L 5 KA 4587/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 2338/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 4587/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 3. September 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der als Arzt für Allgemeinmedizin niedergelassene und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen einen Arzneikostenregress für das Quartal 1/1999.

Die über ihn erstellte Arzneimittelkostenstatistik für dieses Quartal weist folgendes aus: VG Anzahl Fälle Anzahl Rezepte Arzneikosten Kosten je Fall Fachgruppe Kosten je Fall Arzt Abweichung in DM Abweichung in % M 398 615 53557,82 69,62 134,57 64,95 93,3 F 102 134 10900,06 49,44 106,86 57,43 116,2 R 358 1119 115215,10 220,52 321,83 101,31 45,9 G 858 1868 179672,98 128,71 209,41 80,70 62,7

Am 9. Dezember 1999 beantragte die Beigeladene Nr. 1 bei dem bei ihr eingerichteten Prüfungsausschuss, die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise Arzneimittel GKV 1/1999 gem. § 106 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu prüfen. Zur Begründung führte sie aus, es habe sich gezeigt, dass der Kläger im Quartal I/99 den Durchschnitt seiner Fachgruppe (Ärzte für Allgemeinmedizin/praktische Ärzte) um 62,7% überschreite, was als offensichtliches Missverhältnis einzuschätzen sei. Unter dem 3. Januar 2000 trug der Kläger hierzu vor, im Quartal 1/1999 habe er 883 GKV-Patienten behandelt, darunter 366 Rentner (41,5%). Hinzu komme die Behandlung von Tumorpatienten, Diabetikern und anderen schweren Fällen. Das müsse man als Praxisbesonderheit anerkennen. Außerdem fehle eine Statistik der Arbeitsunfähigkeitszeiten und Krankenhauseinweisungen.

Mit Prüfbescheid vom 29. Januar 2001 setzte der Prüfungsausschuss einen Arzneikostenregress in Höhe von 11.814,66 DM fest. Zur Begründung führte er aus, nach der Arzneikostenstatistik habe der Kläger in der Verordnungsweise bei 858 abgerechneten Krankenscheinen den Falldurchschnitt der Vergleichsgruppe von 128,71 DM mit seinem Falldurchschnitt von 209,41 DM um 62,7% überschritten. Die Fachgruppe umfasse 1.111 Ärzte, so dass Durchschnittswerte gebildet werden könnten. Ausgehend vom Falldurchschnitt der Fachgruppe von 128,71 DM zuzüglich einer 20-prozentigen Streubreite von 25,74 DM ergebe sich ein wirtschaftlicher Aufwand von 154,45 DM und angesichts des Falldurchschnitts des Klägers von 209,41 DM ein unwirtschaftlicher (Mehr)aufwand von 54,96 DM. Der Regress werde nach Ermessen so festgesetzt, das dem Kläger 50% des Mehraufwandes verbleibe. Danach errechne sich der Regressbetrag wie folgt: Falldurchschnitt des Klägers von 209,41 DM - Falldurchschnitt der Fachgruppe von 128,71 DM - 50-prozentiger Mehraufwand von 64,36 DM = unwirtschaftlicher Bruttoaufwand von 16,34 DM/Fall - 5-prozentiger Rabatt von 0,82 DM - 10,7-prozentiger Rezeptanteil von 1,75 DM = Nettoregress von 13,77 DM/Fall x 858 Fälle = 11.814,66 DM. Ein erhöhter Rentneranteil könne nicht als Praxisbesonderheit anerkannt werden, weil dies (bereits) der Berechnung der Arztgruppendurchschnittswerte zu Grunde gelegt und statistisch berücksichtigt worden sei. Die Behandlung schwerer und schwerster Fälle sei als solche ebenfalls keine Praxisbesonderheit. Dieser Gesichtspunkt werde durch das Erfordernis der Offensichtlichkeit des Missverhältnisses zwischen den Durchschnittswerten des Arztes und der Vergleichsgruppe berücksichtigt. Auch Einsparungen, die den Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit widerlegen könnten, seien nicht festzustellen. Dafür gäben statistische Daten hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der Krankenhauseinweisungen für sich genommen nichts her. Vielmehr müsse konkret dargelegt und aufgezeigt werden - was nicht geschehen sei - , inwieweit durch die Verordnung von Arzneimitteln Krankenhausaufenthalte oder Arbeitsunfähigkeitszeiten vermieden bzw. verkürzt worden seien.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, im Quartal 1/1999 habe er 883 und nicht, wie vom Prüfungsausschuss angenommen, 858 Fälle abgerechnet. Außerdem habe man zu Unrecht 2.156,59 DM für Sprechstundenbedarf, 4.370,76 DM für Hilfsmittel und 1.376,28 DM für Doppelberechnungen und Rezepte aus anderen Quartalen als dem Prüfquartal in die Gesamtverordnungssumme eingerechnet und einen weiteren Betrag von 782,57 DM für Rezepte berücksichtigt, denen nicht zu entnehmen sei, ob sie Medikamente oder Hilfsmittel zum Gegenstand hätten. Dass dem Prüfungsausschuss Statistiken zu Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Krankenhauseinweisungen nicht vorgelegt werden könnten, dürfe man ihm nicht anlasten; nach Ansicht des Bundessozialgerichts sei immer die Gesamtwirtschaftlichkeit einer Praxis zu berücksichtigen. Schließlich liege das Durchschnittsalter der von ihm behandelten Rentner mit 77 1/2 Jahren deutlich über dem Fachgruppendurchschnitt. Außerdem habe er in der Altersgruppe von 75 bis 85 Jahren 103 und in der Altersgruppe von 85 bis 100 Jahren 72 Patienten sowie (im Prüfquartal) insgesamt 31 insulinpflichtige Diabetiker betreut, was als Praxisbesonderheit anerkannt werden müsse.

Mit Bescheid vom 6. August 2001 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend führte er aus, allgemeine Zweifel an der Richtigkeit der von der Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken erfassten Arzneikosten seien nicht berechtigt. Unvermeidliche Fehler im Einzelfall habe der Gesetzgeber mit der Einführung der statistischen Prüfung als Regelprüfmethode hingenommen; außerdem wirkten sich eventuelle Fehler angesichts der Vielzahl der Ärzte statistisch nicht aus. Die Differenz zwischen der Zahl der im Quartal 1/1999 eingereichten Behandlungsscheine (883) und der Fallzahl in der Arzneikostenstatistik (858) beruhe nicht auf fehlerhaften Fallzahlangaben, sondern darauf, dass bestimmte Fälle bei der Arzneikostenstatistik nicht berücksichtigt würden. Die Abweichung der Fallzahl in der Arzneikostenstatistik von der Fallzahl der GKV-Honorarübersicht (863) rühre daher, dass die Bruttokosten für Arznei- und Verbandmittel nur von bestimmten Krankenkassen in die Arzneikostenstatistik eingestellt würden; dabei handele es sich um baden-württembergische Orts- und Innungskrankenkassen, Betriebskrankenkassen mit Sitz in Baden-Württemberg, Betriebskrankenkassen der Bundespost, Bundesbahn, des Bundesverkehrsministeriums, der Siemens-, Kaufhof-, Karstadt- und Allianz-AG sowie um die Badische Landwirtschaftliche Krankenkasse und alle Ersatzkassen. Der Ermittlung der Kosten je Behandlungsfall lege man deshalb auch nur die Fallzahlen dieser Kostenträger zu Grunde. Da es für die Berechnung der Arzneikosten nicht auf die (im Quartal) ausgestellten, sondern auf die in Apotheken eingelösten Rezepte ankomme, gehe der Einwand des Klägers, man habe nicht aus dem Prüfquartal stammende Rezepte berücksichtigt, ins Leere. Entsprechendes gelte für das Vorbringen, die Summe der verordneten Arzneimittel enthalte auch Aufwendungen für Hilfsmittel; nehme man insoweit eine geringe Fehlerquote an, werde diese nämlich bereits dadurch ausreichend berücksichtigt, dass ein offensichtliches Missverhältnis (erst) bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um mehr als 50 % vorliege. Unerfindlich sei auch, weshalb der Kläger bei dem gerügten Betrag von 782,57 DM nicht nachvollziehen könne, ob es um Medikamente oder Hilfsmittel gehe, nachdem Hilfsmittel grundsätzlich unter der Pharmazentral-Nr. 9999999 erfasst würden. Dass ein (vom Kläger auf 2.156,59 DM bezifferter) Betrag für als Sprechstundenbedarf bezogene Artikel fälschlicherweise in die Arzneikostenstatistik eingegangen sei, könne man von vornherein ausschließen. Denn Sprechstundenbedarf werde ausschließlich auf dem Arzneiverordnungsblattmuster 16 der Vordruckvereinbarung zu Lasten der für den Praxisort zuständigen Bezirksdirektion der AOK Baden-Württemberg und nicht, wie für Patienten bestimmte Arzneimittel, auf einen Patientennamen verordnet. Praxisbesonderheiten lägen ebenfalls nicht vor. Vielmehr behandele der Kläger einen für die Fachgruppe der Allgemeinärzte typischen Patientenkreis, das gelte auch hinsichtlich der angeführten 36 schweren Fällen, darunter 31 insulinpflichtige Diabetiker. Davon abgesehen wäre ohnehin nur ein das übliche Maß übersteigender Anteil schwerer Fälle zu berücksichtigen, wofür man etwa ein Drittel der Behandlungsfälle ansetze. Die 36 schweren Fälle machten aber nur einen Anteil von 4,1% der vom Kläger im Prüfquartal behandelten Patienten aus. Dem Rentneranteil sei bereits durch entsprechend gewichtete Daten Rechnung getragen. Alles in allem gebe es weder Praxisbesonderheiten noch Einsparungen, die den Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit widerlegen könnten.

Am 20. August 2001 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Er bekräftigte sein bisheriges Vorbringen und legte Kopien von Behandlungsscheinen vor, aus denen hervorgehe, dass in der Gesamtverordnungssumme auch Kosten für Hilfsmittel in Höhe von 4.370,76 DM und Doppelberechnungen in Höhe von 1.376,83 DM enthalten seien. Außerdem seien Rezepte über einen Betrag von 782,57 DM berücksichtigt worden, aus denen nicht hervorgehe, ob sie Medikamente oder Hilfsmittel beträfen. Für eine Praxisbesonderheit spreche, dass man sein Praxisbudget für das Quartal 1/01 hinsichtlich der von ihm behandelten 31 insulinpflichtigen Diabetiker erhöht habe. Schließlich müsse die Beklagte sämtliche Originalrezepte des in Rede stehenden Quartals vorlegen (können), wie aus Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juli 2002 (S 71 KA 226/019) und des Sozialgerichts Frankfurt vom 14. Februar 2001 (S 29 KA 3581/99) hervorgehe.

Der Beklagte trug vor, den vom Kläger vorgelegten Behandlungsscheinkopien sei nicht zu entnehmen, ob die Behandlungsscheine überhaupt in die Arzneikostenstatistik aufgenommen worden seien, was insbesondere für Behandlungsscheine mit der Pseudo-Versichertennummer 9999999 (Sprechstundenbedarf) gelte, weil diese sich nicht auf Patienten bezögen und deshalb bei der Arzneikostenstatistik nicht berücksichtigt würden. Praxisbesonderheiten seien nicht anzuerkennen. Denn der Kläger habe mit seiner Verordnungsweise ab dem Quartal 3/2000 selbst den Beweis dafür erbracht, dass ein offensichtliches Missverhältnis im Vergleich zur Verordnungsweise des Fachgruppendurchschnitts ungeachtet besonders schwerer Fälle oder eines hohen Rentneranteils nicht mehr bestehe. Davon abgesehen verursachten Rentner (deren Arzneikostenwerte auch gewichtet seien) keine erheblich höheren Arzneikosten als andere Patienten. Die Erhöhung des Praxisbudgets gebe für Praxisbesonderheiten ebenfalls nichts her.

Mit der Addition tatsächlich vorliegender Rezepte könne man auch nicht beweisen, ob eine Statistik richtig oder falsch sei, weil die Krankenkassen nicht alle Behandlungsscheine und Verordnungsblätter lückenlos beibringen könnten. Deshalb spiele es auch keine Rolle, wenn die Krankenkassen auch Unterlagen vorlegten, die eindeutig Hilfsmittel auswiesen; richtig gekennzeichnete Hilfsmittel (-verordnungen) gelangten nicht in die Arzneikostenstatistik. Man habe zum Nachweis dafür, dass die statistische Prüfung richtig durchgeführt worden sei, noch die tatsächlich vorliegenden Images der IKK Lörrach, Gruppe Rentner, zusammengezählt und festgestellt, dass von den 111 vorliegenden Images mit einem Gesamtbetrag von 10.280,38 DM 11 Images mit 888,10 DM im Statusfeld 7 als Hilfsmittel gekennzeichnet seien. Davon ausgehend wäre der Arzneikostenstatistik ein Betrag von 9.393,28 DM für 100 Images zugrunde zu legen; tatsächlich sei in der Arzneikostenstatistik nach Kassen ein Betrag von 9.542,30 DM für 102 Rezepte der Versichertengruppe Rentner der IKK Lörrach ausgewiesen, was zeige, dass Kosten für Hilfsmittel (bei richtiger Kennzeichnung auf dem Rezept) in die Arzneikostenstatistik nicht eingeflossen seien. Er, der Beklagte, übernehme (nach Stichprobenkontrolle) das Zahlenmaterial der Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken, die die Arzneikosten erfasse und der Statistik das unter der Verordnungsnummer des jeweiligen Arztes erfasste Volumen zugrundelege. Zeigten sich bei den Hauptkostenträgern weder Auffälligkeiten noch Diskrepanzen, werde die Richtigkeit des Zahlenmaterials unterstellt. Da die maßgeblichen Unterlagen, anders als bei der Honorarprüfung, nicht bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu erschließen seien, könne man nicht verlangen, dass beim statistischen Kostenvergleich alle Verordnungsblätter lückenlos vorliegen müssten; andernfalls hinge die Prüfung der Verordnungsweise eines Vertragsarztes davon ab, ob die Kasse bzw. Kassenart bereit und im Stande sei, die Unterlagen herauszugeben. Bei der Prüfung der Arzneimittelverordnungsweise des Klägers habe man die vorgeschriebene Regelprüfmethode des statistischen Kostenvergleichs mit der Fachgruppe der hausärztlichen Allgemeinärzte angewendet. Es handele sich nicht um eine Richtgrößenprüfung, sondern um eine Prüfung nach Durchschnittswerten, bei der sowohl die Größe der Vergleichsgruppe (1.111 Praxen) wie die Fallzahl des Klägers (863) die Bildung von Durchschnittswerten ermögliche.

Die Beigeladene Nr. 2 wies darauf hin, es sei ausgeschlossen, dass richtig gekennzeichnete Verordnungen für Hilfsmittel von der Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken falsch zugeordnet würden. Außerdem habe der Kläger verschiedene sächliche Mittel auf einem Rezept verordnet und alles mit der Ziffer 7 (für Hilfsmittel) gekennzeichnet. Dadurch sei die Statistik insgesamt zu seinen Gunsten verfälscht worden. Außerdem zählten Verbände, Kompressen, u.ä. entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu den Hilfsmitteln. Der Durchschnittswert des Klägers für Arzneikosten sei deshalb eigentlich noch höher.

Mit Urteil vom 3. September 2003 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Arzneikostenregress beruhe auf § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (in der seinerzeit geltenden Fassung). Der Beklagte habe diese Vorschrift rechtsfehlerfrei angewendet und die Grenzen des Beurteilungsspielraums, der ihm für die Wahl der Prüfmethode und die Entscheidung über die Unwirtschaftlichkeit der Verordnungsweise eines Vertragsarztes eingeräumt sei, gewahrt. Der Kläger könne zwar die Vorlage der bei den Prüfgremien verfügbaren Verordnungsblätter, nicht jedoch die Durchführung einer Einzelfallprüfung verlangen. Die gesetzlich vorgeschriebene Regelprüfmethode des statistischen Kostenvergleichs werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Prüfgremien nicht über sämtliche Verordnungsblätter des jeweiligen Quartals verfügten. Der Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der statistischen Vergleichsprüfung sei nicht erschüttert. Insoweit seien die vom Kläger gerügten Fallzahldiskrepanzen rechtlich ohne Belang, weil bei der Prüfung nur Arzneikostenfälle einer bestimmten Gruppe von Krankenkassen und außerdem allein die eingelösten, nicht die ausgestellten Rezepte berücksichtigt würden. Der Beklagte habe auch das Zahlenmaterial der Verrechnungsstelle Süddeutscher Apotheken verwenden dürfen, nachdem unvermeidliche Fehler bei der Datenerfassung im Einzelfall mit der gesetzlichen Einführung der statistischen Prüfung als Regelprüfmethode gebilligt seien und sich etwaige Fehler angesichts der Vielzahl der Ärzte statistisch auch nicht auswirken dürften. Schließlich habe der Beklagte das Vorbringen des Klägers, in die Gesamtverordnungssumme sei ein Betrag von 2.156,59 DM für Sprechstundenbedarf, von 4.370,76 DM für Hilfsmittel und von 1.376,38 DM für Doppelberechnungen und Rezepte eingeflossen, überzeugend ausgeräumt. Er habe ausgehend von den rechtlich beanstandungsfreien statistischen Erhebungen und Berechnungen zutreffend festgestellt, dass der Kläger die fehlerfrei festgelegte Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis überschritten habe. Praxisbesonderheiten seien ebenfalls ohne Rechtsfehler ausgeschlossen worden. Den erhöhten Rentneranteil habe der Beklagte nämlich durch entsprechende Gewichtung der Vergleichswerte berücksichtigt. Weitere Praxisbesonderheiten gebe es nicht. Insbesondere bewege sich die Behandlung der vom Kläger angeführten 36 schweren Fälle, darunter 31 insulinpflichtige Diabetiker, im üblichen Rahmen einer allgemeinmedizinischen Praxis, so dass es zu einem erhöhten Verordnungsaufwand auch bei den Patienten der zur Vergleichsgruppe gehörenden Ärzte komme, wodurch sich deren Fallwert erhöhe. Die vom Kläger als besonders schwer eingestuften Fälle machten außerdem nur 4,1% seiner Gesamtfallzahl aus. Die vorgenommene Kürzung weise schließlich Ermessensfehler zu Lasten des Klägers nicht auf, zumal dem Kläger Überschreitungsbeträge belassen würden, die noch im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses lägen. Denn der Beklagte habe bei einem als unwirtschaftlich festgestellten Mehraufwand von über 47.000 DM nur einen Regressbetrag von 11.814,66 DM festgesetzt. Das Urteil wurde dem Kläger am 11. September 2003 zugestellt.

Am 10. Oktober 2003 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe sich nicht mit den von ihm angeführten Entscheidungen der Sozialgerichte Berlin und Frankfurt (zur Vorlage von Originalverordnungen) auseinandergesetzt; der Beklagte könne die Originalverordnungen nicht lückenlos vorlegen. Er beanstande auch die Ausführungen des Sozialgerichts zu den Praxisbesonderheiten. Es fehlten nähere Erläuterungen dazu, inwieweit dem erhöhten Rentneranteil durch die Gewichtung der Vergleichswerte Rechnung getragen sei. Der erkennende Senat habe auch entschieden, dass ein erhöhter Rentneranteil eine Praxisbesonderheit ausmachen könne. Außerdem werde eine Zusammenstellung über "teure Patienten" des Quartals 1/1999 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 3. September 2003 und den Bescheid des Beklagten vom 6. August 2001 aufzuheben.

Der Beklagte und der Beigeladene zu 1) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge und haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert ...

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig; gegen den Kläger ist ohne Rechtsfehler ein Arzneikostenregress festgesetzt worden.

Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses für das Quartal 1/1999 ist § 106 Abs. 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch die arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Regelprüfmethode hierfür ist die statistische Prüfung, bei der die Abrechnungswerte des geprüften Arztes mit den Werten der Fachgruppe im selben Quartal verglichen werden. Ergänzt durch die so genannte intellektuelle Betrachtung, nämlich die Berücksichtigung medizinisch-ärztlicher Gesichtspunkte, erbringt dies typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse. Zeigt die Prüfung, dass die Verordnungskosten des Arztes (je Fall) zu den durchschnittlichen Verordnungskosten (je Fall) seiner Fachkollegen in einem offensichtlichen Missverhältnis stehen, diese also in einem Ausmaß überschreiten, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, ist der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit geführt. Der Arzt kann den Anscheinsbeweis entkräften, wenn er darlegt - und sich dies als zutreffend erweist -, dass bei seiner Arztpraxis besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende Umstände vorliegen, die für die zum Vergleich herangezogenen Ärzte untypisch sind (vgl. zusammenfassend etwa BSG, Urt. v. 6. Dezember 2000, - B 6 KA 24/99 R -, SozR 3-2500 § 106 Nr. 50).

Für die Beurteilung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und die Festlegung der ihrerseits von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des Einzelfalles abhängenden Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis steht den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle ihrer Entscheidungen beschränkt sich deshalb auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, der Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums gewahrt und die Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet sind, dass die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe (im Rahmen des Möglichen) erkennbar und nachvollziehbar ist. Dafür müssen die Erwägungen der Prüfgremien im Bescheid genannt werden oder für die Beteiligten und das Gericht jedenfalls erkennbar sein (BSG, 29. Januar 1997 SozR 3-2500 § 106 Nr. 38; auch Senatsurteile vom 22. Mai 1996, MedR 1997, 230, und vom 13. September 2000, - L 5 KA 124/98 -).

Hiervon ausgehend erweist sich der angefochtene Bescheid des Beklagten als rechtmäßig. Der Anscheinsbeweis unwirtschaftlicher Verordnungsweise ist vorliegend nicht entkräftet. Weder sind Praxisbesonderheiten dargetan noch sind kompensierende Einsparungen ersichtlich. Auch das Vorbringen des Klägers zu (angeblichen) Fehlern bei der Erfassung des maßgeblichen Datenmaterials und sein Begehren, alle im Prüfquartal ausgestellten Rezepte im Original vorzulegen, kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.

Der Beklagte hat zu Recht die in § 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vorgeschriebene Regelprüfmethode des statistischen Kostenvergleichs angewandt. Diese ist gegenüber der Einzelfallprüfung vorrangig (BSG, 15. November 1995 SozR 3-2500 § 106 Nr. 33), weshalb der Kläger eine Einzelfallprüfung nicht beanspruchen kann.

Auch die Bildung der Vergleichsgruppe ist nicht zu beanstanden, da diese aus Ärzten der Fachgruppe des Klägers (Ärzte für Allgemeinmedizin/praktische Ärzte) besteht (vgl. BSG, 2. Juni 1987 BSGE 62, 24, 17) und mit 1.111 Ärzten eine ausreichende Grundlage für statistische Vergleiche abgibt.

Praxisbesonderheiten liegen beim Kläger nicht vor. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfung beachtliche Praxisbesonderheiten können nur in solchen Umständen liegen, die sich auf das Behandlungs- oder (hier) das Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und die in den Praxen der Vergleichsgruppe so typischerweise (gar) nicht oder nicht in derselben Häufigkeit vorkommen; die Behandlungs- oder Verordnungsweise muss entweder der Art nach für Arztpraxen der Vergleichsgruppe atypisch sein oder hinsichtlich der Häufigkeit in der geprüften Arztpraxis so wesentlich über dem durchschnittlichen Anteil in den Praxen der Vergleichsgruppe liegen, dass allein ihre große Zahl im Ergebnis ein (spezifisches) Qualitätsmerkmal der Arztpraxis ausmacht. Hierzu muss der Arzt substantiiert dartun, inwiefern sich seine Praxis gerade in Bezug auf diese Merkmale von den anderen Praxen der Fachgruppe unterscheidet (BSG, Urt. v. 12. Oktober 1994, MedR 1996, 138; Senatsurteil v. 13. September 2000, aaO).

Der Kläger hat als Praxisbesonderheiten einen erhöhten Rentneranteil geltend gemacht, wobei seines Erachtens das von ihm errechnete Durchschnittsalter der Rentner mit 77 ½ Jahren deutlich das Durchschnittsalter der Rentner der Fachgruppe übersteigt und entsprechend berücksichtigt werden müsse. Damit kann er indes nicht durchdringen. Den Rentneranteil hat der Beklagte beurteilungsfehlerfrei dadurch in Rechnung gestellt, dass er die Vergleichswerte der Fachgruppe entsprechend gewichtet hat. Bei der Ermittlung der Vergleichswerte der Fachgruppe (vgl. Blatt 22 Rückseite der Verwaltungsakte) wurde die Rentnerzahl des Klägers mit dem Vergleichswert für Rentner der Fachgruppe multipliziert, in gleicher Weise wurde bei Mitgliedern und Familienversicherten verfahren. Gegenübergestellt wurden somit die Abrechungswerte des Klägers mit den entsprechend gewichteten Abrechnungswerten der Vergleichsgruppe. Dies entspricht den Vorgaben der Rechtsprechung.

Eine stärkere Gewichtung, etwa im Hinblick auf das weit überdurchschnittliche Alter der Rentner ist nicht erforderlich gewesen. Denn der hohe Rentneranteil mit überproportional alten Rentnern ist für die Höhe der Arzneikostenüberschreitung nicht verantwortlich. Die höchsten Abweichungen liegen beim Kläger bei der Gruppe der Krankenkassenmitglieder und der mitversicherten Familienangehörigen mit 93,3 % bzw. 116,2 %, während die Höhe der Arzneikostenüberschreitung bei den Rentnerversicherten mit 45,9 % noch unter dem von dem Beklagten angenommenen offensichtlichen Missverhältnis von 50 % liegen.

Besonders schwere oder besonders arzneimittelaufwändige Fälle sind nur unter strengen Voraussetzungen als Praxisbesonderheit anzuerkennen, weil solche Fälle in jeder Arztpraxis vorkommen und ihre Kosten deshalb in den durchschnittlichen Fallwert der Vergleichsgruppe eingeflossen sind. Anderes mag nur dann gelten, wenn ein Arzt, verglichen mit den Ärzten seiner Fachgruppe unverhältnismäßig viele schwere Fälle hat oder die schweren Fälle wegen einer geringen Fallzahl besonders stark zu Buche schlagen oder (sogar) beides zusammenkommt (vgl. Senatsurteile vom 17. April 1996, aaO, und vom 22. Januar 1997, aaO). Davon kann hier freilich nicht die Rede sein. Der Kläger hat im Prüfquartal bei einer Fallzahl von 863 Patienten nur 36 schwere Fälle (4,1 %) anzuführen. Der Beklagte ist dem entsprechenden Einwand des Klägers nachgegangen und hat bei der vorgenommenen Wirtschaftlichkeitsprüfung eine orientierende Durchsicht der Behandlungsscheine vorgenommen. Auf der Grundlage seines Erfahrungswissens ist er zum Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem Patientengut des Klägers um das allgemein übliche Klientel, welches von der Fachgruppe der Allgemeinärzte betreut und behandelt wird, handelt. Aus dem Umstand, dass der Beigeladene Ziffer 1 mit Bescheid vom 09.07.2001 dem Kläger eine Erweiterung des Praxisbudgets um 300 Punkte je insulinpflichtigem Diabetesfall gewährt hat, kann entgegen der Auffassung des Klägers auf eine Praxisbesonderheit nicht geschlossen werden. Dem Bescheid lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger im Quartal 1/2001 31 insulinpflichtige Patienten, und damit mehr als 2,5 % der Gesamtfallzahl seiner Praxis behandelte und somit die Voraussetzungen für die Budgeterweiterung erfüllt. Andererseits ergibt sich aus diesem Bescheid, dass der Kläger im Quartal 1/2001 mit 31 insulinpflichtigen Diabetikern beinahe so viel Patienten mit dieser Erkrankung behandelt hat, wie im hier streitigen Quartal 1/99, wo sich diese Zahl auf 36 belief. Dies spricht für eine im Wesentlichen unveränderte Patientenstruktur. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Zahl von 36 schweren Fällen um eine Ausreißerzahl handelt. Ist somit insoweit von einer unveränderten Patientenstruktur auszugehen, so können die insulinpflichtigen Diabetiker nicht für die hohen Arzneikosten verantwortlich gemacht werden. Dies zeigt das spätere Verordnungsverhalten des Klägers, wo jeder insulinpflichtige Diabetiker ebenfalls die benötigten Medikamente erhalten hat und er den Fachgruppendurchschnitt im Quartal 3/00 nur um 34,07 %, im Quartal 4/00 um 43,04 %, im Quartal 1/01 um 41 %, im Quartal 2/01 um 38,32 % und im Quartal 3/01 um 45,66 % überschritten hat. Der Beklagte hat somit nach Auffassung des Senates in beurteilungsfehlerfreier Weise das Vorliegen von Praxisbesonderheiten verneint.

Zugunsten des Klägers können auch keine kompensierenden Einsparungen angesetzt werden. Bei der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung bedarf es für die Anerkennung kompensierender Einsparungen grundsätzlich des Nachweises eines kausalen Zusammenhangs mit dem beanstandeten Mehraufwand. Außerdem müssen die erbrachten Leistungen medizinisch gleichwertig sein und der Mehraufwand darf insgesamt nicht höher als die Einsparungen sein (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 42). Im Zusammenhang mit kompensatorischen Einsparungen rügt der Kläger lediglich das Fehlen entsprechender Statistiken hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der Krankenhauseinweisungen. Dieses Vorbringen rechtfertigt indes nicht zu seinen Gunsten von kompensierenden Einsparungen auszugehen. Notwendig wäre es gewesen, dass der Kläger schlüssig dargelegt hätte, dass eine bestimmte kostenaufwändige Arzneiverordnungsweise bei bestimmten Patientengruppen oder bei bestimmten Erkrankungen dazu geführt hat, dass deswegen eine andernfalls erforderlich gewordene Krankenhausbehandlung bzw. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unterblieben ist. Eine solche Begründung eines kausalen Zusammenhangs ist vom Kläger auch nicht ansatzweise vorgenommen worden. Darüber hinaus spricht wenig für kompensatorische Einsparungen. Eine geringe Zahl von Krankenhauseinweisungen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in aller Regel nicht als kompensatorische Einsparung berücksichtigt werden (z. B. Urteil vom 18.03.1998 - L 5 KA 2439/96). Krankenhauseinweisungen beruhen auf plötzlichen, von dem behandelnden Arzt nicht mehr steuerbaren Erkrankungen. Die Fachgruppe würde unwirtschaftlich handeln, wenn sie statt einer teuren, aber ausreichenden medikamentösen Behandlung die Patienten in das sehr viel teurere Krankenhaus einweisen würden. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Abgesehen davon ist bei dem Kläger mit einem überdurchschnittlich hohen Rentneranteil eine eher unterdurchschnittliche Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erwarten.

Ebenso wie das Sozialgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass es bei der Datenerhebung rechtlich beachtliche Fehler nicht gegeben hat. Bei Arzneimitteln findet der Abrechnungsverkehr unter Berücksichtigung der §§ 129 bis 131 SGB V und insbesondere des § 300 SGB V in der Weise statt, dass die ärztlichen Verordnungsblätter nach Abgabe der Arzneimittel zusammen mit den erforderlichen Abrechnungsdaten über die Verrechnungsstelle der süddeutschen Apotheken den Krankenkassen zugeleitet werden. Von dort aus erhalten die Prüfgremien die entsprechenden Daten über die Arzneimittelkosten.

Dass eine derartige Erfassung im Einzelfall Fehler aufweisen kann, ist einzuräumen. Derartige Fehler hat der Gesetzgeber mit der Einführung der statistischen Prüfung als Regelprüfmethode jedoch gebilligt, zumal zu erwarten ist, dass sich eventuelle Fehler bei der Vielzahl der Ärzte statistisch nicht auswirken. Insoweit bestehen auch keinerlei Bedenken gegen die Richtigkeit der Zahlen der Vergleichsgruppe. Dass im Falle des Klägers nicht eine lückenlose Erfassung aller Verordnungsblätter oder Patienten gewährleistet ist, ist ebenfalls einzuräumen. Dies ist aber so lange rechtlich unerheblich, als es sich dabei um Einzelfälle handelt und die Zahl der für eine statistische Vergleichsprüfung heranzuziehenden Patienten ausreichend groß ist. Letzteres ist im Falle des Klägers mit 858 Patienten der Fall.

Der Umstand, dass der Abrechnungsprüfung nicht alle Verordnungsblätter von allen behandelten Patienten zugrunde liegt, sondern nur die Verordnungsblätter der wichtigsten Krankenkassen herangezogen worden sind, ist ebenfalls unerheblich. Zum einen sind mit den Ortskrankenkassen, den Innungskrankenkassen und den Betriebskrankenkassen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen und allen Ersatzkassen die ganz überwiegende Zahl der versicherten Patienten erfasst. Insoweit bestehen keinerlei Bedenken dagegen, die auf der Grundlage dieser Anzahl von Patienten ermittelten Ergebnisse als repräsentativ anzusehen. Der Kläger wird nicht dadurch benachteiligt, dass die Arzneikosten nicht auf der Basis aller Patienten ermittelt wurden. Der Beklagte hat nämlich konsequenterweise den Arzneikostenregress auf der Basis der Fallzahl von 858 errechnet, aus der die Arzneikosten insgesamt ermittelt worden sind. Wären alle Patienten erfasst, wäre der Regress entsprechend höher ausgefallen.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die bei ihm insgesamt festgestellten Arzneimittelkosten auch nicht durch eine höhere Zahl von Fällen zu dividieren. Soweit er vermutet, dass die Zahl der Arzneikostenfälle und die Zahl der kurativen Behandlungsfälle voneinander abweichen und die Arzneikosten statistisch verfälschen, sind seine Zweifel unbegründet. Zunächst stimmt die Fallzahl im Rahmen des Arzneikostenregresses nicht mit der Gesamtfallzahl kurativ behandelter Patienten überein, weil hier nur die Arzneikostenfälle bezogen auf eine bestimmte Gruppe von Krankenkassen errechnet werden. Zudem fließen nicht die ausgestellten, sondern nur die eingelösten Rezepte ein, denn nur insoweit sind Arzneikosten tatsächlich entstanden. Zudem sind die Arzneikosten dem Quartal zuzurechnen, in dem sie entstanden sind, d. h. dem Quartal, in dem die Rezepte eingelöst wurden, unabhängig vom Datum der Ausstellung. Schon hierdurch sind Abweichungen der kurativen Fallzahlen von den Fallzahlen im Rahmen des Arzneikostenregresses erklärbar. Die Beklagte hat dies im Übrigen in dem angefochtenen Bescheid auf Seite 3 vierter Absatz sehr eingehend und überzeugend begründet. Der Senat nimmt hierauf ausdrücklich Bezug.

Auch die weiteren Rügen des Klägers vermögen den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Beklagte dem Arzneikostenregress unzulängliches Datenmaterial zugrunde gelegt hat. Das Vorbringen des Klägers vermag insoweit keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des vorgelegten Datenmaterials zu begründen. Vielmehr sind seine eigenen Darstellungen unplausibel und teilweise widersprüchlich. Der Senat hat deshalb keinen Anlass gesehen, sich die Verordnungsblätter möglichst vollständig vorlegen zu lassen und diese danach einer erneuten Überprüfung zu unterziehen.

Soweit der Kläger rügt, in der Gesamtverordnungssumme sei auch Sprechstundenbedarf enthalten, können seine Angaben nicht überzeugen. Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass durch die Art und Weise, wie die Verordnung von Sprechstundenbedarf zu erfolgen hat, von vorn herein ausgeschlossen ist, dass die entsprechenden Verordnungen in die Arzneikostenstatistik einfließen. Denn die Verordnung von Sprechstundenbedarf erfolgt zu Lasten der für den Praxisort zuständigen Bezirksdirektion der AOK Baden-Württemberg, und zwar ausschließlich auf bestimmten Arzneiverordnungsblättern. Diese Arzneiverordnungsblätter unterscheiden sich von den übrigen Arzneiverordnungsblättern. Da aber Empfänger des Sprechstundenbedarfes der Arzt selbst ist, ist es ausgeschlossen, dass der entsprechende Sprechstundenbedarf einem Patienten zugeordnet wird.

Auch soweit der Kläger der Auffassung ist, dass fälschlicherweise in die Arzneikosten auch die Kosten von Hilfsmittel eingerechnet worden sind, vermag er mit diesem Vorbringen nicht die Überzeugung des Senats von der Brauchbarkeit der zugrundeliegenden statistischen Daten zu erschüttern. Der Kläger hat zwar zahlreiche Verordnungen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass er Praxishilfsmittel wie Einlagen, Kanülen oder Ähnliches verordnet hat. Die dadurch entstandenen Kosten sind offensichtlich in den Gesamtbetrag der verursachten Arzneikosten eingeflossen. Hätte der Kläger die Verordnungsblätter ordnungsgemäß ausgefüllt und mit der Statusangabe 7 richtig gekennzeichnet, wären Hilfsmittel nicht in der Arzneikostenstatistik eingeflossen. Die Beigeladene Ziffer 2 hat in diesem Zusammenhang überzeugend darauf hingewiesen, dass die vom Kläger rezeptierten Verbände, Kompressen oder Ähnliches nicht zu den Hilfsmitteln zählen. Soweit der Kläger solche Mittel als Arzneimittel verordnet hat, fließen entsprechende Kosten zwar in die Statistik ein, sie führen aber zu einer Verfälschung zu seinen Gunsten. Würde die Statistik nämlich entsprechend berichtigt, würde sich der Durchschnittswert für die eigentlichen Arzneikosten zu Lasten des Klägers noch nach oben verändern.

Für die Richtigkeit der zugrunde gelegten statistischen Zahlen spricht auch die vom Beklagten auf die Einwendungen des Klägers hin erhobene stichprobenweise Überprüfung. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 19.September 2002 (vgl. Bl. 111 SG-Akte) vorgetragen, er habe exemplarisch die körperlich vorliegenden Images der IKK Lörrach Gruppe Rentner zusammengezählt und sei auf eine Summe von 10.280,38 DM für 111 Images gekommen. Die Addition derjenigen vorliegenden Images, die im Statusfeld 7 als Hilfsmittel gekennzeichnet sind, habe 888,10 DM für 11 Images betragen. Ohne richtig gekennzeichnete Hilfsmittel, hätte die Arzneikostenstatistik 9.393,28 DM für 100 Images betragen. Tatsächlich liege für die Versichertengruppe der Rentner der IKK Lörrach bei 102 Rezepten der Arzneikostenwert bei 9.542,30 DM. Diese Zahlen beweisen die vom Beigeladenen Ziffer 2 vermutete Verfälschung der Statistik durch unrichtige Kennzeichnung der Hilfsmittel zugunsten des Klägers. Dies bedeutet umgekehrt, dass das vorhandene Zahlenmaterial den Kläger nicht benachteiligt, was zur Folge hat, dass der ausgesprochene Arzneikostenregress eher zu niedrig als zu hoch ist.

Der vom Kläger weiterhin noch gerügte ungeklärte Betrag vom 782,57 DM ändert nichts. Allein der Umstand, dass wegen der Verrechnungsart über eine bestimmte Pharmazentralnummer nicht mehr rekonstruiert werden kann, welche Verordnung diesem Betrag zugrunde lag, führt nicht von vorn herein zu einer Unrichtigkeit der Statistik. Allein wegen der Geringfügigkeit dieses Betrages bedarf es keiner eingehenden Nachprüfung, etwa durch Vorlage der entsprechenden Originalverordnungsblätter. Würde man bei derart geringen Beträgen in eine Einzelfallprüfung eintreten, wäre ein statistischer Kostenvergleich, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Regelprüfmethode sein sollte, praktisch undurchführbar. Dies wäre aber mit dem Ziel des Gesetzes, unwirtschaftlichen Verordnungsweisen entgegen zu wirken, nicht vereinbar.

Die Regressentscheidung des Beklagten weist darüber hinaus rechtlich beachtliche Fehler, etwa hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Regresses oder der Ermessensausübung nicht auf.

Der Beklagte hat rechtsfehlerfrei die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Überschreitung des Durchschnitts der Fachgruppe von 50 % festgelegt, die der Kläger mit den Kosten seiner Verordnungsweise im Vergleich zum Falldurchschnitt der Vergleichsgruppe mit 62,7 % überschreitet (auch dazu Senatsurteil vom 22. Mai 1996, aaO sowie BSG, Urt. v. 6. September 2000, SozR 3-2500 § 106 Nr. 50

Dem Kläger ist immerhin ein Mehraufwand von 50 % im Verhältnis zum Falldurchschnitt der Fachgruppe verblieben. Damit hat der Beklagte lediglich die Arzneikosten bis zur Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses gekürzt. In einem solchen Falle bedarf es nach der Rechtsprechung des BSG auch keiner näheren Begründung des Kürzungsbetrages.

Nach alledem ist der Bescheid des Beklagten vom 6. August 2001 rechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat das SG richtig erkannt, weswegen die Berufung des Klägers auch keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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