L 11 R 4137/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 3554/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4137/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH übt nicht schon deshalb eine selbständige Tätigkeit aus, weil er zugleich verantwortlicher
Leiter des Ausbildungsbetriebs iSd § 11 Abs 2 Fahrlehrergesetz ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger seit 1. Juli 2005 bei der A. Fahrschule L. GmbH (Beigeladene zu 1) als verantwortlicher Leiter des Ausbildungsbetriebes und Gesellschafter-Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

Der am 31. Juli 1963 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker und seit dem 1. Juli 2005 nach vorangegangener Tätigkeit als Fahrlehrer und amtlich anerkannter Prüfer beim TÜV bei der Beigeladene zu 1 gegen ein monatliches Entgelt von 4.800 EUR, ab 1. Januar 2010 5.200 EUR tätig. Die Verbuchung der Vergütung erfolgt als Lohn/Gehalt. Zusätzlich erhält der Kläger 10 % des Jahresüberschusses nach Gewerbesteuer. Am 31. März 2005 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 1 einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, wonach er für die Leitung und Organisation des Ausbildungsbetriebs, die Führung des Angestelltenpersonals, die Organisation und Abwicklung des Prüfungsablaufs, die ordnungsgemäße kaufmännische Leitung der Fahrschule und im Bedarfsfall auch praktischen Fahrunterricht zuständig ist. Die Gesellschaft kann ihm auch andere oder zusätzliche, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten übertragen (§ 2 a Abs 3 Satz 1). Alle Geschäfte außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs bedürfen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 2 b Abs 2 Satz 3). Der Kläger ist verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft im Interesse der Gesellschaft einzubringen und im Falle der Erforderlichkeit über die betriebliche Arbeitszeit hinaus (Dienste) zu leisten (§ 4 Abs 2). Er erhält einen Erholungsurlaub von 40 Arbeitstagen kalenderjährlich, der unter Berücksichtigung der geschäftlichen Belange der Gesellschaft festzulegen und mit dem Gesellschafter abzustimmen ist (§ 5). Er ist verpflichtet, jede Arbeitsverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer dem Gesellschafter unter Angabe der Gründe unverzüglich mitzuteilen (§ 6). Nach § 13 Abs 1 bedarf jede Änderung, Ergänzung oder die Aufhebung des Vertrags zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform, mündliche Nebenabreden haben keinerlei Rechtswirksamkeit (§ 13 Abs 1 Satz 3).

Die Beigeladene zu 1 ist ein in der Rechtsform der GmbH geführtes Fahrschulunternehmen. Ihr Stammkapital beträgt 25.564,59 EUR, wovon der Kläger 1.278,23 EUR (5,26 %) hält. Nach § 9 Abs 2 des Gesellschaftsvertrages (siehe Bl 32 bis 43 der Verwaltungsakte der Beklagten) werden Gesellschafterbeschlüsse mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, sofern nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsieht. Je DM 100 eines Geschäftsanteils gewähren dabei eine Stimme (§ 9 Abs 2 Satz 2). Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer (§ 10 Abs 1 Satz 1). Diese sind verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung mit dem Gesetz, der Satzung, den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung und ggf unter Beachtung einer Geschäftsordnung zu führen (§ 10 Abs 2 Satz 1). Eine Reihe von Maßnahmen bedürfen in jedem Fall der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 10 Abs 3). Einer der Geschäftsführer muss die Anforderungen nach § 11 Abs 2 Fahrlehrergesetz (FahrlG) erfüllen, er ist dann zugleich verantwortlicher Leiter Ausbildungsbetriebes iSv § 11 Abs 2 FahrlG.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 23. August 2005 wurde der Kläger neben Herrn M. W. zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.

Am 2. Januar 2006 wurde der weitere Geschäftsführer Herr M. S. (Veräußerung der von dem Kläger erworbenen Geschäftsanteile) mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen (Bl 16 V-Akte).

Am 30. Juni 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Da die Firma für ihn als Basis für die Erwirtschaftung seines Lebensunterhalts diene, seien seine Interessen mit den Unternehmensinteressen gleich gerichtet. Zwar sei das Verpflichtungsgeschäft zur Übertragung des Gesellschaftsanteils bereits im August 2005 erfolgt und er habe danach nur einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Übereignung der Anteile gehabt. Dass die dingliche Übereignung erst im Dezember mit der aufgeschobenen Kaufpreiszahlung erfolgt sei, schade aber nichts, da er quasi durch den Notarvertrag bereits Eigentümer gewesen sei. Bis Ende 2005 habe er die Fahrschule zusammen mit Herrn S. geleitet, seit Januar führe er sie de facto alleine. Er sei Kopf und Seele des Unternehmens und könne schalten und walten wie er wolle. Der derzeitige zweite Geschäftsführer, Herr W., sei zwar symbolisch Geschäftsführer, halte sich aber weitestgehend aus der Geschäftsführung heraus und bleibe im Hintergrund. Bezüglich der Gestaltung seiner Tätigkeit unterliege er keinerlei Weisungen der übrigen Gesellschafter. Es sei keine feste Arbeitszeit oder Tätigkeit bestimmt. Er sei auch nicht abstrakt weisungsgebunden. Sämtliche Bank- und Handlungsvollmachten seien ihm erteilt worden. Bei Bedarf würde er sein Gehalt reduzieren und an die wirtschaftliche Situation der Fahrschule anpassen. Er hat hierzu den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, seine Bestellung als Geschäftsführer, die Abberufung des Herrn M. S. als Geschäftsführer und den Verkauf seiner Geschäftsanteile, den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag sowie den Gesellschaftsvertrag vorgelegt.

Die Beklagte führte daraufhin das Anhörungsverfahren durch (Schreiben vom 19. Juni 2007) und stellte mit Bescheid vom 29. Juni 2007 fest, dass der Beigeladenen zu 1 der Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungspflicht unterliege. Seine Tätigkeit für den Kläger werde seit dem 1. Juli 2005 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Der Kläger verfüge nicht über die erforderliche Mehrheit des Stammkapitals und könne somit zwar Einfluss auf die Firmenpolitik nehmen, diese aber nicht maßgebend bestimmen, denn er verfüge über keine Sperrminorität. Er sei auch Gründungsgesellschafter. Nach der Ausgestaltung seiner Tätigkeit im Anstellungsvertrag werde eine abhängige Beschäftigung begründet. Bei einem Monatsgehalt von 4.800 EUR stelle sein Anteil am Stammkapital in Höhe von 1.278,23 EUR kein unternehmerisches Risiko dar. Selbst der vollständige Verlust der Stammeinlage bedrohe ihn nicht in seiner wirtschaftlichen Existenz. Lediglich die Alleinvertretungsberechtigung sowie die Befreiung von § 181 BGB seien Indizien für eine selbständige Tätigkeit.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, seine Stellung als verantwortlicher Leiter nach § 11 Abs 2 FahrlG belege eine selbständige Tätigkeit, denn er müsse die Befugnis haben, die juristische Person alleine zu vertreten. Er sei der einzige Gesellschafter, der über die rechtlichen und personenbezogenen Voraussetzungen und somit über die notwendigen Branchenkenntnisse zum Betrieb der Fahrschule verfüge. Ihm obliege die Entscheidungsverantwortlichkeit bezüglich Investitionen und Personal, auch seine eigene Arbeitszeit bestimme er frei. Er erhalte eine Tantieme und trage somit ein nicht unbedeutendes Risiko. Neben diesen tatsächlichen Umständen träten die arbeitnehmertypischen Rechte und Pflichten des Anstellungsvertrages in den Hintergrund. Auch weiche die tatsächliche Handhabung von den getroffenen Regelungen ab. So sei er tatsächlich nicht verpflichtet, jede Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen oder nachzuweisen. Die Lage seines Urlaubs bestimme er ohne Abstimmung mit der Gesellschaft selbst.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2008 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, weder die Beteiligung am Stammkapital noch andere Umstände rechtfertigten die Annahme einer Selbständigkeit des Klägers. Auch wenn weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Ausübung der Arbeit hinsichtlich Zeit, Art und Ausübung bestehe, sei seine Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sie sich in eine vom Mehrheitsgesellschafter vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Er unterliege weiterhin der Kontrolle durch den Hauptgesellschafter, was auch gelte, wenn dieser von seiner Überwachungsbefugnis tatsächlich keinen Gebrauch gemacht habe. Auch der weitere Geschäftsführer Herr W. habe eine gleichartige Funktion inne, so dass er nicht allein über die notwendigen Branchenkenntnisse verfüge.

Mit seiner dagegen am 15. Mai 2008 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er könne frei schalten und walten, ohne von dem weiteren Gesellschafter beeinflusst zu sein. Seine Rechte und Pflichten ergäben sich aus dem FahrlG, da er die Position eines verantwortlichen Leiters bekleide. Die Praxis weiche deutlich von dem Anstellungsvertrag ab. Herr M. W. sei im Jahr 2007 als Geschäftsführer ausgeschieden, so dass er nunmehr alleiniger Geschäftsführer sei. Herr W. sei nicht im Besitz einer Fahrlehrer- noch einer Fahrschulerlaubnis gewesen. Er habe über keine branchenspezifischen Kenntnisse verfügt und deswegen auf den Geschäftsbetrieb zu keinem Zeitpunkt Einfluss nehmen können.

Mit Beschluss vom 9. Juni 2008 hat das SG die Beigeladene zu 1 zum Rechtsstreit beigeladen, den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2009 angehört und mit Urteil vom 29. Juli 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 10. August 2009, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 ergäben sich ausschließlich aus dem Gesellschaftsvertrag und dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag. Mit seiner Beteiligung von 5,26 % könne der Kläger weder Entscheidungen der Beigeladenen zu 1 herbeiführen noch solche verhindern. Er habe nicht die Rechtsmacht, wichtige unternehmenspolitische Entscheidungen zu treffen, worauf es allein ankomme. Die sehr weitgehende Entscheidungsfreiheit im operativen Tagesgeschäft stehe dem nicht entgegen. Die ihm im FahrlG auferlegten Pflichten als verantwortlichen Leiter beträfen nicht die Frage unternehmenspolitischer Entscheidungen der Gesellschaft und stünden dem daher nicht entgegen. Das unternehmerische Risiko des Klägers bestünde allein in der Möglichkeit des Verlusts seiner Kapitalanlage von 1.278,23 EUR und dem Anspruch auf eine Tantieme. Angesichts seines Bruttomonatsverdiensts sei aber dieses Risiko relativ gering und gehe nicht über die übliche Gewinnbeteiligung von leitenden Angestellten hinaus. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag regele vielfach arbeitnehmertypische Rechte und Pflichten. Nach dem Vertrag sei es auch nicht möglich, diese Regelungen durch abweichende mündliche Vereinbarungen oder eine abweichende Praxis außer Kraft zu setzen. Er sei somit von dem Wohlwollen des Mehrheitsgesellschafters abhängig. Aus dem Umstand, dass im Falle der Gesellschafterin-Geschäftsführerin Frau Z. eine andere Entscheidung getroffen sei, könne der Kläger nicht Rechte für sich herleiten, sondern ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht und damit auf Fehlerwiederholung bestehe nicht.

Mit seiner dagegen am 9. September 2009 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, seine geringe Beteiligung an der Gesellschaft werde durch seine umfangreichen Freiheiten bei der Ausübung und Einteilung seiner Tätigkeit kompensiert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2008 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit als verantwortlicher Leiter des Ausbildungsbetriebes der Fahrschule der Beigeladenen zu 1 seit dem 1. Juli 2005 nicht als abhängig Beschäftigter sozialversicherungspflichtig ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2009 hat der Senat die Versicherungsträger zum Rechtsstreit beigeladen. Diese haben sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 SGG. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger seit 1. Juli 2005 bei der Beigeladenen zu 1 als verantwortlicher Leiter des Ausbildungsbetriebes und Gesellschafter-Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Statusfeststellung der Beklagten in dem Bescheid vom 29. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2008. Die Beklagte war zur Entscheidung über den Antrag des Klägers berufen. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte der Kläger am 30. Juni 2006 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr 2) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden, der erkennende Senat hat sich dem angeschlossen (Urteil vom 23. Februar 2010 - L 11 R 578/09).

Die Beklagte hat vorliegend nicht nur den Status des Klägers geprüft, sondern darüber hinaus festgestellt, dass er in der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung auf Grund seiner abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 versicherungspflichtig war. Sie hat dadurch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, Urteil vom 04. Juli 2007, B 11 a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG, Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 4; SozR 3 - 4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7).

Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft ist nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001, B 12 KR 10/01, SozR 3-2400 § 7 Nr 20; SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen. Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, Urteil vom 4. Juli 2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8 mwN).

Gemessen an diesen Maßstäben ist der Kläger bei der Beigeladenen zu 1 abhängig beschäftigt. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat nimmt deswegen insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt. Ergänzend ist auszuführen, dass der Kläger nicht über eine allgemeine Sperrminorität am Stammkapital der Beigeladenen zu 1 verfügt. Mit seinem Anteil am Kapital von 5,26 vH kann er Gesellschafterbeschlüsse, die mit einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden müssen, nicht verhindern. Hinsichtlich der Geschäftsführung ist der Kläger nach § 10 Abs 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages ua verpflichtet, die Geschäfte in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Gesellschafter zu führen. Zudem bedürfen bestimmte Geschäfte nach § 10 Abs 3 des Gesellschaftsvertrages der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss. Beide Umstände hat das BSG im Urteil vom 4. Juli 2007 (aaO) als Indiz für eine abhängige Beschäftigung gewertet.

Auch der Anstellungsvertrag des Klägers vom 31. März 2005 zeigt deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. In ihm haben der Kläger und die Beigeladene zu 1 ua vereinbart, dass der Kläger über seine Tätigkeit einer Berichtspflicht gegenüber den Gesellschaftern unterliegt, ihm auch andere Aufgaben übertragen werden können. Weiterhin haben die Beigeladene zu 1 und der Kläger in dem Vertrag ein festes Gehalt und einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen im Jahr vereinbart. Arbeitsverhinderungen sind unverzüglich mitzuteilen und bei einer Dauer über drei Tagen durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachzuweisen. Die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags entsprechen damit nahezu vollständig jenen, die im Arbeitsleben für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich sind.

Die Position des Klägers als verantwortlicher Leiter des Ausbildungsbetriebs nach § 11 Abs 2 FahrlG führt für sich allein noch nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Diese Gestaltung ermöglicht es, einer juristischen Person die Fahrschulerlaubnis zu erteilen und damit zB eine Haftungsbegrenzung herbeizuführen. Die Aufgabe als verantwortlicher Leiter kann bei einer GmbH auch von einem Fremdgeschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, wahrgenommen werden und bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH hat das BSG regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen. Es hat sie bei diesem Personenkreis nur unter besonderen Umständen verneint, insbesondere bei Geschäftsführern, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren und die Geschäfte faktisch wie Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führten (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20 mwN). Ein diesen Fallkonstellationen vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor.

Soweit die Kläger auf seine überragenden Branchenkenntnisse hinweist, hat das SG zu Recht ausgeführt, dass es sich um Eigenschaften handelt, die in der Regel eine leitende Stellung mit sich bringt. Solche machen nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 18). Insoweit ist auch ohne Bedeutung, ob die Beigeladene Ziffer 1 von ihrer Rechtsmacht tatsächlich Gebrauch macht. Die Nichtausübung eines Rechts ist unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist (BSG, Urteil vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R, veröffentlicht in Juris).

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags nicht auch gelebt worden sind. Soweit der Kläger vorgetragen hat, ohne dies in irgendeiner Weise zu belegen, die tatsächliche Handhabung des Vertrages hinsichtlich der Berichtspflicht, der Anzeige von Arbeitsunfähigkeit oder der Abstimmung von Urlaub abweichend erfolgt sei, so trägt dies nicht ausreichend dem Umstand Rechnung, dass nach § 13 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages jede Abänderung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf. Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 20.05.2008 (9 AZR 382/07) beruft, so folgt daraus nichts anderes. Denn bei einer Schriftformklausel, die - wie hier § 13 Abs 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags - nicht nur für Vertragsänderungen die Schriftform vorschreibt, sondern auch Änderungen der Schriftformklausel ihrerseits der Schriftform unterstellt (Abs 1 Satz 2), ist das Entstehen einer anderweitigen betrieblichen Übung nicht möglich. Eine doppelte Schriftformklausel kann regelmäßig nicht durch eine die Schriftform nicht wahrende Vereinbarung abbedungen werden (BGH 2. Juni 1976 - VIII ZR 97/74 - BGHZ 66, 378, für Vereinbarungen unter Kaufleuten; BFH 31. Juli 1991 - I S 1/91 - BFHE 165, 256, für einen GmbH-Geschäfts¬führervertrag). An der Verwendung gerade der doppelten Schriftformklausel wird deutlich, dass die Vertragsparteien auf die Wirksamkeit ihrer Schriftformklausel besonderen Wert legen. Ein Verstoß führt gemäß § 125 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit der Änderungsabrede. Durch die doppelte Schriftformklausel kann deshalb verhindert werden, dass eine betriebliche Übung entsteht. Die Unwirksamkeit nicht formwahrender Änderungen des Arbeitsvertrags nach § 125 Satz 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Parteien eine konstitutive Schriftformklausel vereinbart haben. Bei einer solchen Klausel sind Änderungen und Ergänzungen des Vertrags ohne Beachtung der Schriftform unwirksam. Von einem solchen konstitutiven Schriftformerfordernis muss schon aufgrund des unzweifelhaften Wortlauts der Klausel, wonach Änderungen und Ergänzungen des Vertrags "nur wirksam” sein sollen, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Parteien unterzeichnet worden sind, ausgegangen werden (so BAG aaO).

Auch die weiteren, vom erkennenden Senat regelmäßig als besonders gewichtig erachteten Kriterien über die tatsächliche Ausgestaltung des Tätigkeitsverhältnisses sprechen für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Die Beigeladene zu 1 hat die Gehaltszahlungen an den Kläger als solche verbucht, sodass davon auszugehen ist, dass sie sie auch körperschafts- und gewerbesteuerrechtlich als Betriebsausgaben geltend gemacht hat.

Ferner trug der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 kein unternehmerisches Risiko. Ihm war ein Fixgehalt in einer Höhe zugesagt, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern konnte. Selbst wenn - zB in einer Krisensituation - die zusätzlich zugesagten erfolgsabhängigen Tantiemen nicht gezahlt worden wären, hätte der Kläger sein Fixgehalt in voller Höhe weiter bekommen. Der Anstellungsvertrag enthält keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position als Geschäftsführer verpflichtet gewesen wäre, etwa im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Auch in seiner Rolle als Gesellschafter der Beigeladenen, die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Stellung als Geschäftsführer allerdings nicht relevant ist, traf den Kläger kein signifikantes unternehmerisches Risiko. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Klauseln über eine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Angesichts seines geringfügigen Anteils am Stammkapital von 5,26 vH, also 1.278,23 EUR, war auch die allgemeine Gefahr eines GmbH-Gesellschafters, in einer Krisensituation der Gesellschaft faktisch gezwungen zu sein, in erheblichem Umfang Kapital nachzuschießen, um etwa eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, eher gering.

Dies alles sind gewichtige Indizien, die für abhängige Beschäftigung und gegen ein Unternehmerrisiko sprechen. Die von dem Kläger eingesetzte Arbeitskraft kann dem Wagniskapital eines Unternehmers nicht gleichgesetzt werden. Die Kläger trägt kein unternehmerisches Risiko. Die zusätzlich gewährte Gewinnbeteiligung führt zu keinem Unternehmerrisiko, denn diese ist angesichts des dem Kläger zustehenden festen Monatsgehalts dem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiteter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile. Bei dem Kläger bestand nie die Gefahr, die Arbeitskraft ohne Gegenleistung einsetzen zu müssen. Die Gewinnbeteiligung ist nicht mit einem Verlustrisiko verbunden und im Übrigen bei Angestellten mit herausgehobener Verantwortungsposition nicht unüblich.

Wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, führte die abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1 zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung, der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung.

Der Senat hat deswegen die Berufung als unbegründet zurückgewiesen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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