Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 26 U 91/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 87/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 16.06.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der im Jahre 1954 geborene Kläger ist Produktionsarbeiter und erlitt am 31.8.2007 in der Wohnung seiner Mutter einen Unfall, als er beim Versuch, ein Fenster-Rollo wieder zu befestigen, den Halt verlor und von der Leiter stürzte. Die dabei erlittene laterale Schienbeinkopf-Trümmerimpressionsfraktur rechts wurde im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung bis zum 17.9.2007 osteosynthetisch versorgt (Bericht des St.W-Hospital in E vom 15.9.2007). Am 18.9.2007 stellte er sich bei dem Durchgangsarzt Dr. T vor, und gab erstmals an, der Unfall habe sich im Rahmen der Pflegetätigkeit für seine Mutter ereignet (Bericht vom 28.9.2007). Im Unfallfragebogen vom 15.10.2007 führte der Kläger aus, seine im Jahre 1923 geborene Mutter, der die Pflegestufe I zugebilligt wurde, seit circa 2000 als Pflegeperson zu versorgen. Er führe den Haushalt, mache Einkäufe, begleite sie zu Arztbesuchen und leiste Hilfe bei der Körperpflege.
Mit Bescheid vom 19.11.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Versicherungsfalls und einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 31.8.2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) als nicht erwerbsmäßig tätige häusliche Pflegeperson liege nicht vor, da die unfallbringende Tätigkeit keiner gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtung im Sinne des § 14 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Pflegeversicherung - (SGB XI) entspreche. Zur Begründung seines am 27. 11. 2007 erhobenen Widerspruchs machte der Kläger geltend, der Unfall habe sich auch nach Auffassung der AOK Rheinland, eines Mitarbeiters der Caritas E sowie des Chirurgen Dr. T bei einer pflegerischen beziehungsweise helferischen Maßnahme ereignet. Er sei kurz vor dem Unfall mit seiner Mutter zur Apotheke und zum Einkaufen gefahren und habe die Leiter geholt, um die eingekauften Lebensmittel im Schrank unterzubringen. Da seine Mutter sehr schreckhaft sei und er nicht gewollt habe, dass sie ihn in der Nacht deswegen aufweckt, habe er die Leiter aus der Küche geholt und versucht, das lockere Rollo wieder zu befestigen. Das Rollo habe sich gelöst, als ihre Mutter das Fenster habe verdunkeln wollen. Von seiner Mutter könne nicht verlangt werden, dass sie selbst auf die Leiter steige und das Rollo wieder anbringe. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.3.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, nicht jede Tätigkeit der Pflegeperson, die dem Pflegebedürftigen zugute komme, stehe unter Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII. Auch ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII entfalle, weil es sich um einen selbstverständlichen Hilfsdienst unter Familienangehörigen gehandelt habe. Nach § 4 Abs. 4 SGB VII bestehe Versicherungsfreiheit für Personen, die in einem Haushalt als Verwandter oder Verschwägerter bis zum zweiten Grade unentgeltlich tätig seien.
Gegen den ihm am 27.3.2008 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 3.4.2008 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und ergänzend vorgetragen, der Schwerpunkt der regelmäßigen pflegerischen Tätigkeit liege sowohl im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung als auch der Mobilität. Da auch Hilfestellungen im Bereich der Mobilität eine versicherte Tätigkeit darstellten, sei das Anbringen des Rollos auch verbunden mit einer pflegerischen Tätigkeit zu Bett gehen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.6.2009 hat der Kläger ferner angegeben, er habe das Einräumen der Lebensmittel unterbrochen, um das Rollo wegen der ins Zimmer scheinenden Sonne zu reparieren. Seiner Mutter sei es durch den Sonnenschein im Bett zu warm geworden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2008 zu verurteilen, den am 31.8.2007 in der Wohnung der Mutter des Klägers stattgehabten Sturz von einer Leiter als einen Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 16.6.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle der so genannte innere Zusammenhang zwischen der konkreten unfallbringenden Tätigkeit, nämlich dem Wiederingangsetzen des im Schlafzimmer der Mutter des Klägers aufgehängten Rollos mit den nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII in Verbindung mit §§ 19,14 Abs. 4 SGB XI versicherten Tätigkeiten. Allein der im Termin zur mündlichen Verhandlung herausgestellte zeitliche Zusammenhang zwischen dem Einräumen der Einkäufe und dem Besteigen der Leiter reiche nicht aus. Der Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung umfasse das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung sowie das Beheizen. Das Tätigwerden an dem im Schlafzimmer befindlichen Rollo stelle keine geringfügige, sondern eine wesentliche Unterbrechung der im Bereich des Küchenschranks entfalteten, der hauswirtschaftlichen Versorgung dienenden Tätigkeit dar. Zudem lasse sich die Handhabung eines immerhin 3 m breiten Fenster-Rollos, das der Kläger auf eine Störung in der Rollen-Mechanik beziehungsweise auf einen Fehler in der Aufhängung habe prüfen wollen, nicht gewissermaßen im Vorübergehen erledigen. Das Tätigwerden sei auch nicht dem Bereich der Mobilität zuzuordnen, denn es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Mutter des Klägers zum Verdunkeln des Schlafzimmers regelmäßig auf die Hilfe anderer Personen angewiesen sei. Schließlich lasse sich ein Versicherungsschutz auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 SGB VII herleiten, da es sich bei der zum Unfall führenden Tätigkeit um einen unter Familienangehörigen selbstverständlichen Hilfsdienst gehandelt habe.
Gegen das ihm am 24.6.2009 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 10.7.2009, zu deren Begründung er vorträgt, die Hilfeleistung bei der Verrichtung Zu-Bett- Gehen beinhalte auch Tätigkeiten, die den Zweck der Verrichtung erst ermöglichten. So dürfte ein sonnenbeschienenes Schlafzimmer zum Ruhen und Schlafen ungeeignet sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 16.6.2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2008 festzustellen, dass das Ereignis vom 31.8.2007 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie pflichtet dem angefochtenen Urteil bei und betont, mit dem ausdrücklichen Bezug auf § 14 Abs. 4 SGB XI seien ausschließlich die dort abschließend aufgezählten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in den Bereichen Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) und hauswirtschaftliche Versorgung geschützt. Der hier allein in Betracht kommende Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei nicht nur geringfügig durch das Tätigwerden an dem im Schlafzimmer befindlichen Rollo unterbrochen worden. Ansonsten würde allein das Verweilen in der Wohnung der Pflegebedürftigen einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung für Tätigkeiten begründen, die im Unfallzeitpunkt eindeutig nicht einer im Gesetz genannten pflegerischen Tätigkeit zugeordnet werden könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert. Die Beklagte hat zutreffend die Anerkennung des Ereignisses vom 31.8.2007 als Arbeitsunfall abgelehnt.
Nach den vom Kläger geschilderten Gesamtumständen war er kein Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, denn ein Beschäftigungsverhältnis mit seiner Mutter hat er weder behauptet, noch ist es sonst ersichtlich. Ferner scheidet auch eine Versicherung nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII aus, da der Kläger als Sohn gemäß § 4 Abs. 4 SGB VII versicherungsfrei sein dürfte und insbesondere die kurzfristige Verrichtung, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, als Gefälligkeitsleistung ihr Gepräge durch die engen familiären Bindungen erhält.
Wie das SG ebenfalls zutreffend dargelegt hat, ereignete sich der Unfall schließlich nicht im Rahmen einer Tätigkeit als Pflegeperson gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII. Danach sind Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI kraft Gesetzes versichert, wobei die versicherte Tätigkeit Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit diese Tätigkeiten überwiegend dem Pflegebedürftigen zugute kommen - Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung umfasst (vergleiche BSG, Urteil vom 7.9.2004 a.a.O.). Zwar war der Kläger Pflegeperson im Sinne dieser Vorschrift. Nach der Legaldefinition in § 19 S. 1 SGB XI sind Pflegepersonen Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB VI in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Die Mutter des Klägers war pflegebedürftig im Sinne des § 14 SGB XI. Sie wurden auch unstreitig vom Kläger als Pflegeperson in deren häuslicher Umgebung versorgt. Gleichwohl war die zum Unfall führende Tätigkeit nicht als Pflegetätigkeit unfallversicherungsrechtlich geschützt. Der Umfang des Versicherungsschutzes in diesen Fällen ist unter Bezugnahme auf § 14 Abs. 4 SGB in XI § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII bestimmt (vgl. BSG, Urteil vom 22.8.2000 - B 2 U 15/99 R -) Danach ist die Einbeziehung der Pflegetätigkeit in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht umfassend. Vielmehr konkretisiert die Vorschrift die versicherten Pflegetätigkeiten in Abgrenzung von allgemeinen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Tätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung sind nur dann versicherte Tätigkeiten mit der Folge eines Unfallversicherungsschutzes, wenn sie überwiegend dem Pflegebedürftigen zugute kommen. Die Pflegeversicherung ist jedoch bewusst nicht als umfassende Absicherung des Pflegerisikos konzipiert worden, die bei jeder Form eines Pflegebedarfs Leistungen vorsieht. So stellt § 4 Abs. 2 S. 1 SGB XI klar, dass die Pflegeversicherung keine Vollversorgung der Pflegebedürftigen sicherstellt, wie dies im Grundsatz in Bezug auf die Gesundheitsversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet ist. Die Leistungen bei häuslicher und teilstationärer Pflege haben gegenüber der fortbestehenden Notwendigkeit von Pflegeleistungen durch Familienangehörige, Nachbarn oder sonstige ehrenamtliche Pflegekräfte nur ergänzende Funktion. Ausgeschlossen sind danach etwa Leistungen, bei denen auf anderen als den in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführten Gebieten (zum Beispiel Kommunikation, Bildung, Freizeitgestaltung) ein Hilfebedarf besteht. Auch richtet sich die Ausgrenzung nicht nach dem Schweregrad der Betroffenheit des zu Pflegenden beziehungsweise der Pflegeperson. Diese Begrenzung des maßgeblichen Hilfebedarfs ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BSG, Urteil vom 19.2.1998 - B 3 P 3/97 R - www.Juris.de).
Damit kann aber - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung nur im Rahmen der konkreten Pflegetätigkeiten bestehen, die in § 14 SGB XI enumerativ aufgezählt sind. Die konkret zum Unfall führende Tätigkeit ist nicht der hauswirtschaftlichen Versorgung (Abs. 4 Nr. 4) zuzuordnen. Danach hat der Kläger insbesondere nach seinen glaubhaften Angaben im Termin des SG die unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit des Einräumens von Lebensmitteln zum Zwecke der Reparatur des defekten Rollos zeitlich nicht nur geringfügig unterbrochen. Entgegen der Auffassung des Klägers handelte es sich aber auch nicht um einen Hilfebedarf im Bereich Mobilität (Abs. 4 Nr. 3). Zwar gehören zu diesen Verrichtungen auch Hilfen beim selbständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen. Die zum Unfall führende Tätigkeit ereignete sich aber nicht bei einem derartigen körperlichen Bewegungsvorgang. Darüber hinausgehende Maßnahmen zur Gewährleistung der Ruhe und des Schlafens - wie hier das Reparieren des Rollos , um damit das Schlafzimmer abzudunkeln - gehören jedoch nicht mehr zur versicherten Mobilitätshilfe (KassKomm-Gürtner, SGB XI Rn. 18 m.w.N.). Stellt das Reparieren des Rollos schon keine der in den Bereichen Mobilität oder hauswirtschaftlicher Versorgung aufgezählten Verrichtungen dar, handelt es sich zudem insbesondere nicht um eine gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtung. Regelmäßig wiederkehrend sind nach der Gesetzesbegründung nur solche Verrichtungen, die zwar nicht täglich, aber doch mit gewisser Regelmäßigkeit im Alltag des Pflegebedürftigen anfallen. Verrichtungen, die seltener als zumindest einmal wöchentlich anfallen, zählen nicht zum berücksichtigungsfähigen Pflegeaufwand, weil § 15 Abs. 3 SGB XI mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt, dass für die Bemessung des für die Pflege erforderlichen Zeitaufwandes auf die Woche abzustellen ist (Wagner in: Hauck/Wilde, SGB XI, K § 14 Rn. 35 m.w.N.). Davon ausgehend ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Reparatur des Rollos in einer derartigen Regelmäßigkeit erforderlich war. Dass die Mutter des Klägers selbst nicht zur Reparatur in der Lage und das Abdunkeln des Schlafzimmers für die Mittagsruhe förderlich war, kann unterstellt werden, vermag aber einen berücksichtungsfähigen Pflegeaufwand nicht zu begründen. Der Unfall ereignete sich vielmehr im Rahmen der familiären Betreuung, die der Gesetzgeber vom Leistungsumfang der gesetzlichen Pflegeversicherung und auch vom Unfallversicherungsschutz der Pflegeperson ausgenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der im Jahre 1954 geborene Kläger ist Produktionsarbeiter und erlitt am 31.8.2007 in der Wohnung seiner Mutter einen Unfall, als er beim Versuch, ein Fenster-Rollo wieder zu befestigen, den Halt verlor und von der Leiter stürzte. Die dabei erlittene laterale Schienbeinkopf-Trümmerimpressionsfraktur rechts wurde im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung bis zum 17.9.2007 osteosynthetisch versorgt (Bericht des St.W-Hospital in E vom 15.9.2007). Am 18.9.2007 stellte er sich bei dem Durchgangsarzt Dr. T vor, und gab erstmals an, der Unfall habe sich im Rahmen der Pflegetätigkeit für seine Mutter ereignet (Bericht vom 28.9.2007). Im Unfallfragebogen vom 15.10.2007 führte der Kläger aus, seine im Jahre 1923 geborene Mutter, der die Pflegestufe I zugebilligt wurde, seit circa 2000 als Pflegeperson zu versorgen. Er führe den Haushalt, mache Einkäufe, begleite sie zu Arztbesuchen und leiste Hilfe bei der Körperpflege.
Mit Bescheid vom 19.11.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Versicherungsfalls und einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 31.8.2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) als nicht erwerbsmäßig tätige häusliche Pflegeperson liege nicht vor, da die unfallbringende Tätigkeit keiner gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtung im Sinne des § 14 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Pflegeversicherung - (SGB XI) entspreche. Zur Begründung seines am 27. 11. 2007 erhobenen Widerspruchs machte der Kläger geltend, der Unfall habe sich auch nach Auffassung der AOK Rheinland, eines Mitarbeiters der Caritas E sowie des Chirurgen Dr. T bei einer pflegerischen beziehungsweise helferischen Maßnahme ereignet. Er sei kurz vor dem Unfall mit seiner Mutter zur Apotheke und zum Einkaufen gefahren und habe die Leiter geholt, um die eingekauften Lebensmittel im Schrank unterzubringen. Da seine Mutter sehr schreckhaft sei und er nicht gewollt habe, dass sie ihn in der Nacht deswegen aufweckt, habe er die Leiter aus der Küche geholt und versucht, das lockere Rollo wieder zu befestigen. Das Rollo habe sich gelöst, als ihre Mutter das Fenster habe verdunkeln wollen. Von seiner Mutter könne nicht verlangt werden, dass sie selbst auf die Leiter steige und das Rollo wieder anbringe. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.3.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, nicht jede Tätigkeit der Pflegeperson, die dem Pflegebedürftigen zugute komme, stehe unter Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII. Auch ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII entfalle, weil es sich um einen selbstverständlichen Hilfsdienst unter Familienangehörigen gehandelt habe. Nach § 4 Abs. 4 SGB VII bestehe Versicherungsfreiheit für Personen, die in einem Haushalt als Verwandter oder Verschwägerter bis zum zweiten Grade unentgeltlich tätig seien.
Gegen den ihm am 27.3.2008 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 3.4.2008 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und ergänzend vorgetragen, der Schwerpunkt der regelmäßigen pflegerischen Tätigkeit liege sowohl im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung als auch der Mobilität. Da auch Hilfestellungen im Bereich der Mobilität eine versicherte Tätigkeit darstellten, sei das Anbringen des Rollos auch verbunden mit einer pflegerischen Tätigkeit zu Bett gehen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.6.2009 hat der Kläger ferner angegeben, er habe das Einräumen der Lebensmittel unterbrochen, um das Rollo wegen der ins Zimmer scheinenden Sonne zu reparieren. Seiner Mutter sei es durch den Sonnenschein im Bett zu warm geworden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2008 zu verurteilen, den am 31.8.2007 in der Wohnung der Mutter des Klägers stattgehabten Sturz von einer Leiter als einen Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 16.6.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle der so genannte innere Zusammenhang zwischen der konkreten unfallbringenden Tätigkeit, nämlich dem Wiederingangsetzen des im Schlafzimmer der Mutter des Klägers aufgehängten Rollos mit den nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII in Verbindung mit §§ 19,14 Abs. 4 SGB XI versicherten Tätigkeiten. Allein der im Termin zur mündlichen Verhandlung herausgestellte zeitliche Zusammenhang zwischen dem Einräumen der Einkäufe und dem Besteigen der Leiter reiche nicht aus. Der Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung umfasse das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung sowie das Beheizen. Das Tätigwerden an dem im Schlafzimmer befindlichen Rollo stelle keine geringfügige, sondern eine wesentliche Unterbrechung der im Bereich des Küchenschranks entfalteten, der hauswirtschaftlichen Versorgung dienenden Tätigkeit dar. Zudem lasse sich die Handhabung eines immerhin 3 m breiten Fenster-Rollos, das der Kläger auf eine Störung in der Rollen-Mechanik beziehungsweise auf einen Fehler in der Aufhängung habe prüfen wollen, nicht gewissermaßen im Vorübergehen erledigen. Das Tätigwerden sei auch nicht dem Bereich der Mobilität zuzuordnen, denn es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Mutter des Klägers zum Verdunkeln des Schlafzimmers regelmäßig auf die Hilfe anderer Personen angewiesen sei. Schließlich lasse sich ein Versicherungsschutz auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 SGB VII herleiten, da es sich bei der zum Unfall führenden Tätigkeit um einen unter Familienangehörigen selbstverständlichen Hilfsdienst gehandelt habe.
Gegen das ihm am 24.6.2009 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 10.7.2009, zu deren Begründung er vorträgt, die Hilfeleistung bei der Verrichtung Zu-Bett- Gehen beinhalte auch Tätigkeiten, die den Zweck der Verrichtung erst ermöglichten. So dürfte ein sonnenbeschienenes Schlafzimmer zum Ruhen und Schlafen ungeeignet sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 16.6.2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2008 festzustellen, dass das Ereignis vom 31.8.2007 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie pflichtet dem angefochtenen Urteil bei und betont, mit dem ausdrücklichen Bezug auf § 14 Abs. 4 SGB XI seien ausschließlich die dort abschließend aufgezählten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in den Bereichen Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) und hauswirtschaftliche Versorgung geschützt. Der hier allein in Betracht kommende Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei nicht nur geringfügig durch das Tätigwerden an dem im Schlafzimmer befindlichen Rollo unterbrochen worden. Ansonsten würde allein das Verweilen in der Wohnung der Pflegebedürftigen einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung für Tätigkeiten begründen, die im Unfallzeitpunkt eindeutig nicht einer im Gesetz genannten pflegerischen Tätigkeit zugeordnet werden könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert. Die Beklagte hat zutreffend die Anerkennung des Ereignisses vom 31.8.2007 als Arbeitsunfall abgelehnt.
Nach den vom Kläger geschilderten Gesamtumständen war er kein Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, denn ein Beschäftigungsverhältnis mit seiner Mutter hat er weder behauptet, noch ist es sonst ersichtlich. Ferner scheidet auch eine Versicherung nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII aus, da der Kläger als Sohn gemäß § 4 Abs. 4 SGB VII versicherungsfrei sein dürfte und insbesondere die kurzfristige Verrichtung, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, als Gefälligkeitsleistung ihr Gepräge durch die engen familiären Bindungen erhält.
Wie das SG ebenfalls zutreffend dargelegt hat, ereignete sich der Unfall schließlich nicht im Rahmen einer Tätigkeit als Pflegeperson gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII. Danach sind Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI kraft Gesetzes versichert, wobei die versicherte Tätigkeit Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit diese Tätigkeiten überwiegend dem Pflegebedürftigen zugute kommen - Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung umfasst (vergleiche BSG, Urteil vom 7.9.2004 a.a.O.). Zwar war der Kläger Pflegeperson im Sinne dieser Vorschrift. Nach der Legaldefinition in § 19 S. 1 SGB XI sind Pflegepersonen Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB VI in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Die Mutter des Klägers war pflegebedürftig im Sinne des § 14 SGB XI. Sie wurden auch unstreitig vom Kläger als Pflegeperson in deren häuslicher Umgebung versorgt. Gleichwohl war die zum Unfall führende Tätigkeit nicht als Pflegetätigkeit unfallversicherungsrechtlich geschützt. Der Umfang des Versicherungsschutzes in diesen Fällen ist unter Bezugnahme auf § 14 Abs. 4 SGB in XI § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII bestimmt (vgl. BSG, Urteil vom 22.8.2000 - B 2 U 15/99 R -) Danach ist die Einbeziehung der Pflegetätigkeit in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht umfassend. Vielmehr konkretisiert die Vorschrift die versicherten Pflegetätigkeiten in Abgrenzung von allgemeinen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Tätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung sind nur dann versicherte Tätigkeiten mit der Folge eines Unfallversicherungsschutzes, wenn sie überwiegend dem Pflegebedürftigen zugute kommen. Die Pflegeversicherung ist jedoch bewusst nicht als umfassende Absicherung des Pflegerisikos konzipiert worden, die bei jeder Form eines Pflegebedarfs Leistungen vorsieht. So stellt § 4 Abs. 2 S. 1 SGB XI klar, dass die Pflegeversicherung keine Vollversorgung der Pflegebedürftigen sicherstellt, wie dies im Grundsatz in Bezug auf die Gesundheitsversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet ist. Die Leistungen bei häuslicher und teilstationärer Pflege haben gegenüber der fortbestehenden Notwendigkeit von Pflegeleistungen durch Familienangehörige, Nachbarn oder sonstige ehrenamtliche Pflegekräfte nur ergänzende Funktion. Ausgeschlossen sind danach etwa Leistungen, bei denen auf anderen als den in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführten Gebieten (zum Beispiel Kommunikation, Bildung, Freizeitgestaltung) ein Hilfebedarf besteht. Auch richtet sich die Ausgrenzung nicht nach dem Schweregrad der Betroffenheit des zu Pflegenden beziehungsweise der Pflegeperson. Diese Begrenzung des maßgeblichen Hilfebedarfs ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BSG, Urteil vom 19.2.1998 - B 3 P 3/97 R - www.Juris.de).
Damit kann aber - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung nur im Rahmen der konkreten Pflegetätigkeiten bestehen, die in § 14 SGB XI enumerativ aufgezählt sind. Die konkret zum Unfall führende Tätigkeit ist nicht der hauswirtschaftlichen Versorgung (Abs. 4 Nr. 4) zuzuordnen. Danach hat der Kläger insbesondere nach seinen glaubhaften Angaben im Termin des SG die unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit des Einräumens von Lebensmitteln zum Zwecke der Reparatur des defekten Rollos zeitlich nicht nur geringfügig unterbrochen. Entgegen der Auffassung des Klägers handelte es sich aber auch nicht um einen Hilfebedarf im Bereich Mobilität (Abs. 4 Nr. 3). Zwar gehören zu diesen Verrichtungen auch Hilfen beim selbständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen. Die zum Unfall führende Tätigkeit ereignete sich aber nicht bei einem derartigen körperlichen Bewegungsvorgang. Darüber hinausgehende Maßnahmen zur Gewährleistung der Ruhe und des Schlafens - wie hier das Reparieren des Rollos , um damit das Schlafzimmer abzudunkeln - gehören jedoch nicht mehr zur versicherten Mobilitätshilfe (KassKomm-Gürtner, SGB XI Rn. 18 m.w.N.). Stellt das Reparieren des Rollos schon keine der in den Bereichen Mobilität oder hauswirtschaftlicher Versorgung aufgezählten Verrichtungen dar, handelt es sich zudem insbesondere nicht um eine gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtung. Regelmäßig wiederkehrend sind nach der Gesetzesbegründung nur solche Verrichtungen, die zwar nicht täglich, aber doch mit gewisser Regelmäßigkeit im Alltag des Pflegebedürftigen anfallen. Verrichtungen, die seltener als zumindest einmal wöchentlich anfallen, zählen nicht zum berücksichtigungsfähigen Pflegeaufwand, weil § 15 Abs. 3 SGB XI mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt, dass für die Bemessung des für die Pflege erforderlichen Zeitaufwandes auf die Woche abzustellen ist (Wagner in: Hauck/Wilde, SGB XI, K § 14 Rn. 35 m.w.N.). Davon ausgehend ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Reparatur des Rollos in einer derartigen Regelmäßigkeit erforderlich war. Dass die Mutter des Klägers selbst nicht zur Reparatur in der Lage und das Abdunkeln des Schlafzimmers für die Mittagsruhe förderlich war, kann unterstellt werden, vermag aber einen berücksichtungsfähigen Pflegeaufwand nicht zu begründen. Der Unfall ereignete sich vielmehr im Rahmen der familiären Betreuung, die der Gesetzgeber vom Leistungsumfang der gesetzlichen Pflegeversicherung und auch vom Unfallversicherungsschutz der Pflegeperson ausgenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
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