Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3802/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 250/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente.
Der 1945 geborene Kläger war als Maurer tätig. Am 4. Juli 2005 stürzte er beim Hinuntergehen von einer Bautreppe, als diese abrutschte (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 5. Juli 2005 und Stellungnahme vom 27. Mai 2006) und auf ihn fiel. Beim Sturz hatte er in jeder Hand einen schwer beladenen Eimer. Der Kläger fiel aus ca. 1,40 m Höhe auf den Boden und kam mit der rechten Körperseite auf. Im Durchgangsarztbericht vom 4. Juli 2005 berichtete der Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. v. P. u.a. von einer Prellmarke am Thorax links axillär mit Druckschmerz an den Rippen acht und zehn sowie einer leichten Schwellung an der vorderen Kapsel der rechten Schulter. Das AC-Gelenk war druckempfindlich, ein Klaviertastenphänomen bestand nicht. Die Bewegung war frei, die Supraspinatussehne unauffällig. Röntgenuntersuchungen der rechten Schulter und des Thorax ergaben keinen Frakturhinweis. Als Diagnosen wurden eine Thoraxprellung links, eine Prellung der Schulter sowie ein Distorsion des AC-Gelenks mitgeteilt. Der Durchgangsarzt nahm die allgemeine Heilbehandlung auf. Der Kläger war bis zum 12. Juli 2005 arbeitsunfähig.
Am 9. Januar 2006 teilte Dr. v. P. mit, der Kläger leide weiter unter Schmerzen im Bereich der Schulterhöhe und im Verlauf des Deltoideus rechts. Die Halswirbelsäule sei schmerzfrei, es bestehe ein schmerzhafter Bogen zwischen 80 und 120 Grad. Das Heben des Armes sei vorwärts und seitlich nur bis 120 Grad möglich, der Schürzengriff vollständig, die Bizepssehne sei schmerzhaft. Als Diagnose wurde weiterhin eine Prellung der rechten Schulter berichtet. Am 16. Januar 2006 wurde eine Kernspinuntersuchung durchgeführt. Diese ergab eine Ruptur der Supra- und partiell auch der Infraspinatussehne mit synovialem Reizerguss im Schultergelenk wie auch begleitender subscapularer Bursitis mit Retraktion des Supraspinatus. Daneben wurde eine aktivierte Acromio-Clavikulararthrose mitgeteilt.
Nachdem sich der Kläger daraufhin in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vorgestellt hatte, teilten die am 26. Januar 2006 untersuchenden Ärzte mit (Bericht vom 30. Januar 2006), der Kläger habe sich am 4. Juli 2005 lediglich eine Prellung der Schulter zugezogen. Die nunmehr bestehende Rotatorenmanschettenläsion sei im Wesentlichen auf den degenerativen Vorschaden zurückzuführen, der Unfall sei unwesentliche Teilursache. Die Behandlung zu Lasten der Beklagten sei deshalb abzuschließen.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2006 lehnte die Beklagte Ansprüche auf Leistungen wegen des Arbeitsunfalls vom 4. Juli 2005 ab 9. Januar 2006 ab. Der Kläger habe lediglich eine Thoraxprellung links, eine Schulterprellung rechts und eine Distorsion des rechten AC-Gelenks erlitten, was keinen Anspruch auf Verletztenrente begründe. Während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit habe Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestanden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und legte den Bericht des Chirurgen Dr. B. vom 2. Juni 2006 vor. Dieser führte zusammenfassend aus, es sei nicht nachgewiesen, dass vor dem Unfall ein Schaden an der rechten Schulter bestanden habe. Der Kläger habe schmerzfrei gearbeitet. Dies sei seit dem Unfall nicht mehr möglich. Der Unfall sei deshalb nicht nur als Gelegenheitsursache anzusehen.
Die Beklagte zog daraufhin die von der rechten Schulter gefertigten Röntgen- und Kernspinaufnahmen bei und befragte den Beratungsarzt Dr. K ... Dieser nahm unter dem 16. August 2006 Stellung und führte aus, die Röntgenaufnahmen der rechten Schulter vom Unfalltag zeigten bereits degenerative Veränderungen des AC-Gelenks als Hinweis auf einen bestehenden Vorschaden. Die Schulterfunktion rechts sei am Unfalltag als unauffällig beschrieben worden, auch habe nur bis zum 12. Juli 2005 Arbeitsunfähigkeit bestanden. Des Weiteren sei die Läsion der Rotatorenmanschette erst am 16. Januar 2006 festgestellt worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Läsion und Unfall bestehe nach alldem folglich nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 wies die Beklagte, gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme, den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 16. Oktober 2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse beigezogen und die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt (Drs. R., Ärzte für Allgemeinmedizin, Stellungnahme vom 16. Juli 2007 mit zahlreichen, schon aktenkundigen Arztbriefen und Befundberichten in Anlage). Im Auftrag des SG hat Prof. Dr. S. unter dem 17. Oktober 2007 ein unfallchirurgisches Gutachten erstellt. Dieser hat ausgeführt, dass bereits nach dem Unfallhergang ein Riss der Rotatorenmanschette auszuschließen sei, da durch einen Sturz auf die Schulter allenfalls eine Prellung entstehen könne. Gegen eine traumatische Ruptur spreche, dass die Schulter am 4. Juli 2005 eine freie Beweglichkeit aufgewiesen und der Kläger erst wieder im Januar 2006 einen Arzt aufgesucht habe, was auch gegen starke Schmerzen in der Zwischenzeit spreche. Die im Untersuchungszeitpunkt noch bestehenden gesundheitlichen Auffälligkeiten im Bereich der rechten Schulter (endgradige Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, degenerative Veränderungen in beiden Schultereckgelenken und subjektive Beschwerden) seien unfallunabhängig. Auf Einwände des Klägers gegen das Gutachten hat das SG ergänzende Stellungnahmen von Prof. Dr. S. veranlasst (Stellungnahmen vom 8. Januar 2008, vom 31. März 2008 sowie vom 2. September 2008) und den Hausarzt Dr. R. wegen Behandlungen im Mai 2000 befragt (Antwort vom 28. Januar und 21. Juli 2008).
Im Auftrag des SG hat am 20. Juli 2009 Prof. Dr. L. ein fachorthopädisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage erstellt. Im Rahmen der bei seiner Untersuchung durchgeführten Sonographie beider Schultern hat er intakte Rotatorenmanschetten ohne sonographisch nachweisbare Ruptur beschrieben sowie eine regelrecht im Sulcus liegende Bizepssehne. Als Röntgenbefund der rechten Schulter hat er einen deutlichen knöchernen Sporn nach unten ragend, vom Schulterdach ausgehend mit Einengung des Raums unter dem Schulterdach mitgeteilt, darüber hinaus eine beginnende Arthrose des Schultereckgelenks mit kleiner knöcherner Randkantenausziehung sowie ein geringfügig höher getretener Oberarmkopf ohne Verengung des Gelenkspalts zwischen Oberarmkopf und Schulterpfanne. Er hat dazu ergänzend mitgeteilt, dass die unfallnah angefertigten Röntgen- und Kernspinaufnahmen nicht beurteilt werden könnten, da sie dem Kläger von den behandelnden Ärzten mitgegeben worden seien, dieser aber angebe, dass sie sich nicht in seinem Besitz befänden. Daher hätten aktuelle Aufnahmen angefertigt werden müssen, die jedoch einen eindeutigen Hinweis auf eine Rotatorenmanschettenruptur nicht gegeben hätten. Aber auch wenn eine Rotatorenmanschettenruptur, festgestellt im Januar 2006, unterstellt werde, könne eine traumatische Ruptur ausgeschlossen werden. Die ausführliche Befragung des Klägers nach dem Unfallverlauf habe ergeben, dass sich ein direktes Anpralltrauma der Bautreppe auf die rechte Schulter ereignet habe. Angaben über einen plötzlichen Zug durch das Festhalten an einem Gegenstand seien durch den Kläger nicht beschrieben worden. Darüber hinaus wäre bei einem gewaltsamen Zerreißen der Sehne zu erwarten gewesen, dass der Kläger über Tage nicht in der Lage gewesen wäre, den Arm aktiv nach vorn oder seitlich abzuspreizen bzw. es wäre zu einem Drop-arm-Zeichen gekommen. Dies könne ausgeschlossen werden, wenn der Kläger nach wenigen Tagen seine belastende Tätigkeit wieder aufnehme und im Rahmen der Untersuchung durch den Durchgangsarzt eine freie Beweglichkeit festgestellt worden sei. Im Rahmen der fünf Monate nach dem Unfall durchgeführten MRT-Untersuchung seien Hinweise auf eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur nicht mehr zu erwarten. Es hätte sich jedoch u.a. eine aktivierte Arthrose im Schultereckgelenk gezeigt. Es sei deshalb davon auszugehen, dass unfallunabhängig bereits degenerative Veränderungen am Unfalltag vorgelegen hätten und daher mehr gegen als für einen Zusammenhang des Risses mit dem angeschuldigten Unfallereignis spreche.
Mit Urteil vom 21. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf die gutachterlichen Äußerungen von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. L ...
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 16. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Januar 2010 Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, er habe trotz anhaltender Beschwerden in der Schulter nach dem 4. Juli 2005 aus Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren und aus familiären Gründen, keinen Arzt aufgesucht. Auch habe ihm Dr. v. P. gesagt, die Sache sei langwierig und schmerzhaft, so dass er von einem längeren Heilungsprozess ausgegangen sei. Erst als ihm im Dezember 2005 klar geworden wäre, dass sich eine Besserung nicht einstelle, habe er nochmals den Arzt aufgesucht. Das lange zeitliche Intervall zwischen den Arztbesuchen könne daher nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Allein der Umstand, dass Dr. v. P. eine freie Beweglichkeit attestiert habe, schließe ein Drop-arm-Syndrom nicht aus. Nicht zuletzt habe Dr. B. einen Zusammenhang der Rotatorenmanschettenruptur mit bestehenden degenerativen Veränderungen ausgeschlossen, was dem Umstand entspreche, dass er vor dem Unfall an beiden Schultern beschwerdefrei gewesen sei. Nicht zuletzt stelle der Versuch, sich im Zeitpunkt des Sturzes mit den Händen abzufangen, in denen sich zwei schwere Eimer befunden hätten, auch einen tauglichen Unfallhergang dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Oktober 2009 aufzuheben sowie den Bescheid vom 22. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 4. Juli 2005 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. Juli 2005. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist.
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Als Folgen des Unfalls vom 4. Juli 2005 sind allein die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nachgewiesen, nämlich eine Thoraxprellung links, eine Schulterprellung rechts sowie eine Distorsion des rechten AC-Gelenks. Diese Unfallfolgen bedingen jedoch keine mehr als sechsmonatige Einschränkung in der Erwerbsfähigkeit, sondern lediglich eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit von maximal 6 Wochen (faktisch war der Kläger nur bis zum 12. Juli 2005 arbeitsunfähig), wie der behandelnde Dr. v. P. wie auch Prof. Dr. S. und Prof. Dr. L. schlüssig und überzeugend ausgeführt haben. Anspruch auf Verletztenrente wegen der festgestellten Unfallfolgen besteht deshalb nicht.
Weitere Unfallfolgen, insbesondere ein Riss der Rotatorenmanschette, sind schon nicht nachgewiesen. Jedenfalls ist aber ein Zusammenhang eines insoweit unterstellten Risses der Rotatorenmanschette mit dem angeschuldigten Ereignis nicht hinreichend wahrscheinlich.
Nach der Untersuchung der rechten Schulter des Klägers durch Prof. Dr. L. mittels Sonographie steht für den Senat schon nicht mit der gebotenen Sicherheit fest, dass überhaupt ein Riss der Rotatorenmanschette vorliegt. Gerade die Sonographie ist jedoch die am besten geeignete Untersuchungsmethode, um Veränderungen an den Gleitschichten, Oberflächen der Rotatorenmanschette, Veränderungen innerhalb des Sehnengewebes sowie Teilrupturen erkennbar zu machen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2009 S. 415 m.w.N). Die diagnostische Genauigkeit liegt bei 90%, die der Kernspintomographie zwischen 80% und 90%. Auch wenn die Untersuchung durch Prof. Dr. L. erst mehr als 3 Jahre nach dem Unfallereignis stattgefunden hat und im Januar 2006 als Ergebnis der durchgeführten Kernspinuntersuchung eine Ruptur der Supra- und partiell auch der Infraspinatussehne festgehalten worden war, lässt sich ein "Zusammenwachsen" der Sehnen in der Zwischenzeit medizinisch kaum nachvollziehen. Da die Aufnahmen vom Januar 2006 durch den Kläger nicht mehr beigebracht werden können, bleiben zum Nachweis der bestehenden Veränderungen nur die von Prof. Dr. L. angefertigten Aufnahmen, die die im Streit befindliche Erkrankung gerade nicht belegen. Damit hat der Kläger bereits den Nachweis der von ihm geklagten Unfallfolge nicht erbracht, so dass bereits aus diesem Grund die Gewährung einer Verletztenrente ausscheidet.
Nur hilfsweise - unterstellt, der Riss wäre unter Berücksichtigung des Kernspinbefunds vom 16. Januar 2006 tatsächlich nachgewiesen - wird deshalb auf weitere Gesichtspunkte, die gegen einen traumatischen Riss der Rotatorenmanschette, verursacht durch das Ereignis am 4. Juli 2005 sprechen, eingegangen:
Wie Prof. Dr. L. in seinem Gutachten dargestellt hat, spricht auch für den Senat wesentlich gegen einen am 4. Juli 2005 entstandenen Riss der Rotatorenmanschette der Umstand, dass der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. v. P. sein rechtes Schultergelenk frei bewegen konnte, insbesondere kein Drop-arm-Syndrom festzustellen war. Der von den Bevollmächtigten des Klägers im Berufungsverfahren vorgebrachten Auffassung, diese von Dr. v. P. attestierte freie Beweglichkeit sei interpretationsfähig, kann sich der Senat nicht anschließen. Es erscheint nicht nachvollziehbar, dass ein Unfallchirurg das - unverkennbare - Symptom eines Drop-arms entweder übersieht oder nicht dokumentiert, zumal dann, wenn der Kläger, wie hier, durchaus über Verletzungen im Bereich der Schulter klagt. Gegen die von den Bevollmächtigten gezogenen Schlussfolgerungen spricht des Weiteren der Umstand, dass der Kläger selbst auf ausführliches Befragen durch die Gutachter kein entsprechendes Symptom angegeben hat, sondern im Gegenteil ausführte, er habe, nachdem die Bautreppe umgefallen und er damit gestürzt war, diese mit dem Chef wieder aufgestellt. Lediglich das Heben schwerer Lasten sei ihm danach nicht mehr möglich gewesen, das Anheben und Bewegen des Armes hingegen sehr wohl. Diese Schilderung des Klägers belegt zur Überzeugung des Senats die von Dr. v. P. beschriebene freie Schulterbeweglichkeit rechts.
Gegen den Zusammenhang einer Ruptur der Rotatorenmanschette mit dem angeschuldigten Ereignis vom 4. Juli 2005 spricht darüber hinaus auch der Umstand, dass der Kläger danach lediglich bis 12. Juli 2005 arbeitsunfähig war und im Anschluss daran seine körperlich schwere Arbeit wieder ausgeübt hat. Dies wäre bei einer Person, die als Maurer arbeitet, den rechten Arm aber nicht mehr anheben kann, nicht denkbar.
Dem entspricht auch der lange zeitliche Intervall zum nächsten Arztbesuch im Dezember 2005 bzw. Januar 2006. Auch wenn der Senat nicht davon ausgeht, dass der Kläger zwischen Juli und Dezember bzw. Januar schmerzfrei gewesen war, wäre es bei einem traumatischen Riss der Rotatorenmanschette jedoch nicht denkbar, dass die dadurch verursachten Schmerzen eine so lange Verzögerung des Arztbesuchs, auch aus familiären bzw. beruflichen Gründen bedingt, erlaubt hätten.
Angesichts des Umstands, dass schon mit den Kernspinaufnahmen im Januar 2006, jedenfalls aber den Aufnahmen von Prof. Dr. L. degenerative Veränderungen im Bereich der rechten Schulter dokumentiert sind, spricht in der Gesamtschau aller Umstände mehr gegen als für einen Zusammenhang der insoweit unterstellten Ruptur der Rotatorenmanschette mit dem angeschuldigten Ereignis vom 4. Juli 2005.
Soweit Dr. B. eine abweichende Auffassung vertreten hat, vermochte diese den Senat nicht zu überzeugen. Die von ihm gezogene Schlussfolgerung, aus der vor dem Unfall bestehenden Beschwerdefreiheit sei auf eine Ursächlichkeit des Geschehens für die nachfolgenden Beschwerden zu schließen, ist unzulässig. Degenerativ verursachte Rupturen der Rotatorenmanschette können ggf. jahrelang klinisch stumm bleiben, da die sich um das Schultergelenk befindlichen Muskeln und Sehnen die verminderte Belastbarkeit infolge der schleichende Degeneration ausgleichen können (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 417).
Gegen die von Dr. B. gezogenen Schlussfolgerungen ist aber vor allem einzuwenden, dass er einen Unfallhergang seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat (der Kläger müsse versucht haben, sich abzustützen), der so nicht nachgewiesen ist. Vielmehr hat der Kläger den Unfallhergang jedenfalls insoweit konsistent geschildert, wonach er mit der Schulter direkt auf den Boden aufgeprallt und die Bautreppe danach auf ihn gefallen ist.
Ob das Unfallereignis unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger beim Sturz zwei schwere Eimer in der Hand hatte, dennoch geeignet gewesen wäre, einen traumatischen Riss der Rotatorenmanschette zu verursachen, konnte jedoch unter Berücksichtigung der fehlenden Anzeichen für eine Ruptur direkt nach dem Unfall und der bestehenden degenerativen Veränderungen offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente.
Der 1945 geborene Kläger war als Maurer tätig. Am 4. Juli 2005 stürzte er beim Hinuntergehen von einer Bautreppe, als diese abrutschte (Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 5. Juli 2005 und Stellungnahme vom 27. Mai 2006) und auf ihn fiel. Beim Sturz hatte er in jeder Hand einen schwer beladenen Eimer. Der Kläger fiel aus ca. 1,40 m Höhe auf den Boden und kam mit der rechten Körperseite auf. Im Durchgangsarztbericht vom 4. Juli 2005 berichtete der Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. v. P. u.a. von einer Prellmarke am Thorax links axillär mit Druckschmerz an den Rippen acht und zehn sowie einer leichten Schwellung an der vorderen Kapsel der rechten Schulter. Das AC-Gelenk war druckempfindlich, ein Klaviertastenphänomen bestand nicht. Die Bewegung war frei, die Supraspinatussehne unauffällig. Röntgenuntersuchungen der rechten Schulter und des Thorax ergaben keinen Frakturhinweis. Als Diagnosen wurden eine Thoraxprellung links, eine Prellung der Schulter sowie ein Distorsion des AC-Gelenks mitgeteilt. Der Durchgangsarzt nahm die allgemeine Heilbehandlung auf. Der Kläger war bis zum 12. Juli 2005 arbeitsunfähig.
Am 9. Januar 2006 teilte Dr. v. P. mit, der Kläger leide weiter unter Schmerzen im Bereich der Schulterhöhe und im Verlauf des Deltoideus rechts. Die Halswirbelsäule sei schmerzfrei, es bestehe ein schmerzhafter Bogen zwischen 80 und 120 Grad. Das Heben des Armes sei vorwärts und seitlich nur bis 120 Grad möglich, der Schürzengriff vollständig, die Bizepssehne sei schmerzhaft. Als Diagnose wurde weiterhin eine Prellung der rechten Schulter berichtet. Am 16. Januar 2006 wurde eine Kernspinuntersuchung durchgeführt. Diese ergab eine Ruptur der Supra- und partiell auch der Infraspinatussehne mit synovialem Reizerguss im Schultergelenk wie auch begleitender subscapularer Bursitis mit Retraktion des Supraspinatus. Daneben wurde eine aktivierte Acromio-Clavikulararthrose mitgeteilt.
Nachdem sich der Kläger daraufhin in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vorgestellt hatte, teilten die am 26. Januar 2006 untersuchenden Ärzte mit (Bericht vom 30. Januar 2006), der Kläger habe sich am 4. Juli 2005 lediglich eine Prellung der Schulter zugezogen. Die nunmehr bestehende Rotatorenmanschettenläsion sei im Wesentlichen auf den degenerativen Vorschaden zurückzuführen, der Unfall sei unwesentliche Teilursache. Die Behandlung zu Lasten der Beklagten sei deshalb abzuschließen.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2006 lehnte die Beklagte Ansprüche auf Leistungen wegen des Arbeitsunfalls vom 4. Juli 2005 ab 9. Januar 2006 ab. Der Kläger habe lediglich eine Thoraxprellung links, eine Schulterprellung rechts und eine Distorsion des rechten AC-Gelenks erlitten, was keinen Anspruch auf Verletztenrente begründe. Während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit habe Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestanden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und legte den Bericht des Chirurgen Dr. B. vom 2. Juni 2006 vor. Dieser führte zusammenfassend aus, es sei nicht nachgewiesen, dass vor dem Unfall ein Schaden an der rechten Schulter bestanden habe. Der Kläger habe schmerzfrei gearbeitet. Dies sei seit dem Unfall nicht mehr möglich. Der Unfall sei deshalb nicht nur als Gelegenheitsursache anzusehen.
Die Beklagte zog daraufhin die von der rechten Schulter gefertigten Röntgen- und Kernspinaufnahmen bei und befragte den Beratungsarzt Dr. K ... Dieser nahm unter dem 16. August 2006 Stellung und führte aus, die Röntgenaufnahmen der rechten Schulter vom Unfalltag zeigten bereits degenerative Veränderungen des AC-Gelenks als Hinweis auf einen bestehenden Vorschaden. Die Schulterfunktion rechts sei am Unfalltag als unauffällig beschrieben worden, auch habe nur bis zum 12. Juli 2005 Arbeitsunfähigkeit bestanden. Des Weiteren sei die Läsion der Rotatorenmanschette erst am 16. Januar 2006 festgestellt worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Läsion und Unfall bestehe nach alldem folglich nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 wies die Beklagte, gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme, den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 16. Oktober 2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse beigezogen und die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt (Drs. R., Ärzte für Allgemeinmedizin, Stellungnahme vom 16. Juli 2007 mit zahlreichen, schon aktenkundigen Arztbriefen und Befundberichten in Anlage). Im Auftrag des SG hat Prof. Dr. S. unter dem 17. Oktober 2007 ein unfallchirurgisches Gutachten erstellt. Dieser hat ausgeführt, dass bereits nach dem Unfallhergang ein Riss der Rotatorenmanschette auszuschließen sei, da durch einen Sturz auf die Schulter allenfalls eine Prellung entstehen könne. Gegen eine traumatische Ruptur spreche, dass die Schulter am 4. Juli 2005 eine freie Beweglichkeit aufgewiesen und der Kläger erst wieder im Januar 2006 einen Arzt aufgesucht habe, was auch gegen starke Schmerzen in der Zwischenzeit spreche. Die im Untersuchungszeitpunkt noch bestehenden gesundheitlichen Auffälligkeiten im Bereich der rechten Schulter (endgradige Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, degenerative Veränderungen in beiden Schultereckgelenken und subjektive Beschwerden) seien unfallunabhängig. Auf Einwände des Klägers gegen das Gutachten hat das SG ergänzende Stellungnahmen von Prof. Dr. S. veranlasst (Stellungnahmen vom 8. Januar 2008, vom 31. März 2008 sowie vom 2. September 2008) und den Hausarzt Dr. R. wegen Behandlungen im Mai 2000 befragt (Antwort vom 28. Januar und 21. Juli 2008).
Im Auftrag des SG hat am 20. Juli 2009 Prof. Dr. L. ein fachorthopädisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage erstellt. Im Rahmen der bei seiner Untersuchung durchgeführten Sonographie beider Schultern hat er intakte Rotatorenmanschetten ohne sonographisch nachweisbare Ruptur beschrieben sowie eine regelrecht im Sulcus liegende Bizepssehne. Als Röntgenbefund der rechten Schulter hat er einen deutlichen knöchernen Sporn nach unten ragend, vom Schulterdach ausgehend mit Einengung des Raums unter dem Schulterdach mitgeteilt, darüber hinaus eine beginnende Arthrose des Schultereckgelenks mit kleiner knöcherner Randkantenausziehung sowie ein geringfügig höher getretener Oberarmkopf ohne Verengung des Gelenkspalts zwischen Oberarmkopf und Schulterpfanne. Er hat dazu ergänzend mitgeteilt, dass die unfallnah angefertigten Röntgen- und Kernspinaufnahmen nicht beurteilt werden könnten, da sie dem Kläger von den behandelnden Ärzten mitgegeben worden seien, dieser aber angebe, dass sie sich nicht in seinem Besitz befänden. Daher hätten aktuelle Aufnahmen angefertigt werden müssen, die jedoch einen eindeutigen Hinweis auf eine Rotatorenmanschettenruptur nicht gegeben hätten. Aber auch wenn eine Rotatorenmanschettenruptur, festgestellt im Januar 2006, unterstellt werde, könne eine traumatische Ruptur ausgeschlossen werden. Die ausführliche Befragung des Klägers nach dem Unfallverlauf habe ergeben, dass sich ein direktes Anpralltrauma der Bautreppe auf die rechte Schulter ereignet habe. Angaben über einen plötzlichen Zug durch das Festhalten an einem Gegenstand seien durch den Kläger nicht beschrieben worden. Darüber hinaus wäre bei einem gewaltsamen Zerreißen der Sehne zu erwarten gewesen, dass der Kläger über Tage nicht in der Lage gewesen wäre, den Arm aktiv nach vorn oder seitlich abzuspreizen bzw. es wäre zu einem Drop-arm-Zeichen gekommen. Dies könne ausgeschlossen werden, wenn der Kläger nach wenigen Tagen seine belastende Tätigkeit wieder aufnehme und im Rahmen der Untersuchung durch den Durchgangsarzt eine freie Beweglichkeit festgestellt worden sei. Im Rahmen der fünf Monate nach dem Unfall durchgeführten MRT-Untersuchung seien Hinweise auf eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur nicht mehr zu erwarten. Es hätte sich jedoch u.a. eine aktivierte Arthrose im Schultereckgelenk gezeigt. Es sei deshalb davon auszugehen, dass unfallunabhängig bereits degenerative Veränderungen am Unfalltag vorgelegen hätten und daher mehr gegen als für einen Zusammenhang des Risses mit dem angeschuldigten Unfallereignis spreche.
Mit Urteil vom 21. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf die gutachterlichen Äußerungen von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. L ...
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 16. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Januar 2010 Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, er habe trotz anhaltender Beschwerden in der Schulter nach dem 4. Juli 2005 aus Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren und aus familiären Gründen, keinen Arzt aufgesucht. Auch habe ihm Dr. v. P. gesagt, die Sache sei langwierig und schmerzhaft, so dass er von einem längeren Heilungsprozess ausgegangen sei. Erst als ihm im Dezember 2005 klar geworden wäre, dass sich eine Besserung nicht einstelle, habe er nochmals den Arzt aufgesucht. Das lange zeitliche Intervall zwischen den Arztbesuchen könne daher nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Allein der Umstand, dass Dr. v. P. eine freie Beweglichkeit attestiert habe, schließe ein Drop-arm-Syndrom nicht aus. Nicht zuletzt habe Dr. B. einen Zusammenhang der Rotatorenmanschettenruptur mit bestehenden degenerativen Veränderungen ausgeschlossen, was dem Umstand entspreche, dass er vor dem Unfall an beiden Schultern beschwerdefrei gewesen sei. Nicht zuletzt stelle der Versuch, sich im Zeitpunkt des Sturzes mit den Händen abzufangen, in denen sich zwei schwere Eimer befunden hätten, auch einen tauglichen Unfallhergang dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Oktober 2009 aufzuheben sowie den Bescheid vom 22. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 4. Juli 2005 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. Juli 2005. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist.
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Als Folgen des Unfalls vom 4. Juli 2005 sind allein die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nachgewiesen, nämlich eine Thoraxprellung links, eine Schulterprellung rechts sowie eine Distorsion des rechten AC-Gelenks. Diese Unfallfolgen bedingen jedoch keine mehr als sechsmonatige Einschränkung in der Erwerbsfähigkeit, sondern lediglich eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit von maximal 6 Wochen (faktisch war der Kläger nur bis zum 12. Juli 2005 arbeitsunfähig), wie der behandelnde Dr. v. P. wie auch Prof. Dr. S. und Prof. Dr. L. schlüssig und überzeugend ausgeführt haben. Anspruch auf Verletztenrente wegen der festgestellten Unfallfolgen besteht deshalb nicht.
Weitere Unfallfolgen, insbesondere ein Riss der Rotatorenmanschette, sind schon nicht nachgewiesen. Jedenfalls ist aber ein Zusammenhang eines insoweit unterstellten Risses der Rotatorenmanschette mit dem angeschuldigten Ereignis nicht hinreichend wahrscheinlich.
Nach der Untersuchung der rechten Schulter des Klägers durch Prof. Dr. L. mittels Sonographie steht für den Senat schon nicht mit der gebotenen Sicherheit fest, dass überhaupt ein Riss der Rotatorenmanschette vorliegt. Gerade die Sonographie ist jedoch die am besten geeignete Untersuchungsmethode, um Veränderungen an den Gleitschichten, Oberflächen der Rotatorenmanschette, Veränderungen innerhalb des Sehnengewebes sowie Teilrupturen erkennbar zu machen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2009 S. 415 m.w.N). Die diagnostische Genauigkeit liegt bei 90%, die der Kernspintomographie zwischen 80% und 90%. Auch wenn die Untersuchung durch Prof. Dr. L. erst mehr als 3 Jahre nach dem Unfallereignis stattgefunden hat und im Januar 2006 als Ergebnis der durchgeführten Kernspinuntersuchung eine Ruptur der Supra- und partiell auch der Infraspinatussehne festgehalten worden war, lässt sich ein "Zusammenwachsen" der Sehnen in der Zwischenzeit medizinisch kaum nachvollziehen. Da die Aufnahmen vom Januar 2006 durch den Kläger nicht mehr beigebracht werden können, bleiben zum Nachweis der bestehenden Veränderungen nur die von Prof. Dr. L. angefertigten Aufnahmen, die die im Streit befindliche Erkrankung gerade nicht belegen. Damit hat der Kläger bereits den Nachweis der von ihm geklagten Unfallfolge nicht erbracht, so dass bereits aus diesem Grund die Gewährung einer Verletztenrente ausscheidet.
Nur hilfsweise - unterstellt, der Riss wäre unter Berücksichtigung des Kernspinbefunds vom 16. Januar 2006 tatsächlich nachgewiesen - wird deshalb auf weitere Gesichtspunkte, die gegen einen traumatischen Riss der Rotatorenmanschette, verursacht durch das Ereignis am 4. Juli 2005 sprechen, eingegangen:
Wie Prof. Dr. L. in seinem Gutachten dargestellt hat, spricht auch für den Senat wesentlich gegen einen am 4. Juli 2005 entstandenen Riss der Rotatorenmanschette der Umstand, dass der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. v. P. sein rechtes Schultergelenk frei bewegen konnte, insbesondere kein Drop-arm-Syndrom festzustellen war. Der von den Bevollmächtigten des Klägers im Berufungsverfahren vorgebrachten Auffassung, diese von Dr. v. P. attestierte freie Beweglichkeit sei interpretationsfähig, kann sich der Senat nicht anschließen. Es erscheint nicht nachvollziehbar, dass ein Unfallchirurg das - unverkennbare - Symptom eines Drop-arms entweder übersieht oder nicht dokumentiert, zumal dann, wenn der Kläger, wie hier, durchaus über Verletzungen im Bereich der Schulter klagt. Gegen die von den Bevollmächtigten gezogenen Schlussfolgerungen spricht des Weiteren der Umstand, dass der Kläger selbst auf ausführliches Befragen durch die Gutachter kein entsprechendes Symptom angegeben hat, sondern im Gegenteil ausführte, er habe, nachdem die Bautreppe umgefallen und er damit gestürzt war, diese mit dem Chef wieder aufgestellt. Lediglich das Heben schwerer Lasten sei ihm danach nicht mehr möglich gewesen, das Anheben und Bewegen des Armes hingegen sehr wohl. Diese Schilderung des Klägers belegt zur Überzeugung des Senats die von Dr. v. P. beschriebene freie Schulterbeweglichkeit rechts.
Gegen den Zusammenhang einer Ruptur der Rotatorenmanschette mit dem angeschuldigten Ereignis vom 4. Juli 2005 spricht darüber hinaus auch der Umstand, dass der Kläger danach lediglich bis 12. Juli 2005 arbeitsunfähig war und im Anschluss daran seine körperlich schwere Arbeit wieder ausgeübt hat. Dies wäre bei einer Person, die als Maurer arbeitet, den rechten Arm aber nicht mehr anheben kann, nicht denkbar.
Dem entspricht auch der lange zeitliche Intervall zum nächsten Arztbesuch im Dezember 2005 bzw. Januar 2006. Auch wenn der Senat nicht davon ausgeht, dass der Kläger zwischen Juli und Dezember bzw. Januar schmerzfrei gewesen war, wäre es bei einem traumatischen Riss der Rotatorenmanschette jedoch nicht denkbar, dass die dadurch verursachten Schmerzen eine so lange Verzögerung des Arztbesuchs, auch aus familiären bzw. beruflichen Gründen bedingt, erlaubt hätten.
Angesichts des Umstands, dass schon mit den Kernspinaufnahmen im Januar 2006, jedenfalls aber den Aufnahmen von Prof. Dr. L. degenerative Veränderungen im Bereich der rechten Schulter dokumentiert sind, spricht in der Gesamtschau aller Umstände mehr gegen als für einen Zusammenhang der insoweit unterstellten Ruptur der Rotatorenmanschette mit dem angeschuldigten Ereignis vom 4. Juli 2005.
Soweit Dr. B. eine abweichende Auffassung vertreten hat, vermochte diese den Senat nicht zu überzeugen. Die von ihm gezogene Schlussfolgerung, aus der vor dem Unfall bestehenden Beschwerdefreiheit sei auf eine Ursächlichkeit des Geschehens für die nachfolgenden Beschwerden zu schließen, ist unzulässig. Degenerativ verursachte Rupturen der Rotatorenmanschette können ggf. jahrelang klinisch stumm bleiben, da die sich um das Schultergelenk befindlichen Muskeln und Sehnen die verminderte Belastbarkeit infolge der schleichende Degeneration ausgleichen können (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 417).
Gegen die von Dr. B. gezogenen Schlussfolgerungen ist aber vor allem einzuwenden, dass er einen Unfallhergang seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat (der Kläger müsse versucht haben, sich abzustützen), der so nicht nachgewiesen ist. Vielmehr hat der Kläger den Unfallhergang jedenfalls insoweit konsistent geschildert, wonach er mit der Schulter direkt auf den Boden aufgeprallt und die Bautreppe danach auf ihn gefallen ist.
Ob das Unfallereignis unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger beim Sturz zwei schwere Eimer in der Hand hatte, dennoch geeignet gewesen wäre, einen traumatischen Riss der Rotatorenmanschette zu verursachen, konnte jedoch unter Berücksichtigung der fehlenden Anzeichen für eine Ruptur direkt nach dem Unfall und der bestehenden degenerativen Veränderungen offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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