L 3 AL 1367/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 829/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1367/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 14.606,99 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin zur Erstattung von Arbeitslosengeld nebst Versicherungsbeiträgen für ihre ehemalige Arbeitnehmerin Barbara Hinkel (An.) für die Zeit vom 01.08.2003 bis 31.03.2004 (insgesamt 14.606,99 EUR) verpflichtet ist.

Die am 15.03.1944 geborene An. war ab April 1992 bei der E. e.G. mit Sitz in H., die mit der ehemaligen Friseur-Parfümerie-Einkauf Südwest e.G. zur Klägerin fusionierte und mehr als 60 Arbeitnehmer hat (Bl. 50 VwA), als Buchhalterin in H. beschäftigt. Mit Schreiben vom 04.11.2002 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der An. aus betriebsbedingten Gründen wegen Umstrukturierungs- und Zentralisierungsmaßnahmen zum 30.04.2003. Dagegen erhob die An. Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht H. (Az: 2 Ca 681/02). In der Güteverhandlung am 03.12.2002 schlossen die Klägerin und die An. einen Vergleich mit u.a. folgendem Inhalt:

1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass das bestehende Arbeitsverhältnis durch fristgemäße Kündigung aus betriebsbedingten Gründen zum 30.04.2003 beendet wird. 2. Die Beklagte zahlt an die Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 KSchG, § 3 Ziffer 9 EStG einen Betrag von 12.800 EUR. 3. Die Klägerin arbeitet bis zum 30. April 2003, bis zu diesem Termin wird auch der für 2003 bestehende Urlaubsanspruch in Freizeit abgegolten. 4. - 7 ...

Am 13.03.2003 meldete sich die An. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 01.05.2003. Die Beklagte bewilligte der An. Arbeitslosengeld ab dem 01.05.2003 mit einer Anspruchsdauer von 960 Tagen. Die An. bezog Arbeitslosengeld, und zwar ab dem 01.05.2003 in Höhe von 35,47 EUR und vom 01.01.2004 bis 31.08.2004 in Höhe von 36,31 EUR kalendertäglich.

Mit Bescheid vom 17.12.2003 setzte die Beklagte die Erstattungspflicht der Klägerin für das in der Zeit vom 01.05.2003 bis 31.07.2003 der An. gewährte Arbeitslosengeld zuzüglich der Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 5.497,63 EUR fest. Widerspruch, Klage (Urteil des Sozialgerichts ) SG ( Stuttgart vom 12.05.2005, S 14 AL 5155/04) und Berufung (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.12.2005, L 12 AL 2694/05) blieben ohne Erfolg. Mit Beschluss vom 30.01.2007 (B 11 a AL 149/06 B) wies das BSG die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision zurück. Zur Begründung führte es aus, die Beschwerde sei nicht zulässig, da eine Abweichung der Entscheidung des LSG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in der gebotenen Weise bezeichnet sei.

Nach Befragung der An. und Anhörung der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 27.04.2004 die Erstattung des für die Zeit vom 01.08.2003 bis 31.10.2003 an die An. gezahlten Arbeitslosengeldes sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 5490,14 EUR fest. Hiergegen legte die Klägerin am 14.05.2004 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 14.05.2004 setzte die Beklagte die Erstattung des in der Zeit vom 01.11.2003 bis 31.12.2003 gewährten Arbeitslosengeldes sowie der für diese Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 3.640,20 EUR fest. Hiergegen legte die Klägerin am 28.05.2004 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 17.06.2004 setzte die Beklagte die Erstattung des an die An. für die Zeit vom 01.01.2004 bis 31.03.2004 gewährten Arbeitslosengeldes sowie der für diese Zeit entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 5476,65 EUR fest. In der Rechtsbehelfsbelehrung führte sie aus, dieser Bescheid werde Gegenstand des laufenden Klageverfahrens. Am 20.04.2005 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, das SG habe darauf hingewiesen, dass die Bescheide, die nach Erlass des im Klageverfahren angefochtenen Widerspruchsbescheides erlassen worden seien, nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2006 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 27.04.2004, 14.05.2004 und 17.06.2004 zurück mit der Begründung, das Arbeitsverhältnis sei nicht durch sozial gerechtfertigte Kündigung vom 04.11.2002 beendet worden. Der nachfolgende arbeitsgerichtliche Vergleich vom 03.12.2002 habe diese Kündigung beseitigt und eine neue Rechtsgrundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschaffen. Die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe nicht zu einem Befreiungstatbestand nach Nr. 3 und 4 des § 147 a Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Hiergegen hat die Klägerin am 06.02.2006 Klage zum SG erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Arbeitsverhältnis mit der An. sei durch ordentliche, sozial gerechtfertigte Kündigung vom 04.11.2002 beendet worden. Lediglich ergänzend sei im kündigungsschutzrechtlichen Verfahren ein sog. Abwicklungsvertrag abgeschlossen worden, der einen gewissen sozialen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes der An. beinhaltet habe. Dadurch sei jedoch nicht die zuvor ausgesprochene Kündigung beseitigt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.02.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Erstattungspflicht dem Grunde nach gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 1 SGB III seien erfüllt. Ein Befreiungstatbestand liege nicht vor. Insbesondere seien die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes des § 147 a Abs. 1 Satz 2 SGB III nicht erfüllt. Die Klägerin habe insbesondere nicht dargelegt und nachgewiesen, dass sie das Arbeitsverhältnis mit der An. durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet habe. Die Arbeitsvertragsparteien hätten im Vergleich vor dem Arbeitsgericht eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gem. §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vereinbart. Die Zahlung einer Abfindung gem. § 9 KSchG setze voraus, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung aufgelöst worden sei. Die Vereinbarung einer Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG zeige somit, dass die Parteien dieses Vergleichs davon ausgegangen seien oder zumindest damit gerechnet hätten, dass die Kündigung vom 04.11.2002 unwirksam gewesen sei. Somit habe diese Kündigung nicht Grundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden können. Das Arbeitsverhältnis sei daher durch den Vergleich vom 03.12.2002 beendet worden. Dieser sei nicht als Abwicklungsvergleich zu beurteilen, durch den die ausgesprochene Kündigung lediglich vollzogen werde, sondern stelle eine neue Rechtsgrundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Andere Befreiungstatbestände seien nicht ersichtlich.

Gegen den am 21.02.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19.03.2008 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, dem Wortlaut von Ziffer 1 des arbeitsgerichtlichen Vergleichs könne unzweifelhaft entnommen werden, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der fristgerechten Kündigung beendet werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Gewährung einer Abfindung. In der arbeitsrechtlichen Praxis sei es üblich, dass in Verträgen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - auch bei sozial gerechtfertigter, betriebsbedingter Kündigung - die §§ 9, 10 KSchG mit zitiert würden, wenn Formulierungen gesucht würden, die die Steuerfreiheit der bezahlten Abfindung absichern sollten.

Es hätten auch die Voraussetzungen für den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung vorgelegen. Im Betrieb in H. habe es lediglich eine Stelle als Leiterin der Buchhaltung gegeben, welche die An. inne gehabt habe. Mit dieser vergleichbare Arbeitnehmer seien dort nicht beschäftigt worden. Damit sei auch das Erfordernis der Sozialauswahl entfallen. In der Niederlassung H. sei als weitere Mitarbeiterin Frau Oberberger beschäftigt gewesen, die der An. zugearbeitet und einfachere Tätigkeiten ausgeübt habe. Darüber hinaus seien dort lediglich noch Kommissioniererinnen, Kassiererinnen und Faktoristinnen beschäftigt worden, die sich auf einer anderen Ebene der Betriebshierarchie als die An. befunden hätten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Februar 2008 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. April 2004, 14. Mai 2004 und 17. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der An. sei nicht durch Kündigung, sondern durch den vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich vom 03.12.2002 beendet worden. Im Rahmen dieses Vergleichs sei die Zahlung einer Abfindung vereinbart worden. Hierdurch komme zum Ausdruck, dass das Arbeitsverhältnis unabhängig von der vorangegangenen Kündigung habe beendet werden sollen. Es habe sich deshalb bei der vor dem Gericht getroffenen Vereinbarung nicht um einen Abwicklungsvertrag, sondern einen die Kündigung ersetzenden Aufhebungsvertrag gehandelt.

Das Arbeitsgericht H. hat mitgeteilt, die Akten des Rechtsstreits 2 Ca 681/02 seien bereits ausgesondert worden, es sei nur noch der protokollierte Vergleich vorhanden. Der Senat hat die Akten des SG Stuttgart S 14 AL 5155/04 und des LSG Baden-Württemberg L 12 AL 2694/05 beigezogen. Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Akten sowie der Beklagtenakten und der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht gem. § 96 Abs. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung Gegenstand des vorangegangenen Klageverfahrens S 14 AL 5155/04 geworden, da sie den dort angefochtenen Verwaltungsakt nicht abändern oder ersetzen, vielmehr für Folgezeiträume eine eigenständige Regelung treffen und auch Gründe der Prozessökonomie keine Einbeziehung rechtfertigen, da für jeden Erstattungszeitraum die Erstattungsvoraussetzungen gesondert zu prüfen sind.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

Gemäß § 147a Abs. 1 SGB III hat der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit mindestens 24 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, der Beklagten vierteljährlich das Arbeitslosengeld für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres, längstens 24 Monate, zu erstatten. Die Verpflichtung zur Erstattung des Arbeitslosengeldes schließt nach § 147a Abs. 4 SGB III die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein.

Die Voraussetzungen für die Erstattungspflicht des Arbeitgebers nach § 147a SGB III sind dem Grunde nach erfüllt. Die am 15.03.1944 geborene An. hat am 15.03.2002 das 58. Lebensjahr vollendet. Sie war vom 01.04.1992 bis zum 31.03.2003 und damit länger als zehn Jahre bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt, so dass die Erstattungspflicht nicht nach § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b SGB III entfällt. Danach ist dies nämlich nur der Fall, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass der Arbeitslose innerhalb der letzten zwölf Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 124 Abs. 1 die Rahmenfrist bestimmt wird, insgesamt weniger als zehn Jahre zu ihm in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat.

Der Erstattungspflicht steht auch nicht § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III entgegen. Danach tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass er das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes findet keine Anwendung; die Agentur für Arbeit ist an eine rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts über die soziale Rechtfertigung einer Kündigung gebunden.

Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der An. endete nicht durch die mit Schreiben vom 04.11.2002 ausgesprochene Kündigung, sondern aufgrund des vor dem Arbeitsgericht H. am 03.12.2002 geschlossenen Vergleichs. Dieser ist nicht lediglich als sog. Abwicklungsvertrag, sondern als Aufhebungsvertrag zu qualifizieren, durch den die ursprüngliche Arbeitgeberkündigung ersetzt worden ist.

Ob eine Vereinbarung, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, einen sog. Abwicklungsvertrag oder einen Aufhebungsvertrag darstellt, hängt von dem Inhalt der rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ab. Maßgeblich ist hierbei zunächst der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien. Hierbei ist eine Auslegung des von den Vertragsparteien Gewollten erforderlich (§§ 133, 137 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), wobei zunächst zu ermitteln ist, was die Beteiligten übereinstimmend - ohne Rücksicht auf das Erklärte - gewollt haben. Sodann ist zu ermitteln, wie ggf. entsprechende Erklärungen aus dem Empfängerhorizont zu verstehen waren. Hierbei ist auch das gesetzliche Ziel des § 147 a SGB III zu berücksichtigen sowie typisierend auf die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen und dieses als Indiz dafür zu sehen, ob die Arbeitslosigkeit in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fällt. War danach das Arbeitsverhältnis bereits durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung beendet und ist diese in ihrem Bestand durch die spätere Vereinbarung unbeeinträchtigt geblieben, kann dies nichts an dem Nichteintritt der Erstattungspflicht ändern; den Arbeitgeber trifft dann nicht die für § 147 a SGB III erforderliche Verantwortung für die Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers (BSG Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 87/03 R -, in juris, m.w.N.).

Der Senat teilt die vom 12. Senat des LSG im Urteil vom 20.12.2005 (L 12 AL 2694/05) vertretene Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des als Aufhebungsvertrag zu bewertenden Vergleichs vom 03.12.2002 vor dem Arbeitsgericht H. beendet worden ist und deshalb eine bereits zuvor ausgesprochene Kündigung, selbst wenn diese sozial gerechtfertigt gewesen sein sollte, an der Kausalität des späteren Aufhebungsvertrages nichts zu ändern vermag.

Maßgeblicher Anhaltspunkt für diese Beurteilung ist die Vereinbarung in Ziff. 2 des Vergleichs, worin sich die Klägerin verpflichtet hat, an die An. für den Verlust des Arbeitsplatzes gem. §§ 9, 10 KSchG, § 3 Ziff. 9 EStG einen Betrag von 12.800,00 EUR zu zahlen. Gem. § 1 Abs. 1 KSchG ist eine Kündigung rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jedoch nicht zuzumuten ist, so hat das Gericht gem. § 9 KSchG auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die Vereinbarung einer Abfindung gem. § 9 KSchG spricht dafür, dass die Parteien des Vergleichs damit rechneten, dass die Kündigung unwirksam sein könnte. Demgegenüber erachtet der Senat den Vortrag der Klägerin nicht für durchgreifend, die Bezugnahme im Vergleich auf §§ 9, 10 KSchG i.V. m. § 3 Nr. 9 EStG sei ausschließlich aus steuerrechtlichen Gründen erfolgt. Nach § 3 Nr. 9 EStG in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung sind Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses in bestimmtem Umfang steuerfrei. Abfindungen in diesem Sinne sind Entschädigungen, die der Arbeitnehmer als Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile, insbesondere für den Verlust des Arbeitsplatzes, erhält. Der Begriff der Entschädigung setzt voraus, dass an Stelle der bisher geschuldeten Leistung eine andere tritt. Dieser Rechtsgrund wird regelmäßig in der Auflösungsvereinbarung zu sehen sein (Schaub, Steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Abfindung, BB 1999, 1059). Für eine steuerrechtliche Privilegierung der Abfindung ist deshalb eine Bezugnahme auf §§ 9,10 KSchG nicht erforderlich. Dies ergibt sich auch aus der Richtlinie R 9 LStH 2002 des Bundesministeriums der Finanzen vom 01.12.2001, gültig ab 01.01.2002. Danach ist die Auflösung vom Arbeitgeber veranlasst, wenn dieser die entscheidenden Ursachen für die Auflösung gesetzt hat (R9, S 2340 Abs. 2 Satz 1). Eine arbeitgeberseitige Kündigung ist danach nicht Voraussetzung für die steuerrechtliche Privilegierung der Abfindung.

Hierfür spricht auch, dass die An. zunächst Kündigungsschutzklage erhoben hat mit dem Vortrag, eine Sozialauswahl habe nicht stattgefunden. Zudem enthält das von der Klägerin vorgelegte Muster eines Abwicklungsvertrages bei Betriebsstättenverlegung (Bl. 23 der LSG-Akte) folgende Präambel: "Der Arbeitgeber hat das Arbeitsverhältnis fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen am ... zum ... gekündigt. Der Arbeitgeber ist nach ... verzogen. Über die Konditionen, unter denen die Mitarbeiterin in ... hätte weiterbeschäftigt werden können, konnte keine Einigung erzielt werden." Eine entsprechende Prüfung einer möglichen Weiterbeschäftigung der An. an der neuen Betriebsstätte ist jedoch nicht erfolgt.

Eine Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte Kündigung vorgelegen haben, ist deshalb nicht erforderlich. Das SG hat damit zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 04.11.2002, sondern durch den am 03.12.2002 geschlossenen Vergleich beendet worden ist.

Für den vorliegenden Rechtsstreit kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch der An. auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit für maximal 12 Wochen geruht hat. Denn die Sperrzeit hätte mit dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, somit am 01.05.2003, begonnen und wäre damit zu Beginn des hier streitigen Zeitraums bereits abgelaufen gewesen. Auch eine Minderung des Anspruchs um ein Viertel der Anspruchsdauer nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III würde nicht den Anspruch der An. auf Arbeitslosengeld im vorliegend streitigen Erstattungszeitraum betreffen.

Es liegen auch keine sonstigen Befreiungstatbestände vor. Nach § 147a Abs. 1 Satz 2 SGB III tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitslose auch die Voraussetzungen für eine der in § 142 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt. Ausweislich der Rentenauskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hatte die An. Anspruch auf Altersrente für Frauen mit Abschlag erst ab dem 01.04.2004. Dementsprechend hat die Beklagte die Erstattungspflicht auch nur für die bis zum 31.03.2004 erbrachten Leistungen festgesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.

Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 1 GKG auf 14.606,99 EUR festgesetzt.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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