L 4 KR 460/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 285/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 460/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Auch die Leistungen bei vorzeitigem Ausscheiden aus der Altersversorgung der Versorgungskasse des G.-Konzerns sind beitragsrelevante Versorgungsbezüge, unabhängig davon, dass die Beiträge allein vom Versicherten aufgebracht worden sind.

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Kapitalleistung aus einer Versicherung für den Fall des Alters bei der Versorgungskasse des G.-Konzerns, nunmehr H.-G. Pensionsmanagement AG, bei der Beitragsberechnung zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen werden darf.

Am 01.10.1969 begann die klägerische Mitgliedschaft bei der damaligen Versorgungskasse des G.-Konzerns Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, die für Betriebsangehörige eingerichtet worden war und den Zweck verfolgt, den Mitgliedern für den Fall des Alters, der Berufsunfähigkeit und nach ihrem Tode ihren Hinterbliebenen eine Versorgung nach Maßgabe der Satzungsbestimmungen zu gewähren. Als Versorgung sieht deren §§ 12 und 13 neben Hinterbliebenenversorgung ein Ruhegeld vor, das bei männlichen Mitgliedern mit Vollendung des 65. Lebensjahres ausgezahlt wird. Die Beiträge dazu hat der Kläger stets aus seinen eigenen Einkünften bezahlt. Für den Fall, dass ein Versicherter die Altersgrenze nicht erreicht, sieht § 10 der Satzung vor, dass er die eingezahlten Beiträge zuzüglich 4 % Zinsen erstattet erhält, die sog. "Austrittsvergütung". Davon hat der Kläger Gebrauch gemacht und bereits im Jahre 2003 die Zahlung der Austrittsvergütung zum 01.05.2008 beantragt. Am 30.04.2008 ist er aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und bei der Beklagten in die KVdR gewechselt. Am 02.05.2008 hat ihm die H. Personalmanagement Versorgungskasse einen Betrag von 183.064,34 EUR ausbezahlt und dies gleichzeitig der Beklagten gemeldet. Daraufhin errechneten die Beklagte und die Beigeladene im streitigen Bescheid vom 21.04.2008 einen monatlichen Zahlbetrag von 1.525,54 EUR und fordern daraus Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von monatlich 251,71 EUR neben den Beiträgen aus der gesetzlichen Rente und der des Weiteren vom G.-Konzern gezahlten Betriebsrente. Mit dem Hinweis, dass es sich hier um eine ganz normale Lebensversicherung handele, wehrt sich der Kläger dagegen, dass die Austrittsvergütung für die Beitragsberechnung herangezogen wird, was die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 08.07.2008 zurückwies. Mit seiner dagegen gerichteten Klage schildert der Kläger seine wirtschaftliche Lebensplanung nach dem Ausscheiden zum 30.04.2008 nach vorangegangener Altersteilzeitbeschäftigung. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass ihm die Austrittsvergütung ungeschmälert zur Verfügung stehe, die Berücksichtigung bei der Beitragsbemessung sei unverhältnismäßig. Sie stehe auch nicht im Bezug zu seinem Arbeitsleben, denn er hätte eine ähnliche Versicherung auch woanders abschließen können. In seinem Urteil vom 29.10.2009 ist das Sozialgericht Nürnberg dieser Auffassung nicht gefolgt und hat darauf hingewiesen, dass die Zahlung aus einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung erfolge und diese Bezahlung auch betriebsbezogen sei, ebenso wie sie zur Altersversorgung diene. Dabei sei es unerheblich, dass der Kläger sie selbst finanziert habe. Auch sei das Vertrauen aus dem Jahre 1969 auf Beibehaltung der damaligen Regelung nicht schützenswert, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung festgestellt habe. Schließlich sei von der Beklagten auch die Beitragsbemessungsgrenze beachtet worden.

Mit seiner Berufung vom 22.12.2009 lässt der Kläger erneut vortragen, dass die Austrittsverfügung keinen Versorgungszweck verfolge und nur zufällig mit seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben zusammenfalle. Er hätte sich die Austrittsvergütung schon früher ausbezahlen lassen können und allein schon deswegen liege ein grober Vertrauensverstoß vor.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.10.2009 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 21.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch in der Sache nicht begründet.

Diese Feststellung geschieht vor dem Hintergrund der vielfältigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wie sie im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Nürnberg zutreffend wiedergegeben worden ist.

Die Entscheidung der Beklagten, die Kapitalleistung neben der eigentlichen Betriebsrente der H.-G. Pensionsmanagement AG bei der Beitragsbemessung heranzuziehen, ist rechtmäßig, denn diese Leistung ist ein sog. Versorgungsbezug, der nach § 237 Satz 1 SGB V i.V.m. § 229 Abs.1 Satz 1 SGB V beitragspflichtig und in der Folge auch in der Pflegeversicherung gemäß §§ 57 f. SGB XI heranzuziehen ist. Dies ist vom Sozialgericht umfassend und zutreffend dargestellt worden, so dass der Senat auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils ausdrücklich Bezug nimmt (§ 153 Abs.2 SGG).

In dem vom Sozialgericht teilweise zitierten Urteil des 12. Senats des BSG vom 25.04.2007 - B 12 KR 25/05 R und vom 12.12.2007 - B 12 KR 6/06, abgedruckt in USK 08/98 ist ausgeführt, dass Leistungen aus einer derartigen betriebsbezogenen Versicherung ihren Charakter als Versorgungsbezüge auch deshalb nicht verlieren, weil sie teilweise oder völlig auf Leistungen des Arbeitnehmers beruhen. Sie bleiben auch dann in vollem Umfang Leistung der betrieblichen Altersversorgung, wenn die Beiträge allein vom Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer eingezahlt werden. Aus der Satzung geht hervor, dass sich die Leistungen der Versorgungskasse, wie diese auch von sich aus der Beklagten ja mitgeteilt hatte, eine Leistung aus einer betrieblichen Altersversorgung darstellt. Die Auszahlungsvergütung ist kein gesondertes Versicherungsprodukt, sondern nur der Ersatz für den Fall, dass der eigentliche Versicherungszweck, nämlich die Zahlung des Ruhegeldes, durch vorzeitiges Ausscheiden nicht erreicht wird. Dabei ist der Kläger nach seiner geschilderten Lebensplanung mit Bedacht zum 30.04.2008 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und hat für die zukünftige Lebensgestaltung die aus seinem Berufsleben hervorgegangenen Zahlungsansprüche in seine zukünftige Versorgung eingeplant. Die Versicherung bei der Versorgungskasse war eben keine normale Lebensversicherung, die jedermann zugänglich war, sondern speziell eingerichtet für die Mitarbeiter des Versicherungskonzerns. Völlig zu Recht hat das Sozialgericht auch das Vorliegen eines Vertrauensschutzes verneint. Der Kläger konnte 1969 nicht erwarten, und auch 20 Jahre später nicht, dass die Verhältnisse für die Zukunft bei seinem gesetzlichen Versicherungsverhältnis unverändert bleiben würden und sich unter Umständen nicht zu seinem Nachteil verändern könnten, wobei nicht vergessen werden darf, dass die medizinischen Leistungen in der Krankenversicherung seit 1969 sich in einem gewaltigen Umfang verbessert haben. Der klägerischen Darstellung, wonach er sich die Austrittsvergütung jederzeit hätte eher auszahlen lassen können, folgt der Senat ebenfalls nicht, weil dies durch § 10 der Satzung nicht möglich gewesen wäre, solange er im G.-Konzern angestellt gewesen ist. Auch die vom Sozialgericht angeführte "institutionelle Abgrenzung" weist klar auf den Charakter des Versorgungsbezuges hin, weil nämlich von einer Versorgungskasse eine Leistung bezahlt wird, die nach den Plänen des Klägers wie auch nach dem Zweck der Versicherung auf eine Altersversorgung gerichtet ist.

Sollte das Bundesverfassungsgericht in der Beschwerdesache 1 BvR 739/08 zu einer anderen Auffassung als das BSG gelangen, wird die Beklagte ohnehin gehalten sein, die Beitragsbemessung beim Kläger zu überprüfen.

Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen im Hinblick auf die vielfältige Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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