Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 2 KA 53/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KA 25/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Bei einem Arzt ohne Facharztqualifikation genügt es für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt nicht, dass er über die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" verfügt.
2. Ein Anspruch auf Zulassung als Vertragsarzt wird nicht allein durch eine frühere Zulassung im örtlichen Zuständigkeitsbereich einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung begründet.
2. Ein Anspruch auf Zulassung als Vertragsarzt wird nicht allein durch eine frühere Zulassung im örtlichen Zuständigkeitsbereich einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung begründet.
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 16.4.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
3. Der Streitwert wird, auch für das Verfahren vor dem Sozialgericht in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 16.4.2010, auf 20.000, EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Umstritten ist, ob die Antragstellerin einen Anspruch auf vorläufige Zulassung als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärztin zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes hat.
Die 1955 geborene Antragstellerin ist seit dem 22.12.1986 approbierte Ärztin, verfügt jedoch nicht über die Berechtigung zur Führung einer Facharztbezeichnung. Ausweislich einer Urkunde der Landesärztekammer Hessen vom 7.9.1998 darf sie aufgrund nachgewiesener Weiterbildung die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" führen. Aufgrund Zulassung durch die örtlich zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) war sie seit 1999 in P (Hessen) als psychotherapeutisch tätige Ärztin tätig gewesen.
Im Dezember 2008 beantragte die Antragstellerin nach ihrem Umzug nach G bei dem für diesen Ort zuständigen Zulassungsausschuss, sie als ärztliche Psychotherapeutin in G , B zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Durch Bescheid vom 17.2.2009 lehnte der Zulassungsausschuss diesen Antrag ab, da die Antragstellerin über keine Ausbildung als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie verfüge und die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als ärztliche Psychotherapeutin nicht ausreiche. Der Antragsgegner wies den hiergegen eingelegten Widerspruch der Antragstellerin durch Beschluss vom 17.6.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, für die begehrte Zulassung mangele es an der Zulassungsfähigkeit, weil die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit, von hier nicht einschlägigen Übergangsvorschriften für Hausärzte abgesehen, das Vorhandensein einer förmlich ausgewiesenen Qualifikation als Fachärztin voraussetze. Hiergegen hat die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht (SG) Mainz erhoben (S 2 KA 174/09). Sie hat am 8.2.2010 beim SG beantragt, sie vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zur vertragsärztlichen psychotherapeutischen Tätigkeit in G zuzulassen.
Das SG hat diesen Antrag durch Beschluss vom 16.4.2010 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Es bestünden deutliche Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Dieser könne nicht mit der langen Verfahrensdauer begründet werden, weil die Antragstellerin auf ein Schreiben des Antragsgegners vom 18.11.2009 trotz Erinnerung und Fristsetzung durch das Gericht keine sachliche Stellungnahme abgegeben habe. In jedem Fall fehle es aber an dem erforderlichen Anordnungsanspruch (Hinweis auf SG Mainz 28.1.2009 S 8 KA 568/07). Das SG hat den Streitwert in diesem Beschluss auf 5.000, EUR festgesetzt.
Gegen diesen ihr am 20.4.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20.5.2010 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, die vorträgt: Vom Fehlen eines Anordnungsgrundes könne nicht ausgegangen werden; einer Stellungnahme auf das Schreiben des Antragsgegners vom 18.11.2009 habe es nicht bedurft, weil diese nur dessen zuvor bereits bekannte Argumentation enthalten habe. Dem Urteil des SG Mainz vom 28.1.2009 liege ein in wesentlicher Hinsicht andersgearteter Sachverhalt als in ihrem Fall zugrunde. Ihr Anspruch auf Zulassung als ärztliche Psychotherapeutin ergebe sich aus dem konstitutiven Bestandsschutz ihrer Eintragung in das Arztregister. Zudem genieße sie Bestandsschutz aufgrund der früheren Bedarfsplanungs RL Ärzte Nr 24e. Sie stütze sich ferner auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5.11.2008 (B 6 KA 13/07 R).
II.
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen.
Der Senat hat die erstinstanzlich unterlassene Beiladung der Beigeladenen zu 1 6 nachgeholt. Die Notwendigkeit der Beiladung, wenn die Voraussetzungen des § 75 Abs 2 SGG erfüllt sind, besteht grundsätzlich auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes; ein außergewöhnlich dringender Fall, in dem ausnahmsweise von einer Beiladung abgesehen werden durfte (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86b Rn 16), ist vorliegend nicht gegeben.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf die begehrte einstweilige Anordnung, weil es an dem erforderlichen Anordnungsanspruch fehlt. Denn der Antragsgegner hat die Antragstellerin zu Recht nicht als ausschließlich psychotherapeutische Ärztin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärztin erfordert das Vorhandensein einer förmlich ausgewiesenen Qualifikation als Fachärztin für das Fachgebiet, in dessen Rahmen die Ärztin tätig werden will, entsprechend der Eintragung im Arztregister (BSG 25.11.1998 B 6 KA 58/97 R). Dies ergibt sich aus § 95a Abs 1 Nr 2 iVm § 95 Abs 2 Satz 3 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und aus dem Gesamtkonzept des SGB V, wonach ein Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung nur als Allgemeinarzt oder als Facharzt teilnehmen kann (BSG aaO). Unter "Gebietsbezeichnung" iSd § 95a Abs 1 Nr 2 SGB V ist nur eine Facharztqualifikation zu verstehen (vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, K § 95a Rn 19). Über eine Facharztqualifikation, die auch den Bereich der Psychotherapie abdeckt, zB eine Ausbildung als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, verfügt die Antragstellerin jedoch nicht.
Die Berechtigung der Antragstellerin zur Führung der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" reicht hiernach nicht aus, um die von ihr gewünschte Zulassung zu ermöglichen. Zwar darf eine Zusatzbezeichnung, die dem Arzt von einer anderen deutschen Ärztekammer verliehen wurde, in Rheinland-Pfalz weitergeführt werden (§ 3 Abs 5 der Weiterbildungsordnung für die Ärzte und Ärztinnen in Rheinland-Pfalz). Dies ändert aber nichts daran, dass die Zusatzbezeichnung die Qualifikation als Facharzt nicht ersetzt. Ohne Erfolg stützt sich die Antragstellerin auf die Statuseigenschaft ihrer Eintragung in das Arztregister. Denn diese weist gerade keine Qualifikation als Fachärztin aus.
Die Antragstellerin vermag sich auch nicht entscheidend auf das Urteil des BSG vom 5.11.2008 (B 6 KA 13/07 R) zu stützen. Der Sachverhalt dieser Entscheidung unterscheidet sich von dem vorliegenden Fall dadurch entscheidend, dass die Ärztin, die jenes Verfahren betrieben hatte, im Gegensatz zu der Antragstellerin über die Qualifikation als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie verfügt.
§ 73 Abs 1a Satz 5 SGB V verhilft dem Begehren der Antragstellerin nicht zum Erfolg. Hiernach kann der Zulassungsausschuss Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen. Diese Regelung soll nach der Gesetzesbegründung zum GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (BT Drs 14/1245 S 69) Ärzten, die vor dem Inkrafttreten des § 95a SGB V am 1.1.1994 (vgl Art 35 Abs 3 des Gesundheitsstrukturgesetzes v 21.12.1992, BGBl I 2266) als Ärzte ohne Gebietsbezeichnung zugelassen waren, die ausschließliche Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung zur Erbringung spezieller Leistungen gestatten (zum Übergangscharakter des § 73 Abs 1a SGB V vgl auch BSG 5.11.1998 aaO). Nach dieser Zweckbestimmung des § 73 Abs 1a Satz 5 SGB V kann aus dieser Vorschrift kein Anspruch auf eine neue Zulassung als Vertragsärztin in der von der Antragstellerin gewünschten Form gefolgert werden.
Ohne Erfolg stützt sich die Antragstellerin auf ihre frühere Zulassung als psychotherapeutisch tätige Ärztin in Hessen. Diese Anerkennung hat keine präjudizielle Wirkung für die vorliegend zu treffende Entscheidung. Die Zulassung als Vertragsarzt bewirkt, dass dieser Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist (§ 95 Abs 3 Satz 1 SGB V). Weder das SGB V noch die Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte ZV) enthält eine Vorschrift, aus der sich eine Bindungswirkung einer früher von einer KÄV erteilten Zulassung für eine gewünschte Zulassung in dem Bezirk einer anderen KÄV ergeben könnte. § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte ZV regelt lediglich die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine Ermächtigung, wenn ein Arzt zusätzlich ärztliche Tätigkeiten außerhalb seines Vertragsarztsitzes im Bezirk einer anderen KÄV ausüben möchte. Aus dem europarechtlichen Grundsatz der Freizügigkeit vermag die Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang nichts herzuleiten. Die in Art 43 EG Verfassung geregelte Niederlassungsfreiheit schafft für einen EU-Bürger kein Recht, an einem bestimmten Ort erworbene Rechte nach einem Wechsel des Aufenthaltsorts einschränkungslos weiterzubehalten. Inwieweit diese Vorschrift vorliegend überhaupt anwendbar ist, obwohl es sich nicht um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt, bedarf daher keiner weiteren Prüfung.
Die Antragstellerin kann aus der früheren Nr 24e Bedarfsplanungs RL Ärzte keine Schutzwirkung herleiten. Diese in Ausführung seiner Befugnis nach § 101 Abs 1 Nr 3 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassene Vorschrift wurde im Zusammenhang mit der Anpassung der Bedarfsplanungs RL Ärzte an die Vorgaben des Psychotherapeutengesetzes gestrichen (Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 7.9.1999, in Kraft getreten am 27.10.1999, BAnz 1999, S 17999). Die Streichung beruhte auf dem Umstand, dass aufgrund der zu Beginn des Jahres 1999 erfolgten Integration zahlreicher Psychotherapeuten in das vertragsärztliche Versorgungssystem keine Notwendigkeit mehr für qualitätsbezogene Sonderbedarfszulassungen, die allein daran anknüpften, dass psychotherapeutische Behandlungen erbracht wurden, bestand (vgl BSG 5.11.2008 aaO Rn 23). In Anbetracht der Streichung der Vorschrift vermag diese für die Antragstellerin keine Rechte zu begründen.
Diese rechtliche Beurteilung steht im Einklang mit Art 12 Grundgesetz (GG). Die mit der Regelung von Zulassungsbeschränkungen, die auf der Nichterfüllung wesentlicher fachlicher Anforderungen durch den betreffenden Arzt beruhen, verbundenen Einschränkungen des Grundrechts aus Art 12 GG sind mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl BSG 5.11.1997 6 RKa 52/97, juris Rn 19).
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs 1, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Bei Zulassungsstreitigkeiten im Vertragsarztrecht bemisst sich der Streitwert nach der Umsatzeinbuße des Klägers/Antragstellers abzüglich der Praxiskosten für drei Jahre, wenn nicht ein kürzerer Zeitraum streitig ist (BSG 12.9.2006 B 6 KA 70/05 B). Ist, wie vorliegend, nicht konkret feststellbar, welche Umsatz und Einkommenseinbuße der Kläger/Antragsteller durch die Verweigerung der Zulassung hat, ist für jedes Quartal des Dreijahreszeitraums der Regelwert von 5.000, EUR (§ 52 Abs 2 GKG) anzunehmen (BSG 12.9.2006 aaO). Ausgehend hiervon ermittelt sich vorliegend für das Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 60.000, EUR. Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist idR von einem Streitwert in Höhe von 1/4 bis 1/2 des Hauptsacheverfahrens auszugehen (Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 7.1). In Anbetracht der Bedeutung des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes für die Antragstellerin hält der Senat den Ansatz von 1/3 des Streitwerts der Hauptsache für angemessen. Bei dieser Sachlage ist der Streitwert, auch für das erstinstanzliche Verfahren in Abänderung des angefochtenen Beschlusses, auf 20.000, EUR festzusetzen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde beim Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG; zur Streitwertfestsetzung § 66 Abs 3 Satz 3 GKG).
2. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
3. Der Streitwert wird, auch für das Verfahren vor dem Sozialgericht in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 16.4.2010, auf 20.000, EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Umstritten ist, ob die Antragstellerin einen Anspruch auf vorläufige Zulassung als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärztin zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes hat.
Die 1955 geborene Antragstellerin ist seit dem 22.12.1986 approbierte Ärztin, verfügt jedoch nicht über die Berechtigung zur Führung einer Facharztbezeichnung. Ausweislich einer Urkunde der Landesärztekammer Hessen vom 7.9.1998 darf sie aufgrund nachgewiesener Weiterbildung die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" führen. Aufgrund Zulassung durch die örtlich zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) war sie seit 1999 in P (Hessen) als psychotherapeutisch tätige Ärztin tätig gewesen.
Im Dezember 2008 beantragte die Antragstellerin nach ihrem Umzug nach G bei dem für diesen Ort zuständigen Zulassungsausschuss, sie als ärztliche Psychotherapeutin in G , B zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Durch Bescheid vom 17.2.2009 lehnte der Zulassungsausschuss diesen Antrag ab, da die Antragstellerin über keine Ausbildung als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie verfüge und die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als ärztliche Psychotherapeutin nicht ausreiche. Der Antragsgegner wies den hiergegen eingelegten Widerspruch der Antragstellerin durch Beschluss vom 17.6.2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, für die begehrte Zulassung mangele es an der Zulassungsfähigkeit, weil die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit, von hier nicht einschlägigen Übergangsvorschriften für Hausärzte abgesehen, das Vorhandensein einer förmlich ausgewiesenen Qualifikation als Fachärztin voraussetze. Hiergegen hat die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht (SG) Mainz erhoben (S 2 KA 174/09). Sie hat am 8.2.2010 beim SG beantragt, sie vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zur vertragsärztlichen psychotherapeutischen Tätigkeit in G zuzulassen.
Das SG hat diesen Antrag durch Beschluss vom 16.4.2010 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Es bestünden deutliche Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Dieser könne nicht mit der langen Verfahrensdauer begründet werden, weil die Antragstellerin auf ein Schreiben des Antragsgegners vom 18.11.2009 trotz Erinnerung und Fristsetzung durch das Gericht keine sachliche Stellungnahme abgegeben habe. In jedem Fall fehle es aber an dem erforderlichen Anordnungsanspruch (Hinweis auf SG Mainz 28.1.2009 S 8 KA 568/07). Das SG hat den Streitwert in diesem Beschluss auf 5.000, EUR festgesetzt.
Gegen diesen ihr am 20.4.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20.5.2010 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, die vorträgt: Vom Fehlen eines Anordnungsgrundes könne nicht ausgegangen werden; einer Stellungnahme auf das Schreiben des Antragsgegners vom 18.11.2009 habe es nicht bedurft, weil diese nur dessen zuvor bereits bekannte Argumentation enthalten habe. Dem Urteil des SG Mainz vom 28.1.2009 liege ein in wesentlicher Hinsicht andersgearteter Sachverhalt als in ihrem Fall zugrunde. Ihr Anspruch auf Zulassung als ärztliche Psychotherapeutin ergebe sich aus dem konstitutiven Bestandsschutz ihrer Eintragung in das Arztregister. Zudem genieße sie Bestandsschutz aufgrund der früheren Bedarfsplanungs RL Ärzte Nr 24e. Sie stütze sich ferner auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5.11.2008 (B 6 KA 13/07 R).
II.
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen.
Der Senat hat die erstinstanzlich unterlassene Beiladung der Beigeladenen zu 1 6 nachgeholt. Die Notwendigkeit der Beiladung, wenn die Voraussetzungen des § 75 Abs 2 SGG erfüllt sind, besteht grundsätzlich auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes; ein außergewöhnlich dringender Fall, in dem ausnahmsweise von einer Beiladung abgesehen werden durfte (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86b Rn 16), ist vorliegend nicht gegeben.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf die begehrte einstweilige Anordnung, weil es an dem erforderlichen Anordnungsanspruch fehlt. Denn der Antragsgegner hat die Antragstellerin zu Recht nicht als ausschließlich psychotherapeutische Ärztin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärztin erfordert das Vorhandensein einer förmlich ausgewiesenen Qualifikation als Fachärztin für das Fachgebiet, in dessen Rahmen die Ärztin tätig werden will, entsprechend der Eintragung im Arztregister (BSG 25.11.1998 B 6 KA 58/97 R). Dies ergibt sich aus § 95a Abs 1 Nr 2 iVm § 95 Abs 2 Satz 3 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und aus dem Gesamtkonzept des SGB V, wonach ein Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung nur als Allgemeinarzt oder als Facharzt teilnehmen kann (BSG aaO). Unter "Gebietsbezeichnung" iSd § 95a Abs 1 Nr 2 SGB V ist nur eine Facharztqualifikation zu verstehen (vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, K § 95a Rn 19). Über eine Facharztqualifikation, die auch den Bereich der Psychotherapie abdeckt, zB eine Ausbildung als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, verfügt die Antragstellerin jedoch nicht.
Die Berechtigung der Antragstellerin zur Führung der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" reicht hiernach nicht aus, um die von ihr gewünschte Zulassung zu ermöglichen. Zwar darf eine Zusatzbezeichnung, die dem Arzt von einer anderen deutschen Ärztekammer verliehen wurde, in Rheinland-Pfalz weitergeführt werden (§ 3 Abs 5 der Weiterbildungsordnung für die Ärzte und Ärztinnen in Rheinland-Pfalz). Dies ändert aber nichts daran, dass die Zusatzbezeichnung die Qualifikation als Facharzt nicht ersetzt. Ohne Erfolg stützt sich die Antragstellerin auf die Statuseigenschaft ihrer Eintragung in das Arztregister. Denn diese weist gerade keine Qualifikation als Fachärztin aus.
Die Antragstellerin vermag sich auch nicht entscheidend auf das Urteil des BSG vom 5.11.2008 (B 6 KA 13/07 R) zu stützen. Der Sachverhalt dieser Entscheidung unterscheidet sich von dem vorliegenden Fall dadurch entscheidend, dass die Ärztin, die jenes Verfahren betrieben hatte, im Gegensatz zu der Antragstellerin über die Qualifikation als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie verfügt.
§ 73 Abs 1a Satz 5 SGB V verhilft dem Begehren der Antragstellerin nicht zum Erfolg. Hiernach kann der Zulassungsausschuss Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen. Diese Regelung soll nach der Gesetzesbegründung zum GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (BT Drs 14/1245 S 69) Ärzten, die vor dem Inkrafttreten des § 95a SGB V am 1.1.1994 (vgl Art 35 Abs 3 des Gesundheitsstrukturgesetzes v 21.12.1992, BGBl I 2266) als Ärzte ohne Gebietsbezeichnung zugelassen waren, die ausschließliche Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung zur Erbringung spezieller Leistungen gestatten (zum Übergangscharakter des § 73 Abs 1a SGB V vgl auch BSG 5.11.1998 aaO). Nach dieser Zweckbestimmung des § 73 Abs 1a Satz 5 SGB V kann aus dieser Vorschrift kein Anspruch auf eine neue Zulassung als Vertragsärztin in der von der Antragstellerin gewünschten Form gefolgert werden.
Ohne Erfolg stützt sich die Antragstellerin auf ihre frühere Zulassung als psychotherapeutisch tätige Ärztin in Hessen. Diese Anerkennung hat keine präjudizielle Wirkung für die vorliegend zu treffende Entscheidung. Die Zulassung als Vertragsarzt bewirkt, dass dieser Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist (§ 95 Abs 3 Satz 1 SGB V). Weder das SGB V noch die Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte ZV) enthält eine Vorschrift, aus der sich eine Bindungswirkung einer früher von einer KÄV erteilten Zulassung für eine gewünschte Zulassung in dem Bezirk einer anderen KÄV ergeben könnte. § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte ZV regelt lediglich die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine Ermächtigung, wenn ein Arzt zusätzlich ärztliche Tätigkeiten außerhalb seines Vertragsarztsitzes im Bezirk einer anderen KÄV ausüben möchte. Aus dem europarechtlichen Grundsatz der Freizügigkeit vermag die Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang nichts herzuleiten. Die in Art 43 EG Verfassung geregelte Niederlassungsfreiheit schafft für einen EU-Bürger kein Recht, an einem bestimmten Ort erworbene Rechte nach einem Wechsel des Aufenthaltsorts einschränkungslos weiterzubehalten. Inwieweit diese Vorschrift vorliegend überhaupt anwendbar ist, obwohl es sich nicht um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt, bedarf daher keiner weiteren Prüfung.
Die Antragstellerin kann aus der früheren Nr 24e Bedarfsplanungs RL Ärzte keine Schutzwirkung herleiten. Diese in Ausführung seiner Befugnis nach § 101 Abs 1 Nr 3 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassene Vorschrift wurde im Zusammenhang mit der Anpassung der Bedarfsplanungs RL Ärzte an die Vorgaben des Psychotherapeutengesetzes gestrichen (Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 7.9.1999, in Kraft getreten am 27.10.1999, BAnz 1999, S 17999). Die Streichung beruhte auf dem Umstand, dass aufgrund der zu Beginn des Jahres 1999 erfolgten Integration zahlreicher Psychotherapeuten in das vertragsärztliche Versorgungssystem keine Notwendigkeit mehr für qualitätsbezogene Sonderbedarfszulassungen, die allein daran anknüpften, dass psychotherapeutische Behandlungen erbracht wurden, bestand (vgl BSG 5.11.2008 aaO Rn 23). In Anbetracht der Streichung der Vorschrift vermag diese für die Antragstellerin keine Rechte zu begründen.
Diese rechtliche Beurteilung steht im Einklang mit Art 12 Grundgesetz (GG). Die mit der Regelung von Zulassungsbeschränkungen, die auf der Nichterfüllung wesentlicher fachlicher Anforderungen durch den betreffenden Arzt beruhen, verbundenen Einschränkungen des Grundrechts aus Art 12 GG sind mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl BSG 5.11.1997 6 RKa 52/97, juris Rn 19).
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs 1, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Bei Zulassungsstreitigkeiten im Vertragsarztrecht bemisst sich der Streitwert nach der Umsatzeinbuße des Klägers/Antragstellers abzüglich der Praxiskosten für drei Jahre, wenn nicht ein kürzerer Zeitraum streitig ist (BSG 12.9.2006 B 6 KA 70/05 B). Ist, wie vorliegend, nicht konkret feststellbar, welche Umsatz und Einkommenseinbuße der Kläger/Antragsteller durch die Verweigerung der Zulassung hat, ist für jedes Quartal des Dreijahreszeitraums der Regelwert von 5.000, EUR (§ 52 Abs 2 GKG) anzunehmen (BSG 12.9.2006 aaO). Ausgehend hiervon ermittelt sich vorliegend für das Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 60.000, EUR. Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist idR von einem Streitwert in Höhe von 1/4 bis 1/2 des Hauptsacheverfahrens auszugehen (Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 7.1). In Anbetracht der Bedeutung des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes für die Antragstellerin hält der Senat den Ansatz von 1/3 des Streitwerts der Hauptsache für angemessen. Bei dieser Sachlage ist der Streitwert, auch für das erstinstanzliche Verfahren in Abänderung des angefochtenen Beschlusses, auf 20.000, EUR festzusetzen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde beim Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG; zur Streitwertfestsetzung § 66 Abs 3 Satz 3 GKG).
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