Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 1421/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 178/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rentenversicherungspflicht der Beschäftigung der Beigeladen zu 1) im Betrieb ihres Ehemannes im Zeitraum 1. Dezember 1983 bis zum 31. Dezember 1997.
Die Beigeladene zu 1) ist gelernte Steuerfachfrau. Sie war seit 1. September 1978 im Bäckereiunternehmen ihres Ehemannes beschäftigt. Dieses wurde bis Ende 1997 als Einzelfirma betrieben und zum 1. Januar 1998 in eine GmbH überführt. An dieser waren die Beigeladene zu 1) zunächst zu 49 % und ihr Ehemann zu 51 % beteiligt. Bereits seit 1982 ist sie mit der kaufmännischen Leitung betraut. Im "Anstellungsvertrag mit außertariflichen Angestellten" zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Firma des Ehemannes D vom 9. Januar 1988 wurde der Beigeladenen zu 1) die Leitung des Filialwesens/Verkauf erneut übertragen. In der Stellenbeschreibung (als Anlage zum Arbeitsvertrag) ist die Aufgabe wie folgt umschrieben: "Leitung des Filialwesens und das Verkaufs 1. Aufbau und Stabilisierung einer Filialkette von Bäckerei-Filialen, in denen die eigenen Produkte vertrieben werden. 2. Standortplanung für neue Filialen
3. Verantwortlichkeit für Zusammenarbeit mit den Vermietern, Überwachung des äußeren Erscheinungsbildes der Filialen, Werbemaßnahmen, Einstellung der Mitarbeiter im Verkauf, Qualifikation der Mitarbeiter, Überwachung gesetzlicher Vorschriften, Einteilung der Mitarbeiter in den einzelnen Filialen, rechtzeitige Neueinstellung bei Mitarbeiterwechsel, disziplinarische und fachliche Weisungsbefugnis gegenüber den Verkaufsmitarbeitern,
4. Unterstützung der Unternehmensziele 5. Überwachung der Plankosten" Die Vergütung sollte 6.000,00 DM monatlich betragen. Weiterhin wurde vereinbart, dass sie bei Erforderlichkeit auch über die betriebübliche Arbeitszeit hinaus zu arbeiten bereit sei, ihre ganze Arbeitskraft und berufliche Fähigkeiten in den Dienst der Firma stelle und dass mit der gewährten Vergütung auch Überstunden abgegolten sein sollten. Der Vertrag gewährt ihr Erholungsurlaub in Höhe der tariflich festgesetzten Tage. Die Übernahme einer Nebentätigkeit sollte der schriftlichen Zustimmung des Firmeninhabers bedürfen. Der Anstellungsvertrag sollte den Anstellungsvertrag vom November 1978 ablösen. Die Beigeladenen zu 1) verpfändete mit Erklärung vom 9. Mai 1988 in Ersetzung früherer Verpfändungserklärungen Festgeldkonten bzw. Sparkassenbriefe im Wert von rund 180.000,00 DM zur Sicherung aller Forderungen der Bank gegen ihren Ehemann. Ferner gab sie Bürgschaftserklärungen gegenüber der Bank ohne zeitliche und betragsmäßige Beschränkung ab. Ohne die Sicherheitenstellung durch die Beigeladene zu 1) hätte die Expansion des Unternehmens nicht finanziert werden können. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum Leiterin aller 120 B-Filialen mit allen zu notwendigen Aufgaben, z. B. Logistik, Personalplanung, Dekoration der Filialen etc. Sie war auch allein verantwortlich für das gesamte Marketing, ferner alleinvertretungsberechtigt. Von ihrem Arbeitsentgelt wurde Lohnsteuer entrichtet. Es wurde als Betriebsausgabe gebucht.
Am 14. September 2005 beantragten die Beigeladenen zu 1) und 2) bei der Beklagten die Feststellung, dass die Beigeladene zu 1) im Zeitraum 1. Dezember 1983 bis 31. Dezember 1997 nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, sowie die Erstattung der zu Unrecht entrichtet Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Beigeladenen zu 1) sei ab diesen Zeitraum als faktische Geschäftsführerin des Unternehmens ihres Ehemannes tätig gewesen. Ihr habe die kaufmännische und technische Leitung des Unternehmens oblegen. Das Beschäftigungsverhältnis sei aufgrund familienhafte Rücksichtsnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu ihren Ehemann geprägt gewesen. Der schriftliche Arbeitsvertrag sei in letzter Konsequenz in der Realität nicht gelegt worden. Die Arbeitszeit habe die Beigeladene zu 1) frei gestalten können. Die tatsächliche Arbeitszeit habe weit über der durchschnittlichen tariflichen Leistung gelegen. Die Urlaubsansprüche seien frei bestimmt und im Unternehmensinteresse realisiert worden. Nicht wahrgenommene Urlaubtage seien nicht abgegolten worden. Sie habe keinem Weisungsrecht ihres Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Ort und Art ihrer Beschäftigung unterlegen und sei nicht in die vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Die Gestaltung ihrer Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Wohl und Gedeih des Unternehmens abhängig gewesen. Sie habe auch ein unternehmerisches Risiko getragen, da sie Bürgschaften und Sicherheiten in Höhe von 181.500,00 DM gestellt habe. Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Klägerin ein. Diese schrieb unter dem 22. Februar 2006, die Beigeladene zu 1) als versicherungspflichtig anzusehen. Diese Antwort reichte die Beklagte mit Schreiben vom 6. März 2006 an die Beigeladenen zu 1) und 2) weiter.
Mit Bescheid vom 15. April 2006 stellte die Beklagte fest, dass die Beigeladene zu 1) ab 1. Dezember 1983 nicht versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt (innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe). Die Beklagte übersandte der Klägerin diesen Bescheid zusammen mit einem Erstattungsantrag mit Schreiben vom 24. April 2006 (Eingang: 25. April 2006).
Hiergegen hat die Klägerin am 6. Juli 2006 beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben. Sie hat zur Begründung u. a. ausgeführt, davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) die Bürgschaft als Ehepartner unterschrieben habe.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Engagement der Beigeladene zu 1) habe mehr einem eigenen denn einem fremden Unternehmen gegolten. Allein aufgrund ihres erheblichen Unternehmerrisikos habe sie ein Mitspracherecht bei strategischen Entscheidungen des Firmeninhabers gehabt.
Das SG hat mit Urteil vom 15. Februar 2008 den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2006 insoweit aufgehoben, als darin festgestellt wurde, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Firma ihres Ehemannes "D" vom 1. Dezember 1983 bis zum 31. Dezember 1997 nicht rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Es hat festgestellt, dass sie in dieser Zeit rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Zur Begründung hat das u. a. ausgeführt, dass nach den einschlägigen Maßstäben des Bundessozialgerichtes (BSG) zur Frage einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) im streitgegenständlichen Zeitraum eine abhängige Beschäftigung der Beigeladene zu 1) in der Firma ihres Ehemannes vorgelegen habe. Die wesentlichen Inhalte des Arbeitsvertrages – die geschuldete Tätigkeit in der Leitung des Filialwesens und im Verkauf – sowie die regelmäßige Zahlung des Arbeitsentgeltes seien erbracht worden. Die Tätigkeiten der Beigeladene zu 1) hätten im Wesentlichen der Tätigkeitsbeschreibung im Anstellungsvertrag entsprochen, so dass nicht ersichtlich sei, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den rechtlichen wesentlich abwichen. Das Gehalt der Beigeladenen habe auch der besonderen Verantwortung ihrer leitenden Position entsprochen. Es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Zahlungen nicht als Gegenleistung für die geleistete Arbeit sondern als Gewinnanteil anzusehen seien. Ihre Sichtweise entspreche auch der steuerrechtlichen Behandlung dieser Zahlungen. Ihre weitgehende Weisungsfreiheit stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Bei Diensten höherer Art, welche im vorliegenden Fall aufgrund der Leitungstätigkeit vorlägen, sei die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers durch eine funktionell dienende Teilhabe am Arbeitsprozess gekennzeichnet. Zudem sei zu berücksichtigen, dass allein die Einschränkung der Weisungsgebundenheit unter Familienangehörigen nicht geeignet sei, dass Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zu verneinen. Ein völliges Fehlen einer Weisungsgebundenheit – auch in Form einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess – sei nicht festzustellen. Die Beigeladene zu 1) habe vielmehr die ihr übertragenden Funktionen vertragsgemäß ausgeübt. An ihrer Stelle hätte andernfalls eine andere Arbeitskraft eingesetzt werden müssen. Die Stellung der Sicherheiten durch die Beigeladene zu 1) sei nicht Ausdruck der Übernahme eines unternehmerischen Risikos, da die Einbeziehung von Ehegatten von Einzelunternehmen bei der Vergabe von Krediten üblich sei. Da die Beigeladene zu 1) keine Anteile am Unternehmen des Ehemannes und auch kein Allein- oder Miteigentum an Anlage- oder Umlaufvermögen gehabt habe, sei eine Übernahme eines unternehmerischen Risikos nicht in einem Maß ersichtlich, welches über die durch die Ehe bedingte mittelbare Beteiligung am Erfolg bzw. Misserfolg des Unternehmens hinaus ging. Gegen die Annahme einer Ehegattinnengesellschaft spreche, dass die nach außen dokumentierten rechtlichen Vereinbarungen über die Ausgestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) im Betrieb des Ehemannes alle auf das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung deuteten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beigeladenen zu 1) und zu 2). Die Beigeladene zu 1) sei nicht nur für die "Leitung des Filialwesens/Verkauf" zuständig gewesen sondern für die komplette kaufmännische Leitung des Unternehmens. Sie sei maßgeblich am Aufbau des Unternehmens beteiligt und eigenverantwortlich für die Expansion zuständig gewesen. Ihr Ehemann wäre hingegen der technische Leiter der Warenproduktion gewesen. Die Beigeladene zu 1) sei aufgrund ihrer Fachkenntnisse und ihrer Eigenschaft als kaufmännische Geschäftsleiterin keinerlei Weisungsrechten ihres Ehemannes hinsichtlich Dauer, Zeit, Ort und Art ihrer Beschäftigung ausgesetzt gewesen. Die Gestaltung der Arbeitszeit sei allein von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Wohn- und Gedeih des Unternehmens abhängig gewesen. Sie sei nicht in die vorgegebene Betriebsordnung eingegliedert gewesen. Als kaufmännische Geschäftsleiterin habe sie vielmehr die Betriebsordnung vorgegeben. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich auch bei der Gründung der GmbH widergespiegelt, an der die Berufungsklägerin zu 1) mit aktuell noch 39 % der Stimmanteile maßgeblich beteiligt und zudem Geschäftsführerin sei.
Das SG habe rechtsfehlerhaft ein Unternehmerrisiko verneint. Hingegen habe das BSG beispielsweise im Urteil vom 17. Mai 2001 (B 12 KR 34/00 R) festgestellt, dass die Übernahme von Bürgschaften bzw. Gewährung von Darlehen in einem (Ehegatten-) Beschäftigungsverhältnis bzw. abhängigen Arbeitsverhältnis gerade nicht typisch sei. Die Übernahme von Bürgschaften deute auf ein unternehmerisches Interesse hin (Bezugnahme auf Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. November 2004 – L 12 AL 1/04). Die von der Beigeladenen zu 1) gewährten unbeschränkten selbstschuldnerischen Bürgschaften und die Verwendung von 181.500,00 DM entsprächen dem mehrfachen ihres Jahresgehaltes und stellten daher ein beträchtliches unternehmerisches Risiko dar. Rechtsfehlerhaft habe das SG schließlich angeführt, dass die steuerliche Behandlung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche. Hingegen habe das Kriterium der steuerlichen Behandlung des Arbeitsentgeltes allenfalls eine schwache Indizwirkung für eine Sozialversicherungspflicht. Steuer- und Sozialversicherungsrecht seien nicht deckungsgleich. In einem fast identischen Fall habe das Sozialgericht Koblenz ausgeführt, dass die steuerrechtliche Behandlung regelmäßig keinen Rückschluss auf das sozialversicherungsrechtlich zu Beurteilende zulasse (Urteil vom 5. Oktober 2006 – S 11 KR 368/05).
Die Beigeladene zu 1) sei auch Vorstandsvorsitzende eine Kstiftung und Aufsichtsratmitglied der V und Mitglied weiterer Gremien und Organisationen.
Die Beigeladene zu 1) und 2) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Würdigung der Indizien eines unternehmerischen Risikos durch das SG für unzureichend. Die Beigeladene zu 1) habe stets als "Arbeitgeber" agiert. Ihre Tätigkeit gehe weit über die Ausgestaltung eines vergleichbaren Arbeitsverhältnisses hinaus. Die Beigeladene zu 1) habe über die Stellenbeschreibung hinaus diverse Tätigkeiten selbstständig initiiert und begleitet.
Auf die den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten konnte durch den Berichterstatter im schriftlichen Verfahren entschieden werden § 155 Abs. 3 und 4, § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auf die Begründung im angegriffenen Urteil gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Klage ist als Kombination von Anfechtungsklage und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig und begründet.
Vor Erhebung der Anfechtungsklage bedurfte es keines Vorverfahrens, weil die Klägerin ein Versicherungsträger nach der Ausnahmevorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. SGG ist.
Die Klägerin ist auch klagebefugt, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Sie macht geltend, durch den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2005 in eigenen Rechten verletzt zu sein. Ist der Verwaltungsakt wie hier gegenüber einem Dritten ergangen, ist eine Rechtsverletzung möglich, sofern zumindest mittelbar eigene rechtliche Interessen der Klägerin betroffen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rdnr. 14 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, BSGE 61, 27). Eine solche rechtliche Beschwer der Klägerin erscheint jedenfalls möglich. Die Feststellungen der Beklagten zur Versicherungsfreiheit haben Auswirkung auf deren Beitragsansprüche.
Die Klage ist auch fristgemäß erhoben. Die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG beginnt gemäß § 66 Abs. 1 SGG nur dann zu laufen, wenn der "Beteiligte" über den Rechtsbehelf schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Die Klägerin ist Beteiligte, auch wenn sie als mittelbare Bundesverwaltung keiner Rechtsmittelbelehrung bedarf. Beteiligte sind nämlich nach § 69 SGG (alle) Kläger. Statt der Monatsfrist hat deshalb gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG eine Jahresfrist seit Bekanntgabe gegolten. Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Klagerechts sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die Klage hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch SGB VI ). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob ein Arbeitnehmer abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 1 BvR 21/96 SozR 3 2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung entstehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechtes unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abgedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 8. August 1990 11 RAr 77/89 SozR 3 2400 § 7 Nr. 4 Seite 14, und vom 8. Dezember 1994 11 RAr 49/94 SozR 3 4100 § 168 Nr. 18 Seite 45; so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 B 12 KR 30/04 R juris).
Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH Geschäftsführer BSG, a. a. O.).
Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 12 RK 72/92 NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 12 BK 98/94 ).
Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 B 7 AL 34/02 R USK 2002 - 42).
Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8).
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat angeschlossen hat, ist ferner bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z. B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird, oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 7 RAr 25/86 BB 1989, 72; vom 14. Dezember 1999 B 2 U 48/98 R USK 9975).
Für abhängige Beschäftigung spricht hier, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestanden und die Beigeladene zu 1) eine regelmäßige Zahlung unabhängig von der Ertragslage des Betriebes erhalten hat. Für sie ist Lohnsteuer abgeführt und das Gehalt als Betriebsausgabe hat den Erlös des Unternehmens vermindert. Bloße familienhafte Mitarbeit scheidet angesichts der Höhe der regelmäßigen Bezüge aus. Ganz allgemein müssen und können sich Eheleute oder andere (Geschäfts-)Partner an die von ihnen gewählte Vertragsgestaltung auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht festhalten lassen. Es unterliegt nicht ihrer Disposition, die Wirkungen des Vertragsverhältnisses nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (BSG - Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -).
Es ist auch nach dem Vortrag der Eheleute nicht so, dass die Beigeladene zu 1) nach eigenem Gutdünken wie eine Alleingeschäftsführerin auftreten konnte und kann. Sie war für den kompletten kaufmännischen Bereich zuständig. Im Innen- wie im Außenverhältnis war allerdings allein ihr Ehemann als Alleininhaber des Einzelunternehmens zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Rein rechtlich hatte die Beigeladene zu 1) keinen Einfluss auf ihren Ehemann. Dass sie Geschäftsangelegenheiten einvernehmlich regelten und regeln, ist nach den vorgenannten Grundsätzen nicht ausschlaggebend. Ganz allgemein kann ein ständig und dauerhaft bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.
Das Risiko, das durch die Stellung von Sicherheiten geprägt ist demgegenüber nicht so gewichtig, dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung nicht mehr überwögen. Dem Umstand, dass für den Ehepartner gebürgt wird, bzw. für Unternehmensdarlehen mitgehaftet wird, kommt regelmäßig und auch hier trotz des hohen Umfangs keine entscheidende Bedeutung zu, da die Gewährung von Darlehen bzw. Sicherheiten unter Familienangehörigen mit der Gewährung eines Darlehens oder einer Sicherheit durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht zu vergleichen ist; Familienmitglieder haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt (ständige Rechtsprechung des Senat unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2010 - L 11 KR 2460/09- juris).
Die Beigeladene zu 1) mag die treibende Kraft hinter der Expansion des Unternehmens "D gewesen sein. In rechtlicher – und auch tatsächlicher – Hinsicht ist das Unternehmen jedoch nach wie vor von ihrem Ehemann betrieben worden. Auch das Engagement der Beigeladene zu 1) über den eigentlichen Betrieb hinaus ist kein Kriterium an der Abgrenzung für § 7 Abs. 1 SGB IV.
Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Urteil des Senats vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -). § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz ungeachtet dessen auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An einem solchen fehlt es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gibt oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage nur zur Aufhebung der eine Versicherungspflicht verneinenden Bescheide der Beklagten und nicht umgekehrt automatisch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen aus deren Sicht begünstigender Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -). Die Klage ist aus den soeben ausgeführten Gründen auch begründet.
Die Kostenentscheidung richtet sich für das zweitinstanzliche Verfahren nach § 193 SGG. § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist in diesem Rechtszug nicht einschlägig, weil die Beigeladene zu 1), die Berufungsklägerin zu 1), als Versicherte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehört. Die Entscheidung entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die grundsätzlichen Kriterien sind von der Rechtsprechung geklärt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rentenversicherungspflicht der Beschäftigung der Beigeladen zu 1) im Betrieb ihres Ehemannes im Zeitraum 1. Dezember 1983 bis zum 31. Dezember 1997.
Die Beigeladene zu 1) ist gelernte Steuerfachfrau. Sie war seit 1. September 1978 im Bäckereiunternehmen ihres Ehemannes beschäftigt. Dieses wurde bis Ende 1997 als Einzelfirma betrieben und zum 1. Januar 1998 in eine GmbH überführt. An dieser waren die Beigeladene zu 1) zunächst zu 49 % und ihr Ehemann zu 51 % beteiligt. Bereits seit 1982 ist sie mit der kaufmännischen Leitung betraut. Im "Anstellungsvertrag mit außertariflichen Angestellten" zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Firma des Ehemannes D vom 9. Januar 1988 wurde der Beigeladenen zu 1) die Leitung des Filialwesens/Verkauf erneut übertragen. In der Stellenbeschreibung (als Anlage zum Arbeitsvertrag) ist die Aufgabe wie folgt umschrieben: "Leitung des Filialwesens und das Verkaufs 1. Aufbau und Stabilisierung einer Filialkette von Bäckerei-Filialen, in denen die eigenen Produkte vertrieben werden. 2. Standortplanung für neue Filialen
3. Verantwortlichkeit für Zusammenarbeit mit den Vermietern, Überwachung des äußeren Erscheinungsbildes der Filialen, Werbemaßnahmen, Einstellung der Mitarbeiter im Verkauf, Qualifikation der Mitarbeiter, Überwachung gesetzlicher Vorschriften, Einteilung der Mitarbeiter in den einzelnen Filialen, rechtzeitige Neueinstellung bei Mitarbeiterwechsel, disziplinarische und fachliche Weisungsbefugnis gegenüber den Verkaufsmitarbeitern,
4. Unterstützung der Unternehmensziele 5. Überwachung der Plankosten" Die Vergütung sollte 6.000,00 DM monatlich betragen. Weiterhin wurde vereinbart, dass sie bei Erforderlichkeit auch über die betriebübliche Arbeitszeit hinaus zu arbeiten bereit sei, ihre ganze Arbeitskraft und berufliche Fähigkeiten in den Dienst der Firma stelle und dass mit der gewährten Vergütung auch Überstunden abgegolten sein sollten. Der Vertrag gewährt ihr Erholungsurlaub in Höhe der tariflich festgesetzten Tage. Die Übernahme einer Nebentätigkeit sollte der schriftlichen Zustimmung des Firmeninhabers bedürfen. Der Anstellungsvertrag sollte den Anstellungsvertrag vom November 1978 ablösen. Die Beigeladenen zu 1) verpfändete mit Erklärung vom 9. Mai 1988 in Ersetzung früherer Verpfändungserklärungen Festgeldkonten bzw. Sparkassenbriefe im Wert von rund 180.000,00 DM zur Sicherung aller Forderungen der Bank gegen ihren Ehemann. Ferner gab sie Bürgschaftserklärungen gegenüber der Bank ohne zeitliche und betragsmäßige Beschränkung ab. Ohne die Sicherheitenstellung durch die Beigeladene zu 1) hätte die Expansion des Unternehmens nicht finanziert werden können. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum Leiterin aller 120 B-Filialen mit allen zu notwendigen Aufgaben, z. B. Logistik, Personalplanung, Dekoration der Filialen etc. Sie war auch allein verantwortlich für das gesamte Marketing, ferner alleinvertretungsberechtigt. Von ihrem Arbeitsentgelt wurde Lohnsteuer entrichtet. Es wurde als Betriebsausgabe gebucht.
Am 14. September 2005 beantragten die Beigeladenen zu 1) und 2) bei der Beklagten die Feststellung, dass die Beigeladene zu 1) im Zeitraum 1. Dezember 1983 bis 31. Dezember 1997 nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, sowie die Erstattung der zu Unrecht entrichtet Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Beigeladenen zu 1) sei ab diesen Zeitraum als faktische Geschäftsführerin des Unternehmens ihres Ehemannes tätig gewesen. Ihr habe die kaufmännische und technische Leitung des Unternehmens oblegen. Das Beschäftigungsverhältnis sei aufgrund familienhafte Rücksichtsnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu ihren Ehemann geprägt gewesen. Der schriftliche Arbeitsvertrag sei in letzter Konsequenz in der Realität nicht gelegt worden. Die Arbeitszeit habe die Beigeladene zu 1) frei gestalten können. Die tatsächliche Arbeitszeit habe weit über der durchschnittlichen tariflichen Leistung gelegen. Die Urlaubsansprüche seien frei bestimmt und im Unternehmensinteresse realisiert worden. Nicht wahrgenommene Urlaubtage seien nicht abgegolten worden. Sie habe keinem Weisungsrecht ihres Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Ort und Art ihrer Beschäftigung unterlegen und sei nicht in die vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Die Gestaltung ihrer Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Wohl und Gedeih des Unternehmens abhängig gewesen. Sie habe auch ein unternehmerisches Risiko getragen, da sie Bürgschaften und Sicherheiten in Höhe von 181.500,00 DM gestellt habe. Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Klägerin ein. Diese schrieb unter dem 22. Februar 2006, die Beigeladene zu 1) als versicherungspflichtig anzusehen. Diese Antwort reichte die Beklagte mit Schreiben vom 6. März 2006 an die Beigeladenen zu 1) und 2) weiter.
Mit Bescheid vom 15. April 2006 stellte die Beklagte fest, dass die Beigeladene zu 1) ab 1. Dezember 1983 nicht versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt (innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe). Die Beklagte übersandte der Klägerin diesen Bescheid zusammen mit einem Erstattungsantrag mit Schreiben vom 24. April 2006 (Eingang: 25. April 2006).
Hiergegen hat die Klägerin am 6. Juli 2006 beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben. Sie hat zur Begründung u. a. ausgeführt, davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1) die Bürgschaft als Ehepartner unterschrieben habe.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Engagement der Beigeladene zu 1) habe mehr einem eigenen denn einem fremden Unternehmen gegolten. Allein aufgrund ihres erheblichen Unternehmerrisikos habe sie ein Mitspracherecht bei strategischen Entscheidungen des Firmeninhabers gehabt.
Das SG hat mit Urteil vom 15. Februar 2008 den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2006 insoweit aufgehoben, als darin festgestellt wurde, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Firma ihres Ehemannes "D" vom 1. Dezember 1983 bis zum 31. Dezember 1997 nicht rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Es hat festgestellt, dass sie in dieser Zeit rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Zur Begründung hat das u. a. ausgeführt, dass nach den einschlägigen Maßstäben des Bundessozialgerichtes (BSG) zur Frage einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) im streitgegenständlichen Zeitraum eine abhängige Beschäftigung der Beigeladene zu 1) in der Firma ihres Ehemannes vorgelegen habe. Die wesentlichen Inhalte des Arbeitsvertrages – die geschuldete Tätigkeit in der Leitung des Filialwesens und im Verkauf – sowie die regelmäßige Zahlung des Arbeitsentgeltes seien erbracht worden. Die Tätigkeiten der Beigeladene zu 1) hätten im Wesentlichen der Tätigkeitsbeschreibung im Anstellungsvertrag entsprochen, so dass nicht ersichtlich sei, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den rechtlichen wesentlich abwichen. Das Gehalt der Beigeladenen habe auch der besonderen Verantwortung ihrer leitenden Position entsprochen. Es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Zahlungen nicht als Gegenleistung für die geleistete Arbeit sondern als Gewinnanteil anzusehen seien. Ihre Sichtweise entspreche auch der steuerrechtlichen Behandlung dieser Zahlungen. Ihre weitgehende Weisungsfreiheit stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Bei Diensten höherer Art, welche im vorliegenden Fall aufgrund der Leitungstätigkeit vorlägen, sei die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers durch eine funktionell dienende Teilhabe am Arbeitsprozess gekennzeichnet. Zudem sei zu berücksichtigen, dass allein die Einschränkung der Weisungsgebundenheit unter Familienangehörigen nicht geeignet sei, dass Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zu verneinen. Ein völliges Fehlen einer Weisungsgebundenheit – auch in Form einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess – sei nicht festzustellen. Die Beigeladene zu 1) habe vielmehr die ihr übertragenden Funktionen vertragsgemäß ausgeübt. An ihrer Stelle hätte andernfalls eine andere Arbeitskraft eingesetzt werden müssen. Die Stellung der Sicherheiten durch die Beigeladene zu 1) sei nicht Ausdruck der Übernahme eines unternehmerischen Risikos, da die Einbeziehung von Ehegatten von Einzelunternehmen bei der Vergabe von Krediten üblich sei. Da die Beigeladene zu 1) keine Anteile am Unternehmen des Ehemannes und auch kein Allein- oder Miteigentum an Anlage- oder Umlaufvermögen gehabt habe, sei eine Übernahme eines unternehmerischen Risikos nicht in einem Maß ersichtlich, welches über die durch die Ehe bedingte mittelbare Beteiligung am Erfolg bzw. Misserfolg des Unternehmens hinaus ging. Gegen die Annahme einer Ehegattinnengesellschaft spreche, dass die nach außen dokumentierten rechtlichen Vereinbarungen über die Ausgestaltung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) im Betrieb des Ehemannes alle auf das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung deuteten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beigeladenen zu 1) und zu 2). Die Beigeladene zu 1) sei nicht nur für die "Leitung des Filialwesens/Verkauf" zuständig gewesen sondern für die komplette kaufmännische Leitung des Unternehmens. Sie sei maßgeblich am Aufbau des Unternehmens beteiligt und eigenverantwortlich für die Expansion zuständig gewesen. Ihr Ehemann wäre hingegen der technische Leiter der Warenproduktion gewesen. Die Beigeladene zu 1) sei aufgrund ihrer Fachkenntnisse und ihrer Eigenschaft als kaufmännische Geschäftsleiterin keinerlei Weisungsrechten ihres Ehemannes hinsichtlich Dauer, Zeit, Ort und Art ihrer Beschäftigung ausgesetzt gewesen. Die Gestaltung der Arbeitszeit sei allein von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Wohn- und Gedeih des Unternehmens abhängig gewesen. Sie sei nicht in die vorgegebene Betriebsordnung eingegliedert gewesen. Als kaufmännische Geschäftsleiterin habe sie vielmehr die Betriebsordnung vorgegeben. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich auch bei der Gründung der GmbH widergespiegelt, an der die Berufungsklägerin zu 1) mit aktuell noch 39 % der Stimmanteile maßgeblich beteiligt und zudem Geschäftsführerin sei.
Das SG habe rechtsfehlerhaft ein Unternehmerrisiko verneint. Hingegen habe das BSG beispielsweise im Urteil vom 17. Mai 2001 (B 12 KR 34/00 R) festgestellt, dass die Übernahme von Bürgschaften bzw. Gewährung von Darlehen in einem (Ehegatten-) Beschäftigungsverhältnis bzw. abhängigen Arbeitsverhältnis gerade nicht typisch sei. Die Übernahme von Bürgschaften deute auf ein unternehmerisches Interesse hin (Bezugnahme auf Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. November 2004 – L 12 AL 1/04). Die von der Beigeladenen zu 1) gewährten unbeschränkten selbstschuldnerischen Bürgschaften und die Verwendung von 181.500,00 DM entsprächen dem mehrfachen ihres Jahresgehaltes und stellten daher ein beträchtliches unternehmerisches Risiko dar. Rechtsfehlerhaft habe das SG schließlich angeführt, dass die steuerliche Behandlung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche. Hingegen habe das Kriterium der steuerlichen Behandlung des Arbeitsentgeltes allenfalls eine schwache Indizwirkung für eine Sozialversicherungspflicht. Steuer- und Sozialversicherungsrecht seien nicht deckungsgleich. In einem fast identischen Fall habe das Sozialgericht Koblenz ausgeführt, dass die steuerrechtliche Behandlung regelmäßig keinen Rückschluss auf das sozialversicherungsrechtlich zu Beurteilende zulasse (Urteil vom 5. Oktober 2006 – S 11 KR 368/05).
Die Beigeladene zu 1) sei auch Vorstandsvorsitzende eine Kstiftung und Aufsichtsratmitglied der V und Mitglied weiterer Gremien und Organisationen.
Die Beigeladene zu 1) und 2) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Würdigung der Indizien eines unternehmerischen Risikos durch das SG für unzureichend. Die Beigeladene zu 1) habe stets als "Arbeitgeber" agiert. Ihre Tätigkeit gehe weit über die Ausgestaltung eines vergleichbaren Arbeitsverhältnisses hinaus. Die Beigeladene zu 1) habe über die Stellenbeschreibung hinaus diverse Tätigkeiten selbstständig initiiert und begleitet.
Auf die den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten konnte durch den Berichterstatter im schriftlichen Verfahren entschieden werden § 155 Abs. 3 und 4, § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auf die Begründung im angegriffenen Urteil gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Klage ist als Kombination von Anfechtungsklage und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig und begründet.
Vor Erhebung der Anfechtungsklage bedurfte es keines Vorverfahrens, weil die Klägerin ein Versicherungsträger nach der Ausnahmevorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. SGG ist.
Die Klägerin ist auch klagebefugt, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Sie macht geltend, durch den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2005 in eigenen Rechten verletzt zu sein. Ist der Verwaltungsakt wie hier gegenüber einem Dritten ergangen, ist eine Rechtsverletzung möglich, sofern zumindest mittelbar eigene rechtliche Interessen der Klägerin betroffen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rdnr. 14 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, BSGE 61, 27). Eine solche rechtliche Beschwer der Klägerin erscheint jedenfalls möglich. Die Feststellungen der Beklagten zur Versicherungsfreiheit haben Auswirkung auf deren Beitragsansprüche.
Die Klage ist auch fristgemäß erhoben. Die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG beginnt gemäß § 66 Abs. 1 SGG nur dann zu laufen, wenn der "Beteiligte" über den Rechtsbehelf schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Die Klägerin ist Beteiligte, auch wenn sie als mittelbare Bundesverwaltung keiner Rechtsmittelbelehrung bedarf. Beteiligte sind nämlich nach § 69 SGG (alle) Kläger. Statt der Monatsfrist hat deshalb gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG eine Jahresfrist seit Bekanntgabe gegolten. Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Klagerechts sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die Klage hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch SGB VI ). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob ein Arbeitnehmer abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 1 BvR 21/96 SozR 3 2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung entstehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechtes unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abgedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 8. August 1990 11 RAr 77/89 SozR 3 2400 § 7 Nr. 4 Seite 14, und vom 8. Dezember 1994 11 RAr 49/94 SozR 3 4100 § 168 Nr. 18 Seite 45; so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 B 12 KR 30/04 R juris).
Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH Geschäftsführer BSG, a. a. O.).
Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 12 RK 72/92 NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 12 BK 98/94 ).
Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 B 7 AL 34/02 R USK 2002 - 42).
Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8).
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat angeschlossen hat, ist ferner bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z. B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird, oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 7 RAr 25/86 BB 1989, 72; vom 14. Dezember 1999 B 2 U 48/98 R USK 9975).
Für abhängige Beschäftigung spricht hier, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestanden und die Beigeladene zu 1) eine regelmäßige Zahlung unabhängig von der Ertragslage des Betriebes erhalten hat. Für sie ist Lohnsteuer abgeführt und das Gehalt als Betriebsausgabe hat den Erlös des Unternehmens vermindert. Bloße familienhafte Mitarbeit scheidet angesichts der Höhe der regelmäßigen Bezüge aus. Ganz allgemein müssen und können sich Eheleute oder andere (Geschäfts-)Partner an die von ihnen gewählte Vertragsgestaltung auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht festhalten lassen. Es unterliegt nicht ihrer Disposition, die Wirkungen des Vertragsverhältnisses nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (BSG - Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -).
Es ist auch nach dem Vortrag der Eheleute nicht so, dass die Beigeladene zu 1) nach eigenem Gutdünken wie eine Alleingeschäftsführerin auftreten konnte und kann. Sie war für den kompletten kaufmännischen Bereich zuständig. Im Innen- wie im Außenverhältnis war allerdings allein ihr Ehemann als Alleininhaber des Einzelunternehmens zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Rein rechtlich hatte die Beigeladene zu 1) keinen Einfluss auf ihren Ehemann. Dass sie Geschäftsangelegenheiten einvernehmlich regelten und regeln, ist nach den vorgenannten Grundsätzen nicht ausschlaggebend. Ganz allgemein kann ein ständig und dauerhaft bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.
Das Risiko, das durch die Stellung von Sicherheiten geprägt ist demgegenüber nicht so gewichtig, dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung nicht mehr überwögen. Dem Umstand, dass für den Ehepartner gebürgt wird, bzw. für Unternehmensdarlehen mitgehaftet wird, kommt regelmäßig und auch hier trotz des hohen Umfangs keine entscheidende Bedeutung zu, da die Gewährung von Darlehen bzw. Sicherheiten unter Familienangehörigen mit der Gewährung eines Darlehens oder einer Sicherheit durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht zu vergleichen ist; Familienmitglieder haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt (ständige Rechtsprechung des Senat unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2010 - L 11 KR 2460/09- juris).
Die Beigeladene zu 1) mag die treibende Kraft hinter der Expansion des Unternehmens "D gewesen sein. In rechtlicher – und auch tatsächlicher – Hinsicht ist das Unternehmen jedoch nach wie vor von ihrem Ehemann betrieben worden. Auch das Engagement der Beigeladene zu 1) über den eigentlichen Betrieb hinaus ist kein Kriterium an der Abgrenzung für § 7 Abs. 1 SGB IV.
Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Urteil des Senats vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -). § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz ungeachtet dessen auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An einem solchen fehlt es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gibt oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage nur zur Aufhebung der eine Versicherungspflicht verneinenden Bescheide der Beklagten und nicht umgekehrt automatisch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen aus deren Sicht begünstigender Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -). Die Klage ist aus den soeben ausgeführten Gründen auch begründet.
Die Kostenentscheidung richtet sich für das zweitinstanzliche Verfahren nach § 193 SGG. § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist in diesem Rechtszug nicht einschlägig, weil die Beigeladene zu 1), die Berufungsklägerin zu 1), als Versicherte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehört. Die Entscheidung entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die grundsätzlichen Kriterien sind von der Rechtsprechung geklärt.
Rechtskraft
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