Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 174/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 5958/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Der 1957 geborene Kläger hatte von 1972 bis 1975 den Beruf des Kraftfahrzeugmechanikers erlernt, die Prüfung jedoch nicht bestanden und hat anschließend als Lagerarbeiter, Koch, Fenstermonteur, im Kabelbau und in einer Holzverarbeitungswerkstatt gearbeitet. Zuletzt war er bis zum 15. Oktober 2001 bei der Spedition B. als Lagerarbeiter, Staplerfahrer sowie LKW-Fahrer mit Führerschein Klasse 2 tätig. Im Oktober 2001 hatte er den Staplerführerschein erworben. Seither ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Der Kläger bezieht derzeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Am 24. Mai 2005 beantragte der Kläger erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005 ab, nachdem das Heilverfahren vom 18. Mai 2004 bis 29. Juni 2004 ein vollschichtiges Leistungsvermögen ergeben und Dr. B. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 29. April 2005 ebenso ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen bestätigt hatte. Die hiergegen zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 12 R 116/06) wies das SG nach Befragung der behandelnden Ärzte sowie der Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. Sch. mit Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 ab, nachdem insbesondere der Sachverständige ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt hatte. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung nahm der Kläger am 8. Februar 2007 wieder zurück (L 11 R 151/07).
Am 5. März 2007 beantragte er erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 4. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Angesichts seiner Tätigkeit als Lagerarbeiter, die der Tätigkeit eines ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei, müsse sich der Kläger auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen. Im Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte die Begutachtung durch die Orthopädin Dr. Sp.-F. (Gutachten vom 19. Oktober 2007). Diese diagnostizierte ein chronisch lumbales Schmerzsyndrom bei geringem Beckentiefstand rechts mit geringem lumbalen Überhang nach links ohne Rotationskomponente, eine beginnende Spondylose und Spondylarthrose im Segment L5/S1 ohne wesentliche Funktionseinschränkung sowie eine rezidivierende depressive Störung. Die Gutachterin schätzte das Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, z.T. in Spitzenzeiten auch für mittelschwere Tätigkeiten, ohne langanhaltendes Heben und Tragen von Gegenständen von mehr als 15 Kilogramm ohne mechanische Hilfsmittel auf vollschichtig ein. Sowohl Tätigkeiten als allgemeiner Lagerarbeiter aber auch als Staplerfahrer seien weiterhin leidensgerecht und vollschichtig durchführbar. Aufgrund der psychiatrischen Erkrankung seien nur Arbeiten ohne erhöhten Zeitdruck, ohne besondere geistige Beanspruchung, möglichst ohne Nacht- und Wechselschichtbelastungen möglich.
Der Kläger hat am 16. Januar 2008 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, die er damit begründet hat, dass die behandelnden Ärzte davon ausgingen, die Gesamtheit der Erkrankungen bedingten, dass der Kläger keinen Arbeitseinsatz von wirtschaftlichem Wert mehr erbringen könne und somit Erwerbsminderung vorliege. Auch sei der beidseits bestehende Tinnitus bisher nicht berücksichtigt. Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. K. (Facharzt für Allgemeinmedizin), Dr. D. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie), Dr. St. (Arzt für Orthopädie) sowie Dr. A.-W. (HNO-Ärztin) als sachverständige Zeugen befragt. Dr. St. (Orthopäde) hat mitgeteilt, der Kläger sei auf orthopädischem Gebiet für drei bis sechs Stunden für leichte Arbeiten leistungsfähig (Auskunft vom 5. Juni 2008). Die HNO-Ärztin Dr. A.-W. hat unter dem 9. April 2008 das Vorliegen eines Tinnitus bestätigt. Eine Änderung gegenüber ihrer Auskunft im Verfahren S 12 R 116/06 hat sie verneint. Die Neurologen und Psychiater Dres. D. und E. haben in ihrer Auskunft vom 14. April 2008 eine änglich-unsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung, eine depressive Belastungsreaktion und Abhängigkeit von Schlafmitteln mitgeteilt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. teilte unter dem 16. April 2008 u.a. eine deutliche Besserung der Schmerzsymptomatik an der LWS mit. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. November 2008 abgewiesen. Die als sachverständigen Zeugen befragten Ärzte hätten keine Befunde bzw. Diagnosen mitgeteilt, die sich so gravierend verschlechtert hätten, dass eine Neubewertung der Leistungsfähigkeit gegenüber der Beurteilung im Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 geboten wäre.
Gegen den ihm am 27. November 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19. Dezember 2008 beim LSG Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, sein Gesundheitszustand habe sich nach Rentenantragstellung wesentlich verschlechtert. Der den Kläger behandelnde Arzt Dr. K. K. bestätige die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen und weise darauf hin, dass sich trotz regelmäßiger Medikamenteneinnahme die Beschwerden beim Kläger nicht gebessert hätten. Insbesondere leide der Kläger an anhaltenden Depressionen, Angstzuständen, Kopfschmerzen verbunden mit Ein- und Durchschlafstörungen sowie anhaltenden Rückenschmerzen. Auch die orthopädischen Erkrankungen wie Fehlstatik der Lendenwirbelsäule bei linkskonvexer Skoliose, Spondylarthrose L5/S1 sowie Bandscheibenvorwölbung, führten unter weiterer Berücksichtigung der anhaltenden Schmerzsymptomatik dazu, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerarbeiter nicht mehr und leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes lediglich noch in einem Umfang zwischen drei bis unter sechs Stunden ausführen könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2008 sowie den Bescheid vom 4. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab 1. März 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG ein Gutachten bei J. S., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, eingeholt. In seinem Sachverständigengutachten vom 17. Februar 2010 hat dieser auf nervenärztlichen Fachgebiet ein depressives Syndrom, eine nichtorganische Schlafstörung und eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, weshalb der Kläger nur mehr für unter drei Stunden pro Tag leistungsfähig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG, des LSG (S 9 R 174/08, S 12 R 116/06, L 11 R 151/07) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Die Berufung ist jedoch unbegründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der die Gewährung einer Rente wegen voller und wegen teilweiser Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 4. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Antrag des Klägers bei der Beklagten war nicht als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu verstehen, da der Kläger in seinem Antrag nichts mitgeteilt hat, was darauf schließen ließe, dass er die früheren Entscheidungen der Beklagten für falsch hielt.
Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung richtet sich nach § 43 SGB VI. Voraussetzung einer solchen Rente ist u.a., dass der jeweilige Versicherte voll erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) bzw. teilweise erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz. 2 SGB VI) ist. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat ist auf Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert ist. Er ist noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes Tätigkeiten in seinem Beruf, wie auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, - wenn auch mit qualitativen Leistungseinschränkungen (dazu siehe unten) - mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig ausüben zu können.
Das SG hat in dem Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 (S 12 R 116/06) zutreffend festgestellt, dass beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung, Agoraphobie, ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung, Ohrgeräusch und Hörminderung, Skoliose der Wirbelsäule links konvex, Protrusion L5/S1, Lumbago und Beinverkürzung rechts um 0,5 cm besteht. Aufgrund dieser Erkrankungen sind dem Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten zumutbar, wobei häufige Rotationen der Lendenwirbelsäule, Bücken und Heben von Lasten über 15 kg zu meiden sind. Bei längerem Stehen soll der Kläger eine Lumbalorthese tragen. Zu vermeiden sind Belastungen durch äußere klimatische Bedingungen (Feuchte, Nässe, Kälte), Lärmbelastung, erhöhter Zeitdruck (Akkordarbeit) und unphysiologische Stressbelastung (Nachtschicht). Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an selbständige Problemlösungen stellen, sind dem Kläger nicht mehr zumutbar. Auch Arbeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte, mit direktem Publikumskontakt oder mit besonders fordernden sozialen Interaktionen kann der Kläger nicht mehr verrichten. Dagegen kann der Kläger unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen noch täglich mindestens sechs Stunden berufstätig sein. Grundlage dieser Entscheidung waren neben dem orthopädischen Gutachten (Dr. Sp.-F.) die Auskünfte der behandelnden Ärzte sowie die nervenfachärztlichen Gutachten des Dr. B. (Verwaltungsverfahren) und des Dr. Sch. (SG-Verfahren) die übereinstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt hatten. Weder auf orthopädischem Fachgebiet, noch auf nervenärztlichen Fachgebiet haben sich zwischenzeitlich erhebliche Veränderungen ergeben.
Der behandelnde Orthopäde Dr. St. beschrieb beim Kläger in seiner gutachterlichen fachorthopädischen Stellungnahme zur Vorlage bei der Deutschen Rentenversicherung vom 14. August 2007 auf orthopädischen Fachgebiet eine Fehlstatik der Lendenwirbelsäule bei linkskonvexer Skoliose, eine Spondylarthrose L5/S1 sowie eine Bandscheibenvorwölbung L5/S1. Er hielt den Kläger als Lagerarbeiter für nicht mehr leistungsfähig, teilte jedoch mit, dass auf orthopädischem Fachgebiet nur noch leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus vorstellbar seien, wobei er das Leistungsvermögen mit drei bis sechs Stunden einschätzte. Gegenüber dem SG, als sachverständiger Zeuge befragt, teilte Dr. St. mit, dass die Tätigkeit als Lagerarbeiter nicht mehr zumutbar sei. Leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus seien auf orthopädischem Fachgebiet drei bis sechs Stunden zumutbar. Es sollten jedoch weiterhin keine Akkordtätigkeiten oder Arbeiten mit häufiger Rotation der Lendenwirbelsäule oder mit häufigem Bücken oder Heben sowie kein Tragen von Lasten von über 15 kg ausgeübt werden. Belastungen durch äußere negative klimatische Bedingungen wie Feuchtigkeit, Nässe etc. schloss Dr. St. aus. Bei häufiger stehender Tätigkeit sei eine Lumbalorthese zu tragen. Dr. St. hat des Weiteren mitgeteilt, dass das subjektive Schmerzempfinden ausgeprägter sei, als es durch die orthopädischen Befunde allein zu erklären wäre. Gegenüber 2006 und 2007 verneinte er Änderungen, hat jedoch auf eine erhebliche Verschlechterung der Prognose durch die zugrundeliegende Depression hingewiesen. Verglichen mit dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. Sp.-F. kann Dr. St. keine Verschlechterung der Situation beschreiben. Angesichts vergleichbarer Befunde und der Verneinung von Befundänderungen auf orthopädischem Fachgebiet seitens Dr. St. konnte sich der Senat im Anschluss an das Gutachten von Dr. Sp. F. unter orthopädischen Gesichtspunkten von einer zumindest für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehenden mindestens sechsstündigen Leistungsfähigkeit des Klägers überzeugen. Insoweit konnte auch der im Berufungsverfahren beauftragte Gutachter Seifert ein unauffälliges Gangbild ohne motorische Defizite bzw. Störungen der Koordination beschreiben. Die Wirbelsäule war bei seiner Untersuchung in allen Abschnitten hinreichend frei beweglich, wobei eine leichtgradige Zwangshaltung der Lendenwirbelsäule bestand. Über der gesamten Wirbelsäule hat der Kläger jedoch Klopfschmerzempfindlichkeit angegeben.
Dies wird auch durch die Auskunft von Dr. K. gegenüber dem SG bestätigt. Dieser hat gegenüber dem SG mitgeteilt, dass der Kläger wegen schlechter Laborwerte (evtl. ernährungsbedingt) im Fettstoffwechselbereich (Cholesterin und Triglyceride) einen Lipidsenker verordnet bekommen habe. Der Kläger habe im März 2008 über einen tiefsitzenden Schmerz ohne Ausstrahlung im Bereich der LWS geklagt, der sich nach Gabe von Schmerzmittel (Lyrica) und Antidepressivum (Mirtazepin 30mg) deutlich verbessert habe. Dr. K. hat keine Verschlechterung mitgeteilt. Im Gegenteil konnte er berichten, dass wegen der Rückenschmerzen eine Infiltrationsbehandlung erfolgreich durchgeführt werden konnte.
Auch unter dem Gesichtspunkt des beidseitigen Tinnitus ergibt sich eine Erwerbsminderung nicht. Die HNO-Ärztin Dr. A.-W. hat gegenüber dem SG über eine geklagte Zunahme der Lautstärke des bekannten Tinnitus berichtet. Auch wenn der Tinnitus rechts lauter festzustellen gewesen sei als in 2006, hat sie jedoch eine Veränderung und Befundverschlechterung gegenüber 2006 verneint. Mittlerweile ist der Kläger mit einem Tinnitusgerät ausreichend versorgt. Die bloße Behauptung in der mündlichen Verhandlung, der Tinnitus sei nunmehr im Mittelpunkt der Beschwerden, kann soweit nicht nachvollzogen werden. Herr S. beschrieb diesbezüglich keine gravierenden Einschränkungen.
Das Gutachten des Herrn S. überzeugt nicht. Gegenüber den Vorgutachten (Dr. Sch. und Dr. B.) hat er keine abweichenden Befunde erhoben; insbesondere ist eine schwere Depression ebenso nicht festgestellt worden. Die in erster Linie beeinträchtigenden depressiven Verstimmungen vermögen das zeitliche Leistungsvermögen nicht einzuschränken. Herr S. beschreibt in psychischer Hinsicht, dass die affektive Kontaktaufnahme ohne Schwierigkeiten gelinge und die Kooperation während der ganzen Untersuchung durchgängig gut gewesen sei. Die Psychomotorik erscheine nicht spezifisch auffällig und immer themenadäquat. Die verbale Darstellung von Beschwerden und Vorgeschichte sei hinreichend sachlich und entspreche wohl der subjektiven Sicht- und Erlebnisweise. Die Grundstimmung sei zumindest subdepressiv verstimmt und zeige eine subdepressiv gedrückte Stimmungslage. Affektive Ansprechbarkeit und Schwingungsfähigkeit seien etwas zum negativen Pol hin verändert. Der Kläger wirke in der Untersuchungssituation nicht außergewöhnlich ängstlich, was der Gutachter jedoch auf die Anwesenheit der Lebensgefährtin zurück führt. Vom Kläger wie auch seiner Lebensgefährtin würden glaubhaft erhebliche Defizite in der Bewältigung des alltäglichen Lebens beschrieben, wobei es tageweise zu unterschiedlicher Ausprägung komme. Als solche Defizite beschreibt der Gutachter aufgrund der Angaben des Klägers und dessen Lebenspartnerin Tage, an denen der Kläger auf der Couch oder Terrasse sitze und grübele. Wie der Kläger so vollschichtig leistungsfähig sein solle, erschließe sich ihm, dem Gutachter, nicht; auch der nur "eingebildete Kranke" sei krank, fühle sich krank und sei in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Die Chronifizierung der Depression sei so weit fortgeschritten, dass der Kläger auch unter wechselnder Medikation nicht wirklich leistungsfähig sei. Neben der Depression bestehe ein stark vermindertes Selbstwertgefühl mit Angst vor sozialen Kontakten. Zusammenfassend teilt der Gutachter als Gesundheitsstörungen ein depressives Syndrom mit Chronifizierung trotz medikamentöser Behandlung, eine nichtorganische Schlafstörung, eine Persönlichkeitsstörung, ein chronifiziertes Schmerzssyndrom mit im Vordergrund stehenden Wirbelsäulenbeschwerden, Tinnitus beidseits sowie Hypertriglyceridämie und Hypothyreose mit. Es bestehe die Unfähigkeit, sich über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden zu konzentrieren. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, täglich mehr als sechs Stunden auch nur leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung zu einer Verschlechterung der Prognose der Grunderkrankung (depressives Syndrom) führe. Angesichts der langjährigen Erkrankung halte er den Kläger "nur mehr für unter drei Stunden pro Tag leistungsfähig".
Das Gutachten beschreibt die bereits vom SG bei den behandelnden Ärzten erhobenen Erkrankungen und Befunde, lässt aber eine konkrete Darstellung der Beschwerden des Klägers und deren Auswirkungen auf den Alltag vermissen. Der psychische Befund weicht dabei kaum von der altersentsprechenden Norm ab, worauf die Beklagte zutreffend hinweist. Der Gutachter selbst schließt ernsthafte neurologische Erkrankungen aus. Auch im Hinblick auf den psychischen Zustand beschreibt er den Kläger als lediglich subdepressiv. Dies bedeutet einen depressiven Zustand, der nicht das Ausmaß einer Depression erfüllt, bei dem ein Mensch depressiv-verstimmt wirkt. Warum er dann als Gesundheitsstörung ein depressives Syndrom mitteilt, erschließt sich aus dem Gutachten nicht. Insoweit ist schon die Diagnose eines depressiven Syndroms nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die Kombination des depressiven Syndroms mit einer Persönlichkeitsstörung, als der Gutachter mitteilt, die affektive Kontaktaufnahme gelinge ohne Schwierigkeiten und die Kooperation während der ganzen Untersuchung sei durchgängig gut gewesen. Die Psychomotorik war nicht spezifisch auffällig, dagegen sei die affektive Ansprechbarkeit und Schwingungsfähigkeit etwas zum negativen Pol hin verändert. Weder daraus noch aus der Behandlung kann eine schwere Depression oder eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in einem solchen Ausmaß abgeleitet werden, dass Erwerbsminderung vorliegt; weder der Gutachter noch ein anderer Arzt haben eine konsequente antidepressive Behandlung mit verschiedenen hochdosierten Mitteln mitgeteilt; zuletzt wird - so der Gutachter - lediglich Opipramol 100, das zur Arzneistoffgruppe der trizyklischen Antidepressiva zählt, zur Nacht eingenommen.
Angesichts der Beschreibung des Klägers durch den Gutachter, den Auskünften der behandelnden Ärzte, aus denen sich ergibt, dass gegenüber dem im Jahr 2006 bestehenden Zustand keine Verschlechterung eingetreten ist, den aus dem Verfahren S 12 R 116/06 beigezogenen Unterlagen und den sich aus der Verwaltungsakte der Beklagten ergebenden medizinischen Unterlagen - insbesondere auch dem Gutachten von Dr. Sp.-F. - ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dabei sind die bereits vom SG im Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 (S 12 R 116/06) benannten qualitativen Leistungseinschränkungen (siehe oben) zu beachten.
Hieraus ergeben sich weder schwere spezifische Leistungseinschränkungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 1999 - B 13 RJ 71/97 R) dar. Auch Einschränkungen der Wegefähigkeit konnte der Senat nicht feststellen.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - wenn auch unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen - verrichten kann. Mit diesem Leistungsvermögen ist er im Sinne des § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert.
Da der Kläger zwar vor dem 2. Januar 1961 geboren ist, jedoch als ungelernter Lagerarbeiter, LKW-Fahrer und Staplerfahrer - unter Berücksichtigung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen - auf alle ungelernten leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist, bedarf es der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten nicht, sodass auch die Voraussetzungen der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Der 1957 geborene Kläger hatte von 1972 bis 1975 den Beruf des Kraftfahrzeugmechanikers erlernt, die Prüfung jedoch nicht bestanden und hat anschließend als Lagerarbeiter, Koch, Fenstermonteur, im Kabelbau und in einer Holzverarbeitungswerkstatt gearbeitet. Zuletzt war er bis zum 15. Oktober 2001 bei der Spedition B. als Lagerarbeiter, Staplerfahrer sowie LKW-Fahrer mit Führerschein Klasse 2 tätig. Im Oktober 2001 hatte er den Staplerführerschein erworben. Seither ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Der Kläger bezieht derzeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Am 24. Mai 2005 beantragte der Kläger erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005 ab, nachdem das Heilverfahren vom 18. Mai 2004 bis 29. Juni 2004 ein vollschichtiges Leistungsvermögen ergeben und Dr. B. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 29. April 2005 ebenso ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen bestätigt hatte. Die hiergegen zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 12 R 116/06) wies das SG nach Befragung der behandelnden Ärzte sowie der Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. Sch. mit Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 ab, nachdem insbesondere der Sachverständige ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt hatte. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung nahm der Kläger am 8. Februar 2007 wieder zurück (L 11 R 151/07).
Am 5. März 2007 beantragte er erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 4. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Angesichts seiner Tätigkeit als Lagerarbeiter, die der Tätigkeit eines ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei, müsse sich der Kläger auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen. Im Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte die Begutachtung durch die Orthopädin Dr. Sp.-F. (Gutachten vom 19. Oktober 2007). Diese diagnostizierte ein chronisch lumbales Schmerzsyndrom bei geringem Beckentiefstand rechts mit geringem lumbalen Überhang nach links ohne Rotationskomponente, eine beginnende Spondylose und Spondylarthrose im Segment L5/S1 ohne wesentliche Funktionseinschränkung sowie eine rezidivierende depressive Störung. Die Gutachterin schätzte das Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, z.T. in Spitzenzeiten auch für mittelschwere Tätigkeiten, ohne langanhaltendes Heben und Tragen von Gegenständen von mehr als 15 Kilogramm ohne mechanische Hilfsmittel auf vollschichtig ein. Sowohl Tätigkeiten als allgemeiner Lagerarbeiter aber auch als Staplerfahrer seien weiterhin leidensgerecht und vollschichtig durchführbar. Aufgrund der psychiatrischen Erkrankung seien nur Arbeiten ohne erhöhten Zeitdruck, ohne besondere geistige Beanspruchung, möglichst ohne Nacht- und Wechselschichtbelastungen möglich.
Der Kläger hat am 16. Januar 2008 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, die er damit begründet hat, dass die behandelnden Ärzte davon ausgingen, die Gesamtheit der Erkrankungen bedingten, dass der Kläger keinen Arbeitseinsatz von wirtschaftlichem Wert mehr erbringen könne und somit Erwerbsminderung vorliege. Auch sei der beidseits bestehende Tinnitus bisher nicht berücksichtigt. Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. K. (Facharzt für Allgemeinmedizin), Dr. D. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie), Dr. St. (Arzt für Orthopädie) sowie Dr. A.-W. (HNO-Ärztin) als sachverständige Zeugen befragt. Dr. St. (Orthopäde) hat mitgeteilt, der Kläger sei auf orthopädischem Gebiet für drei bis sechs Stunden für leichte Arbeiten leistungsfähig (Auskunft vom 5. Juni 2008). Die HNO-Ärztin Dr. A.-W. hat unter dem 9. April 2008 das Vorliegen eines Tinnitus bestätigt. Eine Änderung gegenüber ihrer Auskunft im Verfahren S 12 R 116/06 hat sie verneint. Die Neurologen und Psychiater Dres. D. und E. haben in ihrer Auskunft vom 14. April 2008 eine änglich-unsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung, eine depressive Belastungsreaktion und Abhängigkeit von Schlafmitteln mitgeteilt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. teilte unter dem 16. April 2008 u.a. eine deutliche Besserung der Schmerzsymptomatik an der LWS mit. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. November 2008 abgewiesen. Die als sachverständigen Zeugen befragten Ärzte hätten keine Befunde bzw. Diagnosen mitgeteilt, die sich so gravierend verschlechtert hätten, dass eine Neubewertung der Leistungsfähigkeit gegenüber der Beurteilung im Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 geboten wäre.
Gegen den ihm am 27. November 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19. Dezember 2008 beim LSG Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, sein Gesundheitszustand habe sich nach Rentenantragstellung wesentlich verschlechtert. Der den Kläger behandelnde Arzt Dr. K. K. bestätige die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen und weise darauf hin, dass sich trotz regelmäßiger Medikamenteneinnahme die Beschwerden beim Kläger nicht gebessert hätten. Insbesondere leide der Kläger an anhaltenden Depressionen, Angstzuständen, Kopfschmerzen verbunden mit Ein- und Durchschlafstörungen sowie anhaltenden Rückenschmerzen. Auch die orthopädischen Erkrankungen wie Fehlstatik der Lendenwirbelsäule bei linkskonvexer Skoliose, Spondylarthrose L5/S1 sowie Bandscheibenvorwölbung, führten unter weiterer Berücksichtigung der anhaltenden Schmerzsymptomatik dazu, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerarbeiter nicht mehr und leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes lediglich noch in einem Umfang zwischen drei bis unter sechs Stunden ausführen könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2008 sowie den Bescheid vom 4. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab 1. März 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG ein Gutachten bei J. S., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, eingeholt. In seinem Sachverständigengutachten vom 17. Februar 2010 hat dieser auf nervenärztlichen Fachgebiet ein depressives Syndrom, eine nichtorganische Schlafstörung und eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, weshalb der Kläger nur mehr für unter drei Stunden pro Tag leistungsfähig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG, des LSG (S 9 R 174/08, S 12 R 116/06, L 11 R 151/07) und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Die Berufung ist jedoch unbegründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der die Gewährung einer Rente wegen voller und wegen teilweiser Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 4. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Antrag des Klägers bei der Beklagten war nicht als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu verstehen, da der Kläger in seinem Antrag nichts mitgeteilt hat, was darauf schließen ließe, dass er die früheren Entscheidungen der Beklagten für falsch hielt.
Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung richtet sich nach § 43 SGB VI. Voraussetzung einer solchen Rente ist u.a., dass der jeweilige Versicherte voll erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) bzw. teilweise erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz. 2 SGB VI) ist. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat ist auf Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert ist. Er ist noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes Tätigkeiten in seinem Beruf, wie auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, - wenn auch mit qualitativen Leistungseinschränkungen (dazu siehe unten) - mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig ausüben zu können.
Das SG hat in dem Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 (S 12 R 116/06) zutreffend festgestellt, dass beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung, Agoraphobie, ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung, Ohrgeräusch und Hörminderung, Skoliose der Wirbelsäule links konvex, Protrusion L5/S1, Lumbago und Beinverkürzung rechts um 0,5 cm besteht. Aufgrund dieser Erkrankungen sind dem Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten zumutbar, wobei häufige Rotationen der Lendenwirbelsäule, Bücken und Heben von Lasten über 15 kg zu meiden sind. Bei längerem Stehen soll der Kläger eine Lumbalorthese tragen. Zu vermeiden sind Belastungen durch äußere klimatische Bedingungen (Feuchte, Nässe, Kälte), Lärmbelastung, erhöhter Zeitdruck (Akkordarbeit) und unphysiologische Stressbelastung (Nachtschicht). Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an selbständige Problemlösungen stellen, sind dem Kläger nicht mehr zumutbar. Auch Arbeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte, mit direktem Publikumskontakt oder mit besonders fordernden sozialen Interaktionen kann der Kläger nicht mehr verrichten. Dagegen kann der Kläger unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen noch täglich mindestens sechs Stunden berufstätig sein. Grundlage dieser Entscheidung waren neben dem orthopädischen Gutachten (Dr. Sp.-F.) die Auskünfte der behandelnden Ärzte sowie die nervenfachärztlichen Gutachten des Dr. B. (Verwaltungsverfahren) und des Dr. Sch. (SG-Verfahren) die übereinstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt hatten. Weder auf orthopädischem Fachgebiet, noch auf nervenärztlichen Fachgebiet haben sich zwischenzeitlich erhebliche Veränderungen ergeben.
Der behandelnde Orthopäde Dr. St. beschrieb beim Kläger in seiner gutachterlichen fachorthopädischen Stellungnahme zur Vorlage bei der Deutschen Rentenversicherung vom 14. August 2007 auf orthopädischen Fachgebiet eine Fehlstatik der Lendenwirbelsäule bei linkskonvexer Skoliose, eine Spondylarthrose L5/S1 sowie eine Bandscheibenvorwölbung L5/S1. Er hielt den Kläger als Lagerarbeiter für nicht mehr leistungsfähig, teilte jedoch mit, dass auf orthopädischem Fachgebiet nur noch leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus vorstellbar seien, wobei er das Leistungsvermögen mit drei bis sechs Stunden einschätzte. Gegenüber dem SG, als sachverständiger Zeuge befragt, teilte Dr. St. mit, dass die Tätigkeit als Lagerarbeiter nicht mehr zumutbar sei. Leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus seien auf orthopädischem Fachgebiet drei bis sechs Stunden zumutbar. Es sollten jedoch weiterhin keine Akkordtätigkeiten oder Arbeiten mit häufiger Rotation der Lendenwirbelsäule oder mit häufigem Bücken oder Heben sowie kein Tragen von Lasten von über 15 kg ausgeübt werden. Belastungen durch äußere negative klimatische Bedingungen wie Feuchtigkeit, Nässe etc. schloss Dr. St. aus. Bei häufiger stehender Tätigkeit sei eine Lumbalorthese zu tragen. Dr. St. hat des Weiteren mitgeteilt, dass das subjektive Schmerzempfinden ausgeprägter sei, als es durch die orthopädischen Befunde allein zu erklären wäre. Gegenüber 2006 und 2007 verneinte er Änderungen, hat jedoch auf eine erhebliche Verschlechterung der Prognose durch die zugrundeliegende Depression hingewiesen. Verglichen mit dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. Sp.-F. kann Dr. St. keine Verschlechterung der Situation beschreiben. Angesichts vergleichbarer Befunde und der Verneinung von Befundänderungen auf orthopädischem Fachgebiet seitens Dr. St. konnte sich der Senat im Anschluss an das Gutachten von Dr. Sp. F. unter orthopädischen Gesichtspunkten von einer zumindest für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehenden mindestens sechsstündigen Leistungsfähigkeit des Klägers überzeugen. Insoweit konnte auch der im Berufungsverfahren beauftragte Gutachter Seifert ein unauffälliges Gangbild ohne motorische Defizite bzw. Störungen der Koordination beschreiben. Die Wirbelsäule war bei seiner Untersuchung in allen Abschnitten hinreichend frei beweglich, wobei eine leichtgradige Zwangshaltung der Lendenwirbelsäule bestand. Über der gesamten Wirbelsäule hat der Kläger jedoch Klopfschmerzempfindlichkeit angegeben.
Dies wird auch durch die Auskunft von Dr. K. gegenüber dem SG bestätigt. Dieser hat gegenüber dem SG mitgeteilt, dass der Kläger wegen schlechter Laborwerte (evtl. ernährungsbedingt) im Fettstoffwechselbereich (Cholesterin und Triglyceride) einen Lipidsenker verordnet bekommen habe. Der Kläger habe im März 2008 über einen tiefsitzenden Schmerz ohne Ausstrahlung im Bereich der LWS geklagt, der sich nach Gabe von Schmerzmittel (Lyrica) und Antidepressivum (Mirtazepin 30mg) deutlich verbessert habe. Dr. K. hat keine Verschlechterung mitgeteilt. Im Gegenteil konnte er berichten, dass wegen der Rückenschmerzen eine Infiltrationsbehandlung erfolgreich durchgeführt werden konnte.
Auch unter dem Gesichtspunkt des beidseitigen Tinnitus ergibt sich eine Erwerbsminderung nicht. Die HNO-Ärztin Dr. A.-W. hat gegenüber dem SG über eine geklagte Zunahme der Lautstärke des bekannten Tinnitus berichtet. Auch wenn der Tinnitus rechts lauter festzustellen gewesen sei als in 2006, hat sie jedoch eine Veränderung und Befundverschlechterung gegenüber 2006 verneint. Mittlerweile ist der Kläger mit einem Tinnitusgerät ausreichend versorgt. Die bloße Behauptung in der mündlichen Verhandlung, der Tinnitus sei nunmehr im Mittelpunkt der Beschwerden, kann soweit nicht nachvollzogen werden. Herr S. beschrieb diesbezüglich keine gravierenden Einschränkungen.
Das Gutachten des Herrn S. überzeugt nicht. Gegenüber den Vorgutachten (Dr. Sch. und Dr. B.) hat er keine abweichenden Befunde erhoben; insbesondere ist eine schwere Depression ebenso nicht festgestellt worden. Die in erster Linie beeinträchtigenden depressiven Verstimmungen vermögen das zeitliche Leistungsvermögen nicht einzuschränken. Herr S. beschreibt in psychischer Hinsicht, dass die affektive Kontaktaufnahme ohne Schwierigkeiten gelinge und die Kooperation während der ganzen Untersuchung durchgängig gut gewesen sei. Die Psychomotorik erscheine nicht spezifisch auffällig und immer themenadäquat. Die verbale Darstellung von Beschwerden und Vorgeschichte sei hinreichend sachlich und entspreche wohl der subjektiven Sicht- und Erlebnisweise. Die Grundstimmung sei zumindest subdepressiv verstimmt und zeige eine subdepressiv gedrückte Stimmungslage. Affektive Ansprechbarkeit und Schwingungsfähigkeit seien etwas zum negativen Pol hin verändert. Der Kläger wirke in der Untersuchungssituation nicht außergewöhnlich ängstlich, was der Gutachter jedoch auf die Anwesenheit der Lebensgefährtin zurück führt. Vom Kläger wie auch seiner Lebensgefährtin würden glaubhaft erhebliche Defizite in der Bewältigung des alltäglichen Lebens beschrieben, wobei es tageweise zu unterschiedlicher Ausprägung komme. Als solche Defizite beschreibt der Gutachter aufgrund der Angaben des Klägers und dessen Lebenspartnerin Tage, an denen der Kläger auf der Couch oder Terrasse sitze und grübele. Wie der Kläger so vollschichtig leistungsfähig sein solle, erschließe sich ihm, dem Gutachter, nicht; auch der nur "eingebildete Kranke" sei krank, fühle sich krank und sei in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Die Chronifizierung der Depression sei so weit fortgeschritten, dass der Kläger auch unter wechselnder Medikation nicht wirklich leistungsfähig sei. Neben der Depression bestehe ein stark vermindertes Selbstwertgefühl mit Angst vor sozialen Kontakten. Zusammenfassend teilt der Gutachter als Gesundheitsstörungen ein depressives Syndrom mit Chronifizierung trotz medikamentöser Behandlung, eine nichtorganische Schlafstörung, eine Persönlichkeitsstörung, ein chronifiziertes Schmerzssyndrom mit im Vordergrund stehenden Wirbelsäulenbeschwerden, Tinnitus beidseits sowie Hypertriglyceridämie und Hypothyreose mit. Es bestehe die Unfähigkeit, sich über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden zu konzentrieren. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, täglich mehr als sechs Stunden auch nur leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung zu einer Verschlechterung der Prognose der Grunderkrankung (depressives Syndrom) führe. Angesichts der langjährigen Erkrankung halte er den Kläger "nur mehr für unter drei Stunden pro Tag leistungsfähig".
Das Gutachten beschreibt die bereits vom SG bei den behandelnden Ärzten erhobenen Erkrankungen und Befunde, lässt aber eine konkrete Darstellung der Beschwerden des Klägers und deren Auswirkungen auf den Alltag vermissen. Der psychische Befund weicht dabei kaum von der altersentsprechenden Norm ab, worauf die Beklagte zutreffend hinweist. Der Gutachter selbst schließt ernsthafte neurologische Erkrankungen aus. Auch im Hinblick auf den psychischen Zustand beschreibt er den Kläger als lediglich subdepressiv. Dies bedeutet einen depressiven Zustand, der nicht das Ausmaß einer Depression erfüllt, bei dem ein Mensch depressiv-verstimmt wirkt. Warum er dann als Gesundheitsstörung ein depressives Syndrom mitteilt, erschließt sich aus dem Gutachten nicht. Insoweit ist schon die Diagnose eines depressiven Syndroms nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die Kombination des depressiven Syndroms mit einer Persönlichkeitsstörung, als der Gutachter mitteilt, die affektive Kontaktaufnahme gelinge ohne Schwierigkeiten und die Kooperation während der ganzen Untersuchung sei durchgängig gut gewesen. Die Psychomotorik war nicht spezifisch auffällig, dagegen sei die affektive Ansprechbarkeit und Schwingungsfähigkeit etwas zum negativen Pol hin verändert. Weder daraus noch aus der Behandlung kann eine schwere Depression oder eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in einem solchen Ausmaß abgeleitet werden, dass Erwerbsminderung vorliegt; weder der Gutachter noch ein anderer Arzt haben eine konsequente antidepressive Behandlung mit verschiedenen hochdosierten Mitteln mitgeteilt; zuletzt wird - so der Gutachter - lediglich Opipramol 100, das zur Arzneistoffgruppe der trizyklischen Antidepressiva zählt, zur Nacht eingenommen.
Angesichts der Beschreibung des Klägers durch den Gutachter, den Auskünften der behandelnden Ärzte, aus denen sich ergibt, dass gegenüber dem im Jahr 2006 bestehenden Zustand keine Verschlechterung eingetreten ist, den aus dem Verfahren S 12 R 116/06 beigezogenen Unterlagen und den sich aus der Verwaltungsakte der Beklagten ergebenden medizinischen Unterlagen - insbesondere auch dem Gutachten von Dr. Sp.-F. - ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dabei sind die bereits vom SG im Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2006 (S 12 R 116/06) benannten qualitativen Leistungseinschränkungen (siehe oben) zu beachten.
Hieraus ergeben sich weder schwere spezifische Leistungseinschränkungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 1999 - B 13 RJ 71/97 R) dar. Auch Einschränkungen der Wegefähigkeit konnte der Senat nicht feststellen.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - wenn auch unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen - verrichten kann. Mit diesem Leistungsvermögen ist er im Sinne des § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert.
Da der Kläger zwar vor dem 2. Januar 1961 geboren ist, jedoch als ungelernter Lagerarbeiter, LKW-Fahrer und Staplerfahrer - unter Berücksichtigung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen - auf alle ungelernten leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist, bedarf es der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten nicht, sodass auch die Voraussetzungen der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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