Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1005/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1216/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1949 in Kroatien geborene Kläger, der keinen Beruf erlernte, kam 1969 in die Bundesrepublik Deutschland und war hier als Landwirtschaftshelfer, Gießereiarbeiter und ab 1975 als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt seit 2. Juni 1998 als Auslieferungsfahrer für eine Großbäckerei mit Be- und Entladetätigkeit. Bei einem Arbeitsunfall am 8. September 2003 prallte dem Kläger nach dem Abladen ein mit Mehl beladener Container an den linken Körperbereich. Den Vorfall anerkannte die zuständige Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall, lehnte jedoch die Gewährung von Verletztenrente mit dem Hinweis auf unfallunabhängige degenerative Veränderungen beim Kläger ab.
Nach Auftreten von linksseitigen Lumboischialgien im Januar 2004 ist der Kläger seit 21. Januar 2004 arbeitsunfähig erkrankt. Der Nachweis eines Bandscheibenvorfalls L4/5 links führte am 16. März 2004 zu einer Bandscheibenoperation mit Sequestrektomie, Neurolyse der L4- und L5-Wurzel, Diskektomie und Foraminotomie. Da der Kläger postoperativ keine wesentliche Veränderung der Beschwerden angab, wurde vom 11. Mai 2004 bis 8. Juni 2004 eine stationäre medizinische Rehabilitation im Gesundheitspark Bad K. durchgeführt, aus der der Kläger arbeitsunfähig entlassen wurde. Grundsätzlich könne der Kläger leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen sowie ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg vollschichtig ausführen, bei noch bestehenden Restbeschwerden und sensomotorischem Restdefizit bestehe jedoch noch Arbeitsunfähigkeit für weitere zwei bis vier Wochen (Entlassungsbericht des Dr. G. vom 22. Juni 2004).
Bis Juli 2005 bezog der Kläger Krankengeld, danach bis Juli 2006 Arbeitslosengeld und beantragte am 19. Juli 2006 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, seit September 2003 wegen Depressionen, Schlafstörungen, dem Rücken und dem linken Bein keine Tätigkeiten mehr verrichten zu können.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte die Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 6. September 2006 und des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Go. vom 30. Oktober 2006 ein. Beide Gutachter kamen zum Ergebnis, dass der Kläger die letzte Tätigkeit nicht mehr verrichten könne, jedoch noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich.
Mit Bescheid vom 6. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 lehnte die Beklagte auch nach Vorlage des Berichts des Orthopäden Dr. H. vom 5. Dezember 2006 den Rentenantrag ab. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger nicht vor, da er noch in der Lage sei, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Belastung der Wirbelsäule, ohne überwiegende Zwangshaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten über acht kg mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Berufsunfähigkeit bestehe auch nicht, da der bisherige Beruf als Lastkraftwagenfahrer dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Der Kläger müsse sich deshalb auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen.
Mit der dagegen am 8. Februar 2007 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, nach wie vor bestünden erhebliche Schmerzen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit linksseitigen radikulären Schmerzausstrahlungen und eine erhebliche Beeinträchtigung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Des Weiteren habe sich die Beklagte mit der Qualität seines bisherigen Berufes nicht auseinandergesetzt. Auch wegen der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen hätte ein Verweisungsberuf geprüft werden müssen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte angefordert.
Dr. S., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, hat in der Auskunft vom 15. Oktober 2007 beim Kläger einen chronifizierten Tinnitus gegebenenfalls im Rahmen einer depressiven Störung oder reaktiven Depression mit anamnestischen Durchschlafstörungen, eine nicht hörgerätepflichtige Hörminderung und einen Schwindel ohne otogene Ursache diagnostiziert und keine Leistungsbeurteilung abgegeben. Dr. A., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, hat sich in der Auskunft vom 25. Oktober 2007 bezüglich der Befunde, Diagnosen und Leistungsbeurteilung dem Gutachten des Dr. Sch. angeschlossen. Dr. H., Facharzt für Orthopädie, hat sich in der Auskunft vom 3. Dezember 2007 zwar den Befunden, die Dr. Go. im Gutachten vom 30. Oktober 2006 erhoben hat, angeschlossen, nicht jedoch der Leistungsbeurteilung. Beim Kläger habe sich ein typisches Postnukleotomiesyndrom entwickelt, welches durch eine Depression deutlich überlagert werde. Deshalb erscheine das Leistungsvermögen so weit herabgesetzt, dass mittelfristig die Aufnahme einer geregelten Arbeit nicht mehr möglich sei. Dr. M., Psychiater, Psychotherapeut und Psychoanalytiker, hat beim Kläger nach einem einmaligen Kontakt im Jahr 2006 mit Auskunft vom 22. Januar 2008 mitgeteilt (Auskunft vom 22. Januar 2008), die Leistungsfähigkeit nur schwer einschätzen zu können. Jedoch würde er die depressive Störung schwerer gewichten als Dr. Sch., könne allerdings eine mögliche Besserung aufgrund der eingeleiteten medikamentösen Behandlung nicht beurteilen.
Schließlich hat das SG das nervenärztliche Gutachten des Dr. P. vom 26. März 2008 und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das psychiatrische Gutachten des Dr. Schl. vom 18. März 2009 eingeholt.
Dr. P. hat eine psychiatrische Erkrankung im eigentlichen Sinne nicht feststellen können und eine Lumboischialgie links bei Zustand nach Nukleotomie L4/5, Postnukleotomie-Symptomatik und reaktiv-depressive Anpassungsstörungen im Sinne von depressiven Verstimmungen bei psychosozialer Belastungssituation diagnostiziert. Leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen könne der Kläger mindestens sechs bis unter acht Stunden täglich durchführen.
Nach Erhalt dieses Gutachtens hat der Kläger die Einholung eines orthopädischen und eines psychiatrischen Gutachtens auf eigene Kosten beantragt, die Erstattung des orthopädischen Gutachtens jedoch zunächst zurückgestellt.
Dr. Schl. hat sich im Gutachten vom 18. März 2009 den von Dr. P. erhobenen Befunden, festgestellten Diagnosen und der mitgeteilten Leistungseinschätzung angeschlossen.
Der anwaltlich vertretene Kläger hat daraufhin, ebenso wie die Beklagte, einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Mit Urteil vom 28. Januar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Gutachten des Dr. P., Dr. Schl., Dr. Sch. und Dr. Go. gestützt. Im Wesentlichen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers durch die Erkrankungen des orthopädischen Fachbereichs beeinträchtigt. Die von Dr. Go. getroffene Leistungseinschätzung sei nachvollziehbar, auch Dr. H. habe die Leistungsfähigkeit des Klägers unter Berücksichtigung der Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt gesehen. Die reaktiv-depressive Anpassungsstörung vermöge weder für sich betrachtet noch unter Berücksichtigung der weiteren Erkrankungen des Klägers zu einer Leistungsreduzierung in zeitlicher Hinsicht führen. Die von Dr. Sch., Dr. P. und Dr. Schl. abgegebene Leistungsbeurteilung sei nachvollziehbar. Denn die Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch Erkrankungen des neurologisch-psychiatrischen Fachbereichs nicht wesentlich beeinträchtigt. Dies ergebe sich auch aus dem vom Kläger geschilderten Tagesablauf. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liege nicht vor. Zwar bestünden beim Kläger qualitative Leistungseinschränkungen, die jedoch vom Erfordernis einer "leichten Tätigkeit" mit umfasst seien. Tätigkeiten wie Zureichen, Sortieren und Verpacken, die üblicherweise in ungelernten Tätigkeiten gefordert würden, seien dem Kläger noch vollschichtig möglich. Anhaltspunkte für eine schwere spezifische Leistungsbehinderung würden nicht vorliegen. Von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes sei ebenfalls nicht auszugehen. Schließlich sei der Kläger nicht berufsunfähig. Denn aufgrund seines bisherigen Berufes als LKW-Fahrer sei er allenfalls der zweiten Stufe des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) zuzuordnen. Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei in diesem Fall nicht erforderlich.
Am 29. Januar 2010 wurde eine Ausfertigung des Urteils an die bisherigen Bevollmächtigten des Klägers abgesandt und ist dort am 31. Januar 2010 eingegangen. Am 29. Januar 2010 zeigte der jetzige Bevollmächtigte des Klägers die Vertretung des Klägers an und teilte mit, dass das Mandatsverhältnis mit den bisherigen Bevollmächtigten beendet sei. Eine Ausfertigung des Urteils wurde dem jetzigen Bevollmächtigten mit einfacher Post am 3. Februar 2010 übersandt und dort nach eigenen Angaben am 8. Februar 2010 eingegangen.
Hiergegen hat der Kläger beim SG am 5. März 2010 Berufung eingelegt, die auch nach Erinnerung nicht begründet worden ist.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich ebenfalls nicht geäußert.
Mit Schreiben vom 4. August 2010 hat der Senat darauf hingewiesen, dass, selbst wenn die Zulässigkeit der Berufung unterstellt werde, diese nicht begründet sein dürfte und Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG bis 31. August 2010 eingeräumt. Auf Antrag des Klägers wurde die Frist antragsgemäß bis 10. September 2010 verlängert, ohne dass sich der Kläger nochmals geäußert hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 SGG beim SG am 5. März 2010 eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere fristgerecht. Die Berufung ist gemäß § 151 Abs 1 SGG bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist gemäß § 151 Abs 2 Satz 1 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. An die bisherigen Bevollmächtigten wurde das Urteil des SG schon am 31. Januar 2010 zugestellt, dem jetzigen Bevollmächtigten jedoch nach dessen Angaben erst am 8. Februar 2010 bekannt gegeben. Nur wenn auf das Datum des 8. Februar 2010 zur Fristberechnung abgestellt wird, war die Berufung demnach zulässig. Zugunsten des Klägers ist hiervon auszugehen. Denn an dem Tag, an dem das SG die Zustellung des Urteils an die bisherigen Bevollmächtigten veranlasst hat, hat sich auch der jetzige Bevollmächtigte des Klägers bestellt und die Beendigung des Mandats der bisherigen Bevollmächtigten mitgeteilt. Damit ist das Ende der Bevollmächtigung der bisherigen Bevollmächtigten wirksam eingetreten (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl, §172 Rdnr 28). Zugunsten des Klägers ist davon auszugehen, dass das SG die Kenntnis der Beendigung der bisherigen Bevollmächtigung und gleichzeitigen neuen Bestellung schon vor der (deshalb unwirksamen) Zustellung an die bisherigen Bevollmächtigten hatte, denn ein Beweis für den innergerichtlichen Geschäftsablauf ist dem Kläger regelmäßig unmöglich und deshalb unzumutbar (Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 172 Rdnr 8 mwN).
Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB II Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Schon das SG hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert ist. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Ergänzend ist anzumerken, dass auch der Senat keine Anhaltspunkte dafür sieht, dass der Kläger an einer schwerwiegenden depressiven Erkrankung leidet. Dies entnimmt der Senat, ebenso wie das SG, insbesondere den Gutachten des Dr. P. und Dr. Schl ... Aufgrund des geschilderten Tagesablaufs in den beiden Gutachten, nachdem es dem Kläger durchaus möglich ist, seinen Lebensalltag zu gestalten, sich selbst zu versorgen, den Haushalt zu erledigen und, wenn auch eingeschränkt, soziale Kontakte zu pflegen, geht der Senat mit dem SG davon aus, dass eine schwerwiegende depressive Erkrankung nicht vorliegt. Vielmehr leidet der Kläger lediglich an einer reaktiv-depressiven Anpassungsstörung ohne wesentliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Deshalb kann auch den anlässlich der einmaligen Untersuchung am 12. Januar 2006 erhobenen Befunden und Diagnosen des Dr. M. nicht gefolgt werden. Dieser hat im Wesentlichen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine ängstliche Anpassungsstörung und eine depressive Störung im Involutionsalter, zur Zeit mittelgradige Episode, diagnostiziert. Seiner Auffassung nach hat der Kläger ein eingeengtes Affektverhalten und einen verminderten Antrieb gezeigt. Hingegen waren Antrieb und affektive Schwingungsfähigkeit bei der Begutachtung durch Dr. Sch. nur leichtgradig reduziert. Bei den nachfolgenden Begutachtungen durch Dr. P. und Dr. Schl. war der Antrieb des Klägers unauffällig, der affektive Rapport gut. Eine depressive Störung konnte somit weder bei der Begutachtung durch Dr. Sch. noch durch die nachfolgenden Begutachtungen bei Dr. P. und Dr. Schl. nachgewiesen werden. Dr. M. selbst hat seine Leistungsbeurteilung auf den damaligen Untersuchungszeitpunkt begrenzt (der ca ein halbes Jahr vor der Rentenantragstellung lag) und auf eine mögliche Besserung durch die eingeleitete medikamentöse Behandlung hingewiesen. Ab dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung liegt deshalb beim Kläger zur Überzeugung des Senats eine (länger andauernde) depressive Störung oder anhaltende somatoforme Schmerzstörung nicht (mehr) vor.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche "Leitberufe" charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris). Angelernte des oberen Bereiches können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale wie zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, aaO mwN).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Auslieferungsfahrer für eine Großbäckerei mit Be- und Entladetätigkeiten beschäftigt. Weder hat der Kläger somit eine Ausbildung als Berufskraftfahrer absolviert noch ist ersichtlich, dass er sich dementsprechende Kenntnisse angeeignet hat und diese für die letzte Tätigkeit erforderlich gewesen wären. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1949 in Kroatien geborene Kläger, der keinen Beruf erlernte, kam 1969 in die Bundesrepublik Deutschland und war hier als Landwirtschaftshelfer, Gießereiarbeiter und ab 1975 als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt seit 2. Juni 1998 als Auslieferungsfahrer für eine Großbäckerei mit Be- und Entladetätigkeit. Bei einem Arbeitsunfall am 8. September 2003 prallte dem Kläger nach dem Abladen ein mit Mehl beladener Container an den linken Körperbereich. Den Vorfall anerkannte die zuständige Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall, lehnte jedoch die Gewährung von Verletztenrente mit dem Hinweis auf unfallunabhängige degenerative Veränderungen beim Kläger ab.
Nach Auftreten von linksseitigen Lumboischialgien im Januar 2004 ist der Kläger seit 21. Januar 2004 arbeitsunfähig erkrankt. Der Nachweis eines Bandscheibenvorfalls L4/5 links führte am 16. März 2004 zu einer Bandscheibenoperation mit Sequestrektomie, Neurolyse der L4- und L5-Wurzel, Diskektomie und Foraminotomie. Da der Kläger postoperativ keine wesentliche Veränderung der Beschwerden angab, wurde vom 11. Mai 2004 bis 8. Juni 2004 eine stationäre medizinische Rehabilitation im Gesundheitspark Bad K. durchgeführt, aus der der Kläger arbeitsunfähig entlassen wurde. Grundsätzlich könne der Kläger leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen sowie ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg vollschichtig ausführen, bei noch bestehenden Restbeschwerden und sensomotorischem Restdefizit bestehe jedoch noch Arbeitsunfähigkeit für weitere zwei bis vier Wochen (Entlassungsbericht des Dr. G. vom 22. Juni 2004).
Bis Juli 2005 bezog der Kläger Krankengeld, danach bis Juli 2006 Arbeitslosengeld und beantragte am 19. Juli 2006 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, seit September 2003 wegen Depressionen, Schlafstörungen, dem Rücken und dem linken Bein keine Tätigkeiten mehr verrichten zu können.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte die Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 6. September 2006 und des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Go. vom 30. Oktober 2006 ein. Beide Gutachter kamen zum Ergebnis, dass der Kläger die letzte Tätigkeit nicht mehr verrichten könne, jedoch noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich.
Mit Bescheid vom 6. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 lehnte die Beklagte auch nach Vorlage des Berichts des Orthopäden Dr. H. vom 5. Dezember 2006 den Rentenantrag ab. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger nicht vor, da er noch in der Lage sei, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Belastung der Wirbelsäule, ohne überwiegende Zwangshaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten über acht kg mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Berufsunfähigkeit bestehe auch nicht, da der bisherige Beruf als Lastkraftwagenfahrer dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Der Kläger müsse sich deshalb auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen.
Mit der dagegen am 8. Februar 2007 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, nach wie vor bestünden erhebliche Schmerzen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit linksseitigen radikulären Schmerzausstrahlungen und eine erhebliche Beeinträchtigung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Des Weiteren habe sich die Beklagte mit der Qualität seines bisherigen Berufes nicht auseinandergesetzt. Auch wegen der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen hätte ein Verweisungsberuf geprüft werden müssen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte angefordert.
Dr. S., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, hat in der Auskunft vom 15. Oktober 2007 beim Kläger einen chronifizierten Tinnitus gegebenenfalls im Rahmen einer depressiven Störung oder reaktiven Depression mit anamnestischen Durchschlafstörungen, eine nicht hörgerätepflichtige Hörminderung und einen Schwindel ohne otogene Ursache diagnostiziert und keine Leistungsbeurteilung abgegeben. Dr. A., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, hat sich in der Auskunft vom 25. Oktober 2007 bezüglich der Befunde, Diagnosen und Leistungsbeurteilung dem Gutachten des Dr. Sch. angeschlossen. Dr. H., Facharzt für Orthopädie, hat sich in der Auskunft vom 3. Dezember 2007 zwar den Befunden, die Dr. Go. im Gutachten vom 30. Oktober 2006 erhoben hat, angeschlossen, nicht jedoch der Leistungsbeurteilung. Beim Kläger habe sich ein typisches Postnukleotomiesyndrom entwickelt, welches durch eine Depression deutlich überlagert werde. Deshalb erscheine das Leistungsvermögen so weit herabgesetzt, dass mittelfristig die Aufnahme einer geregelten Arbeit nicht mehr möglich sei. Dr. M., Psychiater, Psychotherapeut und Psychoanalytiker, hat beim Kläger nach einem einmaligen Kontakt im Jahr 2006 mit Auskunft vom 22. Januar 2008 mitgeteilt (Auskunft vom 22. Januar 2008), die Leistungsfähigkeit nur schwer einschätzen zu können. Jedoch würde er die depressive Störung schwerer gewichten als Dr. Sch., könne allerdings eine mögliche Besserung aufgrund der eingeleiteten medikamentösen Behandlung nicht beurteilen.
Schließlich hat das SG das nervenärztliche Gutachten des Dr. P. vom 26. März 2008 und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das psychiatrische Gutachten des Dr. Schl. vom 18. März 2009 eingeholt.
Dr. P. hat eine psychiatrische Erkrankung im eigentlichen Sinne nicht feststellen können und eine Lumboischialgie links bei Zustand nach Nukleotomie L4/5, Postnukleotomie-Symptomatik und reaktiv-depressive Anpassungsstörungen im Sinne von depressiven Verstimmungen bei psychosozialer Belastungssituation diagnostiziert. Leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen könne der Kläger mindestens sechs bis unter acht Stunden täglich durchführen.
Nach Erhalt dieses Gutachtens hat der Kläger die Einholung eines orthopädischen und eines psychiatrischen Gutachtens auf eigene Kosten beantragt, die Erstattung des orthopädischen Gutachtens jedoch zunächst zurückgestellt.
Dr. Schl. hat sich im Gutachten vom 18. März 2009 den von Dr. P. erhobenen Befunden, festgestellten Diagnosen und der mitgeteilten Leistungseinschätzung angeschlossen.
Der anwaltlich vertretene Kläger hat daraufhin, ebenso wie die Beklagte, einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Mit Urteil vom 28. Januar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Gutachten des Dr. P., Dr. Schl., Dr. Sch. und Dr. Go. gestützt. Im Wesentlichen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers durch die Erkrankungen des orthopädischen Fachbereichs beeinträchtigt. Die von Dr. Go. getroffene Leistungseinschätzung sei nachvollziehbar, auch Dr. H. habe die Leistungsfähigkeit des Klägers unter Berücksichtigung der Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt gesehen. Die reaktiv-depressive Anpassungsstörung vermöge weder für sich betrachtet noch unter Berücksichtigung der weiteren Erkrankungen des Klägers zu einer Leistungsreduzierung in zeitlicher Hinsicht führen. Die von Dr. Sch., Dr. P. und Dr. Schl. abgegebene Leistungsbeurteilung sei nachvollziehbar. Denn die Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch Erkrankungen des neurologisch-psychiatrischen Fachbereichs nicht wesentlich beeinträchtigt. Dies ergebe sich auch aus dem vom Kläger geschilderten Tagesablauf. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liege nicht vor. Zwar bestünden beim Kläger qualitative Leistungseinschränkungen, die jedoch vom Erfordernis einer "leichten Tätigkeit" mit umfasst seien. Tätigkeiten wie Zureichen, Sortieren und Verpacken, die üblicherweise in ungelernten Tätigkeiten gefordert würden, seien dem Kläger noch vollschichtig möglich. Anhaltspunkte für eine schwere spezifische Leistungsbehinderung würden nicht vorliegen. Von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes sei ebenfalls nicht auszugehen. Schließlich sei der Kläger nicht berufsunfähig. Denn aufgrund seines bisherigen Berufes als LKW-Fahrer sei er allenfalls der zweiten Stufe des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) zuzuordnen. Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei in diesem Fall nicht erforderlich.
Am 29. Januar 2010 wurde eine Ausfertigung des Urteils an die bisherigen Bevollmächtigten des Klägers abgesandt und ist dort am 31. Januar 2010 eingegangen. Am 29. Januar 2010 zeigte der jetzige Bevollmächtigte des Klägers die Vertretung des Klägers an und teilte mit, dass das Mandatsverhältnis mit den bisherigen Bevollmächtigten beendet sei. Eine Ausfertigung des Urteils wurde dem jetzigen Bevollmächtigten mit einfacher Post am 3. Februar 2010 übersandt und dort nach eigenen Angaben am 8. Februar 2010 eingegangen.
Hiergegen hat der Kläger beim SG am 5. März 2010 Berufung eingelegt, die auch nach Erinnerung nicht begründet worden ist.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich ebenfalls nicht geäußert.
Mit Schreiben vom 4. August 2010 hat der Senat darauf hingewiesen, dass, selbst wenn die Zulässigkeit der Berufung unterstellt werde, diese nicht begründet sein dürfte und Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG bis 31. August 2010 eingeräumt. Auf Antrag des Klägers wurde die Frist antragsgemäß bis 10. September 2010 verlängert, ohne dass sich der Kläger nochmals geäußert hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 SGG beim SG am 5. März 2010 eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere fristgerecht. Die Berufung ist gemäß § 151 Abs 1 SGG bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist gemäß § 151 Abs 2 Satz 1 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. An die bisherigen Bevollmächtigten wurde das Urteil des SG schon am 31. Januar 2010 zugestellt, dem jetzigen Bevollmächtigten jedoch nach dessen Angaben erst am 8. Februar 2010 bekannt gegeben. Nur wenn auf das Datum des 8. Februar 2010 zur Fristberechnung abgestellt wird, war die Berufung demnach zulässig. Zugunsten des Klägers ist hiervon auszugehen. Denn an dem Tag, an dem das SG die Zustellung des Urteils an die bisherigen Bevollmächtigten veranlasst hat, hat sich auch der jetzige Bevollmächtigte des Klägers bestellt und die Beendigung des Mandats der bisherigen Bevollmächtigten mitgeteilt. Damit ist das Ende der Bevollmächtigung der bisherigen Bevollmächtigten wirksam eingetreten (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl, §172 Rdnr 28). Zugunsten des Klägers ist davon auszugehen, dass das SG die Kenntnis der Beendigung der bisherigen Bevollmächtigung und gleichzeitigen neuen Bestellung schon vor der (deshalb unwirksamen) Zustellung an die bisherigen Bevollmächtigten hatte, denn ein Beweis für den innergerichtlichen Geschäftsablauf ist dem Kläger regelmäßig unmöglich und deshalb unzumutbar (Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 172 Rdnr 8 mwN).
Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB II Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Schon das SG hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert ist. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Ergänzend ist anzumerken, dass auch der Senat keine Anhaltspunkte dafür sieht, dass der Kläger an einer schwerwiegenden depressiven Erkrankung leidet. Dies entnimmt der Senat, ebenso wie das SG, insbesondere den Gutachten des Dr. P. und Dr. Schl ... Aufgrund des geschilderten Tagesablaufs in den beiden Gutachten, nachdem es dem Kläger durchaus möglich ist, seinen Lebensalltag zu gestalten, sich selbst zu versorgen, den Haushalt zu erledigen und, wenn auch eingeschränkt, soziale Kontakte zu pflegen, geht der Senat mit dem SG davon aus, dass eine schwerwiegende depressive Erkrankung nicht vorliegt. Vielmehr leidet der Kläger lediglich an einer reaktiv-depressiven Anpassungsstörung ohne wesentliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Deshalb kann auch den anlässlich der einmaligen Untersuchung am 12. Januar 2006 erhobenen Befunden und Diagnosen des Dr. M. nicht gefolgt werden. Dieser hat im Wesentlichen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine ängstliche Anpassungsstörung und eine depressive Störung im Involutionsalter, zur Zeit mittelgradige Episode, diagnostiziert. Seiner Auffassung nach hat der Kläger ein eingeengtes Affektverhalten und einen verminderten Antrieb gezeigt. Hingegen waren Antrieb und affektive Schwingungsfähigkeit bei der Begutachtung durch Dr. Sch. nur leichtgradig reduziert. Bei den nachfolgenden Begutachtungen durch Dr. P. und Dr. Schl. war der Antrieb des Klägers unauffällig, der affektive Rapport gut. Eine depressive Störung konnte somit weder bei der Begutachtung durch Dr. Sch. noch durch die nachfolgenden Begutachtungen bei Dr. P. und Dr. Schl. nachgewiesen werden. Dr. M. selbst hat seine Leistungsbeurteilung auf den damaligen Untersuchungszeitpunkt begrenzt (der ca ein halbes Jahr vor der Rentenantragstellung lag) und auf eine mögliche Besserung durch die eingeleitete medikamentöse Behandlung hingewiesen. Ab dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung liegt deshalb beim Kläger zur Überzeugung des Senats eine (länger andauernde) depressive Störung oder anhaltende somatoforme Schmerzstörung nicht (mehr) vor.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche "Leitberufe" charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris). Angelernte des oberen Bereiches können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale wie zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, aaO mwN).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Auslieferungsfahrer für eine Großbäckerei mit Be- und Entladetätigkeiten beschäftigt. Weder hat der Kläger somit eine Ausbildung als Berufskraftfahrer absolviert noch ist ersichtlich, dass er sich dementsprechende Kenntnisse angeeignet hat und diese für die letzte Tätigkeit erforderlich gewesen wären. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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