Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 638/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine KV kann durch Satzung bestimmen, dass über einen Widerspruch ein bei ihr eingerichteter Widerspruchsausschuss entscheidet.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars und hierbei um Zuordnung des Klägers zu einer anderen Honorar(unter)gruppe für die drei Quartale I und II/04 sowie I/05.
Der Kläger ist als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin seit 16.06.1984 an der vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt beteiligt, zunächst im Rahmen einer Ermächtigung für kinderneurologische Leistungen. Der Zulassungsausschuss für Ärzte ließ den Kläger mit Beschluss vom 22.02.2000 im Wege der Sonderbedarfszulassung nach Nr. 24b BedarfsPlRL-Ä zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu. Die Sonderbedarfszulassung nach Nr. 24b BedarfsPlRL-Ä erstreckte sich nach dem Beschluss für eine Übergangszeit von fünf Jahren auf die Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf Überweisung durch den behandelnden Vertragsarzt auf dem Gebiet der Kinderheilkunde bei neurologisch auffälligen und behinderten Kindern sowie bei Personen mit frühkindlichen Hirnschäden mit einhergehender Epilepsie, auch über das 18. Lebensjahr hinausgehend, abzurechnen nach im Einzelnen aufgeführten EBM-Nrn. Die Beklagte hat ihn abrechnungstechnisch den fachärztlich tätigen Kinderärzten (Honorargruppe A 2.3.2) zugeordnet. Er ist ferner seit 1996 Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin und als solcher durch Erweiterung der Zulassung durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.04.2007 ebf. zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 16.04.2004 setzte die Beklagte das Nettohonorar für das Quartal III/03 auf 59.988,80 Euro fest.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar des Klägers durch Honorarbescheid fest, wogegen der Kläger jeweils Widerspruch erhob. Die Festsetzungen und die Daten der Widerspruchseinlegung ergeben sich aus nachfolgender Übersicht:
I/04 II/04 I/05
Honorarbescheid vom 05.08.2004 09.10.2004 26.07.2005
Widerspruch vom/eingelegt am 22./24.09.2004 27./28.12.2004 07./09.09.2005
Nettohonorar gesamt in EUR 68.464,57 66.884,83 64.625,69
Bruttohonorar PK + EK in EUR 68.925,80 67.757,97 65.721,13
Fallzahl PK + EK 721 716 694
Korrekturbetrag in EUR zu LZ 506 14.554,53
Punktwert Allg. Leistungen (HG 2) PK/EK in Ct. 4,189/4,715 3,472/3,733 3,585/4,088
Maßnahme nach LZ 506 HVM -
Anerkennungsfähiges Honorar in Punkten 1.867.268,1 1.595.239,2 1.867.268,1
Maßgebliche Honoraranforderung 1.892.775,0 1.841.630,0 1.680.530,0
Überschreitung 25.506,9 246.390,8 - 186.738,1
Quote in % 80,65 86,53 100
Belastung in Punkten EK und PK gesamt 363.643,8 - -
Maßnahme nach LZ 505 HVM - - -
Die Beklagte lehnte einen Antrag vom 12.08.2005 auf Erhöhung der Bezugsfallzahl für das Quartal I/05 mit Bescheid vom 20.01.2006 ab. Darin führte sie aus, nach Ablauf der fünf Jahre der Sonderzulassung sei die Abrechnungsbeschränkung zum 01.03.2005 entfallen. Eine Änderung des Zulassungsstatus sei damit nicht vorgenommen worden. Der Kläger nehme daher auch weiterhin im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung an der vertragsärztlichen Versorgung teil, wobei er sich für die hausärztliche Versorgungsebene entschieden habe. Aufgrund des Status der klägerischen Praxis als "junge Praxis" sei von einer fallzahlabhängigen Quotierung für die Zeit nach Niederlassung zum 01.03.2000 bis einschließlich Quartal I/03 abgesehen worden. Für das Quartal I/05 sei die Fallzahl für das Quartal I/03 herangezogen worden (706 Fälle), weil die Fallzahl im Referenzquartal I/02 demgegenüber nur 676 Fälle betragen habe. Die Maßnahme nach Leitzahl 505 habe in Quartal I/05 keine Anwendung gefunden, da die Arzt-/Fachgruppe des Klägers mit ihrer gesamten Fallzahlentwicklung um einen Anstieg um weniger als 1% verzeichnet habe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid 08.05.2006 mit weitgehend gleichlautender Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/04 trug der Kläger vor, nach dem Desaster beim 3. Quartal 2003 habe er im 4. Quartal 2003 eine Steigerung seiner Gesamtabrechnung von 58.726,50 EUR auf 73.878,54 EUR bei einer minimal höheren Scheinzahl gehabt. Im Quartal I/04 sei eine Steigerung der Scheinzahl von 58 Scheinen zum Vorquartal eingetreten, und trotzdem solle er einen Abfall des Gesamthonorars auf 70.521,05 EUR erfahren. Er protestiere gegen ein Abrechnungssystem, das im keine plausible Berechnung und keine planbare wirtschaftliche Sicherheit geben und nur noch den faden Geschmack von Lüge und Beliebigkeit hinterlasse. Ähnlich begründete der Kläger auch seinen Widerspruch für das Quartal II/04. Für das Quartal I/05 trug er vor, er sei seit 01.03.2005 als Kinderarzt/Hausarzt voll zugelassen. Aus diesem Grund könne die Fallzahlenberechnung nicht mit 2004 verglichen werden, als er noch eine eingeschränkte Sonderbedarfszulassung gehabt habe.
Die Beklagte verband alle drei Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2008 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Honorarbescheide seien formell rechtmäßig. Sie seien ausreichend begründet und gründeten den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X. Die Honorarbescheide seien auch materiell rechtmäßig. Sie verstießen nicht gegen den Grundsatz der Bestimmtheit, da sie eindeutig die Höhe des Produkt- und Nettohonorars bestimmten. Sie seien sachlich und rechnerisch richtig auf der Grundlage wirksamer Regelungen in Form der geltenden Gebührenordnungs- und Honorarverteilungsbestimmungen erstellt worden. Eine Beschwer durch die Maßnahme der sog. Fallzahlbegrenzung nach Leitzahl 505 HVM liege nicht vor und in den Quartalen II/04 und I/05 auch keine Beschwer durch die Maßnahme der Honorarbegrenzung nach Leitzahl 506 HVM. Im Quartal I/05 sei es nach einer Neuberechnung zu einer Überschreitung von 25.506,9 Punkten im Rahmen der Maßnahme nach Leitzahl 506 HVM gekommen. Nach Korrektur der Abrechnung habe das Honorar im Quartal I/04 deutlich höher gelegen als im Quartal IV/03. Abweichungen zwischen den Quartalen könnten im Hinblick auf die zu behandelnde Klientel als auch die zur Verfügung stehende Geldmenge vorkommen.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2008 die Klage erhoben. Auf Antrag der Beteiligten hat die Kammer mit Beschluss vom 02.01.2009 das Verfahren zum Ruhen gebracht. Auf Antrag des Klägers vom 03.09.2009 ist das Verfahren fortgeführt worden.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage vor, der Widerspruchsausschuss sei nach der Satzung der Beklagten weder ein Organ noch ein satzungsgemäßer Ausschuss. Die Vertreterversammlung könne den "Widerspruchsausschuss" weder nach den Vorschriften des SGB V noch nach den einschlägigen Bestimmungen der Satzung der Beklagten errichten. Zuständig zum Erlass eines Widerspruchsbescheides in Honorarangelegenheiten sei vielmehr die KV Hessen als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Gemäß § 11 der Satzung werde diese Körperschaft vom hauptamtlichen Vorstand verwaltet sowie gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Der angefochtene Widerspruchsbescheid sei bereits deshalb rechtswidrig, weil er von einer rechtlich unzuständigen Stelle, nämlich dem Widerspruchsausschuss, erlassen worden sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale I und II/04 sowie I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008, die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG entscheide in Angelegenheiten der Sozialversicherung die von der Vertreterversammlung bestimmte Stelle. Bei Kassenärztlichen Vereinigungen entscheide die von der Vertreterversammlung bestimmte Widerspruchsstelle. In ihrem Falle sei dies der Widerspruchsausschuss. Im Übrigen verweise sie auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale I und II/04 sowie I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008 sind rechtmäßig. Sie waren daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Honoraranspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale I und II/04 sowie I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008 sind rechtmäßig. Eine Rechtswidrigkeit folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der von der Beklagten eingesetzte Widerspruchsausschuss über die Widersprüche des Klägers entschieden hat.
Zuständig für den Erlass eines Honorarbescheids und eines Widerspruchsbescheids ist die Beklagte. § 85 SGG sieht nicht vor, dass über Widersprüche gegen Honorarbescheide ausschließlich der Vorstand zu entscheiden hat. Auch ist keine andere gesetzliche Bestimmung ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht, aus der sich ergibt, dass nur der Vorstand als Vorstand darüber zu befinden hätte. Insofern obliegt es der Selbstverwaltung der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie sie die Verwaltungsverfahren, das heißt hier die Zuständigkeit innerhalb der Körperschaft regelt. Von daher kommt der Frage, ob der Vorstand selbst oder ein beauftragter Widerspruchsausschuss entscheidet, eine Außenwirkung im Verhältnis zu den Mitgliedern der Körperschaft beziehungsweise hier zum Kläger nicht zu. Insofern ist von einem verwaltungsinternen Organisationsakt auszugehen, dem keine Außenwirkung zukommt und der mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelungen zulässig ist.
Die Beklagte hat somit in zulässiger Weise bestimmt, dass die Landesstelle als Widerspruchsstelle gemäß § 85 SGG über einen Widerspruch entscheidet und bei ihr ein Widerspruchsausschuss gebildet wird, dem der Erlass von Widerspruchsbescheiden übertragen wird (§ 5 Abs. 5 Buchst. a Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der Fassung vom 08.05.2004, geändert durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 26.06.2004 sowie Beschluss der Vertreterversammlung vom 22.01.2005).
Es ist nicht ersichtlich, dass der Widerspruchsausschuss fehlerhaft besetzt (vgl. § 5 Abs. 5 Buchst. b Satzung) gewesen wäre.
Von daher war der Widerspruchsausschuss entgegen der Auffassung des Klägers für die Entscheidung zuständig und konnte in der Sache entscheiden.
Die angefochtenen Honorarbescheide sind auch aus anderen Gründen nicht rechtswidrig. Der Kläger hat weder im Widerspruchs- noch Klageverfahren, obwohl ihn die Kammer mit Verfügung vom 28.10.2009 hierauf hingewiesen hat, dargelegt, weshalb die angefochtenen Honorarbescheide materiell rechtswidrig sein sollten. Soweit er sich in den Widerspruchsverfahren allgemein gegen das Abrechnungssystem gewandt hat, ist der Kammer nicht ersichtlich, gegen was im Einzelnen der Kläger sich wendet. Soweit der Kläger letztlich geltend macht, die Honorierung sei insgesamt zu niedrig, konnte dem nicht gefolgt werden. Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Aus dieser Bestimmung kann ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche Tätigkeiten erst dann in Betracht kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R – aaO., juris Rdnr. 130 m. w. N.). Anzeichen hierfür sind nicht ersichtlich. Auch für das klägerische Fachgebiet ist im Bezirk der Beklagten die vertragsärztliche Versorgung gewährleistet.
Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen, dessen Begründung die Kammer folgt (§ 136 Abs. 3 SGG).
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der Streitwert für eine Klage auf höheres Honorar ist pro Quartal auf den Regelstreitwert festzusetzen, soweit – was vorliegend der Fall ist - keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete Abschätzung des wirtschaftlichen Werts des Begehrens ersichtlich sind (vgl. BSG, Beschl. v. 28.01.2009 – B 6 KA 66/07 B – juris). Dies ergab auch den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars und hierbei um Zuordnung des Klägers zu einer anderen Honorar(unter)gruppe für die drei Quartale I und II/04 sowie I/05.
Der Kläger ist als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin seit 16.06.1984 an der vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt beteiligt, zunächst im Rahmen einer Ermächtigung für kinderneurologische Leistungen. Der Zulassungsausschuss für Ärzte ließ den Kläger mit Beschluss vom 22.02.2000 im Wege der Sonderbedarfszulassung nach Nr. 24b BedarfsPlRL-Ä zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu. Die Sonderbedarfszulassung nach Nr. 24b BedarfsPlRL-Ä erstreckte sich nach dem Beschluss für eine Übergangszeit von fünf Jahren auf die Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf Überweisung durch den behandelnden Vertragsarzt auf dem Gebiet der Kinderheilkunde bei neurologisch auffälligen und behinderten Kindern sowie bei Personen mit frühkindlichen Hirnschäden mit einhergehender Epilepsie, auch über das 18. Lebensjahr hinausgehend, abzurechnen nach im Einzelnen aufgeführten EBM-Nrn. Die Beklagte hat ihn abrechnungstechnisch den fachärztlich tätigen Kinderärzten (Honorargruppe A 2.3.2) zugeordnet. Er ist ferner seit 1996 Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin und als solcher durch Erweiterung der Zulassung durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.04.2007 ebf. zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 16.04.2004 setzte die Beklagte das Nettohonorar für das Quartal III/03 auf 59.988,80 Euro fest.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar des Klägers durch Honorarbescheid fest, wogegen der Kläger jeweils Widerspruch erhob. Die Festsetzungen und die Daten der Widerspruchseinlegung ergeben sich aus nachfolgender Übersicht:
I/04 II/04 I/05
Honorarbescheid vom 05.08.2004 09.10.2004 26.07.2005
Widerspruch vom/eingelegt am 22./24.09.2004 27./28.12.2004 07./09.09.2005
Nettohonorar gesamt in EUR 68.464,57 66.884,83 64.625,69
Bruttohonorar PK + EK in EUR 68.925,80 67.757,97 65.721,13
Fallzahl PK + EK 721 716 694
Korrekturbetrag in EUR zu LZ 506 14.554,53
Punktwert Allg. Leistungen (HG 2) PK/EK in Ct. 4,189/4,715 3,472/3,733 3,585/4,088
Maßnahme nach LZ 506 HVM -
Anerkennungsfähiges Honorar in Punkten 1.867.268,1 1.595.239,2 1.867.268,1
Maßgebliche Honoraranforderung 1.892.775,0 1.841.630,0 1.680.530,0
Überschreitung 25.506,9 246.390,8 - 186.738,1
Quote in % 80,65 86,53 100
Belastung in Punkten EK und PK gesamt 363.643,8 - -
Maßnahme nach LZ 505 HVM - - -
Die Beklagte lehnte einen Antrag vom 12.08.2005 auf Erhöhung der Bezugsfallzahl für das Quartal I/05 mit Bescheid vom 20.01.2006 ab. Darin führte sie aus, nach Ablauf der fünf Jahre der Sonderzulassung sei die Abrechnungsbeschränkung zum 01.03.2005 entfallen. Eine Änderung des Zulassungsstatus sei damit nicht vorgenommen worden. Der Kläger nehme daher auch weiterhin im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung an der vertragsärztlichen Versorgung teil, wobei er sich für die hausärztliche Versorgungsebene entschieden habe. Aufgrund des Status der klägerischen Praxis als "junge Praxis" sei von einer fallzahlabhängigen Quotierung für die Zeit nach Niederlassung zum 01.03.2000 bis einschließlich Quartal I/03 abgesehen worden. Für das Quartal I/05 sei die Fallzahl für das Quartal I/03 herangezogen worden (706 Fälle), weil die Fallzahl im Referenzquartal I/02 demgegenüber nur 676 Fälle betragen habe. Die Maßnahme nach Leitzahl 505 habe in Quartal I/05 keine Anwendung gefunden, da die Arzt-/Fachgruppe des Klägers mit ihrer gesamten Fallzahlentwicklung um einen Anstieg um weniger als 1% verzeichnet habe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid 08.05.2006 mit weitgehend gleichlautender Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/04 trug der Kläger vor, nach dem Desaster beim 3. Quartal 2003 habe er im 4. Quartal 2003 eine Steigerung seiner Gesamtabrechnung von 58.726,50 EUR auf 73.878,54 EUR bei einer minimal höheren Scheinzahl gehabt. Im Quartal I/04 sei eine Steigerung der Scheinzahl von 58 Scheinen zum Vorquartal eingetreten, und trotzdem solle er einen Abfall des Gesamthonorars auf 70.521,05 EUR erfahren. Er protestiere gegen ein Abrechnungssystem, das im keine plausible Berechnung und keine planbare wirtschaftliche Sicherheit geben und nur noch den faden Geschmack von Lüge und Beliebigkeit hinterlasse. Ähnlich begründete der Kläger auch seinen Widerspruch für das Quartal II/04. Für das Quartal I/05 trug er vor, er sei seit 01.03.2005 als Kinderarzt/Hausarzt voll zugelassen. Aus diesem Grund könne die Fallzahlenberechnung nicht mit 2004 verglichen werden, als er noch eine eingeschränkte Sonderbedarfszulassung gehabt habe.
Die Beklagte verband alle drei Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2008 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Honorarbescheide seien formell rechtmäßig. Sie seien ausreichend begründet und gründeten den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X. Die Honorarbescheide seien auch materiell rechtmäßig. Sie verstießen nicht gegen den Grundsatz der Bestimmtheit, da sie eindeutig die Höhe des Produkt- und Nettohonorars bestimmten. Sie seien sachlich und rechnerisch richtig auf der Grundlage wirksamer Regelungen in Form der geltenden Gebührenordnungs- und Honorarverteilungsbestimmungen erstellt worden. Eine Beschwer durch die Maßnahme der sog. Fallzahlbegrenzung nach Leitzahl 505 HVM liege nicht vor und in den Quartalen II/04 und I/05 auch keine Beschwer durch die Maßnahme der Honorarbegrenzung nach Leitzahl 506 HVM. Im Quartal I/05 sei es nach einer Neuberechnung zu einer Überschreitung von 25.506,9 Punkten im Rahmen der Maßnahme nach Leitzahl 506 HVM gekommen. Nach Korrektur der Abrechnung habe das Honorar im Quartal I/04 deutlich höher gelegen als im Quartal IV/03. Abweichungen zwischen den Quartalen könnten im Hinblick auf die zu behandelnde Klientel als auch die zur Verfügung stehende Geldmenge vorkommen.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2008 die Klage erhoben. Auf Antrag der Beteiligten hat die Kammer mit Beschluss vom 02.01.2009 das Verfahren zum Ruhen gebracht. Auf Antrag des Klägers vom 03.09.2009 ist das Verfahren fortgeführt worden.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage vor, der Widerspruchsausschuss sei nach der Satzung der Beklagten weder ein Organ noch ein satzungsgemäßer Ausschuss. Die Vertreterversammlung könne den "Widerspruchsausschuss" weder nach den Vorschriften des SGB V noch nach den einschlägigen Bestimmungen der Satzung der Beklagten errichten. Zuständig zum Erlass eines Widerspruchsbescheides in Honorarangelegenheiten sei vielmehr die KV Hessen als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Gemäß § 11 der Satzung werde diese Körperschaft vom hauptamtlichen Vorstand verwaltet sowie gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Der angefochtene Widerspruchsbescheid sei bereits deshalb rechtswidrig, weil er von einer rechtlich unzuständigen Stelle, nämlich dem Widerspruchsausschuss, erlassen worden sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale I und II/04 sowie I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008, die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG entscheide in Angelegenheiten der Sozialversicherung die von der Vertreterversammlung bestimmte Stelle. Bei Kassenärztlichen Vereinigungen entscheide die von der Vertreterversammlung bestimmte Widerspruchsstelle. In ihrem Falle sei dies der Widerspruchsausschuss. Im Übrigen verweise sie auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale I und II/04 sowie I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008 sind rechtmäßig. Sie waren daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Honoraranspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale I und II/04 sowie I/05, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008 sind rechtmäßig. Eine Rechtswidrigkeit folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der von der Beklagten eingesetzte Widerspruchsausschuss über die Widersprüche des Klägers entschieden hat.
Zuständig für den Erlass eines Honorarbescheids und eines Widerspruchsbescheids ist die Beklagte. § 85 SGG sieht nicht vor, dass über Widersprüche gegen Honorarbescheide ausschließlich der Vorstand zu entscheiden hat. Auch ist keine andere gesetzliche Bestimmung ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht, aus der sich ergibt, dass nur der Vorstand als Vorstand darüber zu befinden hätte. Insofern obliegt es der Selbstverwaltung der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie sie die Verwaltungsverfahren, das heißt hier die Zuständigkeit innerhalb der Körperschaft regelt. Von daher kommt der Frage, ob der Vorstand selbst oder ein beauftragter Widerspruchsausschuss entscheidet, eine Außenwirkung im Verhältnis zu den Mitgliedern der Körperschaft beziehungsweise hier zum Kläger nicht zu. Insofern ist von einem verwaltungsinternen Organisationsakt auszugehen, dem keine Außenwirkung zukommt und der mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelungen zulässig ist.
Die Beklagte hat somit in zulässiger Weise bestimmt, dass die Landesstelle als Widerspruchsstelle gemäß § 85 SGG über einen Widerspruch entscheidet und bei ihr ein Widerspruchsausschuss gebildet wird, dem der Erlass von Widerspruchsbescheiden übertragen wird (§ 5 Abs. 5 Buchst. a Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der Fassung vom 08.05.2004, geändert durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 26.06.2004 sowie Beschluss der Vertreterversammlung vom 22.01.2005).
Es ist nicht ersichtlich, dass der Widerspruchsausschuss fehlerhaft besetzt (vgl. § 5 Abs. 5 Buchst. b Satzung) gewesen wäre.
Von daher war der Widerspruchsausschuss entgegen der Auffassung des Klägers für die Entscheidung zuständig und konnte in der Sache entscheiden.
Die angefochtenen Honorarbescheide sind auch aus anderen Gründen nicht rechtswidrig. Der Kläger hat weder im Widerspruchs- noch Klageverfahren, obwohl ihn die Kammer mit Verfügung vom 28.10.2009 hierauf hingewiesen hat, dargelegt, weshalb die angefochtenen Honorarbescheide materiell rechtswidrig sein sollten. Soweit er sich in den Widerspruchsverfahren allgemein gegen das Abrechnungssystem gewandt hat, ist der Kammer nicht ersichtlich, gegen was im Einzelnen der Kläger sich wendet. Soweit der Kläger letztlich geltend macht, die Honorierung sei insgesamt zu niedrig, konnte dem nicht gefolgt werden. Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Aus dieser Bestimmung kann ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche Tätigkeiten erst dann in Betracht kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R – aaO., juris Rdnr. 130 m. w. N.). Anzeichen hierfür sind nicht ersichtlich. Auch für das klägerische Fachgebiet ist im Bezirk der Beklagten die vertragsärztliche Versorgung gewährleistet.
Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen, dessen Begründung die Kammer folgt (§ 136 Abs. 3 SGG).
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der Streitwert für eine Klage auf höheres Honorar ist pro Quartal auf den Regelstreitwert festzusetzen, soweit – was vorliegend der Fall ist - keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete Abschätzung des wirtschaftlichen Werts des Begehrens ersichtlich sind (vgl. BSG, Beschl. v. 28.01.2009 – B 6 KA 66/07 B – juris). Dies ergab auch den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
Login
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