S 8 AS 299/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 299/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin von der Beklagten im Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.03.2010 die Gewährung von zuschussweisen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) trotz vorhandenen Vermögens beanspruchen kann.

Die Klägerin wurde am 00.00.1948 geboren. Sie ist seit Dezember 2004 geschieden. Sie ist Eigentümerin eines mit einem Einfamilienreihenhauses bebauten Hausgrundstücks mit einer Grundstücksfläche von 204 m² und einer Wohnfläche von 125 m², das sie allein bewohnt. Auf der Immobilie lasten noch Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 20.340,21 EUR. Die zu erwartende künftige Regelaltersrente beträgt ausweislich eine Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 10.08.2009 entsprechend der bislang erworbenen Anwartschaft 797,27 EUR.

Die Klägerin beantragte am 06.10.2005 erstmals die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten, die diese zunächst auch zuschussweise gewährte. Am 22.09.2008 beantragte sie die Fortzahlung der Leistungen über den 30.09.2008 hinaus, die die Beklagte für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.03.2009 vorläufig bewilligte. Hinsichtlich der Immobilie der Klägerin holte sie eine überschlägige Wertaussage des Gutachterausschusses für Grundstückswerte vom 21.11.2008 ein, der einen überschlägigen Verkehrswert von 90.000,00 EUR ermittelte. Den Fortzahlungantrag der Klägerin vom 23.02.2009 für die Zeit ab 01.04.2009 lehnte die Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 03.03.2009 ab. Gleichzeitig wies sie auf die Möglichkeit der darlehensweisen Leistungsgewährung hin. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin sei mit dem vorhandenen Vermögen nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II. Es handele sich bei der Immobilie nicht um ein angemessenes Hausgrundstück im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, da für eine Person lediglich eine Wohnfläche von 90 m² als angemessen anzusehen sei. Der Verkehrswert belaufe sich abzüglich der Verbindlichkeiten auf 69.659,21 EUR, was ihren Vermögensfreibetrag übersteige. Es liege auch keine besondere Härte vor.

Hiergegen legte die Klägerin am 09.03.2009 Widerspruch ein. Am 31.03.2009 beantragte sie die darlehensweise Leistungsgewährung. Mit Bescheid vom selben Tag wurden ihr darlehensweise Leistungen für den Zeitraum ab 01.04.2009 bis 31.03.2010 gewährt. Gegen diesen Darlehensbescheid wurde hinsichtlich der dort getroffenen Nebenbestimmungen ein Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 8 AS 131/09 geführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid als unbegründet zurück. Dem Bescheid war folgende Rechtsbehelfsbelehrung angefügt: "Diese Entscheidung wird Bestandteil des Klageverfahrens S 8 AS 131/09 E T./. Lippe pro Arbeit GmbH gemäß § 95 SGG."

Mit der hiergegen am 24.11.2009 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie aus: Die Verwertung des Hauses stelle für die Klägerin eine unzumutbare Härte dar. Sie habe das Reihenhaus seinerzeit gemeinsam mit ihrem Mann gekauft; seit der Scheidung bewohne und finanziere sie es allein. Die monatliche Belastung betrage einschließlich Tilgung lediglich 254,25 EUR, was den für einen Alleinstehenden angemessenen Kaltmietzins lediglich um 9,00 EUR übersteige. Der Kredit werde im Jahr 2015 getilgt sein; 2013 vollende sie das 65. Lebensjahr. Grundsicherungsleistungen fielen allenfalls für vier Jahre an. Es stelle eine unzumutbare Härte für die Klägerin dar, von ihr zu verlangen, ihr Haus, das ihre Alterssicherung darstelle, kurz vor Tilgungsende und kurz vor Erreichen der Altersgrenze zu verkaufen. Sie sei im Alter auf eine schuldenfreie Unterkunft angewiesen, um im Alter unabhängig von Grundsicherungsleistungen zu sein. Ein Verkauf des Hauses sei unwirtschaftlich. Selbst wenn sie einen Betrag von 70.000,00 EUR durch einen Verkauf erwirtschaften würde und hierfür eine kleine Immobilie kaufen würde, so müsse die Klägerin auch weiterhin Grundsicherungsleistungen beziehen, wobei zur Finanzierung einer neuen Immobilie sicherlich ein neues Darlehen aufgenommen werden müsste, da eine Immobilie für 70.000,00 EUR nicht zu erwerben sein dürfte. Die Beklagte hätte dann die mit Sicherheit höheren anfallenden Zinsen zu tragen. Zudem sei nicht nachzuvollziehen, dass die Klägerin das Haus behalten dürfe, wenn es noch in Höhe des Verkehrswertes belastet sei, die unbelastete Immobilie aber nunmehr verkaufen müsse. Nach dem Koalitionsvertrag der neuen Regierung sei beabsichtigt, das selbst genutzte Grundeigentum unabhängig von der Quadratmetergröße zu schützen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2009 zu verurteilen, der Klägerin im Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.03.2010 Leistungen nach dem SGB II zuschussweise zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Eine besondere Härte liege nicht vor. Voraussetzung hierfür sei ein atypischer Sachverhalt, der hier nicht ersichtlich sei. Dass beim Erwerb einer neuen angemessenen Immobilie weitaus höhere Zinsen anfielen, stelle eine reine Vermutung dar. Zudem erlaube sich die Beklagte den Hinweis, dass die Klägerin im Falle einer Veräußerung der Immobilie über erhebliches Barvermögen verfüge, dass zum Lebensunterhalt eingesetzt werden müsse und damit nicht mehr hilfebedürftig sei. Die Verwertung der Immobilie sei zudem auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Soweit die neue Regierung eine Gesetzesänderung bezüglich des Schutzes von Immobilien im SGB II plane, so handele es sich dabei bislang nur um eine Absichtserklärung.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Lippe und in der Stadt Detmold vom 28.05.2010. Auf das Gutachten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte zum Verfahren S 8 AS 131/09 sowie der Leistungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist zunächst zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben. Im vorliegenden Fall gilt gemäß § 66 Abs. 2 S. 1 SGG wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid vom 10.08.2009 die Jahresfrist. Gemäß § 66 Abs. 2 S. 1 SGG ist die Einlegung eines Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig ist. Soweit die Beklagte hier in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen hat, dass dieser gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens S 8 AS 131/09, welches sich gegen den Darlehensbescheid vom 31.03.2009 richtete, werde, so ist dies unzutreffend. Der angefochtene Bescheid vom 03.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2009 ist bereits deshalb nicht gemäß §§ 86, 96 Gegenstand des Verfahrens S 8 AS 131/09 geworden, weil er nicht zeitlich später, sondern eher als der Bescheid vom 31.03.2009 ergangen ist. Zudem ändert oder ersetzt er auch nicht den dort streitgegenständlichen Darlehensbescheid.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 31.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2009 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil der Bescheid rechtmäßig ist. Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.03.2010 keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung zuschussweiser Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig gemäß §§ 7, 9 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt aus dem vorhandenen Vermögen bestreiten konnte.

Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen nach dem SGB II. Hilfebedürftig ist dabei gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Hier war die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum in der Lage, ihren Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Vermögen zu bestreiten. Als Vermögen sind gemäß § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Zutreffend hat die Beklagte dass im Eigentum der Klägerin stehende mit einem Einfamilienreihenhaus bebaute Hausgrundstück als Vermögen im Sinne der Vorschrift berücksichtigt.

Gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 SGB II ist das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Gemäß § 12 Abs. 4 S. 2 SGB II ist für die Bewertung der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind gemäß § 12 Abs. 4 S. 3 SGB II zu berücksichtigen. Das Haus verfügte ausweislich des gerichtlicherseits eingeholten Wertgutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Lippe und in der Stadt Detmold zum Zeitpunkt der Folgeantragstellung über einen Verkehrswert von 80.000,00 EUR. Hiervon in Abzug zu bringen sind die dinglich gesicherten Verbindlichkeiten, die sich im streitgegenständlichen Zeitraum noch auf etwa 20.340,21 EUR beliefen. Es verbleibt damit ein Vermögenswert von 59.659,79 EUR. Wesentliche Änderungen sind nicht eingetreten. Soweit der Gutachterausschuss aktuell am 28.05.2010 einen um 5 Prozent geringeren Verkehrswert ermittelt, kann letztlich dahinstehen, ob diese Wertveränderung schon während des streitgegenständlichen Zeitraums bis zum 31.03.2010 oder erst danach eingetreten ist, denn auch unter Berücksichtigung des Wertes von 76.000,00 EUR verbleibt abzüglich der Verbindlichkeiten in Höhe von 20.340,21 EUR ein Wert von 55.659,79 EUR. Beide Werte übersteigen aber den zu berücksichtigenden Freibetrag erheblich.

Dem so errechneten Vermögen stehen im streitgegenständlichen Zeitraum Freibeträge der Klägerin gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 4 SGB II in Höhe von 9.750,00 EUR bzw. 9.900,00 EUR und 10.050,00 EUR gegenüber. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II sind vom Vermögen ein Grundfreibetrag in Höhe von 150,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber 3.100,00 EUR. Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II ist ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750,00 EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen zu berücksichtigen. Hieraus errechnet sich für die Klägerin für die Zeit vom 01.04.2009 bis 27.04.2009 ein Freibetrag in Höhe von 9.750,00 EUR, für die Zeit vom 28.04.2009 bis 27.04.2010 in Höhe von 9.900,00 EUR und ab dem 28.04.2010 in Höhe von 10.050,00 EUR.

Das Hausgrundstück stellt auch kein geschütztes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II dar. Gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Das Haus ist mit einer Gesamtwohnfläche von 125 m² nicht mehr angemessen im Sinne der Vorschrift.

Bei dem Begriff der angemessenen Größe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 2/05 R). In Anlehnung an die Vorschriften des 2. Wohnungsbaugesetzes vom 19. August 1994 (BGBl I 2137) gilt bei einem Familienheim eine Größe von 130 m² bei einem vier Personen Haushalt noch als angemessen (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 34/06 R). Für jede weitere im Haushalt lebende Person ist eine Fläche von 20 m² zu addieren (vgl. Eicher/Spellbrink, 2. Auflg., § 12 SGB II Rdnr. 71). Bei einer geringeren Familiengröße sind je Person Abschläge von 20 m² vorzunehmen, wobei auch bei Einzelpersonen eine Wohnungsgröße von 90 m² als angemessen anzusehen sein soll.

Hiervon ausgehend ist eine Wohnfläche von 90 m² für die Klägerin angemessen. Die Gesamtwohnfläche des Hauses beträgt aber 125 m² und übersteigt damit die angemessene Fläche um etwa das Doppelte. Selbst unter Berücksichtigung eines Toleranzwertes von zehn Prozent übersteigt die vorhandene Wohnfläche noch den angemessenen Wert um 26 m².

Die Verwertung des Hausgrundstücks ist auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Der Verkehrswert des Hausgrundstückes unterschreitet den Substanzwert nicht um mehr als 25 Prozent. Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht. Umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen. Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen (vgl BSG, Urteil vom 27.01.2009, Az.: B 14 AS 42/07 R). Hier beträgt der Substanzwert des Hausgrundstückes 99.301,00 EUR. Der ermittelte Verkehrswert von 80.000,00 EUR bzw. 76.000,00 EUR unterschreitet den Substanzwert lediglich um 19,44 Prozent bzw. 23,46 Prozent. Eine Unterschreitung des Substanzwertes um noch nicht einmal 25 Prozent stellt nach Auffassung der Kammer noch keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit dar. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass eine Verwertung unwirtschaftlich sei, da die Beklagte im Falle des Erwerbs einer neuen angemessenen Immobilie höhere Zinsen zu tragen habe, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Vielmehr geht die Kammer mit der Beklagten davon aus, dass im Falle eines Verkaufs zunächst einmal erhebliche Beträge zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden, die eine Hifebedürftigkeit der Klägerin ausschließen.

Auch stellt die Verwertung für die Klägerin keine unzumutbare Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II dar. Als Vermögen sind gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II Sachen und Rechte insoweit nicht zu berücksichtigen, als ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Wann von einer "besonderen Härte" im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II auszugehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei maßgebend nur außergewöhnliche Umstände sein können, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V)) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden. Für die Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr 6 SGB II müssen daher außergewöhnliche Umstände (etwa die Betreuungspflege bedürftiger Personen, vgl Nachweise bei Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl, § 12 RdNr 55 ff; auch Behrend in Juris Praxiskommentar, SGB II, § 12 RdNr 52) vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Dies machen auch die Gesetzesmaterialien deutlich. Hiernach liegt ein Härtefall iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alternative 2 SGB II z. B. dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist (BT-Drucks 15/1749, S 32). Dem kann entnommen werden, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides auch nur zusammen mit der Versorgungslücke eine besondere Härte darstellt. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 16.05.2007, Az.: B 11b AS 37/06 R).

Hiervon ausgehend liegt nach Auffassung der Kammer eine besondere Härte nicht vor, denn es sind keine Umstände ersichtlich, die regelmäßig nicht auch bei anderen Hilfebedürftigen anzutreffen sind. Die Klägerin erwartet eine Altersrente in Höhe von 797,27 EUR. Die Altersvorsorge der Klägerin ist damit gesichert. Zudem ist die Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht erst kurz vor Beginn des Rentenalters eingetreten. Vielmehr bezieht die Klägerin bereits seit dem 06.10.2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II; zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin erst 57 Jahre alt. Aber selbst wenn man von dem Zeitpunkt am 01.04.2009 ausgeht, zu dem die Beklagte erstmals die Leistungen nicht mehr zuschussweise gewährt und die Verwertung des Hauses gefordert hat, war die Klägerin noch etwas über vier Jahre vom Beginn des Rentenalters entfernt.

Das Hausgrundstück ist auch in einem angemessenen Zeitraum verwertbar. Nach der gebotenen anzustellenden Verwertungsprognose, wäre die Klägerin in der Lage gewesen, das Hausgrundstück innerhalb eines angemessenen Zeitraumes von sechs Monaten zu verwerten. So hat der Gutachterausschuss für Grundstückswerte die durchschnittliche Vermarktungsdauer mit 4,3 Monaten angegeben. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die dieser Prognose zugrunde liegenden Kauffälle aus den Jahren 1995 bis 1999 stammen. Die Klägerin hat jedoch demgegenüber keine Tatsachen vorgetragen, die ernsthafte Zweifel an der Verwertbarkeit binnen dieses Zeitraumes begründen könnten. Die Klägerin selbst hat eine Verwertung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht versucht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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