Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 2 AS 294/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1513/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 12. Juli 2010 aufgehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren bei dem Sozialgericht Cottbus
Pro-zesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L bewilligt.
Gründe:
Die gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) gerichtete Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, obwohl im Hauptsacheverfahren, in dem die Klägerin die Aufhebung des Teilaufhebungsbescheides des Beklagten vom 30. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2009 (Teilaufhebung iH eines Betrages von 446,43 EUR bzw. 446,44 EUR für die Zeit vom 1. bis 31. August 2008) erstrebt, eine Berufung der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf. Mangels einer hinreichend objektivierbaren gegenteiligen Wertung des Gesetzgebers erfasst die durch § 172 Abs. 1 SGG grundsätzlich eröffnete Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen sozialgerichtliche Entscheidungen entsprechend dem Gebot der Rechtsmittelklarheit die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrages (mangels hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung) auch dann, wenn im Hauptsacheverfahren die Berufung nur nach Zulassung nach § 144 SGG statthaft ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. Januar 2010 - L 2 R 527/09 B -, juris mwN, aA.: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Mai 2009 – L 34 B 2136/08 AS PKH -, juris).
Die Beschwerde der Klägerin ist auch begründet.
Der – bedürftigen – Klägerin ist für die erstinstanzlich erhobene und statthafte isolierte Anfechtungsklage gegen den Teilaufhebungsbescheid des Beklagten vom 30. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2009 Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Die Rechtsverfolgung hat hinreichende Erfolgsaussichten (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -) schon deshalb, weil das Sozialgericht (SG) von Amts wegen noch weitere Ermittlungen zur Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts einzuholen haben wird. Der Klage kann schon vor diesem Hintergrund eine ausreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
Für die klärungsbedürftige Vorfrage, ob der Beklagte der Klägerin überhaupt wirksam Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Monat August 2008 bewilligt und gezahlt hat, kommt es u.a. darauf an, ob der zwischenzeitlich von der Klägerin getrennt lebende Ehemann J P auch für die Beantragung und Entgegennahme der entsprechenden für die Klägerin bestimmten (Individual-)Leistungen für August 2008 nach § 38 Satz 1 SGB II befugt war. Nach der genannten Vorschrift wird vermutet, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt (§ 38 Satz 2 SGB II). Die Vermutung erfasst alle Verfahrenshandlungen, die mit der Antragstellung und Entgegennahme der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Antrags dienen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 54/08 R = SozR 4-1500 § 71 Nr 2). Die gesetzliche Vermutung endet, sobald objektive Anhaltspunkte vorliegen, die gegen eine Bevollmächtigung sprechen, und der Leistungsträger hiervon Kenntnis hat (vgl. Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage § 38 Rn 7). Die Klägerin hat Beweis angeboten für die Tatsache, dass ihr Ehemann schon "Anfang" 2008 bzw. im April 2008 den Beklagten von dem Getrenntleben in Kenntnis gesetzt habe, und zwar durch Vernehmung des Ehemanns als Zeugen. Das SG wird daher neben der Würdigung des Akteninhalts den Ehemann als Zeugen zu vernehmen haben, um abschließend Feststellungen dazu treffen zu können, ob die Klägerin im August 2008 tatsächlich noch in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann – dem Antragsteller der Leistungen - lebte, oder – falls dies nicht mehr der Fall gewesen sein sollte – der Beklagte hiervon erst später Kenntnis erlangt hatte. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung kommt insoweit auch im PKH-Verfahren nicht in Betracht. Sollten im Ergebnis der Beweisaufnahme die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung von § 38 SGB II feststellbar sein, wäre der Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) indes berechtigt und verpflichtet gewesen, die Bewilligung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an (teilweise) aufzuheben. Die Regelung erfasst gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X auch die Anrechung von Einkommen auf zurückliegende Zeiträume. Ein Ermessen ist dem Beklagten insoweit nicht eingeräumt (vgl. § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Die Erstattungspflicht der Klägerin folgte dann aus § 50 Abs. 1 SGB X.
Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Pro-zesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L bewilligt.
Gründe:
Die gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) gerichtete Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, obwohl im Hauptsacheverfahren, in dem die Klägerin die Aufhebung des Teilaufhebungsbescheides des Beklagten vom 30. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2009 (Teilaufhebung iH eines Betrages von 446,43 EUR bzw. 446,44 EUR für die Zeit vom 1. bis 31. August 2008) erstrebt, eine Berufung der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf. Mangels einer hinreichend objektivierbaren gegenteiligen Wertung des Gesetzgebers erfasst die durch § 172 Abs. 1 SGG grundsätzlich eröffnete Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen sozialgerichtliche Entscheidungen entsprechend dem Gebot der Rechtsmittelklarheit die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrages (mangels hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung) auch dann, wenn im Hauptsacheverfahren die Berufung nur nach Zulassung nach § 144 SGG statthaft ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. Januar 2010 - L 2 R 527/09 B -, juris mwN, aA.: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Mai 2009 – L 34 B 2136/08 AS PKH -, juris).
Die Beschwerde der Klägerin ist auch begründet.
Der – bedürftigen – Klägerin ist für die erstinstanzlich erhobene und statthafte isolierte Anfechtungsklage gegen den Teilaufhebungsbescheid des Beklagten vom 30. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2009 Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Die Rechtsverfolgung hat hinreichende Erfolgsaussichten (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -) schon deshalb, weil das Sozialgericht (SG) von Amts wegen noch weitere Ermittlungen zur Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts einzuholen haben wird. Der Klage kann schon vor diesem Hintergrund eine ausreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
Für die klärungsbedürftige Vorfrage, ob der Beklagte der Klägerin überhaupt wirksam Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Monat August 2008 bewilligt und gezahlt hat, kommt es u.a. darauf an, ob der zwischenzeitlich von der Klägerin getrennt lebende Ehemann J P auch für die Beantragung und Entgegennahme der entsprechenden für die Klägerin bestimmten (Individual-)Leistungen für August 2008 nach § 38 Satz 1 SGB II befugt war. Nach der genannten Vorschrift wird vermutet, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt (§ 38 Satz 2 SGB II). Die Vermutung erfasst alle Verfahrenshandlungen, die mit der Antragstellung und Entgegennahme der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Antrags dienen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 54/08 R = SozR 4-1500 § 71 Nr 2). Die gesetzliche Vermutung endet, sobald objektive Anhaltspunkte vorliegen, die gegen eine Bevollmächtigung sprechen, und der Leistungsträger hiervon Kenntnis hat (vgl. Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage § 38 Rn 7). Die Klägerin hat Beweis angeboten für die Tatsache, dass ihr Ehemann schon "Anfang" 2008 bzw. im April 2008 den Beklagten von dem Getrenntleben in Kenntnis gesetzt habe, und zwar durch Vernehmung des Ehemanns als Zeugen. Das SG wird daher neben der Würdigung des Akteninhalts den Ehemann als Zeugen zu vernehmen haben, um abschließend Feststellungen dazu treffen zu können, ob die Klägerin im August 2008 tatsächlich noch in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann – dem Antragsteller der Leistungen - lebte, oder – falls dies nicht mehr der Fall gewesen sein sollte – der Beklagte hiervon erst später Kenntnis erlangt hatte. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung kommt insoweit auch im PKH-Verfahren nicht in Betracht. Sollten im Ergebnis der Beweisaufnahme die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung von § 38 SGB II feststellbar sein, wäre der Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) indes berechtigt und verpflichtet gewesen, die Bewilligung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an (teilweise) aufzuheben. Die Regelung erfasst gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X auch die Anrechung von Einkommen auf zurückliegende Zeiträume. Ein Ermessen ist dem Beklagten insoweit nicht eingeräumt (vgl. § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Die Erstattungspflicht der Klägerin folgte dann aus § 50 Abs. 1 SGB X.
Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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