S 24 R 7076/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 R 7076/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog. Organisationsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV aus.

2. Zu den Anforderungen an eine wirksame Informations- und Ablauforganisation (hier: ein Ministererlass alleine genügt nicht).

3. Ein unzureichendes Nachversicherungsmanagement bei bloßem Vertrauen auf die fehlerfreie Umsetzung einer Erlasslage rechtfertigt den Schluss, dass dem behördeninternen Nachversicherungsverfahren nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen und damit eine Verzögerung der Durchführung der Nachversicherung bewusst in Kauf genommen wurde.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, wobei Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die klagende Bundesrepublik Deutschland Säumniszuschläge in Höhe von 16.632 Euro wegen verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für den Versicherten K. (zukünftig nur noch Versicherter) zu entrichten hat.

Der am XX.XX.1964 geborene Versicherte leistete in der Zeit vom XX.XX.1984 bis XX.XX.1985 seinen Grundwehrdienst in den Streitkräften der Klägerin und stand sodann vom 01.04.1985 bis zum 31.03.1988 als Soldat auf Zeit in deren Diensten. Er schied am 31.03.1988 als Stabsunteroffizier gemäß § 54 Abs. 1 Soldatengesetz (SG) aus dem Wehrdienstverhältnis bei der Bundeswehr aus. Unter dem 24.08.2007 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Im Zuge dessen stellte sich heraus, dass er für die Zeit vom 01.04.1985 bis 31.03.1988 nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden war. Mit Schreiben vom 10.09.2007 wies die Beklagte die Wehrbereichsverwaltung (WBV) S. darauf hin, dass der Versicherte für die Zeit als Zeitsoldat nachzuversichern sei. Dem kam die WBV S. nach und entrichtete an die Beklagte mit Wertstellung vom 15.10.2007 insgesamt 13.082,10 Euro als Nachversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.04.1985 bis 31.03.1988. Wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf die Nachversicherungsbescheinigung vom 08.10.2007 (Blatt 11 der Beklagten-Verwaltungsakte) verwiesen.

Mit Anhörungsschreiben vom 22.08.2008 teilte die Beklagte der WBV S. mit, dass sie wegen verspäteter Zahlung der Nachversicherungsbeiträge beabsichtige, Säumniszuschläge in Höhe von 16.632 Euro mittels Verwaltungsakt zu erheben. Gemäß § 24 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei für Nachversicherungsbeiträge, die nicht spätestens bis zum Ablauf von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gezahlt werden, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten, Betrages zu zahlen. Dabei ergebe sich vorliegend unter Zugrundelegung eines Eintritts der Fälligkeit am 01.04.1988 und des Eingangs der Nachversicherungsbeiträge mit Wertstellung am 15.10.2007 für die gemäß § 184 Abs. 1 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) alleine maßgebliche Zeit ab dem 01.01.1995 eine Säumnis von 154 Monaten. Die beabsichtigten Säumniszuschläge würden berechnet durch Vervielfältigung der – auf 50 Euro abgerundeten – Nachversicherungsschuld zu Beginn der Säumnis am 01.01.1995 mit der Anzahl der Säumnismonate und einem Prozent. Mit Schreiben vom 28.08.2008 nahm die WBV S. dazu Stellung. Der Versicherte habe seinerzeit seine Dienstbezüge vom Wehrbereichsgebührnisamt (WBGA) VI in M. – heute WBV S., Außenstelle M. – erhalten. Damals sei das WBGA V, Hauptsachgebiet Nachversicherung, in S. – heute WBV S. – für die Durchführung der Nachversicherung intern zuständig gewesen. Die WBV S. habe erstmals durch das Schreiben der Beklagten vom 10.09.2007 Kenntnis von der Verpflichtung zur Nachversicherung des Versicherten erhalten. Sämtliche Besoldungsunterlagen aus der Dienstzeit des Versicherten lägen nicht mehr vor. Daher seien die beitragspflichtigen Einnahmen des Versicherten auf die entsprechende Aufforderung der Beklagten hin auch fiktiv anhand der beim Kreiswehrersatzamt noch vorhandenen Personalunterlagen des Versicherten festgesetzt und die Nachversicherung am 08.10.2007 unverzüglich durchgeführt worden. Ein (bedingt) vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge könne ausgeschlossen werden. Vielmehr habe man damals die zeitgerechte Beitragszahlung wegen eines Bearbeitungsfehlers des WBGA VI in M. in Gestalt der Nichtzustellung der Nachversicherungsunterlagen versäumt.

Mit Bescheid vom 06.07.2009 erhob die Beklagte sodann unter Hinweis auf ihr Anhörungsschreiben vom 22.08.2008 und unter Wiederholung der dortigen Ausführungen auf die von der Klägerin entrichteten Nachversicherungsbeiträge Säumniszuschläge in Höhe von 16.632 Euro. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die dreißigjährige Verjährung gelte, wenn die betreffenden Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien. Dies müsse vorliegend angenommen werden, da die WBV S. Kenntnis von der Verpflichtung zur Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen gehabt habe. Grundsätzlich käme zwar auch eine unverschuldete Unkenntnis der Zahlungspflicht gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV in Betracht. Allerdings müsse sich der Beitragsschuldner hier sein Versäumnis auf Grund interner Organisation der rechtlichen Angelegenheiten zurechnen lassen. Außerdem scheide bei Eingreifen der dreißigjährigen Verjährungsfrist eine unverschuldete Unkenntnis von vornherein aus. Mit ihrem hiergegen unter dem 11.08.2009 erhobenen Widerspruch wiederholte die Klägerin, vertreten durch die WBV S., ihr Vorbringen aus den Anhörungsverfahren und erhob die Einrede der Verjährung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Wi-derspruch als unbegründet zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne sich der Beitragsschuldner nur dann auf die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV berufen, wenn er glaubhaft mache, unverschuldet keine Kenntnis von der Pflicht zur Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen gehabt zu haben. Da im vorliegenden Fall eine unverschuldete Kenntnis lediglich behauptet werde, müsse sich die Klägerin die rechtzeitige Kenntnis von der Zahlungspflicht zurechnen lassen, so dass die dreißigjährige Verjährungsfrist eingreife.

Hiergegen hat die Klägerin unter dem 22.10.2009 Klage beim erkennenden Gericht erhoben.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt sie an, dass nach den damals im Bereich der Bundeswehrverwaltung geltenden Durchführungsbestimmungen zur Nachversicherung gemäß Erlass des Bundesministers der Verteidigung (BMVg) vom 03.02.1982 die Wehrbereichsgebührnisämter verpflichtet waren, im Falle eines Nachversicherungstatbestandes dem für die Nachversicherung zuständigen Wehrbereichsgebührnisamt eine "Mitteilung zur Nachversicherung" und eine "Bescheinigung über das Diensteinkommen" zur weiteren Veranlassung zu übersenden. Dies sei im vorliegenden Fall aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen "ausnahmsweise" nicht geschehen. Die Klägerin habe gleichwohl durch den Erlass vom 03.02.1982 ausreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen, um den Informationsfluss von den besoldenden Dezernaten der seinerzeit sieben Wehrbereichsverwaltungen zu den zwei für die Nachversicherung zuständigen Wehrbereichsgebührnisämtern III und V zu gewährleisten. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass der Nachversicherungsbearbeitungsstand im Jahr 1991 rund 44.000 Fälle mit monatlichen Neuzugängen von rund 2.000 Fällen betragen habe. Die vorliegende Unkenntnis der Klägerin lasse vor diesem Hintergrund kein Verschulden erkennen. Auch eine sog. Wissenszu-rechnung zwischen den besoldenden und den nachversichernden Dienststellen komme im Hinblick auf die organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung des internen Informationsaustausches in Gestalt des Ministererlasses nicht in Betracht. Es bestünden zudem auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das damalige Unterlassen der zeitnahen Nachversicherung gerade in Ansehung einer für möglich gehaltenen Nachversicherung erfolgt sei. Ein Organisationsverschulden, eine verschuldete Kenntnis von der Versicherungspflicht und ein auch nur bedingt vorsätzliches Verhalten lägen damit nicht vor. Darüber hinaus sei der geltend gemachte Anspruch auch verjährt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 06.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Klägerin hat unter anderem den Ministererlass vom 03.02.1982 (BMVg VR III 3 – 67-38-70, VMBl. 1982, S. 122-127, über die "Durchführung der Nachversicherung in den gesetzlichen Ren-tenversicherungen für ( ) Soldaten der Bundeswehr" zur Gerichtsakte gereicht. Wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 30 bis 34 der SG-Akte verwiesen.

Das Gericht hat die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.07.2010 in dem beim hiesigen Gericht geführten – und zwischenzeitlich abgeschlossenen – Rechtsstreit S 23 R 7659/06 (Klägerin gegen Deutsche Rentenversicherung R.) beigezogen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 02.09.2010.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Sie ist als reine Anfechtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) statthaft, form- und fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts ergibt sich aus §§ 57 Abs. 1 Satz 1, 202 SGG in Verbindung mit § 18 Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit Ziff. 1 lit. c) der Anordnung über die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Prozessen und anderen Verfahren im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Vertretungsanordnung BMVg) vom 19.12.2002 (VMBl. 2003, S. 2) in der Fassung vom 19.02.2003 (VMBl. 2003, S. 86), vgl. Danckwerts, in: Hennig, SGG, § 57 Rz. 7 (Stand: September 1996); Vollkommer, in: Zöller (ZPO), 27. Aufl. 2009, § 18 Rz. 12 m. w. N.,

weil die nach dem Organisationsrecht des Bundes hier zur Vertretung der Klägerin berufene Wehrbereichsverwaltung S. ihren Sitz in S. und damit im hiesigen Gerichtsbezirk hat.

II.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2009 (vgl. § 95 SGG) ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat die Beklagte Säumniszuschläge in der festgesetzten Höhe erhoben.

1. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 24 Abs. 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von ein vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Diese Vorschrift ist auch bei verspäteter Beitragszahlung in Nachversicherungsfällen anwendbar, was durch die mit Wirkung zum 01.01.2008 eingefügten Sätze 2 und 3 des § 184 Abs. 1 SGB VI ausdrücklich klargestellt worden ist,

vgl. dazu nur Gürtner, in: KassKomm, § 184 SGB VI Rz. 3a (Stand: April 2008); Schmidt, in: Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl. 2008, § 184 Rz. 5 m. w. N.

Die Berechtigung zur Erhebung von Säumniszuschlägen bei verspäteter Zahlung von Nachversi-cherungsbeiträgen nach § 24 SGB IV entsprach aber bereits vor dem 01.01.2008 geltendem Recht,

BSG, Urt. v. 12.02.2004 – B 13 R 28/03 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 2.

2. Die Voraussetzungen, unter denen § 24 SGB IV die Erhebung von Säumniszuschlägen – seit der Fassung vom 01.01.1995 zwingend –,

siehe dazu nur BSG, Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 67/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; Wietek, in: LPK-SGB IV, 2007, § 24 Rz. 2 m. w. N.

vorschreibt, liegen hier vor. Durch die erst zum 15.10.2007 erfolgte Zahlung ist Säumnis im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingetreten, denn die Klägerin hat die Beiträge zur Nachversicherung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt. Die Nachversicherungsbeiträge für den Versicherten waren seit dem 01.04.1988 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs. 4 SGB IV nach § 184 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Bei¬tragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist hier der kla¬gende Bund als ehemaliger Dienstherr des Versicherten. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten,

BSG, Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 67/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, m. w. N.

Die Voraussetzungen für die Nachversiche¬rung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier: Wehrdienstverhältnis) vor (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Der Versicherte war mit Ablauf des 31.03.1988 aus dem Wehrdienstverhältnis ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 01.04.1988 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) lagen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld am Folgetag des unversorgten Ausscheidens des Versicherten,

vgl. nur BSG, Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 67/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, m. w. N.

Eingegangen sind die Beiträge bei der Beklagten aber erst unter dem 15.10.2007, also verspätet. Dass die Beklagte rechtsfehlerfrei als Beginn der Säumnis nicht bereits den 01.04.1988 sondern erst den 01.01.1995 zugrunde gelegt hat, beruht auf § 184 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI.

3. Die Beklagte hat die Säumniszuschläge auch rechtmäßig durch Verwaltungsakt festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern. Im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden,

BSG, Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 67/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, m. w. N.

4. Die Höhe der von der Beklagten erhobenen Säumniszuschläge von insgesamt 16.632 Euro kann ebenfalls nicht mit Erfolg beanstandet werden und wird von der Klägerin auch nicht angegriffen. Nach § 184 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB VI sind für die Berechnung des rückständigen Betrages die zum 01.01.1995 geltenden Rechengrößen (maßgeblicher Dynamisierungsfaktor und Beitragssatz) anzuwenden. Die Beklagte hat bei der Berechnung der Säumniszuschläge daher einen Beitragssatz von 18,6 Prozent in Ansatz gebracht und die Nachversicherungsschuld mit einem Betrag von insgesamt 10.806,81 Euro errechnet (Blatt 31 der Verwaltungsakte). Ausgehend vom berücksichtigungsfähigen Säumnisbeginn am 01.01.1995 und einer Wertstellung am 15.10.2007 ergeben sich 154 angefangene Monate der Säumnis und damit Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in Höhe von insgesamt 16.632 Euro (10.800 Euro x 154 Monate x 1 Prozent). Soweit die Beklagte ihrer Berechnung eine Nachversicherungsschuld in Höhe von lediglich 10.806.81 Euro – gegenüber von der Klägerin im Rahmen der Nachversicherung abgeführten 13.082,10 Euro (Nachversicherungsbescheinigung vom 08.10.2007) – zugrunde gelegt hat, beschwert dies die Klägerin im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG im Hinblick auf den hier alleine maßgeblichen Streitgegenstand jedenfalls nicht,

siehe dazu auch Hamb. LSG, Urt. v. 23.07.2008 – L 6 R 65/06, abrufbar unter www.so-zialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb.

5. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten,

BSG, Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 67/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, m. w. N.

Ein solcher Fall liegt hier indes nach Überzeugung der Kammer nicht vor. Als staatsrechtliche (Gebiets-) Körperschaft des öffentlichen Rechts kann die Klägerin – die Bundesrepublik Deutschland – selbst keine Kenntnisse von bestimmten Umständen haben. Es kann von vornherein also nur darum gehen, inwieweit ihr das Wissen ihrer Organwalter bzw. Bediensteten entsprechend § 166 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zuzurechnen ist,

siehe nur BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2, m. w. N. auch zur Rspr. des BGH.

Würde man hier auf die Kenntnis des damals nach den internen Organisationsregeln (vgl. Ziffer 5 lit. a] des Ministererlasses vom 03.02.1982) für die Nachversicherung des Versicherten zuständigen Amtswalters beim WBGA V – Sachgebiet Nachversicherung – abstellen, wäre eine Zurechnung bereits mangels Kenntnis dieses Amtswalters vom Nachversicherungsfall nach dem Klagevorbringen nicht möglich. Denn danach hat es der im zuletzt für die Besoldung des Versicherten zuständigen WBGA VI verantwortliche Amtswalter aus nicht mehr aufklärbaren Umständen unterlassen, die "Mitteilung zur Nachversicherung" und eine "Bescheinigung über das Diensteinkommen" an das WBGA V – Sachgebiet Nachversicherung – abzusetzen (vgl. zu diesem Verfahren Ziffer 7, 10 des Ministererlasses vom 03.02.1982).

Dabei ist indes aber schon zweifelhaft, ob die grundsätzlich in der Rechtsprechung vertretene Ablehnung einer Wissenszurechnung zwischen verschiedenen Behörden,

vgl. dazu BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2, m. w. N.,

hier überhaupt einschlägig ist. Die Frage der Wissenszurechnung nach § 166 BGB (analog) von Organvertretern juristischer Personen einschließlich fiskalisch handelnder Körperschaften des öffentlichen Rechts kann nicht mit logisch-begrifflicher Stringenz, sondern alleine in wertender Beurteilung entschieden werden. Denn nur so lässt sich die strukturelle Besonderheit der organi-satorischen Aufspaltung behördlicher Funktionen in personeller und zeitlicher Hinsicht (Wechsel der Amtsträger) aus Gründen des Verkehrsschutzes ausgleichen,

vgl. BGH, Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, S. 30 ff.; Urt. v. 08.12.1989 – V ZR 246/87, BGHZ 109, S. 327 ff.

In Ansehung dessen ist hier zu berücksichtigen, dass die Klägerin – freilich im Rahmen ihrer Organisationsgewalt – den (nach außen) einheitlichen Nachversicherungsvorgang auf zwei un-terschiedliche und auch örtliche getrennte Behörden innerhalb ein und desselben Geschäftsbereichs aufgespalten hat. Mit dem Verfahren waren im Jahr 1988 die zuletzt besoldenden Wehr-bereichsgebührnisämter sowie spezielle Organisationseinheiten der Wehrbereichsgebührnisämter III und V betraut (Ziffer 5, 10 des Ministererlasses vom 03.02.1982). Bei einer solchen organisatorischen Binnenaufteilung innerhalb eines Verwaltungsträgers bei der Bearbeitung eines materiell einheitlichen Vorgangs spricht einiges für eine per se wechselseitige Wissenszurechnung der beteiligten Ver-waltungseinheiten.

Dieser Frage muss hier aber nicht weiter nachgegangen werden. Die Klägerin vermag sich bereits aus einem anderen Grund nicht mit Erfolg auf eine Unkenntnis ihrer Zahlungspflicht zu berufen. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog. Organisationsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV aus. Es versteht sich von selbst, dass derjenige, der eine komplexe und vielschichtige Organisationsstruktur schafft und unterhält und es gleichzeitig unterlässt, durch eine wirksame Ablauf- und Informationsorganisation verfügbares Wissen an die intern zuständigen Stellen weiterzugeben, in seiner Eigenschaft als Beitragsschuldner nicht besser gestellt sein kann, als eine natürliche Person,

vgl. dazu auch Habermeier, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. 2008, § 166 Rz. 22 m. w. N. zur Rspr.

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der erforderlichen organisatorischen Maßnahme ist jedenfalls zu verlangen, dass die Behörde dafür Sorge trägt, dass Informationen, die typischerweise aktenmäßig festgehalten werden, auch verfügbar sind. Diese Verantwortung umschließt gerade auch die Pflicht, die Präsenz der Informationen zu organisieren. Es muss daher sichergestellt werden, dass Informationen, deren Relevanz für andere Personen innerhalb einer Organisation bei den konkret Wissenden erkennbar ist, tatsächlich an die zuständigen und zur Entscheidung berufenen Personen weitergegeben werden. Insofern muss gewährleistet sein, dass nach erkennbar anderswo innerhalb der Organisation vorhandenen und für den eigenen Bereich wesentlichen Informationen nachgefragt wird und nachgefragt werden kann. Der Verwaltungsträger muss die interne Kommunikation und die Binneninformationsverteilung ordnungsgemäß organisieren, entsprechende Strukturen vorhalten,

vgl. zum Vorstehenden etwa BGH, Urt. v. 15.12.2005 – IX ZR 227/04, NJW-RR 2006, S. 771 ff.; Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, S. 30 ff.,

und insgesamt ausreichende Maßnahmen treffen,

BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2.

Fehlen derartige notwendige organisatorische Maßnahmen, genügt bereits einfache Fahrlässigkeit (§ 276 BGB analog), um der Organisation das (aktenmäßige) Wissen einzelner, auch nicht unmittelbar mit dem streitigen Vorgang befasster Mitarbeiter zurechnen zu können. Dabei ist eine konkret-individuelle Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen,

BSG, Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 67/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, m. w. N.

Unter Anlegung dieses Prüfmaßstabs ist vorliegend nach Überzeugung der Kammer von einem Organisationsverschulden der Klägerin auszugehen. Dabei kann – wie dargelegt – dahinstehen, ob dies "nur" auf Fahrlässigkeit oder sogar auf (bedingtem) Vorsatz beruht.

Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin im gegebenen Zusammenhang überhaupt über eine den erforderlichen Anforderungen genügende Ablauf- und Informationsorganisation verfügt. Die vorgelegten Erlasse, die inhaltlich im Wesentlichen seit 1968 unverändert sind, regeln zwar das grundsätzliche interne Nachversicherungsverfahren und die Zuständigkeiten der daran beteiligten Dienststellen. Dies genügt aber bei weitem nicht den Anforderungen an eine wirksame Wissenskonservierung-, -verarbeitung und -weitergabe im dargelegten Sinne. Aus den Erlassen geht schon nicht hervor, dass und gegebenenfalls welche konkreten Vorkehrungen getroffen worden sind, um sicherzustellen, dass die aus dem Dienst ausscheidenden Soldaten tatsächlich an das für die Nachversicherung zuständige WBGA gemeldet werden,

konkrete Sicherungsmaßnahmen fordernd BGH, Urt. v. 15.12.2005 – IX ZR 227/04, NJW-RR 2006, S. 771 ff.; Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, S. 30 ff.; vgl. auch BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2: "ausreichende Maßnahmen".

Die Klägerin hat nicht einmal behauptet, dass im Streitzeitraum regelmäßig Überprüfungen dahingehend stattgefunden haben, dass beispielsweise die Zahl der ausscheidenden Zeitsoldaten mit der Zahl der an die Rentenversicherungsträger gemeldeten Nachversicherungsfälle abgeglichen wurden, um etwaige Fehlbestände zu lokalisieren. Ebenso wenig ist dem Gericht mitgeteilt worden, ob in irgendeiner Form sichergestellt worden ist, dass die für die Nachversicherung zuständigen Wehrbereichsgebührnisämter bei den für die Dienstbezüge zuständigen Ämtern die Meldung von ausgeschiedenen Soldaten angefragt oder gar angemahnt haben. Zu etwaigen Melde-, Prüf- und Vorlagepflichten, einer Listen- bzw. Kalenderführung, überhaupt einem Sicherungs-, Kontroll- und Mahnwesen – etwa einem sog. Laufzettelverfahren –,

siehe dazu nur Siepmann/Siepmann, Verwaltungsorganisation, 6. Aufl. 2004, S. 138 ff.,

einem strukturierten Ablaufplan nach dem "Vier-Augen-Prinzip" oder dergleichen verhalten sich die bekannte Erlasslage und das Klagevorbringen ebenfalls nicht. Auch hat sich die Klägerin nicht dazu erklärt, welche Maßnahmen der Dienstaufsicht eingesetzt wurden, um eine lückenlose Nachversicherung der ausscheidenden Soldaten zu gewährleisten. Die Klägerin hat sich sowohl im Verwaltungs- als auch im Klageverfahren alleine auf die Erlasslage und die "hierarchische Struktur" der Bundeswehrverwaltung berufen und sich im Übrigen auf die Mitteilung ihrer Rechtsansichten beschränkt. Tatsachen, die über die bloße Existenz der Ministererlasse hinausgehen und auf organisatorische Vorkehrungen zur Verhinderung von Fehlern bei Nachversicherungen hindeuten, sind dem Gericht nicht benannt worden. Die klägerische Auffassung, dass die Ministererlasse alleine bereits den Anforderungen an eine wirksame Organisation genügten, ist in dieser pauschalen Form nicht haltbar. Entsprechendes gilt hinsichtlich ihres Hinweises auf die "Behördenhierarchie". Jeder öffentlich-rechtlichen Organisation ist eine monokratische Struktur immanent. Eine solche sagt im Ablauf nichts darüber aus, ob Verfah-rensvorgaben tatsächlich auch lückenlos und fehlerfrei umgesetzt werden. Davon abgesehen regeln die vorgelegten Ministererlasse auch lediglich Zuständigkeiten und Fragen des internen Grundverfahrens.

Gerade im Hinblick auf den klägerischen Vortrag, Anfang der 90er Jahre mit einer Flut von Nachversicherungsfällen konfrontiert worden zu seien und auf Grund des Umstandes, dass alleine beim hiesigen Gericht diverse gleichartige Fälle anhängig sind bzw. waren,

vgl. zu dieser Indizwirkung auch Hamb. LSG, Urt. v. 23.07.2008 – L 6 R 65/06, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb,

zeigt zur Überzeugung der Kammer, dass die seinerzeit noch aus dem Jahre 1968 stammende Erlasslage als solche ersichtlich für sich gesehen in der täglichen Verwaltungspraxis nicht zu einer wirksamen Verhinderung von verspäteten Nachversicherungen geführt hat und auch nicht führen konnte, sei es, weil effektive Kontrollmechanismen nicht eingeführt, sei es weil ausreichende Personal- und Sachausstattungen nicht gewährleistet waren.

Dass keinerlei (wirksame) Sicherungsvorkehrungen zum Schutz vor Nachversicherungsversäumnissen vorhanden waren, zeigt im Übrigen auch die Tatsache, dass die Klägerin bis zur regelmäßigen Vernichtung der betreffenden Unterlagen – nach Angabe wohl zehn Jahre – und darüber hinaus bis zum Jahr 2007 überhaupt nicht bemerkt hatte, dass der Versicherte trotz seines Ausscheidens am 31.03.1988 nicht nachversichert worden war. Der Klägerin war nicht einmal mehr in der Lage nachzuvollziehen, an welcher Stelle genau dies unbeachtet geblieben ist. Ein entsprechender Vorgang war auch bereits Gegenstand unter anderem des Verfahrens S 23 R 7659/06 vor dem hiesigen Gericht (Ausscheiden des Soldaten dort: 1978, Kenntniserlangung von der nicht durchgeführten Nachversicherung: 2006).

Nach alledem hat die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts den Tatbestand eines Organisati-onsverschuldens verwirkt. Ausreichende, scil. wirksame, organisatorische Maßnahmen zur Ver-hinderung einer verzögerten Nachversicherung sind nicht glaubhaft gemacht, so dass Schuldnerschutz gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV für den maßgeblichen Zeitraum nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann,

so auch SG Stuttgart, Urt. v. 27.07.2010 – S 23 R 7072/09, nicht veröffentlicht.

6. Die Klägerin erhebt auch ohne Erfolg die Verjährungseinrede. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Dies gilt auch für die auf die Nachversicherungsbeiträge entfallenden Nebenforderungen, wie unter anderem Säumniszuschläge. Es ist auch möglich, dass der Beitragsschuldner zwar auf die Hauptleistung zahlt, sich jedoch wegen einer Nebenforderung auf Verjährung beruft,

zum Vorstehenden nur BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2, m. w. N.

Diese kurze Verjährungsfrist war hier bei der Festsetzung der Säumniszuschläge durch den ange-fochtenen Bescheid bereits abgelaufen. Allerdings greift die gewöhnliche vierjährige Verjährungsfrist vorliegend nicht, sondern die dreißigjährige des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Danach verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Hierbei reicht aus, dass die Beiträge vorsätzlich vorenthalten wurden. Eine vorsätzliche Vorenthaltung der Nebenforderungen bedarf es nicht,

BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2, m. w. N.

Die Nachversicherungsbeiträge wurden nach Überzeugung der Kammer hier vorsätzlich vorenthalten. Ausreichend ist dabei bedingter Vorsatz. Dieser ist bereits dann zu bejahen, wenn der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend im Rechtssinne in Kauf nimmt,

BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2; vgl. auch BSG, Urt. v. 30.03.2000 – B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7.

Insofern kann für die Klägerin als Beitragsschuldnerin nichts anderes gelten, als für eine natürliche Person. Bei dieser würde im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt worden sind, für die Feststellung genügen, dass die Beiträge zumindest bedingt vorsätzlich vorenthalten wurden. Denn aus dem Unterlassen der Beitragszahlung ist gleichzeitig auch auf den Willen, die Beiträge nicht abzuführen, zu schließen. Erlangt der Beitragsschuldner zu irgendeinem Zeitpunkt von seiner Pflicht zur Beitragszahlung (zurechenbar) Kenntnis, führt diese jedoch nicht durch, obwohl er hierzu in der Lage ist, indiziert dies bedingten Vorsatz im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Etwas anderes kann nicht für juristische Personen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts gelten. Auch sofern diese Beitragsschuldner sind, muss die Zurechnung der Kenntnis ausreichen, um ein vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge anzunehmen. Es besteht kein Grund, juristische Personen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts gegenüber Privatpersonen zu bevorzugen.

BSG, Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2.

Die oben festgestellte Hinnahme eines ersichtlich unzureichenden Nachversicherungsmanagements bei bloßem Vertrauen auf die fehlerfreie Umsetzung eines in einem Erlass (rudimentär) seit 1968 festgelegten Verfahrens rechtfertigt den Schluss, dass die Klägerin im Falle des Versicherten trotz zurechenbarer Kenntnis des Nachversicherungstatbestands – insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen – der Angelegenheit nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen und damit eine Verzögerung der Durchführung der Nachversicherung bewusst in Kauf genommen hat. Dies wiegt umso schwerer, weil der Klägerin gerade in ihrer Dienstherrneigenschaft eine besondere Fürsorgepflicht obliegt, die Nachversicherung der ausscheidenden Soldaten unverzüglich durchzuführen. Aus alledem folgt, dass hier die noch nicht abgelaufene dreißigjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eingreift.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Da es sich bei der Klägerin um den Bund handelt, werden Gerichtskosten vorliegend nicht erhoben (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Halbsatz 1 Gerichtskostengesetz [GKG]).
Rechtskraft
Aus
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