L 28 AS 1253/10 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 41 AS 1316/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 1253/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 11. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).

Die 1962 geborene, zeitweilig unter Betreuung stehende Antragstellerin bezog seit Januar 2005 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zuletzt bewilligte die Antragsgegnerin ihr bis einschließlich März 2010 Leistungen. Nachdem im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin aufgrund einer seelischen Störung für die Dauer von mehr als sechs Monaten als auf unter drei Stunden täglich gesunken angesehen worden war, hob die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung mit Wirkung zum 01. November 2009 auf. Die Stadt P als Sozialhilfeträgerin erklärte im Verfahren vor der Einigungsstelle ihre Bereitschaft, den Fall zu übernehmen. Im Folgenden lehnte sie die Bewilligung von Leistungen jedoch - wohl unter Hinweis auf vorrangig einzusetzendes Vermögen - ab.

Mit ihrem am 23. April 2010 beim Sozialgericht Potsdam eingegangenen Antrag hat die seinerzeit anwaltlich vertretene Antragstellerin die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Leistungsbewilligung begehrt. Mit Beschluss vom 11. Mai 2010 hat das Sozialgericht Potsdam den Erlass der einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen darauf verwiesen, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht sei. Es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht erwerbsfähig sei. Aufgrund der Entscheidung der Einigungsstelle sei eine vorläufige Leistungspflicht der Antragsgegnerin nach § 44a Abs. 1 Satz 3 SGB II ausgeschlossen.

Gegen diesen, ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten am 19. Mai 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13. Juli 2010 durch die Antragstellerin eingelegte Beschwerde. Am selben Tage hat sie auch die Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie etwa zwei Wochen nach dem 25. Mai 2010 bei ihrem Rechtsanwalt gewesen sei, der ihr eine Kopie seines Schreibens vom 25. Mai 2010 an das Sozialgericht Potsdam ausgehändigt habe. Bei dieser Gelegenheit habe er ihr erklärt, in der Sache nichts für sie tun zu können. Weiter hat die Antragstellerin Erwägungen zu einer möglichen Erkrankung, zu einer eventuellen Sehschwäche und zu einem nicht auszuschließenden Drogenkonsum ihres Bevollmächtigten, zu einem wegen möglicher Homosexualität erschwerten Verhältnis zwischen ihnen, zur ungewöhnlichen Schreibweise seines Namens sowie zu einer eventuell nicht sachgerechten Bearbeitung eines Posteingangs in seinem Büro angestellt.

Bei dem genannten Schreiben des Rechtsanwalts vom 25. Mai 2010 handelt es sich um einen an das Sozialgericht Potsdam gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Landeshauptstadt P. Es wird begehrt, die dortige Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der hiesigen Antragstellerin vorläufig Leistungen nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches zu gewähren. Zugleich wird darauf verwiesen, dass bereits im April 2010 angezeigt worden sei, dass hinsichtlich einer (zuvor als Vermögen angerechneten) Lebensversicherung ein Verwertungsausschluss vereinbart worden sei, sodass nunmehr die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung vorlägen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) als unzulässig zu verwerfen, weil sie nach Ablauf der Beschwerdefrist eingelegt wurde.

Gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Über diese Frist ist die Antragstellerin in dem angefochtenen Beschluss zutreffend belehrt worden.

Vorliegend ist der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Potsdam dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin - nach dem von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnis - am 19. Mai 2010 wirksam zugestellt worden (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 174 Abs. 1 und 2 Satz 1, Abs. 4 ZPO). Die oben bezeichnete Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde begann daher gemäß § 64 Abs. 1 SGG am 20. Mai 2010 und endete nach § 64 Abs. 2 und 3 SGG mit Ablauf des 21. Juni 2010 (Montag). Die Beschwerde ist jedoch erst am 13. Juli 2010 und damit verspätet beim Landessozialgericht eingegangen. Die Frist kann auch nicht im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fiktiv als gewahrt angesehen werden.

Nach § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Ein Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten steht dabei dem eines Beteiligten gleich (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 1 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO sowie BSG, Beschluss vom 06.12.2000 – B 3 P 14/00 RSozR 3-1500 § 67 Nr. 18).

Dass der die Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren vertretende Rechtsanwalt die Beschwerdefrist unverschuldet versäumt hätte, ist nicht anzunehmen. Im Gegenteil spricht – insbesondere mit Blick auf sein an das Sozialgericht Potsdam gerichtetes Schreiben vom 25. Mai 2010 – alles dafür, dass er sich bewusst dagegen entschieden hat, im hiesigen Verfahren Beschwerde einzulegen. Sachgerecht hatte er die Antragstellerin – wie sie selbst vorgetragen hat – darauf hingewiesen, dass er in der hiesigen Sache nichts für sie tun könne, da derzeit nicht von einer Leistungsberechtigung nach dem SGB II auszugehen sein und daher kein Leistungsanspruch gegen den Antragsgegner bestehen dürfte. Konsequenterweise hat er - statt im hiesigen Verfahren Beschwerde einzulegen - beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Trägerin der Sozialhilfe beantragt.

Die Ausführungen der Antragstellerin im Übrigen enthalten keine Gründe, die eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist rechtfertigen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved