L 10 R 708/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1000/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 708/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
ohne mündliche Verhandlung beschlossen: Tenor: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.01.2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Herabsetzung des von der Beklagten für die Zeit von April bis November 2008 gezahlten Zuschusses zur Krankenversicherung der Rentner.

Die 1948 geborene Klägerin bezog von der Beklagten ab 01.01.1991 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Auf den Antrag der Klägerin vom 14.04.2008, der von dem Versichertenberater der Beklagten, N. aufgenommen wurde, bewilligte die Beklagte der Klägerin mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 25.08.2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.04.2008 in Höhe von monatlich 646,12 EUR zuzüglich eines Zuschusses zu der privaten Krankenversicherung der Klägerin in Höhe von 44,42 EUR ab 01.04.2008 und 45,23 EUR ab 01.07.2008 monatlich.

Nach dem die Wasser- und Schifffahrtsdirektions West, bei der die Klägerin auf Grund der Beihilfeberechtigung ihres Ehemannes ebenfalls beihilfeberechtigt ist, der Klägerin mit Schreiben vom 17.11.2008 mitgeteilt hatte, dass der Beihilfebemessungssatz um 20% zu kürzen sei, soweit ein Beitragszuschuss von mindestens 41,- EUR bezahlt werde, beantragte die Klägerin am 20.11.2008 bei der Beklagten zu prüfen, ob eine Herabsetzung des Zuschusses zur Krankenversicherung ab 01.10.2008 auf 40,- EUR möglich sei. Mit Bescheid vom 25.11.2008 begrenzte die Beklagte den Zuschuss zur Krankenversicherung ab 01.12.2008 auf monatlich 40,- EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit welchem die Klägerin die Begrenzung des Zuschusses zur Krankenversicherung auf 40,- EUR bereits ab 01.04.2008 begehrte, da sie bei Beibehaltung des Zuschusses in Höhe von 45,23 EUR für die Zeit ab 01.04.2008 eine um 20% gekürzte Beihilfe erhalte und deshalb ca. 8.000,- EUR zurückzahlen müsse, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2009 zurück. Der Verzicht werde nach § 46 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) mit Ablauf des Monats des Eingangs der Verzichtserklärung wirksam, es sei denn, der Berechtigte bestimme ausdrücklich einen späteren Zeitpunkt. Da die Verzichtserklärung der Klägerin am 20.11.2008 bei der Beklagten eingegangen sei, sei der Verzicht ab 01.12.2008 möglich. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Beratungspflichtverletzung sei nicht gegeben.

Hiergegen hat die Klägerin am 01.04.2009 Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben und weiterhin geltend gemacht, die Beklagte habe ihre Beratungspflicht verletzt, da sie sie nicht auf die Auswirkungen der Höhe des Zuschusses zur Krankenversicherung auf den Beihilfeanspruch hingewiesen habe und nach ihrem im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 21.01.2010 gestellten Antrag die Verurteilung der Beklagten begehrt, den Zuschuss zur privaten Krankenversicherung für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.11.2008 auf 40,- EUR zu begrenzen.

Mit Urteil vom 21.01.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 06.03.2003 (B 4 RA 15/02 R) zur Begründung ausgeführt, vom Verzicht seien allein die noch nicht erfüllten oder noch nicht auf andere Weise erloschenen zukünftigen Einzelansprüche aus dem Recht auf Rente erfasst; auf bereits "abgewickelte" Leistungsansprüche könne sich der Verzicht nach § 46 SGB I nicht erstrecken. Die Klägerin könne ihr Begehren auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützten, da eine Beratungspflicht der Beklagten sich allein auf die Gewährleistung im sozialen Leistungssystem, nicht jedoch auf außerhalb dieses Leistungssystems bestehende Sicherungsansprüche, wie auch den Anspruch auf Beihilfe, erstrecke.

Gegen das ihr am 27.01.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.02.2010 Berufung eingelegt und ihr Begehren weiter verfolgt.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.01.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2009 zu verurteilen, den Zuschuss zur Krankenversicherung für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.11.2008 auf 40,- EUR zu begrenzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin ist zu der Absicht des Senats, durch Beschluss zu entscheiden, angehört worden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Leistungsakten Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unzulässig.

Nach § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, was nach Satz 2 der Vorschrift durch Beschluss geschehen kann, wenn sie u.a. nicht statthaft ist. So liegt der Fall hier.

Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) u.a., wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt (Nr. 1). Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, den der Klägerin für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.11.2008 gewährten Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe von 45,23 EUR monatlich auf 40,- EUR monatlich zu reduzieren. Damit ist streitgegenständlich eine monatliche Differenz des Zuschusses zur privaten Krankenversicherung der Klägerin in Höhe von 4,42 EUR für die Zeit von April 2008 bis Juni 2008 und in Höhe von 5,23 EUR für die Zeit von Juni 2008 bis November 2008, also insgesamt ein Betrag von 38,41 EUR. Die nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG erforderliche Berufungssumme von 750,- EUR ist damit nicht erreicht. Auch geht es nicht um Leistungen für mehr als ein Jahr, sondern nur für acht Monate.

Soweit die Klägerin geltend macht, es gehe nicht nur um den teilweisen Verzicht auf den Zuschuss zu ihrer Krankenversicherung für die Zeit von April bis November 2008, sondern auch um Folgekosten in Höhe von 8.035,92 EUR, die ihr durch einen Beratungsfehler der Beklagten entstanden seien bzw. noch entstehen würden, sind diese beihilferechtlichen Auswirkungen bei der Bestimmung der Berufungssumme nicht zu berücksichtigen. Denn mit der Festlegung einer festen Streitwertgrenze wird die Vereinfachung des Verfahrens angestrebt: Hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, alleine wegen des Streitwerts nach allen Richtungen hin zu prüfen, welche Auswirkungen das angestrebte Urteil für den Rechtsmittelkläger auch in anderen Bereichen haben könnte (BSG, Beschluss vom 06.02.1997, 14/10 BKg 14/96 in SozR 3-1500 § 144 Nr. 11). Dann aber sind - erst recht - Folgewirkungen eines Rechtsstreits für solche Streitgegenstände unerheblich, die nicht nur in anderen Gerichtsverfahren, sondern auch innerhalb eines anderen Rechtsweges zu verfolgen sind (BSG, a.a.O.). Maßgebend bei einer - wie vorliegend - eine Geldleistung betreffenden Klage ist für den Beschwerdewert somit nur der Betrag, um den unmittelbar gestritten wird; rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen bleiben hingegen grundsätzlich außer Betracht (BSG, a.a.O.; BSG, Beschluss vom 31.01.2006, B 11a AL 177/05 B in SozR 4-1500 § 144 Nr. 3 ).

Die Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen. Eine Umdeutung in eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) kommt nicht in Betracht (BSG, Beschluss vom 06.02.1997, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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