S 6 AY 68/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 AY 68/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Klägern zu 1) bis 6) für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 Leistungen gem. § 2 AsylbLG in gesetzlicher Höhe unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen gem. § 3 AsylbLG zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt die Beklagte zu 3/4. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung sog. priviligierter Leistungen gemäß § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) anstelle ursprünglich gewährter Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zugunsten der Kläger im Streit. Zwischen den Beteiligten ist dabei insbesondere streitig, ob die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Überprüfungsantrag gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) der Leistungsempfänger bei der ursprünglichen Bewilligungsbehörde oder bei der Behörde, die zwischenzeitlich zuständig geworden ist, liegt.

Die Kläger sind irakische Staatsangehörige. Sie reisten im Dezember 1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten die Anerkennung als Asylberechtigte. Sie erhielten seitdem von der Beklagten Leistungen gem. § 3 AsylbLG. Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus November 2007 wurden die Kläger rechtskräftig als Asylberechtigte anerkannt und verzogen daraufhin nach C, somit in den Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1).

Mit Schreiben vom 08.06.2009 beantragten sie im Wege des Zugunstenverfahrens gem. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Aufhebung der Bewilligungsbescheide der Beklagten ab Januar 2005 und die Gewährung von Leistungen gem. § 2 AsylbLG für die Vergangenheit.

Mit Bescheid vom 16.06.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen gem. § 2 AsylbLG ab und begründete dies damit, dass der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von den Klägern rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden sei, da gefälschte Identitätspapiere vorgelegt worden seien. Die Beklagte verwies diesbezüglich insbesondere auf ein Schreiben der Ausländerbehörde Altenkirchen vom 05.09.2006, wonach das Verwaltungsgericht Koblenz im Urteil vom 24.11.1999 festgestellt habe, dass es sich bei den von den Klägern im Asylverfahren vorgelegten irakischen Dokumenten um Fälschungen handele. Mit Schreiben vom 21.09.2001 habe die irakische Botschaft mitgeteilt, dass sie bereit sei, unter bestimmten Bedingungen Heimreisepapiere für die Familie auszustellen. Da die Bedingungen für die Ausreise, unter anderem eine amtliche Begleitung in den Irak jedoch seinerzeit nicht erfüllt werden konnten, seien keine Heimreisepapiere abgerufen worden. Da die Familie gefälschte Identitätspapiere vorgelegt habe und zudem ein erfolgloses Wiederaufgreifensverfahren durchgeführt habe, habe sie ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich beeinflusst.

Gegen diese ablehnende Entscheidung wandten sich die Kläger mit dem Widerspruch vom 29.06.2009, zu dessen Begründung sie ausführten, sie hätten ihren Aufenthalt nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Die vorgelegten Papiere seien nicht gefälscht gewesen. Im Irak herrsche ein unsicheres Urkundswesen und während der zahlreichen Kriege in den letzten 15 Jahren wären gerade in der Autonomieregion Kurdistan von verschiedenen staatlichen und halbstaatlichen Stellen Papiere herausgegeben worden, die von der Zentralregierung als Fälschungen deklariert worden seien. Dies könne jedoch ohnehin dahinstehen, da es jedenfalls nicht kausal den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. In den letzten 10 Jahren sei kein irakischer Staatsangehöriger aus der Bundesrepublik Deutschland in den Irak abgeschoben worden. Dass eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer nicht vorliege, zeige sich zudem daran, dass sie schlussendlich rechtskräftig als Asylberechtigte anerkannt worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beigeladene zu 2) als Widerspruchsbehörde in ihrer Entscheidung aus, unabhängig von der Frage rechtsmissbräuchlichen Verhaltens sei die Beklagte jedenfalls nicht die örtlich und sachlich zuständige Behörde zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 44 SGB X für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007. Gemäß § 44 Abs. 3 SGB X entscheide über die Rücknahme und Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes die zuständige Behörde. Dies gelte auch dann, wenn der zurückzu- nehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden sei. Für die Überprüfung und Rücknahme nach § 44 SGB X sei bei einem unanfechtbaren Verwaltungsakt die Behörde zuständig, die zur Zeit der Überprüfung sachlich und örtlich zuständig für die Entscheidung über den zugrundeliegenden Verwaltungsakt sei. Zuständigkeitswechsel nach Unanfechtbarkeit sollten berücksichtigt werden. Denn das Rücknahmeverfahren stelle gegenüber dem Bewilligungsverfahren ein eigenständiges Verwaltungsverfahren dar, für das sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach den im Zeitpunkt des Erlasses des Rücknahmebescheides maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen richte. Danach sei zuständige Behörde vorliegend gemäß § 10 a AsylbLG jedenfalls nicht der Widerspruchsgegner.

Hiergegen wandten sich die Kläger mit der am 19.11.2009 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage, zu deren Begründung sie ausführten, für die Entscheidung gemäß § 44 SGB X sei die Beklagte zuständig. Zuständige Behörde sei nicht die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Leistungsempfänger sich heute aufhalten würden, sondern die, in deren Zuständigkeitsbereich die Leistungsempfänger sich im Zeitpunkt der Leistungsgewährung aufgehalten hätten. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, dass gemäß § 10 a AsylbLG die Behörde zuständig sei, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte aufhalte, führe dies im vorliegenden Fall zu keinem anderem Ergebnis, zumal die Kläger keine Leistungen nach dem AsylbLG mehr beziehen würden, sondern seit ihrer Anerkennung als Asylberechtigte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). § 10 a AsylbLG bestimme eindeutig, dass für Leistungen nach dem AsylbLG die Behörde örtlich zuständig sei, in deren Bereich der Leistungsberechtigte von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden sei.

Bezüglich des Vorwurfs des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens wiederholen die Kläger ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich,

den Bescheid der Beklagten vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beigeladenen zu 2) vom 06.11.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen unter Aufhebung der Bescheide für den Zeitraum vom 01.01.2005 an gemäß § 44 SGB X Leistungen gemäß § 2 AsylbLG analog SGB XII für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich und sinngemäß,

die Klage - soweit sie auf eine Verpflichtung der Beklagten gerichtet ist - abzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt schriftsätzlich,

die Klage - soweit diese sich gegen die Beigeladene zu 1) richtet - abzuweisen.

Die Beigeladene zu 2) stellt keinen eigenen Antrag.

Sie verweist jedoch darauf, dass sie an ihrer im Widerspruchsbescheid geäußerten Rechtsauffassung festhält. Sie verweist diesbezüglich ergänzend auf eine Entscheidung des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg, (Urteil vom 15.05.2002, Aktenzeichen L 2 RJ 4080/98), auf einen Beschluss des VG Arnsbach vom 25.10.2004 (Aktenzeichen AN 4 S 04.01591) sowie auf die ihre Auffassung stützenden Literaturmeinungen, so beispielsweise Hauffe, Kommentar zumSGB X, § 44 Randziffer 30 sowie Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, § 44 Rdnr. 2. Ergänzend verweist sie noch auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 09.06.1999, (Aktenzeichen B 6 KA 70/98 R). Sie führt aus, die örtlich Zuständigkeit sei deckungsgleich mit der Zuständigkeit nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Dies ergebe sich aus dem Gesetz und den Verwaltungsvorschriften und sei nicht zuletzt auch praktisch sinnvoll, da die Ausländerakten zur Entscheidung nach dem AsylbLG herangezogen werden müssten.

Die Beigeladene zu 2) verweist zudem darauf, dass der Kreisrechtsausschuss den Widerspruchsbescheid grundsätzlich im Klageverfahren nicht mehr aufheben könne, da das Widerspruchsverfahren mit Zustellung des Widerspruchsbescheides abgeschlossen sei. Klagegegenstand sei nach § 95 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der ursprüngliche Verwaltungsakt. Ein durch den Widerspruchsbescheid abgeänderter Verwaltungsakt gelte weiterhin als Verwaltungsakt der Ausgangsbehörde. Dies gelte selbst dann, wenn der Widerspruchsbescheid erstmals zusätzliche Regelungsgegenstände aufweist (BSG, SGB 1969 S. 497 f. Jansen in Hauff, Kommentar zum SGG, § 95 Rdnr. 4).

Ergänzend weist die Beigeladene zu 2) darauf hin, dass die Klage jedenfalls unbegründet sei, weil der Anspruch der Kläger daran scheitere, dass nicht ersichtlich oder dargelegt sei, welcher zu deckende Bedarf im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gedeckt worden sei, weil keine Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG gewährt worden seien. Der Bedarf an Unterkunft und Heizung sei ausweislich der Akten ebenso gedeckt wie durch Auszahlung des Regelbedarfes der Bedarf an Ernährung, Bekleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Haus- und Gebrauchsgütern des Haushaltes und der Barbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ansprüche auf Leistungen der Sozialhilfe würden eine Bedarfslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Kreisrechtsausschusses (bzw. des Gerichts) voraussetzen und seien grundsätzlich nicht für vergangene Zeiträume zu gewähren. An diesem von der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte entwickelten Strukturprinzip, welches auch den Leistungsregelungen des AsylbLG zugrunde liege, da auch nach diesen Regelungen nur ein aktuell bestehender Bedarf zu decken sei, werde auch unter Geltung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und im Rahmen des AsylbLG festgehalten. So weise das BSG darauf hin, dass bei der Prüfung eines Leistungsanspruchs nach § 2 AslybLG zu beachten sei, dass nicht mehr bestehende Bedarfe nicht mehr mehr gedeckt werden könnten (sog. Aktualitätsprinzip, BSG vom 17.06.2008, B 6 AY 9/07 R). Es sei nicht Aufgabe der Sozialhilfe und auch nicht der Leistungsgewährung nach dem AsylbLG, nachträglich Leistungen zu erbringen, wenn der Bedarf weggefallen sei (so ausdrücklich: BSG vom 11.12.2007 B 8/9 b SO 12/06 R). Voraussetzung für eine Leistung für die Vergangenheit sei, dass noch ein andauernder Bedarf oder ein Ersatzanspruch für Kosten, die durch eine "Selbstbeschaffung" entstanden sei, bestünde. Dieses sei nicht ersichtlich oder dargelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem Aktenzeichen sowie auf die am gleichen Tag verhandelten Parallelverfahren mit den Gerichtsaktenzeichen des SG Detmold S 6 AY 69/09 und S 6 AY 70/09 sowie der beigezogenen Widerspruchsvorgänge der Beklagten und der ebenfalls beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beigeladenen zu 2) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und im tenoriertem Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet.

Dabei konnte das Gericht auch in Abwesenheit sämtlicher Beteiligter entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und vom Termin benachrichtigt worden waren. Die Beteiligten sind zudem mit der Ladung darauf hin gewiesen worden, dass im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entscheiden werden kann, § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG. Die Beteiligten hatten zudem vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung schriftsätzlich bzw. telefonisch selbst darauf hingewiesen, dass ihrerseits von einer Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Streitgegenständlich in diesem Verfahren ist - dem Schriftsatz vom 23.06.2010 folgend - die nachträgliche Gewährung höherwertiger Leistungen gem. § 2 AsylbLG analog SGB XII für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007. Die Beschränkung des Klageantrages durch die Klägerseite beruhte dabei auf folgenden Erwägungen: Der urspünglichen Klageschrift zufolge war die Gewährung von Leistungen gemäß § 2 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XII für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2007 beantragt worden. Laut Mitteilung der Verbandsgemeinde Betzdorf vom 16.03.2007 war die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG seinerzeit infolge der Aufnahme einer Beschäftigung zum 31.03.2007 eingestellt worden. Offensichtlich auf diesen Angaben beruhend wurde mit dem hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 06.11.2009 lediglich eine Entscheidung im Zugunstenverfahren für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 getroffen. Da dem Inhalt der Klageschrift zufolge der Bescheid vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 Streitgegenstand sein sollte (vgl. § 92 SGG) und insoweit lediglich für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 bereits ein Vorverfahren durchgeführt worden war, hat der Prozessbevollmächtigte im Laufe des Klageverfahrens in zulässiger Weise den Klageantrag auf den zuvor genannten Zeitraum beschränkt, vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Es bleibt den Klägern unbenommen für den Zeitraum vom 01.40.2007 bis zum 30.11.2007 die von ihnen auch hier verfolgten Leistungen in einem weiteren Verfahren geltend zu machen, wobei sinnvollerweise zuvor abgeklärt werden sollte, ob für diesen Zeitraum überhaupt noch vom Vorliegen eines entsprechenden Antrages bei der Beklagten ausgegangen werden kann und ob in Anbetracht des zwischenzeitlich erzielten Einkommens der Höhe nach überhaupt ein Anspruch gem. § 2 AsylbLG bestehen würde.

Bei der Beklagten handelt es sich zudem um die für die Entscheidung über den Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X zuständige Behörde. Dabei entscheidet gemäß §44 Abs. 3 SGB X über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzu- nehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Gemäß § 10 a AslybLG ist für die Leistungen nach diesem Gesetz (= AsylbLG) örtlich zuständig die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist. Im Übrigen ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält, § 10 a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung von der zuständigen Behörde außerhalb ihres Bereichs sicher gestellt wird, § 10 a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG. Gemäß § 10 AsylbLG bestimmen die Landesregierungen oder die von ihnen beauftragten obersten Landesbehörden die für die Durchführung dieses Gesetzes (somit des Asylbewerberleistungsgesetzes) zuständigen Behörden und Kostenträger und können näheres zum Verfahren festlegen, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Die bestimmten zuständigen Behörden und Kostenträger können aufgrund näherer Bestimmung gemäß Satz 1 Aufgaben und Kostenträgerschaft auf andere Behörden übertragen, § 10 Satz 2 AsylbLG.

Dabei scheint der Wortlaut des § 44 Abs. 3 SGB X zunächst nahe zu legen, dass die hiesige Beklagte für die Entscheidung über den Antrag gem. § 44 SGB X nicht mehr zuständig ist. Nach der Norm entscheidet über die Rücknahme nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde. Dabei bewirkt ein im Zugunstenverfahren gestellter Antrag gemäß § 44 SGB X grundsätzlich nicht, dass der mit dem Ausgangsbescheid abgelehnte "Anspruch" dort "noch anhängig" geblieben ist. Die Möglichkeit der Rücknahme eines Bescheides nach § 44 SGB X ändert nichts an der Bestandskraft des zu überprüfenden Bescheides. Allerdings wird dann, wenn es zur Rücknahme kommt, faktisch die Bestandskraft durchbrochen (vgl. Landessozialgericht Berlin Brandenburg, Urteil vom 08.10.2009 L 15 SO 267/08 Rdnr. 40). Dem folgend kann die von der Beigeladenen zu 2) geäußerte Auffassung, es handele sich bei dem Rücknahmeverfahren um ein gegenüber dem Bewilligungsverfahren eigenständiges Verwaltungsverfahren, nicht uneingeschränkt geteilt werden. Denn diese Rechtsauffassung verkennt, dass mit der Entscheidung darüber, dass die Bestandskraft des ursprünglich erlassenen Verwaltungsaktes aufgehoben wird, die Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes revidiert wird und mit dieser Entscheidung zugleich auch die Entscheidungsbefugnis der ursprünglich zuständigen Behörde wieder aufleben kann. Allein diese Schlussfolgerung wird zudem dem Grundgedanken, dass die Rücknahmeentscheidungen der §§ 44 ff. SGB X einen actus contrarius der ursprünglich erlassenen Verwaltungsakte darstellen, gerecht. Soweit die Beigeladene zu 2) darauf hingewiesen hat, dass der Sinn des § 44 Abs. 3 SGB X insbesondere darin liegt, dass Zuständigkeitswechsel nach Unanfechtbarkeit berücksicht werden sollen, verfängt auch dieses Argument im konkreten Fall nicht. Hintergrund der Berücksichtigung von Zuständigkeitswechseln ist der Gedanke der Verwaltungspraktikabilität. Die Behörde, die aktuell mit den Leistungsvoraussetzungen der Berechtigten vertraut ist, soll ggf. auch die Befugnis haben unter Zugrundelegung zwischenzeitlich evtl. aktuell gewonnener Erkenntnisse den Sachverhalt und die Leistungsgewährung für die Vergangenheit mit zu regeln. Dieser durchaus sinnvolle Grundgedanke scheint auf den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts jedoch nur eingeschränkt übertragbar zu sein. Insbesondere im vorliegenden Fall verhält es sich so, dass infolge einer Änderung des Aufenthaltstatus der Leistungsberechtigten zwischenzeitlich neben einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zugleich auch ein Wechsel der sachlichen Zuständigkeit stattgefunden hat. Denn zeitgleich mit der Anerkennung als Asylberechtigte sind die Kläger in den Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1) verzogen. Da sich exakt in diesem Moment auch ihr Aufenthaltstatus geändert hat, war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr die für die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG zuständige Behörde, sondern die für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zuständige Behörde für sie örtlich und sachlich zuständig. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass der Beigeladenen zu 1) bislang weder Antragsunterlagen noch sonstige Erkenntnisse über einen etwaigen Aufenthaltstatus der Kläger, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, insbesondere für den hier streitgegenständlichen Zeitraum, Erkenntnisse über etwaige Bezugszeiten und weitere, für die Entscheidung über die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG notwendige Erkenntnisse vorgelegen haben. Vor diesem Hintergrund spricht auch der Aspekt der Verwaltungspraktikabilität dafür, dass die ursprünglich zuständige Behörde über den Antrag gemäß § 44 SGB X zu befinden hat. Soweit die Beigeladene zu 2) darauf hingewiesen hat, die örtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG sei deckungsgleich mit der nach dem Aufenthaltgesetz (AufenthG), kann dem gerichtlicherseit ebenfalls nicht gefolgt werden. Dem Gesetzeswortlauf läßt sich dies nicht entnehmen. Soweit die Beigeladene zu 2) insoweit auf die Verwaltungsvorschriften zu § 71 AufenthG Bezug nimmt, handelt es sich hierbei um bloße der Selbstbindung der Verwaltung dienende Auslegungsvorschriften, die die Judikative nicht binden. Soweit die Beigeladende zu 2) darüber hinaus darauf hinweist, es sei auch praktisch sinnvoll, einen Gleichklang zwischen der örtlichen Zuständigkeit der Behörden für die Entscheidungen nach dem AufenthG und der für die Entscheidung nach dem AsylblG zuständigen Behörde herbeizuführen, kann dem ebenfalls nicht ohne weiteres gefolgt werden. Dabei sind für die Entscheidung nach dem AsylbLG in der Regel auf Verwaltungsebene die kreisangehörigen Gemeinden zuständig, während die ausländerrechtliche Entscheidungen häufig abschließend bei den Kreisen und kreisfreien Städten getroffen wird. In der Regel bedeutet dies, dass die Ausländerakten ohnehin nicht bei der entscheidenen Gebietskörperschaft geführt werden, sondern von außerhalb beigezogen werden müssen. Regelmäßig werden auch seitens der Sozialgerichte zur Sachaufklärung für die Entscheidung über die Gewährung von Leistungen nach dem AsylblG die Ausländerakten beigezogen. Häufig ist es zudem erforderlich, für eine abschließende Beurteilung des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Antragsteller ohnehin weitere Akten, beispielsweise Akten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder Akten der Verwaltungsgerichte beizuziehen. Ein gewisser organisatorischer Aufwand ist in diesem Bereich daher von vornherein unvermeidbar und zwar unabhängig davon, ob die ursprünglich zuständige Behörde oder eine ggf. zwischenzeitlich zuständige gewordene Behörde für die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG die Entscheidung trifft. Anders verhält es sich hingegen mit den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen, die ebenfalls im Wege der Amtsermittlung gem. § 20 SGB X aufzuklären sind. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Vorbezugszeiten sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Leistungsberechtigten. Diese sind regelmäßig anhand der Leistungsakten nachzuvollziehen. Im Gegensatz zu den Ausländerakten werden die Leistungsakten der Sozialämter jedoch regelmäßig bei einem Umzug nicht dauerhaft der nach dem Umzug zuständigen Behörde übergeben. Das Argument der Verwaltungspraktikabilität spricht daher auch vor diesem Hintergrund für die Zuständigkeit der zunächst angegangenen Behörde. Zudem sprechen weitere systematische Erwägungen für das zuvor gefundenen Ergebnis: So findet sich die Norm des § 44 SGB X im Zweiten Titel des SGB X "Bestandskraft des Verwaltungsaktes". Auch die §§ 45, 48 SGB X sehen die Möglichkeit vor, bestandskräftige Verwaltungsakte unter bestimmten Voraussetzungen aufzuheben. Den gesamten Aufhebungsvorschriften ist es dabei inhärent, dass die Prüfung unter Durchbrechung der Bestandskraft anhand im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen, somit auch der entsprechenden Zuständigkeitsvorschriften stattfindet. Jeder andere Interpretation könnte nachträglich zudem Kompetenzkonflikte der Behörden untereinander herbeiführen. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber in den §§ 102 ff. SGB X keine Erstattungsmöglichkeit der Leistungsträger für diesen Fall vorgesehen hat, spricht für eine Entscheidungskompetenz der ursprünglich zuständigen Behörde. Insoweit verfängt auch der Hinweis der Beigelandenen zu 2) auf die Kommentarliteratur bezüglich der Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag gem. § 44 SGB X ebenso wenig wie der Hinweis auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und das Urteil des Bundessozialgerichtes 11. Senat vom 22.03.1984 Az.: 11 RA 22/83. Soweit die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung in Bezug genommen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung die Vorschrift des § 44 SGB X entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut auf Entscheidungen über die Gewährungen von Leistungen nach den AsylbLG gar nicht angewandt wurde. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass das Urteil des BSG vom 22.03.1984 Az.: 11 RA 22/83 der zuvor getroffenen Entscheidung entgegen stehen würde. In dem Urteil wird darauf hin- gewiesen, dass im Fall der sog. Wanderversicherung (d.h. für den Fall, dass an unterschiedliche Träger des gleichen Versicherungszweiges Beiträge entrichtet wurden) die Behörde, die einen Bescheid erlassen hat, auch für dessen Aufhebung zuständig ist. In der Entscheidung wurde davon ausgegangen, dass es für einen Zuständigkeitswechsel zur dortigen Beklagten an einer Rechtsgrundlage fehlt. Soweit § 44 Abs. 3 SGB X zwischenzeitlich die Regelung des vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes (vgl. die dem § 44 Abs. 3 SGB X entsprechende Regelung des § 48 Abs. 5 VwVfG) und des SGB X allgemein anerkannten Rechtsgrundsatzes einschränken sollte, wonach die Zuständigkeit für die Beseitigung (Aufhebung, Rücknahme, Widerruf) eines Verwaltungsaktes vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung bei der Behörde lag, die den Verwaltungsakt erlassen hatte, um dessen Rücknahme es geht (vgl. hierzu OVG Münster Urteil vom 22.01.1998 - Az.: 8 A 940/96 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter 1998, S. 356, 357; Urteil des BSG vom 09.06.1999 Az.: B 6 KA 70/98 R) ergibt sich hieraus - speziell für den Bereich des Asylbewerberleistungsgesetz - nichts Gegenteiliges. Grundgedanke dieser Regelung sollte sein, dass die Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, für seine Beseitigung nach geltendem Recht nicht mehr zuständig sein soll, wenn sie entweder zu keinem Zeitpunkt zuständig war oder ihre Zuständigkeit nach Erlass des Verwaltungsaktes, um dessen Beseitigung es geht, entfallen ist. Damit sollte verhindert werden, dass eine andere Behörde über die Beseitigung eines Verwaltungsaktes zu entscheiden hat als diejenige, die nunmehr zuständig ist, den maßgeblichen Sachverhalt zu regeln. Dieser Rechtsgedanke findet im Rahmen der § 95 Abs. 6 SGB V speziell geregelten Tatbestände der Entziehung der Zulassung und des Widerrufs der Ermächtigung entsprechende Anwendung (vgl. BSG Urteil vom 09.06.1999 Az.: B 6 KA 70/98 R). Die zuvor genannten Entscheidungen beziehen sich daher offensichtlich auf Regelungsgegenstände, die auch über einen längeren Zeitraum andauern können. So werden beispielsweise im Rahmen des Rentenversicherungsrechtes nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der Regel Dauerverwaltungsakte erlassen. Sofern in diesem Bereich beispielsweise Vormerkungsbescheide für rentenrechtliche Zeiten ergangen sind, erscheint es durchaus sinnvoll bei etwaigen Zuständigkeitswechsel dem dann zuständigen Träger die Möglichkeit zu geben, im Rahmen einer Bewilligungsentscheidung über laufende Rentenleistungen eine von einer andere Behörde zuvor getroffene Entscheidung über die Vormerkung von Beitragszeiten oder ähnlichem zu revidieren, da sie noch Auswirkungen auf die von ihm zu gewährenden Leistungen hat. Dieses Erfordernis der ganzheitlichen Betrachtung insbesondere im Bereich von Dauerschuldverhältnissen ist auf den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts nicht übertragbar. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind - den im § 1 AsylbLG genannten Aufenthaltsstatuten der Leistungsberechtigten entsprechend - von vorn herein nicht auf Dauer angelegt. Dementsprechend wurden in der Vergangenheit Entscheidungen über die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG häufig auch nicht als Dauerverwaltungsakte, sondern als Einmalverwaltungsakte, die auf den Zeitraum von einem Monat beschränkt waren, erlassen. Soweit in der zuvor genannten Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 09.06.1999 darauf hingewiesen wurde, dass durch die Regelung des § 44 Abs. 3 SGB X verhindert werden soll, dass eine andere Behörde über die Beseitigung eines Verwaltungsaktes zu entscheiden hat als diejenige, die nunmehr zuständig ist, den maßgeblichen Sachverhalt zu regeln, klingen in dieser Argumentation auch die zuvor von der Kammer angeführten Kompetenzkonflikte an. Diese treten im Bereich des Asylberwerberleistungsrechts zudem verschärft auf. Denn die Erstattungsvorschriften der §§ 102 ff. SGB X sehen keine Möglichkeit der zwischenzeitlich ggf. zuständig gewordenen Behörde vor, einen etwa nachzuzahlenden Betrag von der ursprünglich zuständigen Behörde erstattet zu verlangen. Entgegen dem auch im Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22.03.1984 (Az.: 11 RA 22/83) angesprochenen Grundgedanken, dass die zur Gewährung von Leistungen verpflichtete Behörde über das streitgegenständliche Leistungsbegehren dispositionsbefugt sein soll, kann nur Rechnung getragen werden, wenn vorliegend die ursprünglich zuständige Behörde die für die Vergangenheit möglicherweise rechtswidrig getroffene Entscheidung korrigieren muss. Denn in der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 22.03.1984 (dort Rdnr. 11) war differenziert worden zwischen den Fällen der Wanderversicherung nach § 1311 RVO und nach § 90 AVG und anderen Fällen. Allein der Umstand, dass es sich bei der dort streitgegenständlichen Aufhebung der Beitragserstattung nicht um eine zu zahlende Leistung im Sinne der §§ 1311 RVO, 90 AVG handelte, war dort Rechtfertigung dafür, dass derjenige Versicherungsträger für die Entscheidung zuständig blieb, der sie erlassen hatte. Offensichtlich lag daher auch dieser Entscheidung der oben angedeutete Grundgedanke zugrunde, dass demjenigen, der die Kostenlast für eine Entscheidung trägt auch die Kompetenz für die Entscheidung selbst zukommen soll. Vorliegend führt dies zur Annahme der Zuständigkeit der Behörde, die den streitgegenständlichen Verwaltungsakt erlassen hat. Hinzu tritt folgende Erwägung: Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 09.06.1999 Az.: B 6 KA 70/98 R, Rdnr. 21 ausgeführt, dass die Zuständigkeit für die Beseitigung eines Verwaltungsaktes vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung bei der Behörde lag, die den Verwaltungsakt erlassen hatte, um dessen Rücknahme es geht. Diese Regelung sei durch § 44 SGB X eingeschränkt worden. Soweit der Gesetzgeber daher mit dieser Regelung den Grundsatz einschränken wollte, wonach die Zuständigkeit für die Beseitigung des Verwaltungsaktes bei der Behörde lag, die den Verwaltungsakt erlassen hatte, ist damit nicht zwangsläufig auch die Aussage verbunden, dass der Vorbehalt einer besonderen gesetzlichen Regelung aufgehoben werden sollte. Insoweit ist im Bereich des Asylbewerberleistungsrechtes auf die Spezialvorschrift des § 10 a AsylbLG hinzuweisen. Nach den oben bereits zitierten Vorschriften der §§ 10, 10 a AsylbLG existieren in diesem Bereich Sonderregelungen für die örtliche Zuständigkeit. Danach ist gemäß § 10 a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG für Leistungen nach dem AsylbLG örtlich zuständig die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist. Hintergrund dieser Regelung ist eine gleichmäßige Verteilung der Kostenlast für Leistungen nach dem AsylbLG durch die Verteilungsstellen, die vom Innenministerium bestimmt werden. Diese Zuweisungsentscheidung, die eine finanzielle gleichmäßige Lastenverteilung herbeiführen soll, würde umgangen, wenn nachträglich die Zuständigkeit einer anderen Leistungsbehörde aufleben würde. Soweit die Beigeladene zu 2) sich im Übrigen auf die zu § 44 Abs. 3 SGB X vorhandene Rechtssprechung und Kommentarliteratur stützt, ist diese nur begrenzt auf den Bereich des AsylbLG übertragbar. Insoweit ist nämlich noch zu berücksichtigen, dass das Bundessozialgericht unter ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen ständigen auch höchstrichterlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtssprechung erstmals mit Urteil vom 17.06.2008 (Az. B 8 AY 5/07 R) überhaupt die Regelung des § 44 Abs. 1 SGB X für den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts für anwendbar erklärt hat. Auch vor diesem Hintergrund hatte das Gericht Zweifel daran, ältere von der Beigeladenen zu 2) zitierte Entscheidungen, insbesondere solche der Verwaltungsgerichtsbarkeit, auf das hiesige Verfahren zu übertragen, zumal - wie oben ausführlich dargelegt - der Hintergrund dieser Entscheidungen im Einzelnen die hiesige Entscheidung eher stützt als wiederlegt.

Die Kläger zu 1) bis 6) haben im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit SGB XII.

Leistungsberechtigt nach dem AsylbLG sind dabei u.a. Personen, die eine Duldung nach § 60 a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG. Dies ist bei den Klägern unstreitig der Fall.

Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von dem §§ 3 - 7 das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben.

Die Kläger zu 1) bis 6) hatten bereits im Jahre 2005 unstreitig die Vorbezugszeit von damals noch erforderlichen 36 und zwischenzeitlich 48 Monaten erfüllt.

Sie haben die Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland zudem nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst.

Das Bundessozialgericht hat sich mit Urteil vom 17.06.2008 (B 8/9 b AY 1/07 R), teilweise unter ausdrücklicher Aufgabe der Rechtsprechung des zuvor zuständigen 9 b. Senates (vgl. hierzu insbesondere die Entscheidung des BSG vom 08.02.2007 - B 9 b AY 1/06 R), mit der Definition des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auseinandergesetzt. Es hat dabei insbesondere festgestellt, dass eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer, die höhere Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII (Analogleistungen) für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG nach einem 36- bzw. 48-monatigen Vorbezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG (Grundleistungen) ausschließt, ein auf die Aufenthaltsverlängerung fehlendes vorsätzliches, sozialwidriges Verhaltens unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles voraussetzt. Hierfür genüge nicht schon die Inanspruchnahme einer ausländerrechtlichen Duldung, wenn es dem Ausländer möglich und zumutbar sei, freiwillig auszureisen. Eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer läge schon dann vor, wenn bei generell - abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern könne (vgl. hierzu Urteil des BSG 8. Senat vom 17.06.2008 - B 8/9 b AY 1/07 R, Leitsatz 1 und 3 der Entscheidung).

Dabei kam es auf die Frage, ob die Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt gefälschte Identitätsnachweise vorgelegt haben, nicht entscheidend an. Zwar liegt grundsätzlich eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer schon dann vor, wenn bei - generell - abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern kann (vgl. Urteil des BSG vom 17.06.2008, Az.: B 8/9 b AY 1/07 R). Eine Ausnahme von der sog. typisierenden Betrachtungsweise muss allerdings dann gemacht werden, wenn eine etwaige Ausreisepflicht des betroffenen Ausländers unabhängig von seinem Verhalten ohnehin in dem gesamten Zeitraum ab dem Zeitpunkt des Rechtsmissbrauchs nicht hätte vollzogen werden können (so im Ergebnis auch Herbst in Nergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 2 AsylbLG, Rdnr. 28, Stand August 2007), etwa weil die Erlasslage des zuständigen Innenministerium eine Abschiebung ohnehin nicht zugelassen hätte. In diesen Fällen ist eine typisierende Betrachtungsweise nicht mehr zulässig; sie entspricht nicht der oben geschilderten Typik. Läßt sich nicht feststellen, ob eine solche Ausnahme vorliegt, geht dies zu Lasten des Ausländers (vgl. hierzu Urteil des BSG 8. Senat von 17.06.2008, Az.: B 8/9 b AY 1/07 R Rdnr. 44). Eine Atypizität in diesem Sinne liegt bereits nahe, da es sich bei den Klägern jedenfalls unstreitig um irakische Staatsangehörige handelt. Das niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hat im Erlasswege mit Schreiben vom 19.07.2004 (Az.: 45.11 - 12 235/12-6-5) darauf hingewiesen, dass nach dem Beschluss der Konferenz der Innenminister - und - Senatoren der Länder vom 7./8. Juli 2004 weiterhin eine tatsächliche Unmöglichkeit der zwangsweisen Rückführung vollziehbarer ausreisepflichtiger irakischer Staatsangehöriger besteht. Der im Irak auch weiterhin bestehenden angespannten bürgerkriegsähnlichen Lage trug ein weiterer Erlass des niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 29. März 2007 (Az.: 42.15 - 12 231/3 - 6 IRQ) Rechnung, der auf den Erkenntnissen der ständigen Konferenz der Innenminister- und Senatoren am 16./17. November 2006 beruhte. Danach wurde unter strengen Beschränkungen nur eine Rückführung in den Nordirak für möglich erachtet. Diese stark eingeschränkte Rückführungsoption sei angesichts der aktuellen Anschläge auch im Nordirak entfallen. Rückkehrmöglichkeiten in angrenzende Gebiete der Türkei oder des Irans würden sich aus demselben Grund verbieten (vgl. hierzu Urteil des LSG Niedersachsen/Bremen vom 16.10.2007 (Az.: L 11 AY 61/07). Jedenfalls war den eigenen Ausführungen der Beklagten zufolge mit Schreiben vom 21.09.2001 seitens der irakischen Botschaft mitgeteilt worden, dass sie bereit sei, unter bestimmten Bedingungen Heimreisepapiere für die Kläger auszustellen. Diese wurden seinerzeit jedoch nicht abgerufen, da die Bedingungen für die Ausreise, u.a. amtliche Begleitung in den Irak, nicht erfüllt werden konnten. Da somit seitens der Ausländerbehörde selbst auf eine Vollziehung der Ausreiseverpflichtung verzichtet wurde, kann den Klägern keine rechtsmissbräuchliche Verlängerung ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen werden. Hinzu kommt, dass die Kläger zwischenzeitlich als Asylberechtigte anerkannt sind, und somit den verfassungsrechtlichen Schutz des Artikel 16 a Grundgesetz (GG) genießen. Auch vor diesem Hintergrund kann ihnen kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden.

Soweit die Beigeladene zu 2) mit Schriftsatz vom 29.05.2010 angedeutet hat, dass eventuell die Bedarfe der hiesigen Kläger nicht mehr aktuell sein könnten, ist dies im hiesigen Verfahren nicht Streitgegenstand. Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, ob auch Streitigkeiten nach dem AsylbLG als "klassische Höhenrechtsstreitigkeiten" anzusehen sind, wobei Zweifel hieran insbesondere vor dem Hintergrund bestehen können, dass bei der Gewährung von § 2 Leistungen anstelle ursprünglich gewährter § 3 Leistungen die Gewährung von Geld - statt Sachleistungen streitgegenständlich ist. Unabhängig davon muss die Regelung dieser Frage jedoch bereits aus anderen Gründen einer noch zu treffenden Entscheidung der hiesigen Beklagten vorbehalten bleiben: Streitgegenstand in diesem Verfahren ist ausweislich des Klageantrages, der grundlegende Bedeutung für die Festlegung des Klagebegehrens hat, die Frage der Gewährung von § 2 statt § 3 - Leistungen. Die Beklagte hat in diesem Verfahren bislang weder zu erkennen gegeben, ob sie sich mit der grundsätzlichen Gewährung von § 2 Leistungen einverstanden erklärt noch hat sie sich zu der Frage der Anwendung des sog. Aktualitätsgrundsatzes geäußert. Die Beigeladene zu 2) selbst hat im Verfahren mehrfach darauf hingewiesen, dass ihre Entscheidungskompetenz mit Erlass des Widerspruchsbescheides endete. Die Einbeziehung der Frage des Aktualitätsgrundsatzes bei der Gewährung von § 2 Leistungen im Wege des Zugunstenverfahrens in das Klageverfahren wäre - vorbehaltlich der noch zu klärenden Frage, ob es sich überhaupt um einen sog. Höhenrechtsstreit handelt - allenfalls im Falle der Klageerweiterung/-änderung möglich. Dabei hat die beklagte Behörde grundsätzlich neben der schwerpunktmäßig für den Kläger anwendbaren Regelung des § 99 SGG die Möglichkeit über den Erlass eines weiteren Bescheides gemäß § 96 SGG auf den Streitgegenstand Einfluss zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat die hiesige Beklagte jedoch keinen Gebrauch gemacht.

Hinsichtlich der Kläger zu 7) und 8) war die Klage zwar zulässig, hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg. Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 - 7 AsylblG das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben. Hinsichtlich der Kläger zu 7) und 8) fehlt es bereits an der Erfüllung der sog. Vorbezugszeiten. Der Kläger zu 7) wurde am 25.07.2004 geboren. Erst im August 2007 und somit nach Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums erfüllte er erstmalig die damals noch erforderliche Vorbezugszeit von 36 Monaten. Der Kläger zu 8) ist am 08.02.2007 geboren und erfüllte ebenfalls zu keinem Zeitpunkt im streitgegenständlichen Zeitraum die erforderlichen Vorbezugszeiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt das anteilige Obsiegen und Unterliegen in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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