L 5 AS 804/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 100 AS 11160/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 804/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Lehnt ein Leistungsträger einen Antrag auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs durch einen gesonderten Bescheid ab, so ist regelmäßig anzunehmen, dass sich diese Ablehnung allein auf die laufenden Bewilligungsabschnitte beschränkt.

2. Erwerbsfähige Hilfebedürftige haben keinen Anspruch auf die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II (im Anschluss an BSG, Urt. v. 21.12.2009 – B 14 AS 42/08 R
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. April 2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1979 geborene Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen ihrer (Schwer-)Behinderung. Sie bezog zunächst seit dem 24. Februar 2005 allein Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom beklagten JobCenter. Ausweislich der von ihr beim Beklagten vorgelegten Bescheinigungen des Facharztes J N leidet die Klägerin an Hypertonie bei Adipositas sowie an Diabetes mellitus Typ II a. Seit dem 1. August 2005 bewohnt sie gemeinsam mit ihrem 2003 geborenen Sohn Georg eine etwa 86 qm große Wohnung, deren Warmmiete 927,90 EUR abzüglich eines befristeten Mietnachlasses in Höhe von 198,73 EUR (Grundmiete 717,12 EUR – 198,73 EUR, Vorauszahlung Betriebskosten 112,- EUR, Vorauszahlung Heizkosten / Warmwasser 57,78 EUR, Vorauszahlung Wasserversorgung / Entwässerung 41,- EUR) beträgt. Das Warmwasser wird mit einem Durchlauferhitzer bzw. einem Boiler erzeugt. Die Klägerin erhielt für Georg Kindergeld in Höhe von 154,- EUR und seit September 2005 zusätzlich Unterhalt in Höhe von 127,- EUR von dessen Vater und ihrem Ehemann, P R. Durch Bescheid vom 30. September 2005 bewilligte das beklagte JobCenter der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 396,13 EUR und Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 222,- EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006, ihrem Sohn wurden 148,- EUR Leistungen der Unterkunft und Heizung bewilligt. Bei der Berechnung der Leistungen wurde Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 444,- EUR sowie ein Mehrbedarf der Klägerin für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR berücksichtigt. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2005 Widerspruch und beantragte vorläufigen Rechtsschutz beim Sozialgericht Berlin. Durch Beschluss vom 28. Dezember 2005 (Az.: S 55 AS 8821/05 ER) verpflichtete das Sozialgericht den Beklagten, der Klägerin und ihrem Sohn vom 12. September 2005 bis zum 31. Januar 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 781,02 EUR sowie unter Einschluss des Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu gewähren. Der Beklagte bewilligte daraufhin durch Änderungsbescheid vom 6. Januar 2006 der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 520,13 EUR sowie Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 364,58 EUR; Georg wurden Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 290,59 EUR bewilligt. Dabei berücksichtigte der Beklagte einen Mehrbedarf für allein Erziehende in Höhe von 124,- EUR, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung in der tatsächlichen Höhe von 729,17 EUR sowie als Einkommen von Georg 154,- EUR Kindergeld und 127,- EUR Unterhalt. Für September 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 474,66 EUR sowie Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 312,29 EUR sowie ihrem Sohn Georg Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 238,31 EUR jeweils unter anteiliger Berücksichtigung der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie des Mehrbedarf für Alleinerziehende ab dem 12. bis zum 30. September 2005 Mit Schreiben vom 10. Dezember 2005, beim Beklagten am 12. Dezember 2005 eingegangen, teilte die Klägerin dem beklagten JobCenter mit, dass bei ihr "eine Behinderung in Höhe von 30 GdB" festgestellt worden sei. Dem beigefügt war ein Bescheid des Versorgungsamtes vom 24. November 2005, wonach ihr aufgrund seelischer Störungen, einem vertebragenen Schmerzsyndrom, einer allergischen Diathese, einem Hämorrhoidalleiden und einer chronischen Bronchitis ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 zuerkannt wurde. Durch Bescheid vom 16. Februar 2006 und Änderungsbescheid vom 6. März 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. August 2006 in Höhe von 520,13 EUR und Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 364,58 EUR, ihrem Sohn wurden Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 290,59 EUR bewilligt. Dabei berücksichtigte das beklagte JobCenter Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 729,17 EUR, einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 51,13 EUR, einen Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 124,- EUR sowie als Einkommen des Sohnes 154,- EUR Kindergeld und 127,- EUR Unterhalt. Durch einen weiteren Bescheid vom 6. März 2006 lehnte das beklagte JobCenter den Antrag der Klägerin auf höhere Leistungen wegen ihrer Behinderung ab. Ein Anspruch bestehe nach § 21 Abs. 4 SGB II nur, wenn auch Leistungen zur Teilhabe nach § 33 Neuntes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) gewährt würden. Mit Schreiben vom 19. März 2006, bei dem Beklagten am 22. März 2006 eingegangen, legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 6. März 2006 betreffend die Ablehnung des Mehrbedarfs wegen ihrer Behinderung Widerspruch ein. Mit ihrem Antrag vom 10. Dezember 2005 habe sie gleichzeitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX beantragen wollen. Es sei Aufgabe des Beklagten den Antrag zu bearbeiten oder an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Sie erwarte aufgrund ihres Antrags Leistungen nach § 33 SGB IX zunächst als Beratung und Vermittlung und später als sonstige Leistungen. Durch einen Änderungsbescheid vom 23. März 2006 berücksichtigte der Beklagte noch die neue Bankverbindung der Klägerin. Ferner bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 8. August 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 575,20 EUR für August 2006 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für werdende Mütter in Höhe von 55,07 EUR für den Zeitraum vom 4. bis zum 31. August 2006. Mit Bescheid vom 25. Juli 2006 bewilligte das beklagte JobCenter der Klägerin für den Zeitraum vom 1. September 2006 bis zum 31. Januar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 579,13 EUR und Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 364,58 EUR monatlich, ihrem Sohn Georg bewilligte das beklagte JobCenter in diesem Zeitraum Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 290,59 EUR. Bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigte der Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 729,17 EUR, Mehrbedarf für Alleinerziehenden in Höhe von 124,- EUR und für werdende Mütter in Höhe von 59,- EUR sowie für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR. Abweichend hiervon bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Monat Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 551,60 EUR, wobei er den Mehrbedarf für werdende Mütter nur bis zum 16. Februar 2007 berücksichtigte. Durch Bescheid vom 30. Oktober 2006 wies das beklagte JobCenter den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 6. März 2006 zurück. Die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II setze voraus, dass der Hilfebedürftige Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erhalte. Somit sei entscheidend, dass tatsächlich Leistungen bewilligt würden. Es genüge nicht, dass der Hilfebedürftige nur die Voraussetzungen für diesen Anspruch erfülle. Da der Klägerin keine entsprechenden Leistungen bewilligt worden seien, habe sie keinen Anspruch auf einen entsprechenden Mehrbedarf. Mit Änderungsbescheid vom 8. Januar 2007 bewilligte das beklagte JobCenter der Klägerin Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 364,58 und ihrem Sohn Georg in Höhe von 290,59 EUR für September 2005, nunmehr unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 729,17 EUR für den gesamten Monat. Mit Bescheid vom 9. Januar 2007 wies das beklagte JobCenter den Widerspruch der Klägerin nach Erteilung des Änderungsbescheids vom 8. Januar 2007 als unbegründet ab. Nachdem die Klägerin nachgewiesen habe, im August 2007 keine Unterhaltszahlungen für ihren Sohn Georg erhalten zu haben, seien diese nicht mehr angerechnet worden. Ab September 2005 habe sie Unterhaltszahlungen erhalten, diese könnten auch als Einkommen ihres Sohnes auf die Leistungen angerechnet werden. Am 2007 wurde der zweite Sohn der Klägerin A geboren, dessen Vater der Ehemann der Klägerin P R ist. Mit Bescheid vom 23. Februar 2007 bewilligte das beklagte JobCenter der Klägerin für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. August 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 520,13 EUR und Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 243,05 EUR monatlich sowie ihren Söhnen jeweils 169,06 EUR Leistungen der Unterkunft und Heizung monatlich. Bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigte der Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 729,17 EUR, Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 124,- EUR sowie für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR sowie als Einkommen der Söhne jeweils Kindergeld in Höhe von 154,- EUR und Unterhalt in Höhe von 127,- EUR. Mit Schreiben vom 14. Mai 2007, bei dem Beklagten am 11. Mai 2007 eingegangen, beantragte die Klägerin erneut einen Mehrbedarf wegen ihrer Behinderung. Dem beigefügt war ein auf den 6. August 2006 datiertes Schreiben, ausweislich dessen sie einen entsprechenden Mehrbedarf beantragt hatte. Diesen Antrag habe sie in Anwesenheit von zwei Zeugen frankiert in einen Postbriefkasten geworfen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21. Mai 2007 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2007 zurück. Die hiergegen erhobenen Klage (S 61 AS 14310/07) wies das Sozialgericht Berlin durch Urteil vom 12. Februar 2010 zurück, nachdem das beklagte JobCenter in der mündlichen Verhandlung den Bescheid vom 21. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2007 aufgehoben hatte. Das Sozialgericht hatte zuvor darauf hingewiesen, dass diese nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden seien und zudem eine isolierte Entscheidung über einen Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung nicht möglich sei. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2006 (W 329/06) hatte die Klägerin bereits am Montag, den 4. Dezember 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Ihr seien inzwischen mit Wirkung ab dem 4. Juli 2005 ein GdB von 50 sowie die Merkzeichen "B" und "G" zuerkannt worden. Nach vorheriger Anhörung hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 30. April 2007 die (sinngemäß) auf "einen Mehrbedarf für behinderte Hilfebedürftige für den Zeitraum vom 12. Dezember 2005 (Antragseingang beim Beklagten) bis laufend" gerichtete Klage abgewiesen. Die Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 35 v. H. setze nach § 21 Abs. 4 SGB II voraus, dass dem Hilfebedürftigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX gewährt würden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Entgegen den Ausführungen in ihrem Widerspruchsschreiben sei dem von ihr nachträglich eingereichten Antragsschreiben vom 10. Dezember 2005 nicht zu entnehmen, dass sie gleichzeitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt habe. Auch dass der Klägerin inzwischen ein GdB von 50 sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuerkannt worden seien, ändere hieran nichts. Am 24. Mai 2007 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Mit dem Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 31. Juli 2006 seien ihr ein GdB von 50 sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuerkannt worden. Unverzüglich habe sie am 6. August 2006 einen Antrag beim beklagten JobCenter einen Antrag auf Mehrbedarf in Höhe von 17 v. H. gestellt, die Grundlage hierfür bilde § 28 SGB II in der Fassung des Fortentwicklungsgesetzes. Mit der Berufung werde beantragt, den Gerichtsbescheid vom 30. April 2006 abzuändern und ihr einen Mehrbedarf nach § 28 SGB II seit der Antragstellung zu gewähren. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des SGB II sei § 28 SGB II geändert und erwerbsfähige Hilfebedürftige und Bezieher von Sozialgeld seien gleichgestellt worden. Nach § 28 SGB II n. F. hätten nichterwerbsfähige Bezieher von Sozialgeld einen Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von 17 v. H., wenn sie Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" seien. Werde erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dieser Mehrbedarf verweigert, so handelte es sich um eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Der Mehrbedarf für erheblich gehbehinderte Menschen werde unter anderem damit begründet, dass sich dieser Personenkreis nicht weit bewegen könne und daher auf den Einkauf in nahe gelegenen, jedoch teureren Geschäften angewiesen sei. Entfernter gelegene Geschäfte könne sie nur mit dem Taxi erreichen. Aufgrund ihrer Erkrankung müsse sie zudem nicht verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen und selbst bezahlen. Außerdem entstünden ihr aufgrund ihrer Gehbehinderung weitere Aufwendungen für die Teilnahme an öffentlichen und kulturellen Veranstaltungen sowie den Besuch von Bekannten, Grünanlagen, Cafés oder reli¬giösen Einrichtungen. Die monatlichen Mehrkosten betrügen 112,- EUR. Das Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung, weshalb sie das Merkzeichen "G" erhalten habe, stehe ihrer Erwerbsfähigkeit nicht entgegen. Die Klägerin hat keinen bestimmten Antrag gestellt. Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Sie verweist auf die streitgegenständlichen Bescheide Der Verwaltungsvorgang des Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zwar nach § 143 SGG zulässig und insbesondere nicht nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG ausgeschlossen, da das Sozialgericht den (sinngemäßen) Antrag auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für den Zeitraum ab dem 12. Dezember 2005 bis "laufend" und damit Leistungen für länger als ein Jahr abgelehnt hat. Die Klägerin hat nunmehr klargestellt, dass sie die Berücksichtigung des Mehrbedarfs bereits ab dem 10. Dezember 2005 begehrt. Die Berufung ist jedoch auch für den Zeitraum vom 10. und 11. Dezember 2005 nicht unzulässig. Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin keinen bestimmten Antrag gestellt und aus dem Urteil des Sozialgerichts lässt sich entnehmen, dass es den Antrag der Klägerin vom 10. Dezember 2005 insgesamt für unbegründet hielt. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. Die Klägerin hat nämlich im Zeitraum vom 10. Dezember 2005 bis zum 31. August 2006 keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Behinderte, so dass die Klage unbegründet war. Hinsichtlich des nach dem 31. August 2006 liegenden Zeitraums war die Klage bereits unzulässig, da es insoweit an einer Entscheidung des Beklagten und der Durchführung des Widerspruchsverfahrens fehlte. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren keinen bezüglich der Höhe der begehrten weiteren Leistungen und des Zeitraums bestimmten Antrag gestellt. Ihrem Schreiben vom 2. Mai 2010 lässt sich jedoch entnehmen, dass sie die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs in Höhe von monatlich 112,- EUR ab dem 10. Dezember 2005 begehrt. Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist der Bescheid vom 6. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 und damit nur die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 10. Dezember 2005 bis zum 31. August 2006. Welche Leistungen für welchen Zeitraum Gegenstand des Bescheides und damit des gerichtlichen Verfahren sind, lässt sich dem Bescheid nicht ohne weiteres entnehmen. In dem Bescheid vom 6. März 2006 heißt es nur, dass dem Antrag vom 10. Dezember 2005 nicht entsprochen werden könne, da die Klägerin keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Hilfe zur Ausbildung erhalte. Zwar hat das beklagte JobCenter dem Wortlaut des Bescheides nach nur die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen ihrer Behinderung abgelehnt, indes können nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht in weitere Streitgegenstände wie etwa einzelne Mehrbedarfe aufgespalten werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 29/09 R, juris Rn. 10). Vorliegend sind damit die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in vollem Umfang Streitgegenstand, nicht aber die Leistungen der Unterkunft und Heizung. Hinsichtlich des Zeitraums, über welchen mit den angefochtenen Bescheiden entschieden wurde, enthält der Bescheid ebenfalls keine Angaben, sondern ist vielmehr hinsichtlich des Endes offen gehalten. Bei der vollständigen Ablehnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II gilt grundsätzlich, dass Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens die beantragten Leistungen bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht sind (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06, juris). Hiervon ist jedoch der vorliegende Fall zu unterscheiden, dass ein Hilfebedürftiger Leistungen bewilligt erhält, gegenüber dem Leistungsträger weitere Leistungen geltend macht, ohne gegen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid Widerspruch bzw. Klage einzulegen, und dieser Antrag dann in einem gesonderten Bescheid abgelehnt wird. Da eine getrennte Entscheidung über die Gewährung eines Mehrbedarfs nach dem zuvor Gesagten aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, muss der streitgegenständliche Bescheid vom 6. März 2006 im Zusammenhang mit den übrigen Bewilligungsbescheiden gesehen werden, durch die der Beklagte über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Klägerin entschieden hat. Vorliegend hatte der Beklagte bei Eingang des Schreibens der Klägerin vom 10. Dezember 2005 bereits über den Bewilligungsabschnitt vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 entschieden. Am selben Tag wie der Bescheid vom 6. März 2006 erging ein weiterer Bewilligungsbescheid, mit welchem der Beklagte über den Zeitraum vom 1. März 2006 bis zum 31. August 2006 entschied. Aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs von Regelleistung und Mehrbedarf kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein Leistungsträger über Zeiträume entscheiden will, über die er ansonsten noch keine Entscheidung getroffen hat. Insofern ist vorliegend die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Zeitraum vom 10. Dezember 2005 bis zum 31. August 2006 Gegen-stand des Berufungsverfahrens. Soweit das Sozialgericht in dem Verfahren S 61 AS 14310/07 einen entgegenstehenden Hinweis erteilt hat, schließt sich der Senat dem aus den vorstehenden Gründen ausdrücklich nicht an. Die Bewilligungsbescheide betreffend den Zeitraum ab dem 1. September 2007 sind nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 10. Dezember 2006 bis zum 31. August 2006. Sie erfüllt zwar die allgemeinen Voraussetzungen des § 7 SGB II. Insbesondere geht der Senat davon aus, dass sie erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II ist. Das Versorgungsamt hat mit Bescheid vom 31. Juli 2006 bei ihr einen GdB von 50 aufgrund psychischer Störungen, einem vertebragenen Schmerzsyndrom, einer allergischen Diathese, einem Hämorrhoidalleiden und einer chronischen Bronchitis festgestellt. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Schwerbehindertenausweises gelten diese Feststellungen auch schon seit dem 4. Juli 2005. Gleichwohl ist nicht zu erkennen, dass sie wegen ihrer Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes wenigstens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Klägerin geht im Übrigen selbst von ihrer Erwerbsfähigkeit aus, wie sich aus ihrem Schreiben vom 31. März 2009 ergibt. Es liegen aber die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II bzw. § 28 Abs. 1 Nr. 4 SGB II nicht vor, und es ist auch nicht zu ersehen, dass die Klägerin aus einem anderen Grund einen Anspruch auf höhere als die ihr bereits gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat. Aus diesem Grunde kann dahinstehen, ob der Beklagte bei der Leistungsberechnung zu Recht einen Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II berücksichtigt hat. Ebenso braucht nicht entschieden zu werden, ob zwischen der Klägerin und ihrem unter einer anderen Anschrift gemeldeten Ehemann weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft besteht, da sie mangels entsprechenden Trennungswillens nicht dauerhaft getrennt voneinander leben (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 49/09 R, juris ). Angesichts des Umstands, dass ihr Ehemann der Vater auch ihres zweiten Sohns ist, welcher Jahre nach der angeblichen Trennung geboren wurde, drängen sich Zweifel auf, ob die Klägerin tatsächlich allein erziehend ist bzw. sie und ihr Ehemann tatsächlich einen entsprechenden Lösungswillen haben. Soweit die Klägerin anfangs den von ihr begehrten Mehrbedarf auf § 21 Abs. 4 SGB II stützen wollte, ist unklar, ob sie nach wie vor der Auffassung ist, dass ihr dieser zusteht. Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Nach § 21 Abs. 4 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf in Höhe von 35 v. H. der nach § 20 SGB II maßgeblichen Regelleistung, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII erbracht werden. Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II können jedoch nur dann beansprucht werden, wenn tatsächlich die genannten Eingliederungsleistungen erbracht werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Juni 2008 – B 11b AS 19/07 R, juris). Die Klägerin hat unzweifelhaft während des hier streitgegenständlichen Zeitraums keine derartigen Leistungen erhalten und damit auch keinen Anspruch auf die Berücksichtigung eines entsprechenden Mehrbedarfs. Aber auch aufgrund § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I, 1706) kann die Klägerin keinen Mehrbedarf beanspruchen. Hiernach erhalten nichterwerbsfähige Hilfebedürftige zu ihrem Sozialgeld einen Mehrbedarf in Höhe von 17 v. H. der nach § 20 SGB II maßgeblichen Regelleistung, wenn sie Inhaber eines Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX mit dem Merkzeichen G sind. Diese Vorschrift setzt – wie die Parallelvorschrift § 30 Abs. 1 Nr. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - indes voraus, dass der Hilfebedürftige nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II ist. Wie oben dargelegt, ist der Senat nicht der Überzeugung, dass die Klägerin nicht erwerbsfähig ist. Eine erweiternde Anwendung von § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II auch auf erwerbsfähige Bedürftige kommt mangels Regelungslücke nicht in Betracht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 29/09 R, juris; Urteil vom 21. Dezember 2009 – B 14 AS 42/08 R). Die Vorschrift ist auch nicht verfassungswidrig, sie stellt insbesondere keine von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verbotene nicht-gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Schließlich kann die Klägerin auch keinen Mehrbedarf aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG herleiten. Nach § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bedürfen Ansprüche auf Sozialleistungen grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage bzw. Ermächtigung. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, juris) festgestellt, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, bis zum 31. Dezember 2010 eine Regelung im SGB II zu schaffen, die sicherstellt, dass auch ein besonderer Bedarf, welcher nicht von der Regelleistung umfasst wird, gedeckt wird. Um die Gefahr einer Verletzung von Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG in der Übergangszeit bis zur Einführung einer entsprechenden Härtefallklausel zu vermeiden, hat das Bundesverfassungsgericht die verfassungswidrige Lücke für die Zeit ab der Verkündung des Urteils durch eine entsprechende Anordnung geschlossen. Diese Anordnung entfaltet aber keine Wirkung für Leistungszeiträume vor dem 9. Februar 2010, wie das Bundesverfassungsgericht in einer weiteren Entscheidung klargestellt hat (Beschluss vom 24. März 2010 – 1 BvR 395/09, juris). Insofern kann es dahinstehen, ob der Klägerin im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 10. Dezember 2005 bis zum 31. August 2006 aufgrund ihrer Gehbehinderung zusätzliche Kosten entstanden sind, wie sie behauptet. Die Klägerin kann auch aufgrund ihrer Erkrankungen, nämlich einer Hypertonie bei Adipositas und einem diabetes mellitus Typ II a, keine höheren Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II beanspruchen. Im Gegenteil war die Berücksichtigung eines Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR rechtswidrig, da die Erkrankungen der Klägerin, eine Hypertonie bei Adipositas und diabetes mellitus Typ II a keine kostenaufwändigere Ernährung erfordern. Nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen (3. Aufl. 2008, im Folgenden: Empfehlungen 2008) erfordern beide Krankheitsbilder lediglich eine Ernährung mit Vollkost. Nach den Empfehlungen 2008 begründet eine Ernährung mit Vollkost keinen ernährungsbedingten Mehrbedarf, sondern lässt sich mit dem in der Regelleistung enthaltenen Anteil für Lebensmittel abdecken. Die (alten) Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkost in der Sozialhilfe aus dem Jahr 1997 waren nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Jahr 2008 nicht als antizipiertes Sachverständigengutachten zu werten, durften jedoch im Regelfall für die Konkretisierung des ernährungsbedingten Mehrbedarfs herangezogen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R, juris). Nach dieser Entscheidung konnten die Empfehlungen 1997 wegen eines zwischenzeitig veränderten Stands der Wissenschaft und abweichender Stellungnahmen wie etwa dem "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostzulage) gemäß § 23 Abs. 4 BSHG" des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe bei Entscheidungen nicht mehr als allgemeiner Kenntnisstand zugrunde gelegt werden. Ob die (neuen) Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten bewertet werden können, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Jedenfalls sind sie – wie die Empfehlungen 1997 – unter umfassender Berücksichtigung des Standes der Wissenschaft entstanden. Im Gegensatz zu den Empfehlungen 1997 weichen sie – jedenfalls im Hinblick auf die hier interessierenden Krankheiten diabetes mellitus II a und Hypertonie - nicht vom Begutachtungsleitfaden ab. Denn auch dieser sieht bei beiden Erkrankungen keine zusätzliche Kosten für die Ernährung als erforderlich an. Wenngleich die neuen Empfehlungen erst am 1. Oktober 2008 veröffentlicht wurden, können diese Erkenntnisse gleichwohl auf den hier streitgegenständlichen, davor liegenden Zeitraum angewendet werden. Denn es handelt sich bei den Empfehlungen nicht um Rechtsnormen, welche zu einem bestimmten Zeitpunkt in Kraft treten. Der neuere wissenschaftliche Kenntnisstand, welcher in den Empfehlungen 2008 wiedergegeben wird, kann hingegen ohne weiteres auch auf in der (jüngeren) Vergangenheit liegende Sachverhalte angewendet werden. Der Klägerin stand so nicht die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II zu. Die Klägerin kann auch keine geringfügig höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 41 Abs. 2 SGB II beanspruchen, da das beklagte JobCenter die Leistungen nicht gerundet hat. Denn nach dem zuvor Gesagten waren ihr zumindest aufgrund der Berücksichtigung des Mehrbedarfs für diabetes mellitus und Hypertonie ohnehin zu hohe Leistungen bewilligt worden, eine Aufrundung der zu hohen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kommt nicht in Betracht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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