Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 81/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AS 114/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 150/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.11.2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat April 2008 zu Recht abgelehnt hat, weil die Klägerin in diesem Monat bedarfsdeckenden Arbeitsverdienst erzielt hat.
Die 1965 geborene, erwerbsfähige, alleinstehende Klägerin bezog zuletzt aufgrund eines Bescheides der Beklagten vom 22.11.2007 (Bewilligungszeitraum 01.12.2007 bis 31.08.2008) Leistungen nach dem SGB II i.H.v. monatlich 932,00 EUR.
Am 11.02.2008 schloss sie einen Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen I GmbH, E. Der elfseitige Arbeitsvertrag ist ein von dem Unternehmen vorformulierter Vertragstext. Nach § 3 des Vertrages begann "der Arbeitsvertrag" am 12.02.2008 und wurde bei sechsmonatiger Probezeit unbefristet abgeschlossen (§ 3 des Vertrages). Die Vergütung wurde nach § 6 Nr. 5 einschließlich etwaiger Zulagen, Zuschläge und Aufwandserstattungen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen monatlich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein vom "Mitarbeiter" anzugebendes Konto überwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.02.2008 teilte die Klägerin der Beklagten ohne weitere Angaben mit, sie melde sich mit sofortiger Wirkung ab. Mit weiterem Schreiben vom 01.03.2008 teilte sie mit, es gehe tatsächlich um die Einstellung des Leistungsbezuges; das habe die Sachbearbeiterin der Beklagten richtig erkannt. Die Gründe für diese Abmeldung seien ohne Mitwirkung der Beklagten entstanden. Daher gehe es die Beklagte auch nichts an; sie - die Klägerin - habe bewusst keine Gründe angegeben. Wesentlich sei nur die Abmeldung sowie die Einstellung des Leistungsbezuges durch die Beklagte.
Mit Bescheid vom 11.03.2008 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung ab dem 01.04.2008 auf.
Mit Schreiben vom 31.03.2008 kündigte die I GmbH das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum Ablauf des 04.04.2008; bis dahin wurde die Klägerin von der Arbeitsleistung freigestellt.
Ausweislich der Entgeltabrechnung des Arbeitgebers vom 16.04.2008 erzielte die Klägerin für März 2008 einen Nettoarbeitsverdienst von 1.910,38 EUR. Hinzu kam eine Auslagenerstattung von 13,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entgeltabrechnung Bezug genommen. Die Gesamtsumme (1.923,38 EUR) wurde der Klägerin ausweislich des Kontoauszuges der Deutschen Bank am 17.04.2008 auf ihrem Girokonto gutgeschrieben. Für Arbeitsleistungen im Februar 2008 hatte die Klägerin zuvor am 27.02.2008 eine Vorschusszahlung i.H.v. netto 706,65 EUR und am 19.03.2008 eine Restgehaltszahlung i.H.v. netto 486,44 EUR auf ihrem Girokonto gutgeschrieben erhalten.
Am 03.04.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten wiederum Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 25.06.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab. Im April 2008 habe das Einkommen der Klägerin ihren Bedarf (852,30 EUR für den Zeitraum 04. bis 30.04.2008) überstiegen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Die Klägerin legte Widerspruch ein mit der Begründung, sie habe ca. sieben Wochen im Rahmen eines Projektes für eine Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Der Projekteinsatz habe, wie vereinbart, am 31.03.2008 geendet. Die Gehaltszahlung sei erst im April erfolgt. Seit dem 05.04.2008 sei sie wieder arbeitslos. Vom sog. Zuflussprinzip habe sie erst Ende April durch Zufall erfahren. Hätte sie vor Arbeitsaufnahme davon gewusst, hätte sie auf einer monatsgerechten Bezahlung bestanden. Die Beklagte habe eindeutig gegen ihre Informationspflichten verstoßen. Daher bestehe für April 2008 ein Anspruch auf Leistungen. Sollte dem nicht entsprochen werden, nehme sie die Beklagte für die Zeit vom 05. bis 30.04.2008 auf Schadensersatz "in Regress"; dies gelte auch, sofern ihr durch die verweigerten Leistungen für April Nachteile in der Sozialversicherung entstehen sollten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das im April zugeflossene Märzeinkommen der Klägerin habe brutto 3.391,92 EUR und netto 1.910,38 EUR betragen. Hiervon abzusetzen sei der Grundfreibetrag (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II) von 100,00 EUR, weitere Freibeträge nach § 30 (Nr. 1) SGB II von 140,00 EUR sowie (Nr. 2) 40,00 EUR, so dass 1.630,38 EUR Einkommen anzurechnen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.04.2009 Klage erhoben und vorgetragen, ihr sei ein finanzieller Schaden in Höhe der verweigerten Leistung sowie in der Sozialversicherung entstanden, da die Beklagte sie erst Ende April 2008 durch einen versehentlichen Nebensatz einer Mitarbeiterin über das Zuflussprinzip informiert habe. Ein Merkblatt habe sie von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt erhalten. Das Zuflussprinzip sei deshalb in ihrem Fall nicht anwendbar. Sie habe am 27.02.2008 eine Abschlagszahlung des Arbeitgebers erhalten sowie im April ihr Märzgehalt. Wäre ihr das Zuflussprinzip bekannt gewesen, hätte sie sich nie auf die Abschlagszahlung im Februar oder auf eine nicht monatsgerechte Bezahlung eingelassen, sondern auf einer Zahlung im Monat des Entstehens der Gehaltsforderung bestanden. Denn wegen des voraussichtlichen Projektendes am 31.03.2008 sei ihr klar gewesen, dass sie anschließend wieder Leistungen nach dem SGB II beziehen müsse.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2009 die Beklagte zu verurteilen, ihr ohne Anrechnung von Einkommen Leistungen auch für den Monat April 2008 zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, aufgrund der Höhe des bedarfsüberschreitenden Einkommens wäre selbst bei Ansatz höherer Absetzbeträge nach § 11 SGB II eine Leistungsgewährung für April 2008 nicht möglich. Es sei unschädlich, dass der Klägerin das Zuflussprinzip unbekannt gewesen sei. Die Arbeitslosengeld II-Verordnung (Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V)), nach deren § 2 Abs. 2 das Zuflussprinzip gelte, sei eine Rechtsnorm, die für die Klägerin gelte, ohne dass es auf ihre Kenntnis ankomme. Die Beklagte habe auch nicht gegen Beratungspflichten verstoßen. Der Klägerin sei ein Merkblatt übergeben worden, aus dem sich sämtliche Rechte und Pflichten ergäben. Selbst wenn die Klägerin entsprechend beraten worden wäre, wäre es zu keinem anderen Ergebnis gekommen, da die Beklagte das Recht zutreffend angewandt habe.
Mit Urteil vom 30.11.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Wegen ihres im April 2008 zugeflossenen Einkommens sei die Klägerin in diesem Monat nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 SGB II gewesen. Sie sei auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, als wäre das im April zugeflossene Gehalt bereits im März 2008 ausgezahlt worden, so dass im April wieder Hilfebedürftigkeit vorgelegen hätte. Ein Herstellungsanspruch setze voraus, dass 1. eine Pflichtverletzung vorliege, welche sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen müsse, 2. beim Berechtigten ein Schaden eingetreten sei, 3. ein Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt bestehe und 4. die Herstellung des Zustandes möglich sei, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte Auskunfts- und Beratungspflichten verletzt habe. Selbst für den Fall, dass sie die Klägerin über das in § 2 Alg II-VO normierte Zuflussprinzip hätte gesondert aufklären müssen, lägen die übrigen Voraussetzungen für einen Herstellungsanspruch nicht vor. Eine Beratungspflicht werde in aller Regel nur aufgrund einer Anfrage des Betroffenen ausgelöst. Eine Spontanberatung müsse demgegenüber nur ausnahmsweise dann erfolgen, wenn der Beratungsbedarf anlässlich eines Bearbeitungsvorganges ohne komplizierte Überlegungen auffalle. Es könne nicht erwartet werden, dass bei Routinevorgängen etwaige Rechte erforscht würden, welche nicht im Zusammenhang mit dem aus dem konkreten Anlass angefallenen Vorgang stünden. Die Klägerin habe der Beklagten keinen Anlass für eine Spontanberatung geboten. Sie habe sich mit ihren Schreiben vom 15.02. und 01.03.2008 ohne Angabe von Gründen aus dem Leistungsbezug abgemeldet. Auf Nachfrage habe sie unter dem 01.03.2008 ausgeführt, bewusst keine Gründe angegeben zu haben. Schon deshalb habe sie nicht erwarten können, von der Beklagten zu diesem Zeitpunkt gesondert über das Zuflussprinzip aufgeklärt zu werden. Diese Abmeldung sei zudem der einzige Zeitpunkt, in welchem die Klägerin von der Beklagten überhaupt hätte beraten werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei der Arbeitsvertrag, den die Klägerin am 11.02.2008 unterzeichnet habe, jedoch längst geschlossen gewesen. Der Vertrag habe jedoch die Gehaltszahlung jeweils bis zum 20. des Folgemonats vorgesehen. Hätte die Beklagte die Klägerin also beraten, hätte die Klägerin den Vertrag bereits nicht mehr ändern können. Es wäre deshalb gar nicht mehr möglich gewesen, einen Zustand herzustellen, welcher der Klägerin die begehrte Leistung eingebracht hätte.
Gegen das am 31.12.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.01.2010 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie habe seit 2005 bis Februar 2008 ununterbrochen Leistungen der Beklagten bezogen. Die Beklagte hätte sie schon während dieses Leistungsbezuges vor Februar 2008 über das Zuflussprinzip beraten müssen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn das Sozialgericht davon ausgehe, eine Aufklärungs- oder Beratungspflicht werde erst durch Anfrage des Betroffenen ausgelöst. Vor dem Sozialgericht sei noch ein weiteres Verfahren anhängig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.11.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2009 zu verurteilen, ihr für April 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ohne Anrechnung des am 17.04.2008 zugeflossenen Einkommens zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihren Widerspruchsbescheid, ihre erstinstanzlichen Ausführungen sowie das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Bezug.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid vom 25.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2009 verletzt die Klägerin nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten. Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, der Klägerin im April 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu bewilligen. Denn der Klägerin ist in diesem Monat nach Maßgabe des § 11 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen zugeflossen, welches jeglichen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen ausschloss.
1. Dass das im April 2008 zugeflossene Nettoeinkommen von mehr als 1.910,38 EUR den Grundsicherungsbedarf der Klägerin nach dem SGB II ersichtlich so weit überstieg, dass auch ein Restleistungsanspruch der Klägerin für April 2008 nicht mehr in Frage kommt, bedarf keiner näheren Darlegung; der Senat nimmt insoweit wegen der Berechnung des (um die nach näherer Maßgabe des § 11 Abs. 2 SGB II vorzunehmenden Abzüge bereinigten) anzurechnenden Einkommens auf den Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 Bezug.
2. Dass das am 17.04.2008 auf dem Girokonto der Klägerin zugeflossene Einkommen trotz seiner Erarbeitung durch Arbeitsleistungen im Monat März 2008 von der Beklagten im April 2008 berücksichtigt wurde, beruht auf dem sog. Zuflussprinzip. Geregelt ist dieses Prinzip in § 2 Abs. 2 Satz 1 der aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 13 SGB II erlassenen Alg II-V. Nach dieser Vorschrift sind laufende Einnahmen (wie etwa das monatlich gezahlte Arbeitsentgelt der Klägerin) für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.
3. Hat die Beklagte damit die Einkommensanrechnung entsprechend den Vorschriften des SGB II vorgenommen und ergab sich nach dem SGB II im April 2008 kein Anspruch der Klägerin auf Leistungen, so stehen ihr Leistungen für April 2008 auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen Verletzung einer Beratungspflicht durch die Beklagte zu.
Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin jemals über das Zuflussprinzip beraten worden ist. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, stehen ihr die geltend gemachten Leistungen im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht zu. Denn es bestand bereits keine Pflicht der Beklagten zur Beratung hinsichtlich des Zuflussprinzips:
Entgegen der Ansicht der Klägerin hätte eine solche Beratung nicht etwa schon vor Abschluss ihres Arbeitsvertrages, z.B. bereits im Zusammenhang mit der erstmaligen Beantragung von Leistungen nach dem SGB II, erfolgen müssen. Denn im Rahmen einer Massenverwaltung kann eine Beratung nicht vorsorglich für alle nur denkbaren Ereignisse erfolgen, bei denen jedoch kein konkreter Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass sie überhaupt im konkreten Leistungsfall eintreten werden. In diesem Sinne fordert das Bundessozialgericht (BSG) im Beschluss vom 16.12.2008 - B 4 AS 77/08 B, für eine Beratungspflicht müsse die Behörde Anhaltspunkte dafür haben, dass ein entsprechendes Bedürfnis für eine Beratung bestehe. Im Urteil vom 30.09.2009 - B 4 VG 3/08 führt das BSG aus, eine Beratungspflicht werde in der Regel (erst) durch eine entsprechendes Begehren des Berechtigten ausgelöst. Unabhängig davon seien Leistungsträger zu einer Spontanberatung (nur) bzgl. klar zu Tage tretender Gestaltungsmöglichkeiten gehalten, welche sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten und von jedem verständigen Berechtigten mutmaßlich genutzt würden; es müsse hierzu freilich ein konkreter Beratungsanlass vorliegen. Im Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R stellt das BSG ebenfalls auf eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ab, welche (erst) anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung ersichtlich werde. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BSG an.
Muss aber der Leistungsträger von einem solchen konkreten Beratungsanlass Kenntnis erlangen, um eine Beratung vornehmen zu können, so hat sich die Klägerin jedoch bezüglich ihres Arbeitsvertrages bedeckt gehalten. Einen aktuellen Beratungsanlass, der allein - etwa im Rahmen einer Vorsprache der Klägerin bei der Beklagten im Zusammenhang mit dem von ihr geplanten Abschluss des Arbeitsvertrages - eine Beratungspflicht gerade hinsichtlich des Zuflussprinzips hätte entstehen lassen können, hat die Klägerin vereitelt: Sie hat zunächst am 11.02.2008 den Arbeitsvertrag mit seiner Klausel über eine Entgeltzahlung im Folgemonat unterschrieben, ohne vorher Kontakt mit der Beklagten aufgenommen zu haben. Selbst wenn sie in der Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und Ende März 2008 noch in der Lage gewesen sein sollte, mit dem Arbeitgeber einen anderen Entgeltzahlungsmodus zu vereinbaren, hätte die Beklagte auch in diesem Falle weder Anlass noch überhaupt Gelegenheit zu entsprechender Beratung gehabt. Denn die Klägerin hat sich mit ihrem Schreiben vom 15.02.2008 lediglich bei der Beklagten abgemeldet. Auf eine (offenbare) Nachfrage der Beklagten hat die Klägerin in einem weiteren Schreiben vom 01.03.2008 darüber hinaus gerade darauf hingewiesen hat, die Gründe für die Abmeldung gingen die Beklagte nichts an.
Hat die Beklagte bereits keine Beratungspflicht verletzt, kann dahinstehen, ob der Klägerin durch die Anrechnung ihres im April ausgezahlten Entgelts für Arbeitsleistungen im März überhaupt mit Blick auf die ihr zustehenden Leistungen nach dem SGB II ein Schaden entstanden sein kann. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die Beklagte bei einer Zahlung in einem anderen Monat den erzielten Verdienst im dann maßgebenden Zuflussmonat hätte anrechnen müssen, was in dem anderen Monat ebenfalls zu einem gänzlichen Entfallen des Leistungsanspruchs geführt haben würde.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat April 2008 zu Recht abgelehnt hat, weil die Klägerin in diesem Monat bedarfsdeckenden Arbeitsverdienst erzielt hat.
Die 1965 geborene, erwerbsfähige, alleinstehende Klägerin bezog zuletzt aufgrund eines Bescheides der Beklagten vom 22.11.2007 (Bewilligungszeitraum 01.12.2007 bis 31.08.2008) Leistungen nach dem SGB II i.H.v. monatlich 932,00 EUR.
Am 11.02.2008 schloss sie einen Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen I GmbH, E. Der elfseitige Arbeitsvertrag ist ein von dem Unternehmen vorformulierter Vertragstext. Nach § 3 des Vertrages begann "der Arbeitsvertrag" am 12.02.2008 und wurde bei sechsmonatiger Probezeit unbefristet abgeschlossen (§ 3 des Vertrages). Die Vergütung wurde nach § 6 Nr. 5 einschließlich etwaiger Zulagen, Zuschläge und Aufwandserstattungen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen monatlich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein vom "Mitarbeiter" anzugebendes Konto überwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.02.2008 teilte die Klägerin der Beklagten ohne weitere Angaben mit, sie melde sich mit sofortiger Wirkung ab. Mit weiterem Schreiben vom 01.03.2008 teilte sie mit, es gehe tatsächlich um die Einstellung des Leistungsbezuges; das habe die Sachbearbeiterin der Beklagten richtig erkannt. Die Gründe für diese Abmeldung seien ohne Mitwirkung der Beklagten entstanden. Daher gehe es die Beklagte auch nichts an; sie - die Klägerin - habe bewusst keine Gründe angegeben. Wesentlich sei nur die Abmeldung sowie die Einstellung des Leistungsbezuges durch die Beklagte.
Mit Bescheid vom 11.03.2008 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung ab dem 01.04.2008 auf.
Mit Schreiben vom 31.03.2008 kündigte die I GmbH das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum Ablauf des 04.04.2008; bis dahin wurde die Klägerin von der Arbeitsleistung freigestellt.
Ausweislich der Entgeltabrechnung des Arbeitgebers vom 16.04.2008 erzielte die Klägerin für März 2008 einen Nettoarbeitsverdienst von 1.910,38 EUR. Hinzu kam eine Auslagenerstattung von 13,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entgeltabrechnung Bezug genommen. Die Gesamtsumme (1.923,38 EUR) wurde der Klägerin ausweislich des Kontoauszuges der Deutschen Bank am 17.04.2008 auf ihrem Girokonto gutgeschrieben. Für Arbeitsleistungen im Februar 2008 hatte die Klägerin zuvor am 27.02.2008 eine Vorschusszahlung i.H.v. netto 706,65 EUR und am 19.03.2008 eine Restgehaltszahlung i.H.v. netto 486,44 EUR auf ihrem Girokonto gutgeschrieben erhalten.
Am 03.04.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten wiederum Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 25.06.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab. Im April 2008 habe das Einkommen der Klägerin ihren Bedarf (852,30 EUR für den Zeitraum 04. bis 30.04.2008) überstiegen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Die Klägerin legte Widerspruch ein mit der Begründung, sie habe ca. sieben Wochen im Rahmen eines Projektes für eine Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Der Projekteinsatz habe, wie vereinbart, am 31.03.2008 geendet. Die Gehaltszahlung sei erst im April erfolgt. Seit dem 05.04.2008 sei sie wieder arbeitslos. Vom sog. Zuflussprinzip habe sie erst Ende April durch Zufall erfahren. Hätte sie vor Arbeitsaufnahme davon gewusst, hätte sie auf einer monatsgerechten Bezahlung bestanden. Die Beklagte habe eindeutig gegen ihre Informationspflichten verstoßen. Daher bestehe für April 2008 ein Anspruch auf Leistungen. Sollte dem nicht entsprochen werden, nehme sie die Beklagte für die Zeit vom 05. bis 30.04.2008 auf Schadensersatz "in Regress"; dies gelte auch, sofern ihr durch die verweigerten Leistungen für April Nachteile in der Sozialversicherung entstehen sollten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das im April zugeflossene Märzeinkommen der Klägerin habe brutto 3.391,92 EUR und netto 1.910,38 EUR betragen. Hiervon abzusetzen sei der Grundfreibetrag (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II) von 100,00 EUR, weitere Freibeträge nach § 30 (Nr. 1) SGB II von 140,00 EUR sowie (Nr. 2) 40,00 EUR, so dass 1.630,38 EUR Einkommen anzurechnen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.04.2009 Klage erhoben und vorgetragen, ihr sei ein finanzieller Schaden in Höhe der verweigerten Leistung sowie in der Sozialversicherung entstanden, da die Beklagte sie erst Ende April 2008 durch einen versehentlichen Nebensatz einer Mitarbeiterin über das Zuflussprinzip informiert habe. Ein Merkblatt habe sie von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt erhalten. Das Zuflussprinzip sei deshalb in ihrem Fall nicht anwendbar. Sie habe am 27.02.2008 eine Abschlagszahlung des Arbeitgebers erhalten sowie im April ihr Märzgehalt. Wäre ihr das Zuflussprinzip bekannt gewesen, hätte sie sich nie auf die Abschlagszahlung im Februar oder auf eine nicht monatsgerechte Bezahlung eingelassen, sondern auf einer Zahlung im Monat des Entstehens der Gehaltsforderung bestanden. Denn wegen des voraussichtlichen Projektendes am 31.03.2008 sei ihr klar gewesen, dass sie anschließend wieder Leistungen nach dem SGB II beziehen müsse.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2009 die Beklagte zu verurteilen, ihr ohne Anrechnung von Einkommen Leistungen auch für den Monat April 2008 zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, aufgrund der Höhe des bedarfsüberschreitenden Einkommens wäre selbst bei Ansatz höherer Absetzbeträge nach § 11 SGB II eine Leistungsgewährung für April 2008 nicht möglich. Es sei unschädlich, dass der Klägerin das Zuflussprinzip unbekannt gewesen sei. Die Arbeitslosengeld II-Verordnung (Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V)), nach deren § 2 Abs. 2 das Zuflussprinzip gelte, sei eine Rechtsnorm, die für die Klägerin gelte, ohne dass es auf ihre Kenntnis ankomme. Die Beklagte habe auch nicht gegen Beratungspflichten verstoßen. Der Klägerin sei ein Merkblatt übergeben worden, aus dem sich sämtliche Rechte und Pflichten ergäben. Selbst wenn die Klägerin entsprechend beraten worden wäre, wäre es zu keinem anderen Ergebnis gekommen, da die Beklagte das Recht zutreffend angewandt habe.
Mit Urteil vom 30.11.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Wegen ihres im April 2008 zugeflossenen Einkommens sei die Klägerin in diesem Monat nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 SGB II gewesen. Sie sei auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, als wäre das im April zugeflossene Gehalt bereits im März 2008 ausgezahlt worden, so dass im April wieder Hilfebedürftigkeit vorgelegen hätte. Ein Herstellungsanspruch setze voraus, dass 1. eine Pflichtverletzung vorliege, welche sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen müsse, 2. beim Berechtigten ein Schaden eingetreten sei, 3. ein Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt bestehe und 4. die Herstellung des Zustandes möglich sei, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte Auskunfts- und Beratungspflichten verletzt habe. Selbst für den Fall, dass sie die Klägerin über das in § 2 Alg II-VO normierte Zuflussprinzip hätte gesondert aufklären müssen, lägen die übrigen Voraussetzungen für einen Herstellungsanspruch nicht vor. Eine Beratungspflicht werde in aller Regel nur aufgrund einer Anfrage des Betroffenen ausgelöst. Eine Spontanberatung müsse demgegenüber nur ausnahmsweise dann erfolgen, wenn der Beratungsbedarf anlässlich eines Bearbeitungsvorganges ohne komplizierte Überlegungen auffalle. Es könne nicht erwartet werden, dass bei Routinevorgängen etwaige Rechte erforscht würden, welche nicht im Zusammenhang mit dem aus dem konkreten Anlass angefallenen Vorgang stünden. Die Klägerin habe der Beklagten keinen Anlass für eine Spontanberatung geboten. Sie habe sich mit ihren Schreiben vom 15.02. und 01.03.2008 ohne Angabe von Gründen aus dem Leistungsbezug abgemeldet. Auf Nachfrage habe sie unter dem 01.03.2008 ausgeführt, bewusst keine Gründe angegeben zu haben. Schon deshalb habe sie nicht erwarten können, von der Beklagten zu diesem Zeitpunkt gesondert über das Zuflussprinzip aufgeklärt zu werden. Diese Abmeldung sei zudem der einzige Zeitpunkt, in welchem die Klägerin von der Beklagten überhaupt hätte beraten werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei der Arbeitsvertrag, den die Klägerin am 11.02.2008 unterzeichnet habe, jedoch längst geschlossen gewesen. Der Vertrag habe jedoch die Gehaltszahlung jeweils bis zum 20. des Folgemonats vorgesehen. Hätte die Beklagte die Klägerin also beraten, hätte die Klägerin den Vertrag bereits nicht mehr ändern können. Es wäre deshalb gar nicht mehr möglich gewesen, einen Zustand herzustellen, welcher der Klägerin die begehrte Leistung eingebracht hätte.
Gegen das am 31.12.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.01.2010 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie habe seit 2005 bis Februar 2008 ununterbrochen Leistungen der Beklagten bezogen. Die Beklagte hätte sie schon während dieses Leistungsbezuges vor Februar 2008 über das Zuflussprinzip beraten müssen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn das Sozialgericht davon ausgehe, eine Aufklärungs- oder Beratungspflicht werde erst durch Anfrage des Betroffenen ausgelöst. Vor dem Sozialgericht sei noch ein weiteres Verfahren anhängig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.11.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2009 zu verurteilen, ihr für April 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ohne Anrechnung des am 17.04.2008 zugeflossenen Einkommens zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihren Widerspruchsbescheid, ihre erstinstanzlichen Ausführungen sowie das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Bezug.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid vom 25.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2009 verletzt die Klägerin nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten. Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, der Klägerin im April 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu bewilligen. Denn der Klägerin ist in diesem Monat nach Maßgabe des § 11 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen zugeflossen, welches jeglichen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen ausschloss.
1. Dass das im April 2008 zugeflossene Nettoeinkommen von mehr als 1.910,38 EUR den Grundsicherungsbedarf der Klägerin nach dem SGB II ersichtlich so weit überstieg, dass auch ein Restleistungsanspruch der Klägerin für April 2008 nicht mehr in Frage kommt, bedarf keiner näheren Darlegung; der Senat nimmt insoweit wegen der Berechnung des (um die nach näherer Maßgabe des § 11 Abs. 2 SGB II vorzunehmenden Abzüge bereinigten) anzurechnenden Einkommens auf den Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 Bezug.
2. Dass das am 17.04.2008 auf dem Girokonto der Klägerin zugeflossene Einkommen trotz seiner Erarbeitung durch Arbeitsleistungen im Monat März 2008 von der Beklagten im April 2008 berücksichtigt wurde, beruht auf dem sog. Zuflussprinzip. Geregelt ist dieses Prinzip in § 2 Abs. 2 Satz 1 der aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 13 SGB II erlassenen Alg II-V. Nach dieser Vorschrift sind laufende Einnahmen (wie etwa das monatlich gezahlte Arbeitsentgelt der Klägerin) für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.
3. Hat die Beklagte damit die Einkommensanrechnung entsprechend den Vorschriften des SGB II vorgenommen und ergab sich nach dem SGB II im April 2008 kein Anspruch der Klägerin auf Leistungen, so stehen ihr Leistungen für April 2008 auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen Verletzung einer Beratungspflicht durch die Beklagte zu.
Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin jemals über das Zuflussprinzip beraten worden ist. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, stehen ihr die geltend gemachten Leistungen im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht zu. Denn es bestand bereits keine Pflicht der Beklagten zur Beratung hinsichtlich des Zuflussprinzips:
Entgegen der Ansicht der Klägerin hätte eine solche Beratung nicht etwa schon vor Abschluss ihres Arbeitsvertrages, z.B. bereits im Zusammenhang mit der erstmaligen Beantragung von Leistungen nach dem SGB II, erfolgen müssen. Denn im Rahmen einer Massenverwaltung kann eine Beratung nicht vorsorglich für alle nur denkbaren Ereignisse erfolgen, bei denen jedoch kein konkreter Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass sie überhaupt im konkreten Leistungsfall eintreten werden. In diesem Sinne fordert das Bundessozialgericht (BSG) im Beschluss vom 16.12.2008 - B 4 AS 77/08 B, für eine Beratungspflicht müsse die Behörde Anhaltspunkte dafür haben, dass ein entsprechendes Bedürfnis für eine Beratung bestehe. Im Urteil vom 30.09.2009 - B 4 VG 3/08 führt das BSG aus, eine Beratungspflicht werde in der Regel (erst) durch eine entsprechendes Begehren des Berechtigten ausgelöst. Unabhängig davon seien Leistungsträger zu einer Spontanberatung (nur) bzgl. klar zu Tage tretender Gestaltungsmöglichkeiten gehalten, welche sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten und von jedem verständigen Berechtigten mutmaßlich genutzt würden; es müsse hierzu freilich ein konkreter Beratungsanlass vorliegen. Im Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R stellt das BSG ebenfalls auf eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ab, welche (erst) anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung ersichtlich werde. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BSG an.
Muss aber der Leistungsträger von einem solchen konkreten Beratungsanlass Kenntnis erlangen, um eine Beratung vornehmen zu können, so hat sich die Klägerin jedoch bezüglich ihres Arbeitsvertrages bedeckt gehalten. Einen aktuellen Beratungsanlass, der allein - etwa im Rahmen einer Vorsprache der Klägerin bei der Beklagten im Zusammenhang mit dem von ihr geplanten Abschluss des Arbeitsvertrages - eine Beratungspflicht gerade hinsichtlich des Zuflussprinzips hätte entstehen lassen können, hat die Klägerin vereitelt: Sie hat zunächst am 11.02.2008 den Arbeitsvertrag mit seiner Klausel über eine Entgeltzahlung im Folgemonat unterschrieben, ohne vorher Kontakt mit der Beklagten aufgenommen zu haben. Selbst wenn sie in der Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und Ende März 2008 noch in der Lage gewesen sein sollte, mit dem Arbeitgeber einen anderen Entgeltzahlungsmodus zu vereinbaren, hätte die Beklagte auch in diesem Falle weder Anlass noch überhaupt Gelegenheit zu entsprechender Beratung gehabt. Denn die Klägerin hat sich mit ihrem Schreiben vom 15.02.2008 lediglich bei der Beklagten abgemeldet. Auf eine (offenbare) Nachfrage der Beklagten hat die Klägerin in einem weiteren Schreiben vom 01.03.2008 darüber hinaus gerade darauf hingewiesen hat, die Gründe für die Abmeldung gingen die Beklagte nichts an.
Hat die Beklagte bereits keine Beratungspflicht verletzt, kann dahinstehen, ob der Klägerin durch die Anrechnung ihres im April ausgezahlten Entgelts für Arbeitsleistungen im März überhaupt mit Blick auf die ihr zustehenden Leistungen nach dem SGB II ein Schaden entstanden sein kann. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die Beklagte bei einer Zahlung in einem anderen Monat den erzielten Verdienst im dann maßgebenden Zuflussmonat hätte anrechnen müssen, was in dem anderen Monat ebenfalls zu einem gänzlichen Entfallen des Leistungsanspruchs geführt haben würde.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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