Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 174/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 B 379/09 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.10.2009 abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Der Antragstellerin wird für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L aus N für die Zeit ab Antragstellung gewährt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 02.10.2009 ist zulässig und begründet.
1. Das SG Gelsenkirchen hat die Antragsgegnerin zu Unrecht einstweilen verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig einen monatlichen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.05.2009 bis zum 31.12.2009 zu zahlen.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
b) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Denn die Antragstellerin, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im streitigen Zeitraum von der Antragsgegnerin laufend bezog, verfügte über einen wirksamen privaten Krankenversicherungsschutz.
Dies ist das Ergebnis der Ermittlungen im Beschwerdeverfahren. Denn die D Krankenversicherung AG teilte mit Schreiben vom 23.03.2010 mit, dass (nach wie vor) kein Ruhen der Leistungen aus der Krankenversicherung besteht. Weiter heißt es dort: "Dies wurde unsererseits am 25.06.2009 angekündigt. Aufgrund der Hilfebedürftigkeit wurde das Ruhen jedoch storniert."
Mit Schreiben vom 25.06.2009 hat die D Krankenversicherung AG ein Ruhen der Leistungen zum 01.07.2009 angedroht. Dazu ist es jedoch wie ausgeführt nie gekommen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Antragstellerin nach ihren Angaben im Erörterungstermin vom 18.09.2009 vor dem SG Gelsenkirchen erklärt hat, die D Krankenversicherung AG habe sie rückwirkend ab dem 01.05.2009 in den Basistarif eingestuft. Diese Änderung hat die D Krankenversicherung AG dann offenbar mit dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom 09.09.2009 umgesetzt. Damit hat sich die Ankündigung der D Krankenversicherung AG im Schreiben vom 25.06.2009 überholt.
Derzeit besteht damit nicht die Gefahr, dass die private Krankenversicherung der Antragstellerin aufgrund rückständiger Krankenversicherungsbeiträge die Leistungen tatsächlich zum Ruhen bringt. Ob sie dies rechtlich überhaupt dürfte, ist damit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht (mehr) entscheidungserheblich.
Nach dem Wechsel in den Basistarif ist ein Ruhen der Leistungen nach den gesetzlichen Vorgaben zudem nicht zu erwarten. Denn gemäß § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG endet das Ruhen der Leistungen, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig nach dem SGB II wird. Diese Vorschrift erfasst nicht nur die Fälle, in denen die Hilfebedürftigkeit des Versicherungsnehmers während des Ruhens, also nach Beginn des Zahlungsverzuges eintritt, sondern auch solche, in denen die Hilfebedürftigkeit des Versicherungsnehmers vor oder gleichzeitig mit dem Ruhen eingetreten ist (LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.10.2009, L 19 B 300/09 AS ER, Juris, m.w.N.). Ferner besteht gemäß § 193 Abs. 6 S. 6 VVG Krankenversicherungsschutz auch während des Ruhens der Leistungen; dann haftet der Versicherer - jedenfalls - für Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft erforderlich sind (entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); vgl. zuletzt Beschluss des erkennenden Senats vom 12.10.2009, L 7 B 197/09 AS, Juris; ferner LSG Baden-Württemberg vom 22.03.2010, L 13 AS 919/10 ER-B, Juris).
c) Es wird deshalb im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren zu klären sein, in welcher Höhe die Antragsgegnerin die Beiträge der Antragstellerin zu ihrer privaten Krankenversicherung und privaten Pflegeversicherung zu tragen hat.
Rechtsgrundlagen hierfür sind die Regelungen des § 26 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II in der Fassung ab dem 01.01.2009. Unter den dortigen Voraussetzungen und in der dortigen Höhe muss der Grundsicherungsträger die Beiträge von Hilfebedürftigen, die in der gesetzlichen Kranken- bzw. sozialen Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig (und nicht familienversichert) sind, zu der privaten Kranken- bzw. privaten Pflegeversicherung tragen.
aa) Besteht, wie es bei der Antragstellerin nach derzeitigem Erkenntnisstand der Fall sein dürfte, im fraglichen Zeitraum unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II, zahlt der Grundsicherungsträger (nur) den Beitrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen ist (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c Satz 6 Halbsatz 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)). Dort ist nur ein ermäßigter Beitragssatz zu tragen (§ 246 i.V.m. § 243 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); vgl. zur Berechnung im Einzelnen Klerks, info also 2009, S. 153, 155 f.). Der Hilfebedürftige muss für eine Differenz zwischen diesem Beitragszuschuss und seinem Beitrag zur privaten Krankenversicherung damit im Ergebnis selbst aufkommen. Er kann sie nur aus der Regelleistung bestreiten, in der Leistungen für den Krankenversicherungsschutz - jedenfalls in dieser Höhe - nicht enthalten sein dürften (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2009, L 3 AS 3934/09 ER-B, Juris (Rn. 19))
bb) In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist erörtert worden, ob dieses Ergebnis insbesondere vor dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu rechtfertigen ist.
Zum Teil wird eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen festgestellt, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig krankenversichert ist und auf die deshalb die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II anzuwenden ist. Dort ist eine betragsmäßge Begrenzung der Beitragsübernahme anders als in § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht - jedenfalls nicht in der vorgenannten Weise - vorgesehen. Es wird deshalb erwogen, die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II im vorliegenden Kontext analog anzuwenden (so SG Karlsruhe, Urteil vom 10.08.2009, S 5 AS 2121/09, Juris (Rn. 56); vgl. auch Brünner in: LPK-SGB II, 3. Auflage 2009 § 26 Rn. 23).
Zum Teil wird eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen beobachtet, die allein aufgrund ihres privaten Krankenversicherungsbeitrages hilfebedürftig sind (also ohne diesen nicht hilfebedürftig wären). Denn dort sieht das Gesetz eine Beitragsbeteiligung des Grundsicherungsträgers "im erforderlichen Umfang" vor, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird (§ 12 Abs. 1 c Satz 5 VAG). Dort ist eine betragsmäßige Begrenzung der Beitragsübernahme wie in § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG also nicht vorgesehen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2009, L 3 AS 3934/09 ER-B, Juris (Rn. 24 f.)).
Es ist damit zu klären, ob die Regelung des Gesetzgebers, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden der Grundsicherungsträger (nur) den Beitrag zu zahlen hat, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen ist (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c Satz 6 Halbsatz 2 VAG), einer Korrektur im Wege der teleologischen oder verfassungsmäßigen Auslegung bedarf (vgl. auch SG Stuttgart, Beschluss vom 13.08.2009, S 9 AS 5003/09 ER, Juris, wonach nach der wortgetreuen Anwendung der gesetzlichen Regelung eine verfassungsrechtlich bedenkliche Bedarfsunterdeckung vorliege, die auf einem Versehen der Gesetzgebung beruhe; anders Brünner in: LPK-SGB II, 3. Auflage 2009 § 26 Rn. 21: "bewusst in Kauf genommen"), falls hierfür überhaupt Raum besteht (ablehnend LSG Baden-Württemberg vom 22.03.2010, L 13 AS 919/10 ER-B, Juris, unter Hinweis auf den "eindeutigen Wortlaut" der Regelungen). Hinsichtlich der Beiträge zur privaten Pflegeversicherung sind gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II die "Aufwendungen für eine angemessene private Pflegeversicherung im notwendigen Umfang" zu übernehmen.
cc) Abzuwarten bleibt ferner, ob die gesetzliche Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II oder das Privatversicherungsrecht angesichts der aufgezeigten "Beitragslücke" noch korrigiert oder geändert werden werden; das Problem ist jedenfalls bereits gesehen und angesprochen worden (vgl. BT-Drucksache 16/12355 mit BT-Plenarprotokoll 16/213, ferner BT-Drucksache 16/13965).
Nach einem Gesetzentwurf vom 27.01.2010 (BT-Drucksache 17/548) soll das Privatversicherungsrecht in der Weise geändert werden, dass für Hilfebedürftige der Beitrag zum Basistarif der privaten Krankenversicherung und der reduzierte Beitrag zur privaten Pflegeversicherung auf die Höhe des Zuschusses für in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. sozialen Pflegversicherung versicherte Hilfebedürftige abgesenkt wird (a.a.O., S. 2). Dieser Gesetzentwurf ist an den Ausschuss für Gesundheit (federführend) überwiesen worden (BT- Plenarprotokoll 17/24, S. 2069 C und 2070 C; vgl. zum aktuellen Stand des Gesetzesvorhabens bzw. zum Vorgangsablauf http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/searchDocuments/documentData detail vp.do).
dd) Im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren wird ggf. ferner zu klären sein, ob die dargestellte krankenversicherungsrechtliche "Beitragslücke" einen zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf darstellt, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen zusätzlichen Leistungsanspruch im Sinne eines "Härtefalles" begründet (BVerfG vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, Juris (Rn. 220)).
2. Die Antragstellerin konnte als Beschwerdegegnerin die Kosten ihrer Rechtsverteidigung nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife ihres Prozesskostenhilfegesuchs nicht aufbringen. Ihr war daher Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unter Beiordnung ihres verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwaltes zu gewähren (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
4. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 02.10.2009 ist zulässig und begründet.
1. Das SG Gelsenkirchen hat die Antragsgegnerin zu Unrecht einstweilen verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig einen monatlichen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.05.2009 bis zum 31.12.2009 zu zahlen.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
b) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Denn die Antragstellerin, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im streitigen Zeitraum von der Antragsgegnerin laufend bezog, verfügte über einen wirksamen privaten Krankenversicherungsschutz.
Dies ist das Ergebnis der Ermittlungen im Beschwerdeverfahren. Denn die D Krankenversicherung AG teilte mit Schreiben vom 23.03.2010 mit, dass (nach wie vor) kein Ruhen der Leistungen aus der Krankenversicherung besteht. Weiter heißt es dort: "Dies wurde unsererseits am 25.06.2009 angekündigt. Aufgrund der Hilfebedürftigkeit wurde das Ruhen jedoch storniert."
Mit Schreiben vom 25.06.2009 hat die D Krankenversicherung AG ein Ruhen der Leistungen zum 01.07.2009 angedroht. Dazu ist es jedoch wie ausgeführt nie gekommen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Antragstellerin nach ihren Angaben im Erörterungstermin vom 18.09.2009 vor dem SG Gelsenkirchen erklärt hat, die D Krankenversicherung AG habe sie rückwirkend ab dem 01.05.2009 in den Basistarif eingestuft. Diese Änderung hat die D Krankenversicherung AG dann offenbar mit dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom 09.09.2009 umgesetzt. Damit hat sich die Ankündigung der D Krankenversicherung AG im Schreiben vom 25.06.2009 überholt.
Derzeit besteht damit nicht die Gefahr, dass die private Krankenversicherung der Antragstellerin aufgrund rückständiger Krankenversicherungsbeiträge die Leistungen tatsächlich zum Ruhen bringt. Ob sie dies rechtlich überhaupt dürfte, ist damit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht (mehr) entscheidungserheblich.
Nach dem Wechsel in den Basistarif ist ein Ruhen der Leistungen nach den gesetzlichen Vorgaben zudem nicht zu erwarten. Denn gemäß § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG endet das Ruhen der Leistungen, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig nach dem SGB II wird. Diese Vorschrift erfasst nicht nur die Fälle, in denen die Hilfebedürftigkeit des Versicherungsnehmers während des Ruhens, also nach Beginn des Zahlungsverzuges eintritt, sondern auch solche, in denen die Hilfebedürftigkeit des Versicherungsnehmers vor oder gleichzeitig mit dem Ruhen eingetreten ist (LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.10.2009, L 19 B 300/09 AS ER, Juris, m.w.N.). Ferner besteht gemäß § 193 Abs. 6 S. 6 VVG Krankenversicherungsschutz auch während des Ruhens der Leistungen; dann haftet der Versicherer - jedenfalls - für Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft erforderlich sind (entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); vgl. zuletzt Beschluss des erkennenden Senats vom 12.10.2009, L 7 B 197/09 AS, Juris; ferner LSG Baden-Württemberg vom 22.03.2010, L 13 AS 919/10 ER-B, Juris).
c) Es wird deshalb im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren zu klären sein, in welcher Höhe die Antragsgegnerin die Beiträge der Antragstellerin zu ihrer privaten Krankenversicherung und privaten Pflegeversicherung zu tragen hat.
Rechtsgrundlagen hierfür sind die Regelungen des § 26 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II in der Fassung ab dem 01.01.2009. Unter den dortigen Voraussetzungen und in der dortigen Höhe muss der Grundsicherungsträger die Beiträge von Hilfebedürftigen, die in der gesetzlichen Kranken- bzw. sozialen Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig (und nicht familienversichert) sind, zu der privaten Kranken- bzw. privaten Pflegeversicherung tragen.
aa) Besteht, wie es bei der Antragstellerin nach derzeitigem Erkenntnisstand der Fall sein dürfte, im fraglichen Zeitraum unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II, zahlt der Grundsicherungsträger (nur) den Beitrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen ist (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c Satz 6 Halbsatz 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)). Dort ist nur ein ermäßigter Beitragssatz zu tragen (§ 246 i.V.m. § 243 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); vgl. zur Berechnung im Einzelnen Klerks, info also 2009, S. 153, 155 f.). Der Hilfebedürftige muss für eine Differenz zwischen diesem Beitragszuschuss und seinem Beitrag zur privaten Krankenversicherung damit im Ergebnis selbst aufkommen. Er kann sie nur aus der Regelleistung bestreiten, in der Leistungen für den Krankenversicherungsschutz - jedenfalls in dieser Höhe - nicht enthalten sein dürften (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2009, L 3 AS 3934/09 ER-B, Juris (Rn. 19))
bb) In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist erörtert worden, ob dieses Ergebnis insbesondere vor dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu rechtfertigen ist.
Zum Teil wird eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen festgestellt, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig krankenversichert ist und auf die deshalb die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II anzuwenden ist. Dort ist eine betragsmäßge Begrenzung der Beitragsübernahme anders als in § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht - jedenfalls nicht in der vorgenannten Weise - vorgesehen. Es wird deshalb erwogen, die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II im vorliegenden Kontext analog anzuwenden (so SG Karlsruhe, Urteil vom 10.08.2009, S 5 AS 2121/09, Juris (Rn. 56); vgl. auch Brünner in: LPK-SGB II, 3. Auflage 2009 § 26 Rn. 23).
Zum Teil wird eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen beobachtet, die allein aufgrund ihres privaten Krankenversicherungsbeitrages hilfebedürftig sind (also ohne diesen nicht hilfebedürftig wären). Denn dort sieht das Gesetz eine Beitragsbeteiligung des Grundsicherungsträgers "im erforderlichen Umfang" vor, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird (§ 12 Abs. 1 c Satz 5 VAG). Dort ist eine betragsmäßige Begrenzung der Beitragsübernahme wie in § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG also nicht vorgesehen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2009, L 3 AS 3934/09 ER-B, Juris (Rn. 24 f.)).
Es ist damit zu klären, ob die Regelung des Gesetzgebers, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden der Grundsicherungsträger (nur) den Beitrag zu zahlen hat, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen ist (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1 c Satz 6 Halbsatz 2 VAG), einer Korrektur im Wege der teleologischen oder verfassungsmäßigen Auslegung bedarf (vgl. auch SG Stuttgart, Beschluss vom 13.08.2009, S 9 AS 5003/09 ER, Juris, wonach nach der wortgetreuen Anwendung der gesetzlichen Regelung eine verfassungsrechtlich bedenkliche Bedarfsunterdeckung vorliege, die auf einem Versehen der Gesetzgebung beruhe; anders Brünner in: LPK-SGB II, 3. Auflage 2009 § 26 Rn. 21: "bewusst in Kauf genommen"), falls hierfür überhaupt Raum besteht (ablehnend LSG Baden-Württemberg vom 22.03.2010, L 13 AS 919/10 ER-B, Juris, unter Hinweis auf den "eindeutigen Wortlaut" der Regelungen). Hinsichtlich der Beiträge zur privaten Pflegeversicherung sind gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II die "Aufwendungen für eine angemessene private Pflegeversicherung im notwendigen Umfang" zu übernehmen.
cc) Abzuwarten bleibt ferner, ob die gesetzliche Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II oder das Privatversicherungsrecht angesichts der aufgezeigten "Beitragslücke" noch korrigiert oder geändert werden werden; das Problem ist jedenfalls bereits gesehen und angesprochen worden (vgl. BT-Drucksache 16/12355 mit BT-Plenarprotokoll 16/213, ferner BT-Drucksache 16/13965).
Nach einem Gesetzentwurf vom 27.01.2010 (BT-Drucksache 17/548) soll das Privatversicherungsrecht in der Weise geändert werden, dass für Hilfebedürftige der Beitrag zum Basistarif der privaten Krankenversicherung und der reduzierte Beitrag zur privaten Pflegeversicherung auf die Höhe des Zuschusses für in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. sozialen Pflegversicherung versicherte Hilfebedürftige abgesenkt wird (a.a.O., S. 2). Dieser Gesetzentwurf ist an den Ausschuss für Gesundheit (federführend) überwiesen worden (BT- Plenarprotokoll 17/24, S. 2069 C und 2070 C; vgl. zum aktuellen Stand des Gesetzesvorhabens bzw. zum Vorgangsablauf http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/searchDocuments/documentData detail vp.do).
dd) Im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren wird ggf. ferner zu klären sein, ob die dargestellte krankenversicherungsrechtliche "Beitragslücke" einen zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf darstellt, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen zusätzlichen Leistungsanspruch im Sinne eines "Härtefalles" begründet (BVerfG vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, Juris (Rn. 220)).
2. Die Antragstellerin konnte als Beschwerdegegnerin die Kosten ihrer Rechtsverteidigung nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife ihres Prozesskostenhilfegesuchs nicht aufbringen. Ihr war daher Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unter Beiordnung ihres verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwaltes zu gewähren (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
4. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
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