit EDV" bei insgesamt 18 Wochen absolvieren können. Eine Integration wäre insoweit, zumal die Eingliederungschancen im Beruf der Logopädin als ungünstig eingeschätzt würden, wesentlich kostengünstiger als durch eine Förderung der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme Logopädin zu erreichen gewesen. Auch die in § 8 SGB III normierte Frauenförderung gebe keinen Anspruch auf eine Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nach § 77 SGB III. Der Eingliederungstitel für die Förderung der beruflichen Weiterbildung sei niedrig und im Jahr 2006 weiter gekürzt worden. Abgesehen davon scheine die Klägerin von Anfang an eine berufliche Umorientierung zur Logopädin angestrebt zu haben.
Anlässlich der am 26.09.2007 vor dem SG durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die Beklagte erklärt, dass von einer Weiterbildung ausgegangen werde. Die Klägerin hat mitgeteilt, Lebensunterhalt, Fahrtkosten und Krankenversicherung zahle ihr Lebenspartner, das Schuldgeld werde gestundet. Wenn der Rechtsstreit nicht positiv entschieden werde, gebe es einen Kreditvertrag mit der Schule. Für anderes wäre sie durchaus offen gewesen.
Mit Urteil vom 26.09.2007 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2005 verurteilt, die im Oktober 2005 begonnene Ausbildung der Klägerin zur Logopädin für die Dauer von zwei Jahren als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung zu fördern. Im Übrigen hat es die auf Förderung der Gesamtmaßnahme gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es handele sich bei der von der Klägerin begonnenen Maßnahme um eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne der §§ 77 ff. SGB III. Die Klägerin erfülle auch die Voraussetzungen für eine Förderung der beruflichen Weiterbildung. Bei ihr bestehe wegen des fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung. Die von der Beklagten auch in einem solchen Fall aber dennoch zu treffende Entscheidung über die Förderung sei ermessensfehlerhaft. Es seien nicht alle Umstände, die in die Ermessensentscheidung hätten eingestellt werden müssen, berücksichtigt worden. Außeracht gelassen worden sei, dass der Erwerb einer beruflichen Qualifikation für Personen ohne beruflichen Abschluss für die Stärkung der beruflichen Absicherung einen Wert an sich darstelle. Die Beklagte sei nicht nur zur Neuverbescheidung des Antrags zu verurteilen, sondern zur Förderung der von der Klägerin begonnenen Weiterbildung zur Logopädin für die Dauer von zwei Jahren. Zwar bestehe auch insoweit ein Ermessen der Beklagten. Die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für Logopäden sei indessen nicht relevant, da bei der Notwendigkeit der Weiterbildung wegen fehlenden Berufsabschlusses eine positive Beschäftigungsprognose nicht erforderlich sei. Ausgeschlossen sein dürfe nur eine negative Beschäftigungsprognose. Eine solche könne nicht angenommen werden. Ein Ermessen bezüglich der Auswahl der Bildungsmaßnahme habe die Beklagte, da sie der Klägerin keine Alternativen vorgeschlagen habe, nicht. Da die Finanzierung der Maßnahme für die gesamte Dauer gesichert sei, sei die Förderung der Maßnahme von bis zu zwei Dritteln auch nicht nach § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III ausgeschlossen. Im Hinblick auf die bereits begonnene Weiterbildungsmaßnahme bestehe unter Berücksichtigung aller Umstände eine Ermessensreduzierung auf Null.
Gegen das ihr am 04.12.2007 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 27.12.2007 eingelegten Berufung. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Förderung der Ausbildung zur Logopädin nicht zu. Es handele sich nicht um eine Weiterbildungsmaßnahme, sondern um eine schulische Ausbildungsmaßnahme, die nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) zu fördern wäre. Selbst wenn die Ausbildung als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung eingeordnet würde, käme eine Förderung nicht in Betracht. Die Klägerin sei durch sie - die Beklagte - vor Festlegung auf eine bestimmte Ausbildung und vor Beginn der Teilnahme nicht beraten worden. Sie habe sich bereits bei der ersten Vorsprache am 18.01.2005 auf eine Ausbildung zur Logopädin festgelegt gehabt. Es sei lediglich noch um die Finanzierung der Maßnahme gegangen. Entgegen der Auffassung des SG liege auch keine Ermessensreduzierung auf Null vor. Die Ausbildung zur Logopädin sei nicht die einzige Maßnahme, mit der die Eingliederung der Klägerin in den Arbeitsmarkt möglich wäre. In Frage gekommen wäre auch eine andere, möglicherweise kostengünstigere oder arbeitsmarktlich erfolgversprechendere Qualifizierung bis hin zur beruflichen Ausbildung (Einzelhandel, Floristin etc.). Bei der Vorsprache Mitte Januar 2005 sei die Klägerin auch noch nicht arbeitslos gewesen. Dass zu diesem Zeitpunkt primär die Maßnahme zur Logopädin auf die Förderfähigkeit geprüft worden sei, ohne der weder arbeitslosen noch unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedrohten Klägerin andere Alternativen vorzuschlagen, sei nicht ermessenfehlerhaft. Nach Eintritt der Arbeitslosigkeit sei die Klägerin bereits vertraglich an den Maßnahmeträger gebunden gewesen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Maßnahme arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig sei. Es bestehe keine positive Beschäftigungsprognose. Etwas anderes ergebe sich auch nicht auf Grund des von der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags, denn es sei eine ex ante Betrachtung vorzunehmen. Eine Förderung könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches erfolgen, denn ein Beratungsfehler ihrerseits liege nicht vor. Die Klägerin sei an sie mit dem Anliegen, Logopädin werden zu wollen, herangetreten und habe um Finanzierung der Ausbildung gebeten. Bereits zeitnah sei ihr mitgeteilt worden, dass eine Förderung nicht in Betracht komme. Selbst wenn ein Beratungsfehler vorläge, resultiere hieraus kein Anspruch auf Förderung der konkret von der Klägerin besuchten Maßnahme. Etwas anderes ergebe sich auch nicht wenn eine Förderung über BAföG nicht möglich sei. Aus dem mit der Gotthilf-Vöhringer-Schule abgeschlossenen Darlehensvertrag ergebe sich, dass die Finanzierung des dritten Jahres der Maßnahmeteilnahme nicht - wie bisher vorgetragen - durch Zahlungen des Lebensgefährten gesichert sei. Die Beklagte hat die im KursNET vorhandenden Angaben zur Logopädin an der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Friedrichshafen beigefügt.
Die Klägerin hat hiergegen eingewandt, dass die Auffassung der Beklagten, förderungsfähig seien nur Weiterbildungsmaßnahmen, die auf einer angemessenen Berufsausbildung aufbauten, dem Gesetzestext des § 77 Abs. 2 SGB III und der Zielsetzung des § 77 Abs. 1 Satz 1 Dritte Alternative SGB III widerspreche. Im Übrigen handele es sich um eine Weiterbildungsmaßnahme. 60 % der Ausbildungsstunden seien ausschließlich praktische Ausbildungsanteile. Die Möglichkeit der Förderung über BAföG sei bei ihr nicht möglich. Bei der ersten Vorsprache am 18.01.2005 sei sie noch nicht auf die konkrete Ausbildung zur Logopädin fixiert gewesen. In erster Linie sei es für sie wichtig gewesen, einen Berufsabschluss zu erlangen. Dadurch, dass die Beklagte ihr keine Alternativen genannt habe, habe diese ihre Beratungspflicht verletzt. Wenn sie dahingehend beraten worden wäre, dass die Ausbildung zur Logopädin nicht als berufliche Weiterbildungsmaßnahme förderungsfähig sei, hätte sie entweder um eine Förderung einer Berufsausbildung oder um eine förderungsfähige Form der beruflichen Weiterbildung nachgesucht. Die Klägerin hat ein Schreiben der Hebammenschule Villingen wegen ihrer Bewerbung um einen Ausbildungsplatz als Hebamme zum 01.10.2004, ihr Zeugnis über die staatliche Prüfung für Logopäden vom 18.09.2008, die Urkunde über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Logopädin, einen Anstellungsvertrag vom 15.07.2008, den von ihr mit der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Wilhelmsdorf geschlossenen Darlehensvertrag vom 06.06.2008/09.06.2008 und eine Bescheinigung der Gotthilf-Vöhringer-Schule, wonach der theoretische und praktische Unterricht sich auf insgesamt 1740 Stunden (davon 1520 Stunden theoretischer Unterricht und 200 Stunden praktischer Unterricht) und die praktische Ausbildung auf insgesamt 2100 Stunden belaufe, vorgelegt.
Auf Nachfrage des Senats hat die Gotthilf-Vöhringer-Schule unter dem 16.09.2008 mitgeteilt, dass der theoretische und der praktische Unterricht zum Logopäden 1740 Stunden, die praktische Ausbildung 2100 Stunden, die Gesamtausbildung also (mindestens) 3840 Stunden betrage. Die Angaben in KursNET über 48 Wochen praktische Ausbildung seien unzutreffend. Eine Richtigstellung sei veranlasst worden. Ergänzend hat die Schule unter dem 21.01.2010 ausgeführt, dass die Schule in Friedrichshafen zwischen dem 04.10.2005 und 30.09.2008 als Träger einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme für die Förderung zugelassen gewesen sei. Sie hat den Bescheid der Beklagten vom 05.09.2005 über die Überprüfung nach §§ 84, 85 SGB III und den Maßnahmebogen vorgelegt. Nach dem Maßnahmebogen umfasst die Maßnahme 524 Unterrichts- und 86 Praktikumstage.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise, den Lebensgefährten der Klägerin, Herrn Rimmele, dazu zu vernehmen, dass die Klägerin nicht auf eine Ausbildung zur Logopädin fixiert war, weiter, die Revision zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die im Oktober 2005 von der Klägerin begonnene Ausbildung zur Logopädin für die Dauer von zwei Jahren als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung zu fördern, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung der Ausbildung zur Logopädin.
Die Voraussetzungen einer Förderung der beruflichen Weiterbildung nach §§ 77 ff. SGB III sind nicht erfüllt. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn (1.) die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, (2.) vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und (3.) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Förderungsfähig nach §§ 77 ff. SGB III sind nur Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Die Weiterbildungsförderung nach dem Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III (§§ 77 bis 96 SGB III) muss von der Ausbildungsförderung nach dem Fünften Abschnitt (§§ 59 bis 76 SGB III), die an abweichende Förderungsvoraussetzungen knüpft und auch einen anderen Leistungskatalog umfasst, abgegrenzt werden. Von der beruflichen Ausbildung ist wiederum die schulische Ausbildung zu unterscheiden, die nach Maßgabe des BAföG gefördert werden kann (B. Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 77 bis 96 Rz. 2a). Der Beschränkung der Förderung nach dem Sechsten Abschnitt auf Maßnahmen der beruflichen "Weiter"bildung steht - wie bereits der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 22.01.2009 - L 7 AL 6059/07 -, der sich der erkennende Senat anschließt, ausgeführt hat - nicht entgegen, dass § 77 SGB III auch die Umschulung, d.h. das Vermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten für eine bislang nicht ausgeübte Beschäftigung mit dem Ziel einer neuen beruflichen Ausrichtung bis hin zu einem beruflichen Abschluss umfasst (vgl. § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Damit hat der Gesetzgeber nicht die Abgrenzung zwischen Ausbildung und Weiterbildung aufgegeben, sondern nur das Ziel der Maßnahme definiert. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Ausbildung und Weiterbildung ist der Weg zur Erreichung dieses Ziels. Wie sich aus der in § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III gegenüber einer Ausbildungsmaßnahme grundsätzlich verkürzten Dauer der Weiterbildungsmaßnahme ergibt, müssen die Inhalte und ihre Vermittlung bei einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung anders gestaltet sein als bei einer üblichen Erstausbildung. Die Angebote müssen den Charakter einer Weiterbildung wahren und an berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten anknüpfen, die aus einer vorangegangenen Ausbildung oder sonstigen beruflichen Tätigkeit resultieren (vgl. hierzu neben dem Urteil des 7. Senats vom 29.01.2009: Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 04.04.2007 - L 7 AL 755/07 ER-B -; Schmidt in Eicher/Schlegel, a.a.O., vor §§ 77 bis 96, Rz. 2a und 2b). Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil § 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gerade auf das Fehlen eines Berufsabschlusses abstellt. Denn diese Norm betrifft nur den Teilnehmer selbst, nicht aber die Maßnahme, d.h. die Maßnahme muss auch dann anders als eine Ausbildung ausgestaltet sein, wenn sie auf Teilnehmer ohne Berufsabschluss zugeschnitten ist (Schmidt in Eicher/Schlegel, a.a.O., Rz. 2b).
Die Abgrenzung, ob es sich bei einer Maßnahme um eine solche der Berufsausbildung (§§ 59 ff. SGB III) oder der beruflichen Weiterbildung (§§ 77 ff. SGB III) handelt, ist, wie das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen vom 17.11.2005 - B 11a AL 23/05 R - und vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 68/06 R -, jeweils in juris ausgeführt hat, ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgebend ist die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht die Perspektive des Teilnehmers oder ob es sich um den ersten oder zweiten Besuch einer Maßnahme handelt. Nach dem objektiven Zuschnitt der Maßnahme, seiner Struktur und seinen Inhalten ist zu entscheiden, ob es sich um eine schulische oder berufliche Ausbildung oder um eine berufliche Weiterbildung handelt (Schmidt in Eicher/Schlegel, a.a.O., Rz. 2b). Es sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, etwa welche Vorkenntnisse für die erfolgreiche Teilnahme erforderlich sind, welche Unterrichtsformen geplant sind und welcher Abschluss angestrebt wird. Während die berufliche Weiterbildung nach § 77 Abs. 2 SGB III erkennbar auf eine angemessene Berufserfahrung als Grundlage einer beruflichen Weiterbildung abstellt, baut eine Ausbildungsmaßnahme nicht auf bereits erworbenen beruflichen Kenntnissen auf.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben ist bezüglich der von der Klägerin begehrten Maßnahme festzustellen, dass die Maßnahme und der Träger der Maßnahme während der Dauer der Ausbildung der Klägerin vom 04.10.2005 bis 30.09.2008 für die Förderung zugelassen war. Es kann auch als wahr unterstellt werden, dass die Klägerin vor Beginn der Maßnahme die Beklagte mit der Bitte um Beratung aufgesucht hat und bezüglich der Art der Weiterbildung noch offen war, weshalb eine Vernehmung des Lebenspartners der Klägerin, Herrn Rimmele, entsprechend dem hilfsweise gestellten Antrag entbehrlich ist. Dahingestellt bleiben kann, ob bei der Klägerin von der Notwendigkeit der Weiterbildung auszugehen ist und ob die Finanzierung des dritten Jahres der Ausbildung gesichert war, denn der Anspruch der Klägerin scheitert auf jeden Fall daran, dass es sich bei der von ihr absolvierten Maßnahme der Ausbildung zur Logopädin nicht um eine berufliche Weiterbildung, sondern eine Ausbildungsmaßnahme gehandelt hat.
Die insgesamt drei Jahre dauernde Ausbildung zur Logopädin umfasst ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung der Gotthilf-Vöhringer-Schule vom 17.07.2008, der Zeugenauskunft der Schule vom 16.09.2008 und des korrigierten Auftritts der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Friedrichshafen in dem Bildungsangebot KursNET vom 23.09.2008 36 Monate mit mindestens 1740 Stunden theoretischem und praktischem Unterricht und 2100 Stunden praktischer Ausbildung. Dies steht im Einklang mit der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden (LogAPrO) vom 01.10.1980. Nach der Anlage 2 der LogAPrO umfasst die praktische Ausbildung 340 Stunden Hospitationen in Phoniatrie und Logopädie und anderen fachbezogenen Bereichen, 1520 Stunden Praxis der Logopädie mit Übungen und Therapie unter fachlicher Aufsicht und Anleitung und 240 Stunden Praxis in Zusammenarbeit mit den Angehörigen des therapeutischen Teams. Nach dem von der Schule vorgelegten Maßnahmebogen beinhaltet die Maßnahme 524 Unterrichtstage und 86 Praktikumstage bzw. 3668 Unterrichtsstunden und 774 Praktikumsstunden. Zugangsvoraussetzung für die Maßnahme ist ein Realschulabschluss oder ein gleichwertiger Abschluss. Der Zugang ist unmittelbar nach (mittlerem) Schulabschluss möglich. Besondere berufliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen werden nicht verlangt, falls sie vorhanden sind, haben sie keine Änderung der Ausbildung zur Folge.
Daraus dass für die Ausbildung zum Logopäden keinerlei berufliche Vorbildung erforderlich ist, eine Vorbildung oder Erfahrung auch keine Verkürzung oder Änderung der Ausbildung zur Folge hat, der Situation von Umschülern mithin nicht Rechnung getragen wird, ergibt sich, dass es sich um eine Ausbildungsmaßnahme und keine Weiterbildungsmaßnahme handelt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Ausbildung praktische Blöcke beinhaltet. Welchen Anteil die Praxis ausmacht, d.h. ob den Angaben im Maßnahmebogen oder im KursNET und den damit korrespondierenden Aussagen der Schule und in der LogAPrO zu folgen ist, kann insoweit dahingestellt bleiben. Denn auch die Praxis dient der Ausbildung. Dies zeigt sich schon in der Wortwahl. Sowohl in der LogAPrO als auch in der Auskunft der Schule und im KursNET wird die Praxis als "Praktische Ausbildung" bezeichnet. Die praktische Ausbildung baut - mit Ausnahme der theoretisch vermittelten Kenntnisse - auch nicht auf Vorkenntnissen auf. Dass es sich auch bei der Praxis nicht um Weiter-, sondern um Ausbildung handelt, belegt auch der sich aus der Anlage 2 der LogAPrO ergebende Inhalt der praktischen Ausbildung. Es handelt sich um Übungen, Hospitationen und um die Zusammenarbeit mit den Angehörigen des therapeutischen Teams.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Zulassungsentscheidung der Zertifizierungsstelle. Zwar handelt es sich hierbei um das Ergebnis der Überprüfung nach §§ 84, 85 SGB III. Daraus ergibt sich jedoch keine für das Gericht bindende Feststellung, dass es sich bei der durchgeführten Maßnahme um eine solche der beruflichen Weiterbildung und nicht der Ausbildung handelt. Die Zulassungsentscheidung stellt, wie bereits der 7. Senat des Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 22.01.2009 - L 7 AL 6059/07 - a.a.O. ausgeführt hat, lediglich eine Tatbestandsvoraussetzung des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III dar. Dass es sich bei der zu fördernden Maßnahme um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung handeln muss, ergibt sich nicht aus § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, sondern folgt aus dem Einleitungssatz des § 77 Abs. 1 SGB III. Eine Prüfungsbefugnis, ob es sich um eine Weiterbildungsmaßnahme handelt, hat die Zertifizierungsstelle nicht. § 87 SGB III ermächtigt den Verordnungsgeber - u.a. - nur zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Zulassung von Maßnahmen, nicht aber zur verbindlichen Festlegung, wann eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung vorliegt. Mit der Zulassung der Maßnahme wird deshalb nicht gleichzeitig über die rechtliche Qualität als Weiterbildungsmaßnahme entschieden. Ob eine Maßnahme der beruflichen Aus- oder der Weiterbildung vorliegt, hat somit das Gericht unabhängig von einer Zulassungsentscheidung der Zertifizierungsstelle nach den oben genannten und angewandten Maßstäben zu prüfen.
Dass die Beklagte ihre Ablehnung auf andere Gründe gestützt hat und erstinstanzlich auch erklärt hat, dass sie von einer beruflichen Weiterbildung ausgehe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Voraussetzungen, ob ein Anspruch auf Förderung nach § 77 SGB III vorliegt, hat der Senat unter rechtlichen und tatsächlichen Aspekten eigenständig selbst zu prüfen. An die Begründung der Beklagten ist der Senat hierbei nicht gebunden. Die Erklärung der Beklagten anlässlich der vom SG durchgeführten mündlichen Verhandlung ist auch nicht als Zusicherung zu werten. Abgesehen davon, dass es insoweit an der Schriftform nach § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) fehlen dürfte, ist die Frage, ob eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung oder der beruflichen Ausbildung dient, nicht einer Zusicherung zugänglich, sondern ist anhand der objektiven Kriterien zu prüfen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Förderung der Ausbildung zur Logopädin und Übernahme der Lehrgangskosten besteht daher nach §§ 77 ff. SGB III nicht.
Eine Förderung als berufliche Ausbildung nach dem Fünften Abschnitt scheidet ebenfalls aus. Zwar begehrt die Klägerin eine erstmalige Ausbildung, was nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III förderungsfähig ist. Weitere Voraussetzung ist nach § 60 Abs. 1 SGB III jedoch, dass die berufliche Ausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf durchgeführt wird. Die Ausbildung zum Logopäden ist weder im Berufsbildungsgesetz, noch in der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz erwähnt. Es handelt sich hier um eine schulische Ausbildung an einer staatlich anerkannten Schule (§ 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Beruf des Logopäden).
Die Ausbildung zur Logopädin wäre deshalb hier allein förderungswürdig nach den Vorschriften des BAföG (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG). Dass die Klägerin die persönlichen Voraussetzungen hierfür aufgrund ihres Alters nicht (mehr) erfüllt, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich schließlich auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von der Beklagten falsch beraten wurde, denn auch wenn dies der Fall gewesen wäre, könnte mit Hilfe eines solchen Anspruches nur ein den gesetzlichen Förderungsbestimmungen entsprechender Zustand hergestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zur Logopädin durch die Beklagte.
Die 1969 geborene Klägerin absolvierte nach Erlangung der mittleren Reife keine Berufsausbildung, sondern war ab November 1999 zunächst als Aushilfe in einem Blumenhof und dann als Verkaufshilfe in einem Blumengeschäft versicherungspflichtig beschäftigt. Das letztgenannte Arbeitsverhältnis kündigte der Arbeitgeber am 30.08.2005 zum 30.09.2005 aus betriebsbedingten Gründen.
Am 18.01.2005 sprach die Klägerin erstmals bei der Beklagten vor und wünschte einen Termin für eine Beratung. Sie teilte mit, dass sie sich für den Beruf der Logopädin interessiere. Am 01.02.2005 informierte sie die Beklagte darüber, dass sie einen Schulungsträger in Konstanz-Reichenau habe. Ihr wurden die Voraussetzungen für eine berufliche Weiterbildung und das Verfahren erläutert. Sie wurde aufgefordert, Kontakt mit der Frauenbeauftragten Frau L. aufzunehmen. Die Klägerin telefonierte mit Frau L. am 02.02.2005 und 07.02.2005. Man vereinbarte zu prüfen, ob eine Förderung zur Logopädin eventuell doch möglich sei. Am 23.02.2005 wurde die Klägerin darüber informiert, dass eine Ausbildung zur Logopädin durch die Beklagte nicht zugelassen sei. Eine Förderung sei auch aufgrund der Dauer der Maßnahme (drei Jahre) ausgeschlossen.
Im Juli 2005 beantragte die Klägerin förmlich die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zur staatlich geprüften Logopädin in der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Friedrichshafen vom 04.10.2005 bis 30.09.2008.
Mit Bescheid vom 18.07.2005 lehnte die Beklagte die Förderung ab. Für die angestrebte spätere berufliche Tätigkeit bzw. das von der Klägerin angestrebte Bildungsziel werde eine bedeutende Arbeitskräftenachfrage nach erfolgreichem Abschluss nicht prognostiziert. Die Maßnahme überschreite die Höchstförderungsdauer.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass unabhängig von der Einschätzung der Arbeitskräftenachfrage bei ihr durch ihren fehlenden Berufsabschluss die berufliche Weiterbildung vom Gesetz als Wert an sich anerkannt sei. Eine Verkürzung der Ausbildungsdauer um ein Drittel sei bei der Ausbildung zur Logopädin nicht möglich, da die Ausbildung bundeseinheitlich auf 3 Jahre festgesetzt sei. Für diesen Fall sehe § 85 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) jedoch vor, dass eine Förderung des Maßnahmeteils von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme dann nicht ausgeschlossen werde, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert sei. Sie habe in den Beratungsgesprächen immer wieder darauf hingewiesen, dass ihre Familie und ihr Lebenspartner wohl für ein Drittel der Ausbildung aufkommen könnten. Diesbezüglich legte die Klägerin eine Erklärung ihres Lebenspartners Werner Rimmele vom 12.09.2005 vor, wonach sich dieser für den Fall, dass die Beklagte die Weiterbildungskosten für die Dauer von zwei Jahren übernimmt und außerdem für die Dauer der Weiterbildung Arbeitslosengeld bewilligt, verpflichtet, für die Dauer von einem Jahr die Weiterbildungskosten in vollem Umfang zu übernehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte hierzu aus, dass vor dem Hintergrund des beruflichen Werdegangs der Klägerin und von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes es nicht angemessen sei, eine dreijährige Weiterbildung der Klägerin zur Logopädin zu fördern. Es sei zunächst eine ungeförderte Integration in den Arbeitsmarkt anzustreben.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2005 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Sie hat ausgeführt, aufgrund des Alters ihrer drei 1987, 1990 und 1991 geborenen Kinder könne sie nunmehr eine Berufsausbildung beginnen. Als gering Qualifizierte gehöre sie zur Zielgruppe des Eingliederungstitels der Beklagten. Es sei bekannt, dass die Gefahr der dauerhaften Arbeitslosigkeit bei ungelernten Arbeitnehmern am größten sei. Außerdem bedürfe sie als Frau zur Verbesserung ihrer beruflichen Situation der Förderung. Dies habe die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Der Beruf der Logopädin entspreche ihren Interessen. Die Aussichten, nach Beendigung der Ausbildung einen Arbeitsplatz zu erhalten, seien gut. Die Aufnahmetests zu den Ausbildungsstätten auf der Insel Reichenau und der Gotthilf-Vöhringer-Schule habe sie jeweils bestanden. Es könne ihr nicht zugemutet werden, zunächst eine ungeförderte Integration in den Arbeitsmarkt anzustreben. Wenn sie die Ausbildung zur Logopädin abgeschlossen habe, werde sie 39 Jahre alt sein. Die Aussichten in diesem Alter eine Anstellung zu finden, seien gut. Jedes Jahr, um den sich der Beginn der Ausbildung verzögere, würden sich ihre Chancen verschlechtern. Bezüglich des Berufsbilds der Logopädin sei von einer positiven Beschäftigungsprognose auszugehen. Dies zeige sich auch bei Betrachtung des beruflichen Werdegangs der Absolventen der Gotthilf-Vöhringer-Schule. Auch unter Zugrundelegung der von der Beklagten genannten Zahlen sei verglichen mit anderen Berufsbildern eine positive Beschäftigungsprognose zu stellen. Die Klägerin hat die Bildungsnews der Beklagten vom 23.12.2005 beigefügt.
Die Beklagte hat hierauf erwidert, dass die von der Klägerin angestrebte und ab 04.10.2005 angetretene dreijährige Weiterbildung zur Logopädin nicht notwendig im Sinne des § 77 Abs. 1 SGB III sei. Die Integration der Klägerin auf den Arbeitsmarkt wäre auch ohne Fördermittel schnell realisierbar gewesen. Es gelte der Vorrang der Vermittlung in Arbeit. Flankierend hätte sich allenfalls die Teilnahme der Klägerin an einer der im Jahr 2005 durchgeführten zwölfwöchigen Trainingsmaßnahme im kaufmännischen Bereich (mit integriertem Praktikum) oder die Teilnahme der Klägerin an einer achtwöchigen betrieblichen Trainingsmaßnahme in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Einzelhandel angeboten. Falls sie dann wider Erwarten arbeitslos geblieben wäre, hätte sie eine Weiterbildung im Verkaufsbereich mit dem Ziel "Qualifizierung im Verkauf mit EDV" bei insgesamt 18 Wochen absolvieren können. Eine Integration wäre insoweit, zumal die Eingliederungschancen im Beruf der Logopädin als ungünstig eingeschätzt würden, wesentlich kostengünstiger als durch eine Förderung der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme Logopädin zu erreichen gewesen. Auch die in § 8 SGB III normierte Frauenförderung gebe keinen Anspruch auf eine Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nach § 77 SGB III. Der Eingliederungstitel für die Förderung der beruflichen Weiterbildung sei niedrig und im Jahr 2006 weiter gekürzt worden. Abgesehen davon scheine die Klägerin von Anfang an eine berufliche Umorientierung zur Logopädin angestrebt zu haben.
Anlässlich der am 26.09.2007 vor dem SG durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die Beklagte erklärt, dass von einer Weiterbildung ausgegangen werde. Die Klägerin hat mitgeteilt, Lebensunterhalt, Fahrtkosten und Krankenversicherung zahle ihr Lebenspartner, das Schuldgeld werde gestundet. Wenn der Rechtsstreit nicht positiv entschieden werde, gebe es einen Kreditvertrag mit der Schule. Für anderes wäre sie durchaus offen gewesen.
Mit Urteil vom 26.09.2007 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2005 verurteilt, die im Oktober 2005 begonnene Ausbildung der Klägerin zur Logopädin für die Dauer von zwei Jahren als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung zu fördern. Im Übrigen hat es die auf Förderung der Gesamtmaßnahme gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es handele sich bei der von der Klägerin begonnenen Maßnahme um eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne der §§ 77 ff. SGB III. Die Klägerin erfülle auch die Voraussetzungen für eine Förderung der beruflichen Weiterbildung. Bei ihr bestehe wegen des fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung. Die von der Beklagten auch in einem solchen Fall aber dennoch zu treffende Entscheidung über die Förderung sei ermessensfehlerhaft. Es seien nicht alle Umstände, die in die Ermessensentscheidung hätten eingestellt werden müssen, berücksichtigt worden. Außeracht gelassen worden sei, dass der Erwerb einer beruflichen Qualifikation für Personen ohne beruflichen Abschluss für die Stärkung der beruflichen Absicherung einen Wert an sich darstelle. Die Beklagte sei nicht nur zur Neuverbescheidung des Antrags zu verurteilen, sondern zur Förderung der von der Klägerin begonnenen Weiterbildung zur Logopädin für die Dauer von zwei Jahren. Zwar bestehe auch insoweit ein Ermessen der Beklagten. Die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für Logopäden sei indessen nicht relevant, da bei der Notwendigkeit der Weiterbildung wegen fehlenden Berufsabschlusses eine positive Beschäftigungsprognose nicht erforderlich sei. Ausgeschlossen sein dürfe nur eine negative Beschäftigungsprognose. Eine solche könne nicht angenommen werden. Ein Ermessen bezüglich der Auswahl der Bildungsmaßnahme habe die Beklagte, da sie der Klägerin keine Alternativen vorgeschlagen habe, nicht. Da die Finanzierung der Maßnahme für die gesamte Dauer gesichert sei, sei die Förderung der Maßnahme von bis zu zwei Dritteln auch nicht nach § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III ausgeschlossen. Im Hinblick auf die bereits begonnene Weiterbildungsmaßnahme bestehe unter Berücksichtigung aller Umstände eine Ermessensreduzierung auf Null.
Gegen das ihr am 04.12.2007 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 27.12.2007 eingelegten Berufung. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Förderung der Ausbildung zur Logopädin nicht zu. Es handele sich nicht um eine Weiterbildungsmaßnahme, sondern um eine schulische Ausbildungsmaßnahme, die nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) zu fördern wäre. Selbst wenn die Ausbildung als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung eingeordnet würde, käme eine Förderung nicht in Betracht. Die Klägerin sei durch sie - die Beklagte - vor Festlegung auf eine bestimmte Ausbildung und vor Beginn der Teilnahme nicht beraten worden. Sie habe sich bereits bei der ersten Vorsprache am 18.01.2005 auf eine Ausbildung zur Logopädin festgelegt gehabt. Es sei lediglich noch um die Finanzierung der Maßnahme gegangen. Entgegen der Auffassung des SG liege auch keine Ermessensreduzierung auf Null vor. Die Ausbildung zur Logopädin sei nicht die einzige Maßnahme, mit der die Eingliederung der Klägerin in den Arbeitsmarkt möglich wäre. In Frage gekommen wäre auch eine andere, möglicherweise kostengünstigere oder arbeitsmarktlich erfolgversprechendere Qualifizierung bis hin zur beruflichen Ausbildung (Einzelhandel, Floristin etc.). Bei der Vorsprache Mitte Januar 2005 sei die Klägerin auch noch nicht arbeitslos gewesen. Dass zu diesem Zeitpunkt primär die Maßnahme zur Logopädin auf die Förderfähigkeit geprüft worden sei, ohne der weder arbeitslosen noch unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedrohten Klägerin andere Alternativen vorzuschlagen, sei nicht ermessenfehlerhaft. Nach Eintritt der Arbeitslosigkeit sei die Klägerin bereits vertraglich an den Maßnahmeträger gebunden gewesen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Maßnahme arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig sei. Es bestehe keine positive Beschäftigungsprognose. Etwas anderes ergebe sich auch nicht auf Grund des von der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags, denn es sei eine ex ante Betrachtung vorzunehmen. Eine Förderung könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches erfolgen, denn ein Beratungsfehler ihrerseits liege nicht vor. Die Klägerin sei an sie mit dem Anliegen, Logopädin werden zu wollen, herangetreten und habe um Finanzierung der Ausbildung gebeten. Bereits zeitnah sei ihr mitgeteilt worden, dass eine Förderung nicht in Betracht komme. Selbst wenn ein Beratungsfehler vorläge, resultiere hieraus kein Anspruch auf Förderung der konkret von der Klägerin besuchten Maßnahme. Etwas anderes ergebe sich auch nicht wenn eine Förderung über BAföG nicht möglich sei. Aus dem mit der Gotthilf-Vöhringer-Schule abgeschlossenen Darlehensvertrag ergebe sich, dass die Finanzierung des dritten Jahres der Maßnahmeteilnahme nicht - wie bisher vorgetragen - durch Zahlungen des Lebensgefährten gesichert sei. Die Beklagte hat die im KursNET vorhandenden Angaben zur Logopädin an der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Friedrichshafen beigefügt.
Die Klägerin hat hiergegen eingewandt, dass die Auffassung der Beklagten, förderungsfähig seien nur Weiterbildungsmaßnahmen, die auf einer angemessenen Berufsausbildung aufbauten, dem Gesetzestext des § 77 Abs. 2 SGB III und der Zielsetzung des § 77 Abs. 1 Satz 1 Dritte Alternative SGB III widerspreche. Im Übrigen handele es sich um eine Weiterbildungsmaßnahme. 60 % der Ausbildungsstunden seien ausschließlich praktische Ausbildungsanteile. Die Möglichkeit der Förderung über BAföG sei bei ihr nicht möglich. Bei der ersten Vorsprache am 18.01.2005 sei sie noch nicht auf die konkrete Ausbildung zur Logopädin fixiert gewesen. In erster Linie sei es für sie wichtig gewesen, einen Berufsabschluss zu erlangen. Dadurch, dass die Beklagte ihr keine Alternativen genannt habe, habe diese ihre Beratungspflicht verletzt. Wenn sie dahingehend beraten worden wäre, dass die Ausbildung zur Logopädin nicht als berufliche Weiterbildungsmaßnahme förderungsfähig sei, hätte sie entweder um eine Förderung einer Berufsausbildung oder um eine förderungsfähige Form der beruflichen Weiterbildung nachgesucht. Die Klägerin hat ein Schreiben der Hebammenschule Villingen wegen ihrer Bewerbung um einen Ausbildungsplatz als Hebamme zum 01.10.2004, ihr Zeugnis über die staatliche Prüfung für Logopäden vom 18.09.2008, die Urkunde über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Logopädin, einen Anstellungsvertrag vom 15.07.2008, den von ihr mit der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Wilhelmsdorf geschlossenen Darlehensvertrag vom 06.06.2008/09.06.2008 und eine Bescheinigung der Gotthilf-Vöhringer-Schule, wonach der theoretische und praktische Unterricht sich auf insgesamt 1740 Stunden (davon 1520 Stunden theoretischer Unterricht und 200 Stunden praktischer Unterricht) und die praktische Ausbildung auf insgesamt 2100 Stunden belaufe, vorgelegt.
Auf Nachfrage des Senats hat die Gotthilf-Vöhringer-Schule unter dem 16.09.2008 mitgeteilt, dass der theoretische und der praktische Unterricht zum Logopäden 1740 Stunden, die praktische Ausbildung 2100 Stunden, die Gesamtausbildung also (mindestens) 3840 Stunden betrage. Die Angaben in KursNET über 48 Wochen praktische Ausbildung seien unzutreffend. Eine Richtigstellung sei veranlasst worden. Ergänzend hat die Schule unter dem 21.01.2010 ausgeführt, dass die Schule in Friedrichshafen zwischen dem 04.10.2005 und 30.09.2008 als Träger einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme für die Förderung zugelassen gewesen sei. Sie hat den Bescheid der Beklagten vom 05.09.2005 über die Überprüfung nach §§ 84, 85 SGB III und den Maßnahmebogen vorgelegt. Nach dem Maßnahmebogen umfasst die Maßnahme 524 Unterrichts- und 86 Praktikumstage.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise, den Lebensgefährten der Klägerin, Herrn Rimmele, dazu zu vernehmen, dass die Klägerin nicht auf eine Ausbildung zur Logopädin fixiert war, weiter, die Revision zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die im Oktober 2005 von der Klägerin begonnene Ausbildung zur Logopädin für die Dauer von zwei Jahren als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung zu fördern, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung der Ausbildung zur Logopädin.
Die Voraussetzungen einer Förderung der beruflichen Weiterbildung nach §§ 77 ff. SGB III sind nicht erfüllt. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn (1.) die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, (2.) vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und (3.) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Förderungsfähig nach §§ 77 ff. SGB III sind nur Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Die Weiterbildungsförderung nach dem Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III (§§ 77 bis 96 SGB III) muss von der Ausbildungsförderung nach dem Fünften Abschnitt (§§ 59 bis 76 SGB III), die an abweichende Förderungsvoraussetzungen knüpft und auch einen anderen Leistungskatalog umfasst, abgegrenzt werden. Von der beruflichen Ausbildung ist wiederum die schulische Ausbildung zu unterscheiden, die nach Maßgabe des BAföG gefördert werden kann (B. Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 77 bis 96 Rz. 2a). Der Beschränkung der Förderung nach dem Sechsten Abschnitt auf Maßnahmen der beruflichen "Weiter"bildung steht - wie bereits der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 22.01.2009 - L 7 AL 6059/07 -, der sich der erkennende Senat anschließt, ausgeführt hat - nicht entgegen, dass § 77 SGB III auch die Umschulung, d.h. das Vermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten für eine bislang nicht ausgeübte Beschäftigung mit dem Ziel einer neuen beruflichen Ausrichtung bis hin zu einem beruflichen Abschluss umfasst (vgl. § 85 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Damit hat der Gesetzgeber nicht die Abgrenzung zwischen Ausbildung und Weiterbildung aufgegeben, sondern nur das Ziel der Maßnahme definiert. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Ausbildung und Weiterbildung ist der Weg zur Erreichung dieses Ziels. Wie sich aus der in § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III gegenüber einer Ausbildungsmaßnahme grundsätzlich verkürzten Dauer der Weiterbildungsmaßnahme ergibt, müssen die Inhalte und ihre Vermittlung bei einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung anders gestaltet sein als bei einer üblichen Erstausbildung. Die Angebote müssen den Charakter einer Weiterbildung wahren und an berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten anknüpfen, die aus einer vorangegangenen Ausbildung oder sonstigen beruflichen Tätigkeit resultieren (vgl. hierzu neben dem Urteil des 7. Senats vom 29.01.2009: Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 04.04.2007 - L 7 AL 755/07 ER-B -; Schmidt in Eicher/Schlegel, a.a.O., vor §§ 77 bis 96, Rz. 2a und 2b). Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil § 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB III gerade auf das Fehlen eines Berufsabschlusses abstellt. Denn diese Norm betrifft nur den Teilnehmer selbst, nicht aber die Maßnahme, d.h. die Maßnahme muss auch dann anders als eine Ausbildung ausgestaltet sein, wenn sie auf Teilnehmer ohne Berufsabschluss zugeschnitten ist (Schmidt in Eicher/Schlegel, a.a.O., Rz. 2b).
Die Abgrenzung, ob es sich bei einer Maßnahme um eine solche der Berufsausbildung (§§ 59 ff. SGB III) oder der beruflichen Weiterbildung (§§ 77 ff. SGB III) handelt, ist, wie das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen vom 17.11.2005 - B 11a AL 23/05 R - und vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 68/06 R -, jeweils in juris ausgeführt hat, ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgebend ist die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht die Perspektive des Teilnehmers oder ob es sich um den ersten oder zweiten Besuch einer Maßnahme handelt. Nach dem objektiven Zuschnitt der Maßnahme, seiner Struktur und seinen Inhalten ist zu entscheiden, ob es sich um eine schulische oder berufliche Ausbildung oder um eine berufliche Weiterbildung handelt (Schmidt in Eicher/Schlegel, a.a.O., Rz. 2b). Es sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, etwa welche Vorkenntnisse für die erfolgreiche Teilnahme erforderlich sind, welche Unterrichtsformen geplant sind und welcher Abschluss angestrebt wird. Während die berufliche Weiterbildung nach § 77 Abs. 2 SGB III erkennbar auf eine angemessene Berufserfahrung als Grundlage einer beruflichen Weiterbildung abstellt, baut eine Ausbildungsmaßnahme nicht auf bereits erworbenen beruflichen Kenntnissen auf.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben ist bezüglich der von der Klägerin begehrten Maßnahme festzustellen, dass die Maßnahme und der Träger der Maßnahme während der Dauer der Ausbildung der Klägerin vom 04.10.2005 bis 30.09.2008 für die Förderung zugelassen war. Es kann auch als wahr unterstellt werden, dass die Klägerin vor Beginn der Maßnahme die Beklagte mit der Bitte um Beratung aufgesucht hat und bezüglich der Art der Weiterbildung noch offen war, weshalb eine Vernehmung des Lebenspartners der Klägerin, Herrn Rimmele, entsprechend dem hilfsweise gestellten Antrag entbehrlich ist. Dahingestellt bleiben kann, ob bei der Klägerin von der Notwendigkeit der Weiterbildung auszugehen ist und ob die Finanzierung des dritten Jahres der Ausbildung gesichert war, denn der Anspruch der Klägerin scheitert auf jeden Fall daran, dass es sich bei der von ihr absolvierten Maßnahme der Ausbildung zur Logopädin nicht um eine berufliche Weiterbildung, sondern eine Ausbildungsmaßnahme gehandelt hat.
Die insgesamt drei Jahre dauernde Ausbildung zur Logopädin umfasst ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung der Gotthilf-Vöhringer-Schule vom 17.07.2008, der Zeugenauskunft der Schule vom 16.09.2008 und des korrigierten Auftritts der Gotthilf-Vöhringer-Schule in Friedrichshafen in dem Bildungsangebot KursNET vom 23.09.2008 36 Monate mit mindestens 1740 Stunden theoretischem und praktischem Unterricht und 2100 Stunden praktischer Ausbildung. Dies steht im Einklang mit der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden (LogAPrO) vom 01.10.1980. Nach der Anlage 2 der LogAPrO umfasst die praktische Ausbildung 340 Stunden Hospitationen in Phoniatrie und Logopädie und anderen fachbezogenen Bereichen, 1520 Stunden Praxis der Logopädie mit Übungen und Therapie unter fachlicher Aufsicht und Anleitung und 240 Stunden Praxis in Zusammenarbeit mit den Angehörigen des therapeutischen Teams. Nach dem von der Schule vorgelegten Maßnahmebogen beinhaltet die Maßnahme 524 Unterrichtstage und 86 Praktikumstage bzw. 3668 Unterrichtsstunden und 774 Praktikumsstunden. Zugangsvoraussetzung für die Maßnahme ist ein Realschulabschluss oder ein gleichwertiger Abschluss. Der Zugang ist unmittelbar nach (mittlerem) Schulabschluss möglich. Besondere berufliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen werden nicht verlangt, falls sie vorhanden sind, haben sie keine Änderung der Ausbildung zur Folge.
Daraus dass für die Ausbildung zum Logopäden keinerlei berufliche Vorbildung erforderlich ist, eine Vorbildung oder Erfahrung auch keine Verkürzung oder Änderung der Ausbildung zur Folge hat, der Situation von Umschülern mithin nicht Rechnung getragen wird, ergibt sich, dass es sich um eine Ausbildungsmaßnahme und keine Weiterbildungsmaßnahme handelt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Ausbildung praktische Blöcke beinhaltet. Welchen Anteil die Praxis ausmacht, d.h. ob den Angaben im Maßnahmebogen oder im KursNET und den damit korrespondierenden Aussagen der Schule und in der LogAPrO zu folgen ist, kann insoweit dahingestellt bleiben. Denn auch die Praxis dient der Ausbildung. Dies zeigt sich schon in der Wortwahl. Sowohl in der LogAPrO als auch in der Auskunft der Schule und im KursNET wird die Praxis als "Praktische Ausbildung" bezeichnet. Die praktische Ausbildung baut - mit Ausnahme der theoretisch vermittelten Kenntnisse - auch nicht auf Vorkenntnissen auf. Dass es sich auch bei der Praxis nicht um Weiter-, sondern um Ausbildung handelt, belegt auch der sich aus der Anlage 2 der LogAPrO ergebende Inhalt der praktischen Ausbildung. Es handelt sich um Übungen, Hospitationen und um die Zusammenarbeit mit den Angehörigen des therapeutischen Teams.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Zulassungsentscheidung der Zertifizierungsstelle. Zwar handelt es sich hierbei um das Ergebnis der Überprüfung nach §§ 84, 85 SGB III. Daraus ergibt sich jedoch keine für das Gericht bindende Feststellung, dass es sich bei der durchgeführten Maßnahme um eine solche der beruflichen Weiterbildung und nicht der Ausbildung handelt. Die Zulassungsentscheidung stellt, wie bereits der 7. Senat des Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 22.01.2009 - L 7 AL 6059/07 - a.a.O. ausgeführt hat, lediglich eine Tatbestandsvoraussetzung des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III dar. Dass es sich bei der zu fördernden Maßnahme um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung handeln muss, ergibt sich nicht aus § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, sondern folgt aus dem Einleitungssatz des § 77 Abs. 1 SGB III. Eine Prüfungsbefugnis, ob es sich um eine Weiterbildungsmaßnahme handelt, hat die Zertifizierungsstelle nicht. § 87 SGB III ermächtigt den Verordnungsgeber - u.a. - nur zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Zulassung von Maßnahmen, nicht aber zur verbindlichen Festlegung, wann eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung vorliegt. Mit der Zulassung der Maßnahme wird deshalb nicht gleichzeitig über die rechtliche Qualität als Weiterbildungsmaßnahme entschieden. Ob eine Maßnahme der beruflichen Aus- oder der Weiterbildung vorliegt, hat somit das Gericht unabhängig von einer Zulassungsentscheidung der Zertifizierungsstelle nach den oben genannten und angewandten Maßstäben zu prüfen.
Dass die Beklagte ihre Ablehnung auf andere Gründe gestützt hat und erstinstanzlich auch erklärt hat, dass sie von einer beruflichen Weiterbildung ausgehe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Voraussetzungen, ob ein Anspruch auf Förderung nach § 77 SGB III vorliegt, hat der Senat unter rechtlichen und tatsächlichen Aspekten eigenständig selbst zu prüfen. An die Begründung der Beklagten ist der Senat hierbei nicht gebunden. Die Erklärung der Beklagten anlässlich der vom SG durchgeführten mündlichen Verhandlung ist auch nicht als Zusicherung zu werten. Abgesehen davon, dass es insoweit an der Schriftform nach § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) fehlen dürfte, ist die Frage, ob eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung oder der beruflichen Ausbildung dient, nicht einer Zusicherung zugänglich, sondern ist anhand der objektiven Kriterien zu prüfen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Förderung der Ausbildung zur Logopädin und Übernahme der Lehrgangskosten besteht daher nach §§ 77 ff. SGB III nicht.
Eine Förderung als berufliche Ausbildung nach dem Fünften Abschnitt scheidet ebenfalls aus. Zwar begehrt die Klägerin eine erstmalige Ausbildung, was nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III förderungsfähig ist. Weitere Voraussetzung ist nach § 60 Abs. 1 SGB III jedoch, dass die berufliche Ausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf durchgeführt wird. Die Ausbildung zum Logopäden ist weder im Berufsbildungsgesetz, noch in der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz erwähnt. Es handelt sich hier um eine schulische Ausbildung an einer staatlich anerkannten Schule (§ 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Beruf des Logopäden).
Die Ausbildung zur Logopädin wäre deshalb hier allein förderungswürdig nach den Vorschriften des BAföG (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG). Dass die Klägerin die persönlichen Voraussetzungen hierfür aufgrund ihres Alters nicht (mehr) erfüllt, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich schließlich auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von der Beklagten falsch beraten wurde, denn auch wenn dies der Fall gewesen wäre, könnte mit Hilfe eines solchen Anspruches nur ein den gesetzlichen Förderungsbestimmungen entsprechender Zustand hergestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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