L 19 AS 976/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 17 AS 456/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 976/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.02.2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006.

Seit dem 01.01.2005 bezog der am 00.00.1959 geborene Kläger durchgehend Leistungen nach dem SGB II. Im Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zum Erstantrag aus Dezember 2004 erklärte er, dass er ein Wohnrecht im Haus seiner Eltern habe. Er nutze zwei Räume, eine Küche und ein Bad. Die sonstigen Wohnkosten betrügen 650,00 EUR. Er legte einen zwischen seinen Eltern und ihm am 30.12.2004 geschlossenen Vertrag über Wohnkosten mit Wirkung ab dem 01.01.2005 vor.

Am 22.12.2005 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.01.2006. Im Fortzahlungsantrag verneinte er die Frage nach Änderungen bei den Kosten für Unterkunft und Heizung. Seit dem 01.01.2005 beliefen sich die Kosten auf 650,00 EUR.

Durch Bescheid vom 29.12.2005 bewilligte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR mtl. für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006. Gegen die Höhe der bewilligten Leistung legte der Kläger bei den Beklagten Widerspruch ein. Durch Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 wies die Beklagte zu 1) den Widerspruch zurück.

Am 15.05.2006 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 29.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 unter dem Aktenzeichen S 17 AS 132/06 erhoben. Er hat die Gewährung höherer Leistungen begehrt. Die Beklagte zu 1) sei für die Gewährung der von ihm begehrten Leistungen nach dem SGB II nicht zuständig. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass die von der Beklagten zu 1) gewählte Rechtsform der Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b SGB II verfassungswidrig sei. Deshalb sei eine Zuständigkeit der Beklagten zu 2) und zu 3) für die begehrte Leistung gegeben. Ihm seien höhere Leistungen zu bewilligen. Die Regelleistung sei auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 zu niedrig bemessen. Des weiteren seien ihm Kosten der Unterkunft in Höhe von 650,00 EUR monatlich zu gewähren. Der mit seinen Eltern geschlossene Nutzungsvertrag müsse insoweit als ausreichender Nachweis angesehen werden, da die Frage, was Unterkunft im Sinne des SGB II sei, bis heute unklar sei. Wegen des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz - GG) seien weitere Angaben zu dem von ihm bewohnten Wohnraum nicht erforderlich. Den Vertrag über die Wohnkosten vom 30.12.2004 habe er mit seinen Eltern geschlossen, um seine Situation im Hinblick auf den bevorstehenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II sinnvoll zu regeln. Der vereinbarte Betrag von 650,00 EUR setze sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen und sei nicht nur für die Unterkunft bei seinen Eltern, sondern auch für andere Räume außerhalb des Hauses seiner Eltern gedacht. Die Lage dieser Räume wolle er nicht näher konkretisieren. Es handele sich nicht um einen zweiten Wohnsitz. Diese Räume würden von ihm genutzt, stünden aber nicht im Eigentum seiner Eltern. Der Vertrag sei von ihm so gewählt worden, um dieses Drei- oder Vierecksverhältnis für den Leistungsbezug zu vereinfachen. Für diese Räume entstünden ihm effektiv Kosten. Die Zahlungen habe er an eine dritte Person zu erbringen, wobei es sich nicht um seine Eltern handele. Er müsse abhängig von den Nebenkosten 200,00 bis 300,00 EUR monatlich für diese Räume zahlen. Aufgrund der Nutzung dieser anderen Räume erkläre sich seine Angabe, dass er mehr als 45 qm nutze bzw. bewohne, diese aber nicht weiter konkretisieren wolle. Er habe ihm Haus seiner Eltern ein Wohnrecht, das mit der sittlichen Verpflichtung einher gehe, sich auch an den Kosten der Unterkunft zu beteiligen. Dieser sittlichen Verpflichtung sei er in der Vergangenheit teilweise nachgekommen, indem er u. a. eine Nachzahlung von Arbeitslosenhilfe größtenteils an seine Eltern weitergeleitet habe. Während des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II sei er nicht in der Lage gewesen, sich an den Wohnkosten zu beteiligen. Er wohne nicht ausschließlich bei seinen Eltern. Nähere Angaben mache er unter Berufung auf Art. 13 GG nicht. Er habe die anderen Wohnräume durch sachwidrige Verwendung der erhaltenen Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit als sachkundiger Bürger in den Ausschüssen des Rates der Stadt N finanziert. Er habe von seinen Eltern darlehensweise Geld in geringem Umfang und überwiegend Sachmittel erhalten. Die Beklagte sei verpflichtet, für ihn Sozialversicherungsbeiträge in Höhe des Beitragssatzes eines Beschäftigten zu zahlen und die Kosten für die Haftpflichtversicherung zu übernehmen.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dass die Zuständigkeit der Beklagten zu 1) nach § 44 b Abs. 1 S. 1 SGB II gegeben sei. Eine Zuständigkeit der Beklagten zu 2) und 3) liege nicht vor.

Das Sozialgericht hat das Verfahren durch die Beschlüsse vom 11.02.2008 bzw. vom 22.02.2010 mit den vier Verfahren S 17 AS 456/05, S 17 AS 132/06, S 17 AS 244/06 bzw. S 17 AS 270/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Eltern des Klägers, V und H L. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 25.02.2010 Bezug genommen.

Durch Urteil vom 25.02.2010 hat das Sozialgericht Duisburg den Bescheid vom 13.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2005 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Beklagten zu 1) hat es die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/5 auferlegt. Der Kläger sei in dem streitigen Zeitraum unter Zugrundelegung seiner Angaben, den Bekundungen der Zeugen und des Inhalts des vorgelegten Mietvertrages keiner ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen. Ein rechtlicher Bindungswille der Vertragsparteien sei nicht feststellbar. Der zwischen dem Kläger und seinen Eltern geschlossene Vertrag über Wohnkosten vom 30.12.2004 erfülle nicht die üblichen Anforderungen, die an einen Mietvertrag gestellt würden. Es sei weder das konkrete Mietobjekt noch die Zusammensetzung der ermittelten Wohnkosten ersichtlich. Nach § 6 des Vertrages solle der Anteil an den Wohnkosten keine Mietzahlung sein. Auch aus den Angaben des Klägers und der Zeugen sowie der tatsächlichen Umsetzung des Vertrages nach dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers ergebe sich keine Vereinbarung über die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von 650,00 EUR als Entgelt für die Nutzung von Räumen im Haus seiner Eltern. Auf die weiteren Gründe wird Bezug genommen.

Gegen das am 11.05.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.06.2010 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.02.2010 zu ändern und die Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.12.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006

1. höhere Regelleistungen nach dem SGB II in Höhe von 500,00 EUR monatlich 2. Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 650,00 EUR monatlich 3. höhere Sozialversicherungsbeiträge wie bei einem Beschäftigten 4. im Rahmen der gesonderten Bedarfe die Kosten der Haftpflichtversicherung zu gewähren.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten zu 1) und 2) Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig.

Der Kläger hat die Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewahrt. Danach ist die Berufung gegen ein Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen Das Urteil ist dem Kläger durch Einschreiben mit Rückschein am 11.05.2010 nach § 63 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG i.V.m. § 175 Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt worden. Damit hat die Berufungsfrist am 12.05.2010 zu laufen begonnen und ist am 11.06.2010 geendet. Die Berufungsschrift ist am 11.06.2010 beim Landessozialgericht eingegangen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 EUR, § 144 Abs. 1 S. 1 SGG.

Die Beklagte zu 1) ist nach § 70 Nr. 2 SGG (vgl. BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 87\06 R - Rn 30) beteiligtenfähig. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Bildung von Arbeitsgemeinschaften nach § 44 b SGB II als mit Art. 28 GG und Art. 83 GG unvereinbar erklärt, jedoch können die Arbeitsgemeinschaften für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2010 weiterhin auf der bisherigen Rechtsgrundlage tätig werden (BVerfG Urteil vom 20.12.1007 - 2 BvR 2433/04 - und - 2 BvR 2434/04 -; BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7 b AS 32/06 R).

Die Beklagte zu 2) ist als rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 367 Abs. 1 SGB III) nach § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 70 Rn 2). Als Gemeindeverband ist die Beklagte zu 3) ebenfalls nach § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 70 Rn 2).

Die Beklagten sind im Verfahren ordnungsgemäß vertreten gewesen. Die im Termin aufgetretenen Bediensteten der Beklagten sind jeweils durch eine Generalterminsvollmacht nach § 73 Abs. 6 S. 1 SGG bevollmächtigt gewesen. Nach § 73 Abs. 1 S. 2 SGG sind Beschäftigte eines Beteiligten als Bevollmächtigte vor dem Landessozialgericht vertretungsbefugt. Bevollmächtigte von Beteiligten können nicht nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGG vom Verfahren ausgeschlossen werden, da es sich nicht um Gerichtspersonen im Sinne dieser Vorschrift handelt.

Die Berufung ist unbegründet. Die vom Kläger erhobene Klage gegen die Beklagte zu 1) ist unbegründet (A). Die Klagen gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) sind unzulässig (B).

A. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen.

Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Bescheid vom 29.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten zu 1) kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006 zu.

Die Beklagte zu 1) ist für die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2006 und den Erlass von Widerspruchsbescheiden sachlich zuständig gewesen. Nach § 44 b Abs. 3 S. 3 SGB II ist die Beklagte zu 1) berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Sie nimmt nach § 44 b Abs. 3 S. 1 SGB II die Aufgaben der Beklagten zu 2) als Leistungsträgerin nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II - Gewährung von Leistungen nach §§ 16, 20, 21 SGB II - wahr. Die Beklagte zu 3) hat der Beklagten zu 1) die Wahrnehmung der Aufgaben i.S.v. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II - Gewährung von Leistungen nach §§ 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 4, 22, 23 SGB II - nach § 44 b Abs. 3 S. 2 SGB II übertragen. Die Vorschrift des § 44 b Abs. 3 SGB II ist bis zum 31.12.2010 weiterhin anwendbar (BVerfG Urteil vom 20.12.1007 - 2 BvR 2433/04 - Rn 211).

Der Kläger hat zwar im Bewilligungszeitraum vom 01.01. bis 30.06.2006 die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II dem Grund nach erfüllt. In diesem Zeitraum hat er das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet. Er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik gehabt und ist erwerbsfähig i.S.v. § 8 SGB II gewesen. Dahinstehen kann, ob er im streitigen Bewilligungszeitraum hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 und Abs. 5, 11 SGB II gewesen ist.

Jedenfalls steht dem Kläger im streitigen Bewilligungszeitraum kein Anspruch auf höhere Leistungen als bewilligt zu. Die Beklagte zu 1) ist nicht verpflichtet, dem Kläger eine höhere Regelleistung (I), höhere Kosten der Unterkunft und Heizung (II) sowie zusätzliche monetäre Leistungen (III) zu gewähren. Ebenso steht dem Kläger kein Anspruch auf Abführung höherer Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung (IV) zu.

I. Die Beklagte zu 1) hat dem Kläger für Januar bis Juni 2006 die in § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II vorgesehene Regelleistung für Alleinstehende in voller Höhe gewährt. Die Höhe der für den Kläger anzusetzenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II, wonach die Regelleistung für Alleinstehende ab dem 01.01.2005 345,00 EUR mtl. beträgt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, u. a. die des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum - wie im vorliegenden Fall - zusteht, vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber ist nur verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 - Rn 210 ff.; Beschluss vom 18.02.2010 - 1 BvR 1523/08 -, Beschluss vom 24.03.2010 - 1 BvR 395/09 - ; BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 17/10 R - Rn 16). Eine Erhöhung der Regelleistung nach § 20 SGB II im Hinblick auf einen Individualbedarf ist nicht möglich. Wegen ihres pauschalierenden und bedarfsdeckenden Charakters (§§ 20 Abs. 2, 3 Abs. 3 S. 2 SGB II) ist eine Erhöhung der Regelleistung nach § 20 SGB II - anders als in § 28 Abs. 1 S. 2 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) - nach dem Regelungskonzept des SGB II ausgeschlossen (BSG Urteil vom 18.06.2008 - B 14 AS 22/07 R - Rn 22; Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - Rn 19). Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Kläger bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 178,08 EUR wöchentlich bezogen hat. Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I, 2954) sind die Bestimmungen über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (§§ 190 ff SGB III) mit Wirkung ab dem 01.01.2005 aufgehoben (Art 61 Abs 1 des Gesetzes ) worden. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R - Rn 11 f. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; Urteil vom 23.11.2006 - B 11 b AS 1/06 R - Rn 41 ff.), der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, ist die Ersetzung des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe nach § 190 ff. SGB III durch die Bestimmungen des SGB II mit Wirkung ab dem 01.01.2005 verfassungsgemäß. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verstößt weder gegen Art. 14 GG, da es sich bei Arbeitslosenhilfe um keine beitragsfinanzierte Leistung, sondern eine aus Steuermitteln finanzierte Fürsorgeleistung handelt, noch gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.

II. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten zu 1) kein Anspruch auf Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zu. Danach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Unter Unterkunft i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind alle baulichen Anlagen oder Teile hiervon zu verstehen, die geeignet sind, Schutz vor der Witterung zu bieten und einen Raum der Privatheit zu gewährleisten. Unterschiedliche private Wohnzwecke können in räumlich voneinander getrennten Gebäuden verwirklicht werden, wenn ein räumlicher Zusammenhang gewahrt bleibt, der eine Erreichbarkeit durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gewährleistet. Kosten für Geschäftsräume, die nicht der Verwirklichung privater Wohnbedürfnisse dienen, sind nicht berücksichtigungsfähig (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - Rn 13,14 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Als Mietzins sind nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die tatsächlichen Aufwendungen eines Hilfebedürftigen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden. Ausreichend ist, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (vgl. BSG Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R - Rn 16 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger im Bewilligungszeitraum nicht verpflichtet gewesen, seinen Eltern für die Nutzung von zwei Räumen einschließlich der Mitbenutzung der Küche und des Bades in ihrem Haus, Tstraße 00, 00000 N einen Mietzins zu zahlen. Der Kläger ist keiner ernsthaften Mietzinsforderung seitens seiner Eltern ausgesetzt gewesen. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts Bezug, die er sich nach eigener Prüfung zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Soweit der Kläger neben den beiden Räumen im Haus seiner Eltern nach eigenen Angaben im Bewilligungszeitraum weitere Räume außerhalb des Hauses genutzt hat und zur Zahlung eines Nutzungsentgelts verpflichtet gewesen ist, ist wegen der Weigerung des Klägers, die Lage der genutzten Räume und deren Verwendungszweck zu konkretisieren sowie den Namen des Vermieters und den konkreten Inhalt der Nutzungsvereinbarung anzugeben, weder feststellbar, dass es sich bei diesen Räumen um eine Unterkunft i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II handelt, noch dass er einer ernsthaften Mietzinsforderung für diese Räume ausgesetzt gewesen ist. Der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen von tatsächlichen Aufwendungen i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.

III. Die Beklagte zu 1) ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger neben der Regelleistung von 345,00 EUR mtl. zusätzliche monetäre Leistungen zu gewähren. Die Voraussetzungen für einen Anspruch des Kläger auf Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 SGB II oder eines Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II in dem Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2006 liegen nicht vor. Es sind nach Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass bei ihm im streitigen Bewilligungszeitraum einen Mehrbedarf nach § 21 SGB II oder ein Sonderbedarf nach § 23 Abs. 3 SGB II vorgelegen hat. Auch hat der Kläger für den streitigen Bewilligungszeitraum keinen Mehrbedarf oder Sonderbedarf geltend gemacht. Die Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung erfüllen nicht die Voraussetzungen eines Mehrbedarfs i.S.v. § 21 SGB II oder Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II.

Da der Kläger innerhalb der Zweijahresfrist vom 01.01.2003 bis zum 31.12.2004 kein Arbeitslosengeld bezogen hat, sind ebenfalls die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschlags nach § 24 SGB II nicht gegeben. Der Arbeitslosengeldbezug des Klägers endete zum 18.08.1999.

Die Gewährung von zusätzlichen monetären Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts neben der Regelleistung i.S.v. § 20 Abs. 1 SGB II, soweit sie nicht von den Vorschriften des § 21 SGB II oder des § 23 Abs. 3 SGB II erfasst werden, ist nach §§ 3 Abs. 3 S. 2, 23 Abs. 1 S. 4 SGB II ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18.06.2008 - B 14 AS 22/07 R - Rn 24), der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, ist die Gewährung von zusätzlichen monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts neben dem Regelsatz nach § 20 SGB II, den Mehrbedarfen nach § 21 SGB II und den nach § 23 Abs. 3 SGB II gewährten einmaligen Leistungen nicht denkbar. Nach dem Regelungskonzept des SGB II sind die in § 20 Abs. 1 SGB II genannten Bedarfe mittels der Regelleistung nach § 20 SGB II, der Mehrbedarfe nach § 21 SGB II und der einmaligen Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II abschließend und pauschalierend gedeckt. Zu den Bedarfen nach § 20 Abs. 1 SGB II, die von der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst sind, zählen auch die Beiträge für private Versicherungen (vgl. Mester/Schwabe, Hinweise zur Berechnung von Leistungsansprüchen außerhalb von Einrichtungen nach dem SGB XII - Teil 1 - Hilfe zum Lebensunterhalt, ZfF 2004, 268; Schwabe, Die Zusammensetzung des Regelsatzes im SGB XII bzw. der Regelleistung im SGB II in Höhe von 345,00 ab dem 1.1.2007, ZfF 2007, 25). Damit ist ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der privaten Haftpflichtversicherungsbeiträge ausgeschlossen. Die Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen ist nur als Abzugsposten bei der Ermittlung eines anrechenbaren Einkommens nach § 11 Abs. 2 SGB II vorgesehen (vgl. BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11B AS 3/06 R - Rn 31 mit weiteren Nachweisen).

Dies gilt auch in Hinblick auf die durch die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 09.02.2010 geschaffene Härtefallregelung, wonach aus Art 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG Leistungen zur Deckung eines laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs, der zur Gewährleistung des Existenzminimums zwingend ist, zu gewähren sind (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09). Diese Anordnung einer Härtefallregelung, die eine an sich notwendige einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage ersetzt, gilt nur für die Zeit ab der Verkündung des Urteils und damit nicht für Leistungsräume vor dem 09.01.2010 - wie vorliegend - (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2010 - 1 BvR 395/09 - Rn 8; a. A. BSG Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 29/09 R -; offengelassen in BSG Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 3/09 R - und vom 23.03.2010 - B 14 AS 81/08 R ). Auch liegen die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Härtefallanspruchs hinsichtlich der Übernahme der Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung nicht vor. Zu einem hat der Kläger weder dargelegt noch belegt, dass im streitigen Bewilligungszeitraum vom 01.01. bis 30.06.2006 tatsächlich Beitragsansprüche zur privaten Haftpflichtversicherung fällig gewesen sind. Nach den vom Kläger der Beklagten zu 1) vorgelegten Beitragsrechnungen für 2005 und 2006 ist der Jahresbeitrag zur privaten Haftpflichtversicherung jeweils im Oktober eines Jahres fällig geworden und vom Kläger jeweils beglichen worden. Des weiteren handelt es sich nicht um einen unabweisbaren laufenden, sondern um einen einmaligen Bedarf, da der Beitrag nach Aktenlage als Jahresbeitrag einmal im Jahr fällig wurde (vgl. zu den Voraussetzungen der Härtefallregelung BSG Urteil vom 23.03.2010 - B 14 AS 81/08 R - Rn 17 f.; Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 3/09 R - Rn 23 f.)

IV. Die Beklagte zu 1) ist auch nicht zur Abführung von höheren Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung verpflichtet. Sie hat in zutreffender Höhe Beiträge für den Kläger zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V, 20 Abs. 1 Nr. 2 a SGB XI, 3 S. 1 Nr. 3 a SGB IV abgeführt (vgl. zur Pflicht des Leistungsträgers zur Beitragstragung: Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 26 Rn 5). Gegen die Vorschriften über die Bemessung der Beitragshöhe in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung (§§ 232 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V, 55 SGB XI, 166 Abs.1 Nr. 2 a SGB VI idF in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. 12.2003, BGBl. I, 2848) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11 b AS 3/06 R - Rn 45).

B. Die vom Kläger gegen die Beklagte zu 2) als Leistungsträgerin i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB II für die Leistungen nach § 20, 21 SGB II und gegen die Beklagte zu 3) als Leistungsträgerin i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II für Leistungen nach § 22, 23 Abs. 3 SGB II erhobenen Klagen für den Zeit vom 01.01. bis 30.06.2006 sind unzulässig.

Soweit der Kläger von den Beklagte zu 2) und zu 3) die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II begehrt als von der Beklagten zu 1) für den streitigen Zeitraum bewilligt, handelt es sich bei diesen Klagebegehren um echte Leistungsklagen nach § 54 Abs. 5 SGG. Diese Klagen sind nicht statthaft, da zwischen den Beteiligten hinsichtlich des Anspruches auf Leistungen nach dem SGB II kein Gleichordnungsverhältnis besteht, das eine einseitige Regelung durch Verwaltungsakt ausschließt. Auch als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen nach § 54 Abs. 2 und Abs. 4 SGG sind die Klagen wegen Fehlens eines von der Beklagten zu 2) oder zu 3) erlassenen Verwaltungsaktes unstatthaft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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