Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 SO 105/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 305/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. November 2008 wird zurückgewiesen. Die Feststellungsklage vom 25. März 2010 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Übernahme von Bestattungskosten für die von ihr veranlasste Bestattung ihrer Schwester.
Die 1955 geborene Klägerin ist arbeitslos. Sie ist vermögenslos und lebt mit ihrem geschiedenen Ehemann in Bedarfsgemeinschaft zusammen; beide erhalten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Die Klägerin veranlasste die Bestattung ihrer 1958 geborenen Schwester, die geschieden war und keine Kinder hatte und am 25. Juni 2006 vermögenslos an ihrem Wohnort L (OT R) verstorben ist. Anlässlich der Beisetzung am stellte das Bestattungsunternehmen der Klägerin einen Betrag von 1.915,69 Euro in Rechnung.
Die Klägerin beantragte beim Beklagten als zuständigem örtlichem Sozialhilfeträger die Übernahme dieser Bestattungskosten. Sie gab dazu unter anderem an, dass sie das Erbe ausgeschlagen habe, ihre Mutter verstorben sei und ihr 1926 geborener Vater in N lebe. Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin wegen fehlender Erbenstellung (Bescheid vom 13. November 2006, Widerspruchsbescheid vom 02. August 2007) und im Überprüfungsverfahren ergänzend unter Hinweis auf einen ihr zustehenden Kostenerstattungsanspruch gegen ihren Vater ab; sie selbst sei nicht "Verpflichtete" im Sinne der Bestimmung, wie sich aus dem Brandenburgischen Bestattungsgesetz vom 07. November 2001 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg, Teil I, Seite 226) ergebe (Bescheid vom 03. September 2007, Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007).
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 20. November 2007 zugestellten Widerspruchsbescheid hat sich die Klägerin mit ihrer am 20. Dezember 2007 zum Sozialgericht – SG – Neuruppin erhobenen Klage gewandt, mit der sie ihr Begehren auf Übernahme der Bestattungskosten weiterverfolgt und insoweit im Rahmen des § 44 SGB X die Rücknahme des Ablehnungsbescheides beantragt hat. Sie habe einen Bestattungsauftrag in der Annahme und mit dem Versichern der Mitarbeiterin des Bestattungshauses unterzeichnet, zur Zahlung des Betrages nicht verpflichtet zu sein, die Kosten würden vielmehr vom Sozialamt übernommen. Es sei zwar richtig, dass der Vater, der das Erbe ebenfalls ausgeschlagen habe, vorrangig bestattungsverpflichtet sei, doch sei die Klägerin selbst erstattungsberechtigt im Sinne des § 74 SGB XII. Der ebenfalls bestattungspflichtige Vater sei nicht leistungsfähig.
Sodann hat das SG mit Urteil vom 20. November 2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid eine Korrektur des Bescheides vom 13. November 2006 abgelehnt. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten aus § 74 SGB XII. Sie sei nicht letztendlich Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII. Sie habe zwar den Werkvertrag nach § 631 Abs. 1 BGB mit dem Bestattungsunternehmen abgeschlossen und sich somit zivilrechtlich verpflichtet, die Kosten zu tragen. Daraus folge jedoch keine Verpflichtung im Sinne der Bestimmung. Anspruchsinhaber gemäß § 74 SGB XII seien in folgender nachrangiger Reihenfolge zuerst der Erbe gemäß § 1968 BGB, nachfolgend und subsidiär der nach bürgerlichem Recht Unterhaltsverpflichtete bei eigener Leistungsfähigkeit (§§ 1615 Abs. 2, 1603 BGB), danach und nachrangig öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtige gemäß § 20 des Brandenburgischen Bestattungsgesetzes in der dort festgelegten Reihenfolge. Danach gehöre die Klägerin nicht zu den erstrangig verpflichteten Erben, da sie nachweislich das Erbe ausgeschlagen habe. Vorrangig zur Bestattung verpflichtet sei der Vater. Sollte diesem die Kostentragung nicht zumutbar gemäß § 74 SGB XII sein, könne dieser einen Antrag stellen. Sollte der Vater tatsächlich einen Anspruch nach § 74 SGB XII haben, führe dies nicht zu einem Anspruch der Klägerin selbst.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 03. Dezember 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 2008 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und eine unzutreffende rechtliche Würdigung rügt. Sie selbst sei Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII.
Sie hat darauf verwiesen, dass sie aufgrund eines vom Bestattungsunternehmen erwirkten Vollstreckungsbescheides vom 21. Juni 2007 von einem Inkassounternehmen in Anspruch genommen werde.
Auf Veranlassung des Senats hat der Beklagte nach weiterer Prüfung mit Bescheid vom 13. Oktober 2009 dem Vater einen Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten im Umfang von 1.286,87 Euro zuerkannt und diesen Leistungsbetrag entsprechend einer Abtretungserklärung direkt an das Bestattungsunternehmen überwiesen. Insoweit hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und verfolgt im Übrigen ihr Begehren weiter. Den danach verbleibenden Differenzbetrag zum ursprünglichen Rechnungsbetrag habe ihr Vater inzwischen an das Bestattungsunternehmen überwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. November 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 03. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 13. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. August 2007 zurückzunehmen und restliche Bestattungskosten anlässlich der Beisetzung der C T in Höhe von 628,82 Euro zu übernehmen,
hilfsweise
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die erforderlichen Kosten für die Bestattung der C T zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Feststellungsantrag abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die angefochtene Entscheidung entspreche der Sach- und Rechtslage. Die Klägerin sei nicht Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII sondern der Vater; sie selbst habe daher keinen Anspruch auf Kostenübernahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Das Leistungsbegehren der Klägerin hat sich durch die im Termin mitgeteilte Überweisung des noch offenen Teiles der Bestattungskosten nicht erledigt, denn es ist fraglich, ob der Vater gleichzeitig auf eine mögliche Rückforderung gegenüber der Klägerin verzichten will. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Korrektur des Ablehnungsbescheides vom 13. November 2006 im Rahmen des § 44 SGB X hat. Denn die Beklagte hat mit diesem Bescheid zu Recht den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, sodass die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 03. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 den Überprüfungsantrag abgelehnt hat. Denn der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 13. November 2006 beruht weder auf einem Sachverhalt, der sich als unrichtig erwiesen hat, noch ist das Recht – hier § 74 SGB XII – unrichtig angewandt worden. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme gemäß § 74 SGB XII vielmehr zutreffend abgelehnt.
Der Beklagte ist, was dieser auch ausdrücklich einräumt und zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist, gemäß § 98 Abs. 3 SGB XII der zur Entscheidung über den klägerischen Antrag berechtigte und verpflichtete Sozialhilfeträger.
Gemäß § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Die Klägerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht "hierzu Verpflichtete" im Sinne der Bestimmung. Diese in § 74 SGB XII nicht näher umschriebene Verpflichtung kann aus zivilrechtlichen Bestimmungen oder aus der Auftragserteilung in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht nach dem Bestattungsrecht der Länder folgen (vgl. Berlit in LPK–SGB XII, Rdnr. 4 zu § 74 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Berechtigter ist nur, wen die Kostentragungspflicht notwendig, im Verhältnis zu Dritten endgültig und damit vorrangig trifft (Berlit, aaO unter Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13. März 2003 – 5 C 2/02 – zur Vorgängerregelung des § 15 BSHG). Mithin genügt allein eine empfundene sittliche oder – wie hier – die eingegangene vertragliche Verpflichtung nicht. Verpflichteter ist nur, wer der Kostenlast von vornherein nicht ausweichen kann, weil sie ihn rechtlich notwendig trifft (Bundesverwaltungsgericht aaO).
Eine zivilrechtliche Verpflichtung auf erbrechtlicher, familienrechtlicher oder unterhaltsrechtlicher Grundlage (vgl. Berlit aaO) kommt nach der Ausschlagung der Erbschaft durch die Klägerin ersichtlich nicht in Betracht, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Mithin kann die Klägerin zur "hierzu Verpflichteten" allein durch eine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Bestattungsunternehmen in Erfüllung einer auferlegten öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht nach § 20 des Brandenburgischen Bestattungsgesetzes werden. Denn die Geschwister eines Verstorbenen sind dort in Abs. 1 S. 1 Nr. 4 als Bestattungspflichtige genannt. Doch werden in dieser Bestimmung in dieser Reihenfolge als vorrangig verpflichtet Ehegatten, Kinder und Eltern aufgeführt. Hinzu kommt, dass in S. 2 bei einer Mehrheit von Personen innerhalb einer unter einer Nummer aufgeführten Verpflichteten eine am Alter ausgerichtete Rangfolge festgelegt wird. Für den Fall der Mehrheit von Personen aus den verschiedenen Gruppen wurde dagegen die Notwendigkeit der Bestimmung einer Rangfolge nicht gesehen, was nur so verstanden werden kann, dass die Reihenfolge der Nennung gleichzeitig ausweist, welche Person hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht. Demzufolge ist die Klägerin im Verhältnis zum noch lebenden Vater lediglich nachrangig zur Bestattung Verpflichtete, nicht dagegen vorrangig und endgültig Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII.
Diesem Ergebnis kann die Klägerin auch nicht unter Hinweis auf die Erwägungen im Urteil des BSG vom 29. September 2009 – B 8 SO 23/08 R – ausweichen. Der dort entschiedene Sachverhalt betraf gerade einen nach Landesrecht vorrangig und erstrangig verpflichteten Ehegatten eines Verstorbenen, der im Rahmen der Zumutbarkeit der Kostentragung auf denkbare, aber bereits materiell-rechtlich zweifelhafte Ausgleichsansprüche gegen einen nachrangig Bestattungspflichtigen und deren Realisierung verwiesen worden war. Die Stellung als "hierzu Verpflichteter" war in jenem Verfahren mithin nicht fraglich. Da vorliegend die Klägerin jedoch nicht "hierzu Verpflichtete" und damit nicht Inhaberin eines Anspruchs aus § 74 SGB XII sein kann, stellen sich auch nicht die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur Zumutbarkeit der Verweisung auf Ausgleichsansprüche gegen den Vater.
Da die Berufung mithin nicht nur wegen des nach Ausgleich der Bestattungskosten fraglichen Rechtsschutzbedürfnisses, sondern auch aus materiell-rechtlicher Sicht keinen Erfolg hat, kann die Klägerin auch nicht mit ihrem Hilfsantrag durchdringen. Dem auf die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Antrages der Klägerin zielenden (Fortsetzungs-) Feststellungsantrag fehlt ersichtlich das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Übernahme von Bestattungskosten für die von ihr veranlasste Bestattung ihrer Schwester.
Die 1955 geborene Klägerin ist arbeitslos. Sie ist vermögenslos und lebt mit ihrem geschiedenen Ehemann in Bedarfsgemeinschaft zusammen; beide erhalten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Die Klägerin veranlasste die Bestattung ihrer 1958 geborenen Schwester, die geschieden war und keine Kinder hatte und am 25. Juni 2006 vermögenslos an ihrem Wohnort L (OT R) verstorben ist. Anlässlich der Beisetzung am stellte das Bestattungsunternehmen der Klägerin einen Betrag von 1.915,69 Euro in Rechnung.
Die Klägerin beantragte beim Beklagten als zuständigem örtlichem Sozialhilfeträger die Übernahme dieser Bestattungskosten. Sie gab dazu unter anderem an, dass sie das Erbe ausgeschlagen habe, ihre Mutter verstorben sei und ihr 1926 geborener Vater in N lebe. Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin wegen fehlender Erbenstellung (Bescheid vom 13. November 2006, Widerspruchsbescheid vom 02. August 2007) und im Überprüfungsverfahren ergänzend unter Hinweis auf einen ihr zustehenden Kostenerstattungsanspruch gegen ihren Vater ab; sie selbst sei nicht "Verpflichtete" im Sinne der Bestimmung, wie sich aus dem Brandenburgischen Bestattungsgesetz vom 07. November 2001 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg, Teil I, Seite 226) ergebe (Bescheid vom 03. September 2007, Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007).
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 20. November 2007 zugestellten Widerspruchsbescheid hat sich die Klägerin mit ihrer am 20. Dezember 2007 zum Sozialgericht – SG – Neuruppin erhobenen Klage gewandt, mit der sie ihr Begehren auf Übernahme der Bestattungskosten weiterverfolgt und insoweit im Rahmen des § 44 SGB X die Rücknahme des Ablehnungsbescheides beantragt hat. Sie habe einen Bestattungsauftrag in der Annahme und mit dem Versichern der Mitarbeiterin des Bestattungshauses unterzeichnet, zur Zahlung des Betrages nicht verpflichtet zu sein, die Kosten würden vielmehr vom Sozialamt übernommen. Es sei zwar richtig, dass der Vater, der das Erbe ebenfalls ausgeschlagen habe, vorrangig bestattungsverpflichtet sei, doch sei die Klägerin selbst erstattungsberechtigt im Sinne des § 74 SGB XII. Der ebenfalls bestattungspflichtige Vater sei nicht leistungsfähig.
Sodann hat das SG mit Urteil vom 20. November 2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid eine Korrektur des Bescheides vom 13. November 2006 abgelehnt. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten aus § 74 SGB XII. Sie sei nicht letztendlich Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII. Sie habe zwar den Werkvertrag nach § 631 Abs. 1 BGB mit dem Bestattungsunternehmen abgeschlossen und sich somit zivilrechtlich verpflichtet, die Kosten zu tragen. Daraus folge jedoch keine Verpflichtung im Sinne der Bestimmung. Anspruchsinhaber gemäß § 74 SGB XII seien in folgender nachrangiger Reihenfolge zuerst der Erbe gemäß § 1968 BGB, nachfolgend und subsidiär der nach bürgerlichem Recht Unterhaltsverpflichtete bei eigener Leistungsfähigkeit (§§ 1615 Abs. 2, 1603 BGB), danach und nachrangig öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtige gemäß § 20 des Brandenburgischen Bestattungsgesetzes in der dort festgelegten Reihenfolge. Danach gehöre die Klägerin nicht zu den erstrangig verpflichteten Erben, da sie nachweislich das Erbe ausgeschlagen habe. Vorrangig zur Bestattung verpflichtet sei der Vater. Sollte diesem die Kostentragung nicht zumutbar gemäß § 74 SGB XII sein, könne dieser einen Antrag stellen. Sollte der Vater tatsächlich einen Anspruch nach § 74 SGB XII haben, führe dies nicht zu einem Anspruch der Klägerin selbst.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 03. Dezember 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 2008 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und eine unzutreffende rechtliche Würdigung rügt. Sie selbst sei Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII.
Sie hat darauf verwiesen, dass sie aufgrund eines vom Bestattungsunternehmen erwirkten Vollstreckungsbescheides vom 21. Juni 2007 von einem Inkassounternehmen in Anspruch genommen werde.
Auf Veranlassung des Senats hat der Beklagte nach weiterer Prüfung mit Bescheid vom 13. Oktober 2009 dem Vater einen Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten im Umfang von 1.286,87 Euro zuerkannt und diesen Leistungsbetrag entsprechend einer Abtretungserklärung direkt an das Bestattungsunternehmen überwiesen. Insoweit hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und verfolgt im Übrigen ihr Begehren weiter. Den danach verbleibenden Differenzbetrag zum ursprünglichen Rechnungsbetrag habe ihr Vater inzwischen an das Bestattungsunternehmen überwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. November 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 03. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 13. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. August 2007 zurückzunehmen und restliche Bestattungskosten anlässlich der Beisetzung der C T in Höhe von 628,82 Euro zu übernehmen,
hilfsweise
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die erforderlichen Kosten für die Bestattung der C T zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Feststellungsantrag abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die angefochtene Entscheidung entspreche der Sach- und Rechtslage. Die Klägerin sei nicht Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII sondern der Vater; sie selbst habe daher keinen Anspruch auf Kostenübernahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Das Leistungsbegehren der Klägerin hat sich durch die im Termin mitgeteilte Überweisung des noch offenen Teiles der Bestattungskosten nicht erledigt, denn es ist fraglich, ob der Vater gleichzeitig auf eine mögliche Rückforderung gegenüber der Klägerin verzichten will. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Korrektur des Ablehnungsbescheides vom 13. November 2006 im Rahmen des § 44 SGB X hat. Denn die Beklagte hat mit diesem Bescheid zu Recht den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, sodass die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 03. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 den Überprüfungsantrag abgelehnt hat. Denn der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 13. November 2006 beruht weder auf einem Sachverhalt, der sich als unrichtig erwiesen hat, noch ist das Recht – hier § 74 SGB XII – unrichtig angewandt worden. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme gemäß § 74 SGB XII vielmehr zutreffend abgelehnt.
Der Beklagte ist, was dieser auch ausdrücklich einräumt und zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist, gemäß § 98 Abs. 3 SGB XII der zur Entscheidung über den klägerischen Antrag berechtigte und verpflichtete Sozialhilfeträger.
Gemäß § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Die Klägerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht "hierzu Verpflichtete" im Sinne der Bestimmung. Diese in § 74 SGB XII nicht näher umschriebene Verpflichtung kann aus zivilrechtlichen Bestimmungen oder aus der Auftragserteilung in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht nach dem Bestattungsrecht der Länder folgen (vgl. Berlit in LPK–SGB XII, Rdnr. 4 zu § 74 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Berechtigter ist nur, wen die Kostentragungspflicht notwendig, im Verhältnis zu Dritten endgültig und damit vorrangig trifft (Berlit, aaO unter Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13. März 2003 – 5 C 2/02 – zur Vorgängerregelung des § 15 BSHG). Mithin genügt allein eine empfundene sittliche oder – wie hier – die eingegangene vertragliche Verpflichtung nicht. Verpflichteter ist nur, wer der Kostenlast von vornherein nicht ausweichen kann, weil sie ihn rechtlich notwendig trifft (Bundesverwaltungsgericht aaO).
Eine zivilrechtliche Verpflichtung auf erbrechtlicher, familienrechtlicher oder unterhaltsrechtlicher Grundlage (vgl. Berlit aaO) kommt nach der Ausschlagung der Erbschaft durch die Klägerin ersichtlich nicht in Betracht, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Mithin kann die Klägerin zur "hierzu Verpflichteten" allein durch eine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Bestattungsunternehmen in Erfüllung einer auferlegten öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht nach § 20 des Brandenburgischen Bestattungsgesetzes werden. Denn die Geschwister eines Verstorbenen sind dort in Abs. 1 S. 1 Nr. 4 als Bestattungspflichtige genannt. Doch werden in dieser Bestimmung in dieser Reihenfolge als vorrangig verpflichtet Ehegatten, Kinder und Eltern aufgeführt. Hinzu kommt, dass in S. 2 bei einer Mehrheit von Personen innerhalb einer unter einer Nummer aufgeführten Verpflichteten eine am Alter ausgerichtete Rangfolge festgelegt wird. Für den Fall der Mehrheit von Personen aus den verschiedenen Gruppen wurde dagegen die Notwendigkeit der Bestimmung einer Rangfolge nicht gesehen, was nur so verstanden werden kann, dass die Reihenfolge der Nennung gleichzeitig ausweist, welche Person hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht. Demzufolge ist die Klägerin im Verhältnis zum noch lebenden Vater lediglich nachrangig zur Bestattung Verpflichtete, nicht dagegen vorrangig und endgültig Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII.
Diesem Ergebnis kann die Klägerin auch nicht unter Hinweis auf die Erwägungen im Urteil des BSG vom 29. September 2009 – B 8 SO 23/08 R – ausweichen. Der dort entschiedene Sachverhalt betraf gerade einen nach Landesrecht vorrangig und erstrangig verpflichteten Ehegatten eines Verstorbenen, der im Rahmen der Zumutbarkeit der Kostentragung auf denkbare, aber bereits materiell-rechtlich zweifelhafte Ausgleichsansprüche gegen einen nachrangig Bestattungspflichtigen und deren Realisierung verwiesen worden war. Die Stellung als "hierzu Verpflichteter" war in jenem Verfahren mithin nicht fraglich. Da vorliegend die Klägerin jedoch nicht "hierzu Verpflichtete" und damit nicht Inhaberin eines Anspruchs aus § 74 SGB XII sein kann, stellen sich auch nicht die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur Zumutbarkeit der Verweisung auf Ausgleichsansprüche gegen den Vater.
Da die Berufung mithin nicht nur wegen des nach Ausgleich der Bestattungskosten fraglichen Rechtsschutzbedürfnisses, sondern auch aus materiell-rechtlicher Sicht keinen Erfolg hat, kann die Klägerin auch nicht mit ihrem Hilfsantrag durchdringen. Dem auf die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Antrages der Klägerin zielenden (Fortsetzungs-) Feststellungsantrag fehlt ersichtlich das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
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