L 16 R 639/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 R 6323/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 639/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juni 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der dem Kläger gewährten Altersrente (AR) für langjährig Versicherte.

Der 1943 in Rumänien geborene Kläger ist französischer Staatsbürger. Er war vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1985 und vom 1. April 1987 bis 31. Dezember 1990 in der französischen allgemeinen Rentenversicherung () versichert. In Deutschland legte der Kläger rentenrechtliche Zeiten vom 1. September 1960 bis 6. Juni 1974 und vom 15. Dezember 1990 bis 9. Dezember 1992, vom 9. Februar 1993 bis 12. Oktober 1993, vom 22. Oktober 1993 bis 6. Dezember 1996, vom 9. Dezember 1996 bis 30. Juni 1998, vom 21. Juli 1998 bis 30. November 2006 zurück (193 Monate Beitragszeiten und 70 Monate Anrechnungszeiten). Auf die Versicherungsverläufe vom 24. Juli 2002 und vom 8. Dezember 2006 wird Bezug genommen. Seit 1. Juli 2006 bezieht der Kläger vom französischen Träger eine Rente (Zahlbetrag ab 1. Juli 2006 = monatlich 376,58 EUR; Auskunft der C vom 3. Oktober 2006). Daneben erhält der Kläger seit 1. Oktober 2006 eine Zusatzrente iHv vierteljährlich 448,83 EUR (Bescheinigung der G M vom 24. November 2006).

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß ab 1. Dezember 2006 AR für langjährig Versicherte (Zahlbetrag ab 1. Februar 2007 = 242,39 EUR monatlich), nachdem der AR-Antrag zunächst abgelehnt worden war (Bescheid vom 21. August 2006). Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahrs minderte sie den Zugangsfaktor für 24 Kalendermonate um jeweils 0,003, also um 0,072 (Abschlag von 7,2 vH), so dass der Zugangsfaktor 0,928 betrug. Im Ergebnis stellte sie 5,6431 (6,0809 x 0,928) Entgeltpunkte (EP) und 5,2733 (5,6824 x 0,928) EP-Ost in die Rentenberechnung ein. Dabei verwies die Beklagte darauf, dass die AR unter Berücksichtigung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO 1408/71), und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO 1408/71 (VO 574/72) festgestellt worden sei. Da ein Rentenanspruch allein aus den nach deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten nicht bestehe, sei eine zwischenstaatliche Berechnung vorzunehmen. Mit seinem – erfolglosen – Widerspruch begehrte der Kläger höhere AR, die sich aus dem Verhältnis des Anteils seiner deutschen Versicherungszeiten an seinem gesamten Versicherungsleben zur Rente eines deutschen "Eckrentners" ergeben müsse (Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2007).

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung höherer AR gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. Juni 2010 abgewiesen. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf höhere AR. Insoweit werde auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen. Im Übrigen habe die Beklagte auch zutreffend den Zugangsfaktor um 0,072 gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2a Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) gemindert.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf seine Berufungsschrift vom 12. Juli 2010 wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 8. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. Dezember 2006 höhere Altersrente für langjährig Versicherte zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 SGG).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf höhere AR für langjährig Versicherte für die Zeit ab 1. Dezember 2006. Die Beklagte hat die monatlichen Werte des Rechts des Klägers auf AR insoweit beanstandungsfrei festgesetzt.

Maßgebend sind die bei Beginn der AR (1. Dezember 2006) geltenden Vorschriften des SGB VI, da über einen Rentenanspruch im Erstfeststellungsverfahren zu befinden ist (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Gemäß § 36 SGB VI in der bis 31. Dezember 2007 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung (alter Fassung – aF -) haben Versicherte Anspruch auf AR für langjährig Versicherte, wenn sie das 62. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. § 236 Abs. 1 Satz 1 aF bestimmte insoweit, dass Versicherte, die – wie der Kläger – vor dem 1. Januar 1948 geboren sind, Anspruch auf diese AR haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Die Altersgrenze von 63 Jahren wurde für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, angehoben (§ 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI aF). Die vorzeitige Inanspruchnahme der AR war möglich, wobei sich die Anhebung der Altersgrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der AR nach Anlage 21 bestimmte. Für den Kläger ergab sich danach die von ihm auch genutzte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der AR ab Vollendung seines 63. Lebensjahres.

Der Kläger hat allerdings nur nach Art. 45 Abs. 1 VO 1408/71, dh unter Berücksichtigung französischer Versicherungszeiten, Anspruch auf die deutsche AR für langjährig Versicherte. Denn nur mit den deutschen rentenrechtlichen Zeiten (ingesamt 263 Monate) wird die Wartezeit von 420 Monaten (35 Jahren) nicht erfüllt. Dass der Kläger damit, wie er augenscheinlich meint, als französischer Staatsbürger von der deutschen AR für langjährig Versicherte ausgeschlossen wäre, trifft schon deshalb nicht zu, weil seine französischen Versicherungszeiten ihm gerade zur Erfüllung der erforderlichen Wartezeit verhelfen. Bei einer Wartezeiterfüllung nach Art. 45 Abs. 1 VO 1408/71 ist im ersten Schritt nach Art. 46 Abs. 2a Satz 1 VO 1408/71 der "theoretische Rentenbetrag" zu berechnen, auf den der Kläger Anspruch hätte, wenn er alle in Mitgliedstaaten (hier Frankreich und Deutschland) zurückgelegten Versicherungs- und (was hier nicht in Betracht kommt) Wohnzeiten nur in Deutschland und nach dem für die Beklagte im Zeitpunkt der Leistungsfeststellung geltenden Recht zurückgelegt hätte. Diesen "theoretischen Betrag" hat die Beklagte unter Anwendung von Art. 47 Abs. 1c VO 1408/71 zutreffend berechnet, indem sie den französischen nach Maßgabe der Verdrängungsvorschriften berücksichtigungsfähigen (vgl. Art. 15 Abs. 1b, 1c und 1d VO 574/72) Beitragszeiten EP zugeordnet hat, die dem Durchschnittswert der EP für deutsche Beitragszeiten entsprechen, dh für 281 Monate französische Beitragszeiten 15,9046 EP (0,0566 (10,9234 EP: 193 Monate deutsche Beitragszeiten) x 281 französische Beitragsmonate). Für den "theoretischen Betrag" sind neben den EP für deutsche Beitragszeiten (10,9234) die wie dargestellt ermittelten EP für französische Beitragszeiten (15,9046), EP für beitragsfreie deutsche Zeiten (0,7848) und zusätzliche EP für beitragsgeminderte deutsche Zeiten (0,0551) zu berücksichtigen, mithin 27,6679 EP. Für den sodann nach Art. 46 Abs. 2b VO 1408/71 zu errechnenden "geschuldeten Betrag" sind die EP des "theoretischen Betrags" nach dem Verhältnis (pro rata) der für die jeweiligen Zeiten ermittelten EP aufzuteilen. Das Verhältnis der Summe der EP aus den deutschen Zeiten des Klägers zur Summe der EP aus den deutschen und französischen Zeiten beläuft sich auf 0,425160 (11,7633 EP: 27,6679 EP), woraus sich 11,7633 EP (27,6679 EP x 0,425160) für die deutsche AR ergeben. Eine zwischenstaatliche Berechnung nach Maßgabe der seit 1. Mai 2010 geltenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO 883/2004) und der hierzu ergangenen Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO 883/2004 (VO 987/2009) hatte vorliegend nicht zu ergehen, weil eine Feststellung nach neuem Recht nur dann zu erfolgen hat, wenn vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO 987/2009 für einen Rentenantrag noch keine Feststellung erfolgt ist (vgl. Art. 94 Abs. 1 Satz 1 VO 987/2009) oder nach dem Inkrafttreten der VO 987/2009 ein Rentenantrag gestellt wird und in einem anderen Mitgliedstaat bereits eine Rente für denselben Versicherungsfall festgestellt wurde (vgl. Art 94 Abs. 2 VO 987/2009). Beides ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat bislang auch keinen Antrag nach Art. 87 Abs. 5 VO 883/2004 auf Neufeststellung seiner AR nach der VO 883/2004 gestellt, so dass eine entsprechende überprüfbare Verwaltungsentscheidung ohnehin nicht vorliegt. Die für die deutsche AR des Klägers demgemäß nach dem bis 30. April 2010 geltenden zwischenstaatlichen Recht ermittelten 11,7633 EP (davon 5,8624 EP-Ost) sind nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a SGB VI mit einem für jeden Kalendermonat vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze um 0,003 niedriger als 1,0 anzusetzenden Zugangsfaktor zu multiplizieren. Vorliegend beläuft sich der Zugangsfaktor auf 0,928 (1,0 abzgl. 0,072). Die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente mit Absenkung des Zugangsfaktors führt zu einer geringeren Rentenhöhe. Denn der Zugangsfaktor als Berechnungselement der persönlichen EP vgl. § 63Abs. 6, § 64 Nr. 1 SGB VI beträgt für EP, die noch nicht Grundlage von persönlichen EP einer Rente waren, gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bei AR grundsätzlich 1,0. Bei AR, die frühzeitig in Anspruch genommen werden, ist der Zugangsfaktor jedoch gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a SGB VI für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0. Mit der um 24 Monate vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrente war der Zugangsfaktor mithin um 24 x 0,003 (also um 0,072 (Minderung um 7,2 vH)) zu verringern. Dadurch wurde der Zugangsfaktor von 1,0 auf 0,928 abgesenkt. Eine Vertrauensschutzregelung zum abschlagsfreien Bezug der AR kommt dem Kläger nicht zugute. § 236 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 SGB VI aF sieht eine Anhebung der Altersgrenze (nur) für Versicherte vor, die vor dem 1. Januar 1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben; die zweite Alternative der Vertrauensschutzregelung (bei Bezug von Vorruhestandsgeld oder Überbrückungsgeld der Seemannskasse) kommt für den Kläger von vornherein nicht in Betracht. Der Kläger ist aber nach dem 31. Dezember 1941 geboren, so dass auch die Regelung des § 236 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht zum Tragen kommt. Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme der AR für langjährig Versicherte (§ 236 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB VI iVm der Anlage 21 zum SGB VI aF iVm § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a SGB VI) und die Vertrauensschutzregelung aufgrund von 45 Jahren mit Pflichtbeiträgen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI aF) verstoßen nicht gegen das Grundgesetz (GG). Sie stellen eine zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar und verletzen nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG (vgl BSG, Urteil vom 19. November 2009 – B 13 R 5/09 R – juris). Das Gericht legt insoweit seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zugrunde. Das BSG hat in der zitierten Entscheidung hierzu im Einzelnen Folgendes ausgeführt (vgl Urteilsabdruck juris RdNr 29ff): "Dass die in den Abschlagsregelungen liegende Einschränkung der Rentenanwartschaft verfassungsmäßig ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 Abs 3 SGB VI iVm § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 2a SGB VI entschieden (vgl BVerfG vom 11.11.2008, 1 BvL 3/05 ua, BGBl I 2008, 2792; DVBl 2009, 117; vom 5.2.2009, 1 BvR 1631/04, NZS 2009, 621 mwN; hierzu auch Senatsurteil vom 5.5.2009, B 13 R 77/08 R, ArbuR 2009, 371). Für die Einschränkung der Rentenanwartschaft bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte gilt entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes. Die mit dem Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989 (BGBl I 2261) eingeführte Verlängerung der Lebensarbeitszeit (vgl BT-Drucks 11/4124, S 144) durch eine schrittweise Anhebung der Altersgrenzen (§ 41 Abs 1 und 2 SGB VI idF des RRG 1992) betraf die Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit (§ 38 SGB VI) für Frauen (§ 39 SGB VI) und für langjährig Versicherte (§ 36 SGB VI). Die damit verbundenen Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrenten durch die Einführung des Zugangsfaktors (§ 77 Abs 2 Nr 1 SGB VIidF des RRG 1992) dienten dem Ziel des gesamten Reformvorhabens, namentlich der Kostenneutralität vorgezogener Rentenleistungen und dem Gemeinwohlzweck der Stabilisierung der Finanzen in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl BVerfG vom 11.11.2008, 1 BvL 3/05 ua, Juris RdNr 81 f; vom 5.2.2009, 1 BvR 1631/04, Juris RdNr 15 mwN). Im Rahmen seines Gestaltungsermessens durfte der Gesetzgeber den Zugangsfaktor nach den von ihm gewählten versicherungsmathematischen Berechnungen für die gesamte Dauer des Rentenbezugs kürzen. Eine für die Versichertengemeinschaft kostenneutrale Leistung bei vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten war nur durch dauerhafte Rentenkürzungen gewährleistet. Die Belastung der Bezieher vorzeitiger Altersrenten ist auch nicht unverhältnismäßig; den Abschlägen stehen die Vorteile eines früheren Ruhestandes gegenüber (vgl BVerfG vom 11.11.2008, 1 BvL 3/05 ua, Juris RdNr 83 ff; vom 5.2.2009, 1 BvR 1631/04, Juris RdNr 17 f; hierzu auch Senatsurteil vom 5.5.2009, B 13 R 77/08 R, Juris RdNr 20). Die Abschlagsregelungen bei vorzeitigem Altersrentenbezug verletzen auch nicht den Grundsatz des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes. Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand von Modalitäten des im Jahre 1992 angelegten langfristigen Übergangskonzepts zur Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente für langjährig Versicherte - wonach für den Geburtsjahrgang des Klägers (1938) und einem Rentenbeginn zum 1.1.2002 geringere Rentenabschläge vorgesehen waren (§§ 36, 41 Abs 2, 77 Abs 2 Nr 1 SGB VI idF RRG 1992; BT-Drucks 11/4124, S 24, 163; vgl auch Beenen/Hannen, LVA Rheinprovinz 1998, 413 f; Löns, NZS 1998, 461 - konnte nicht entstehen. Denn es war absehbar, dass dieses Übergangskonzept an die Finanzentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst werden musste. Dies geschah durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461) , mit dem die Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente für langjährig Versicherte vorverlegt und beschleunigt wurde (§ 41 Abs 3 SGB VIiVm der Anlage 21 idF des WFG) Für rentennahe Jahrgänge (vor dem 1.1.1942 Geborene) wurde dem Vertrauensschutz durch den zum 1.1.2000 durch das RRG 1999 eingeführten § 236 Abs 2 SGB VI Rechnung getragen (vgl Götz/Stahl/Wollschläger, DRV 1998, S 2, 4 f). Diese Regelung sollte langjährig Versicherten der Geburtsjahrgänge vor 1942 die durch das RRG 1992 festgelegte günstigere Anhebung der Altersgrenzen erhalten (vgl BT-Drucks 13/8011, S 62; zum Vertrauensschutz bei der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bzw nach Altersteilzeitarbeit vgl BVerfG vom 11.11.2008, 1 BvL 3/05 ua, Juris RdNr 89; vom 5.2.2009, 1 BvR 1631/04, Juris RdNr 19 ff; zur Gesetzeshistorie von § 237 SGB VI vgl auch BSG vom 25.2.2004, BSGE 92, 206, 208 f = SozR 4-2600 § 237 Nr 1, RdNr 13 ff; Senatsurteil vom 5.8.2004, B 13 RJ 40/03 R, SozR 4-2600 § 237 Nr 6, RdNr 28 ff) ; wenn der Kläger die insoweit geltenden Voraussetzungen nicht erfüllt (s hierzu oben bei 2.), ist auch dies verfassungsgemäß Die dauerhaften Abschläge bei vorzeitigem Bezug der Altersrente für langjährig Versicherte verstoßen auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG. Von vornherein trägt ein Vergleich mit jenem Personenkreis nicht, der bei gleichen EP eine ungekürzte Altersrente bezieht. Der Rentenkürzung liegt ein versicherungsmathematischer Ansatz zu Grunde, der die gesamte Versichertengemeinschaft erfasst; dieser berücksichtigt generalisierend und typisierend das individuelle Risiko, eine (abschlagsfreie) Altersrente kürzer oder länger in Anspruch zu nehmen. Eine individuelle Betrachtungsweise verbietet sich daher (vgl BVerfG vom 11.11.2008, 1 BvL 3/05 ua, Juris RdNr 92 ff)." Die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI idF des RRG 1999 ist mit Art. 3 Abs. 1 GG auch insofern vereinbar, als die Norm nur vor dem 1. Januar 1942 geborene Versicherte begünstigt, die 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufweisen, zu denen der Kläger schon wegen seines Geburtsdatums nicht zählt. Denn diese Regelung dient dem Vertrauensschutz der zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens (1. Januar 2000) rentennahen Jahrgänge, zu denen der Kläger nicht zählt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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