Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 2334/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2562/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. April 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung weiterer Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 sowie die Gewährung einer höheren Verletztenrente.
Der 1954 geborene Kläger erlitt bei seiner Tätigkeit als Kfz-Mechaniker am 28. August 2003 einen Unfall, als bei der Überprüfung einer Klimaanlage eine Explosion erfolgte und Teile des Kondensators/Trockners seinen Kopf bzw. sein rechtes Auge trafen. Hierbei zog sich der Kläger eine perforierende Bulbusverletzung am rechten Auge zu, weswegen er vom 28. August bis 2. September 2003 stationär in der Universitäts-Augenklinik H. behandelt wurde.
Bei einer postoperativen ambulanten Kontrolle am 13. Januar 2004 in der Universitäts-Augenklinik H. wurde ein stabiler Befund am rechten Auge festgestellt. Das linke Auge war reizfrei; es fanden sich bei einer Fundusuntersuchung in Mydriasis keine Hinweise auf eine sympathische Ophthalmie (Bericht vom 24. Mai 2004). Vom 28. April bis 4. Mai 2004 wurde der Kläger in der Universitäts-Augenklinik H. erneut stationär behandelt, wobei am 29. April 2004 eine Enukleation des rechten Auges vorgenommen wurde, unter anderem wegen des Verdachts auf sympathische Ophthalmie am linken Auge (Bericht vom 12. Mai 2004). Bei einer Kontrolluntersuchung am 9. Juni 2004 zeigte sich ein reizfreier Befund ohne Anhalt auf ein entzündliches Geschehen (Arztbrief vom 21. Juni 2004).
Wegen rechtsseitiger Kopfschmerzen, die seit dem Unfall ständig aufgetreten seien, stellte sich der Kläger am 21. September 2004 bei dem praktischen Arzt/H-Arzt Dr. K. vor, der eine posttraumatische Cephalgie rechts diagnostizierte und eine Vorstellung bei einem Neurologen sowie die Durchführung einer CT oder MRT des Schädels zum Ausschluss einer organischen oder unfallfremden Ursache und eine anschließende Stufenschmerztherapie empfahl.
Der Neurologe und Neuroradiologe Dr. H. diagnostizierte beim Kläger unter Mitberücksichtigung einer MRT des Kopfes und der Orbitae vom 14. Oktober 2004 im Arztbrief vom selben Tag eine posttraumatische Cephalgie, am ehesten verursacht durch eine Irritation des ersten Trigeminusastes am Nervenaustrittspunkt durch narbige Veränderungen. Es bestehe kein Anhalt für intracranielle Traumafolgen.
Der Augenarzt Dr. S. erklärte auf Anfrage der Beklagten unter dem 9. November 2004, der Kläger habe ihm gegenüber erstmals am 29. September 2004 über Kopfschmerzen geklagt. Ob diese bereits seit dem Unfall bestünden, sei ihm nicht bekannt.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Verletztengeld mit Ablauf des 78. Woche nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit eingestellt werde, da mit dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien.
Wegen der Kopfschmerzen wurde der Kläger am 21. Dezember 2004 in der Abteilung für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. ambulant und vom 24. Januar bis 18. Februar 2005 stationär behandelt (Berichte vom 7. Januar und 19. April 2005).
Im Gutachten vom 25. April 2005 stellte Prof. Dr. V., Ärztlicher Direktor der Universitäts-Augenklinik H., zusammen mit PD Dr. D. und der Assistenzärztin Dr. W. folgende Diagnosen: Rechtes Auge: • Fehlen des Augapfels Linkes Auge: • Geringgradige Myopie (Kurzsichtigkeit) • Leichte Hornhaut-Verkrümmung • Deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen. Die vom Kläger angegebenen ausstrahlenden Kopfschmerzen, ausgehend vom rechten Oberlid, könnten durch eine Nervenirritation aufgrund von Vernarbungen im Bereich des ersten Trigeminusastes bedingt sein. Am linken Auge bestehe bei guter Sehschärfe sowohl für die Ferne als auch für die Nähe eine deutliche Einschränkung des Dämmerungssehens. Dies sei als wahrscheinliche Folge einer sympathischen Ophthalmie anzusehen. Wegen des eingeschränkten Dämmerungssehens sei beim Kläger keine Nachtfahrtauglichkeit gegeben, während bei Tageslicht Fahrtauglichkeit bestehe. Aufgrund der Einäugigkeit und des eingeschränkten Dämmerungssehens betrage die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 30 %.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 30 v.H. Sie führte aus, der Arbeitsunfall habe zu folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt, die sie bei der Bewertung der MdE berücksichtigt habe: Am rechten Auge: Operative Entfernung des Augapfels nach durchspießender Verletzung und hieraus resultierender völliger Erblindung. Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes mit vom Oberlid ausstrahlenden Kopfschmerzen. Am linken Auge: Deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen.
Hiergegen legte der Kläger am 15. Juli 2005 Widerspruch ein und machte geltend, bei der Festsetzung der MdE seien lediglich die Beeinträchtigungen auf augenärztlichem Gebiet und nicht die unfallbedingte Depression berücksichtigt worden. Entgegen den Ausführungen im Abschlussbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. leide er weiter unter einer starken Kopfschmerzsymptomatik. Wegen der ständigen Überlastung träten auch am linken Auge Sehprobleme auf.
Die Beklagte holte Auskünfte bei den behandelnden Ärzten sowie Gutachten ein.
Der Internist Dr. G. erklärte unter dem 10. Oktober 2005, er habe den Kläger wegen Kopfschmerzen nicht behandelt. Seine Untersuchungen und Beratungen seien lediglich im Rahmen der Tumornachsorge erfolgt.
Dr. Steinbrück teilte am 11. Oktober 2005 mit, am bisher gesunden linken Auge habe sich eine Einschränkung der Sehfähigkeit eingestellt. Dieses Symptom könne auf eine sogenannte sympathische Ophthalmie hinweisen. Gleichzeitig habe der Kläger aber auch eine altersentsprechende Alterssichtigkeit entwickelt. Die Blendempfindlichkeit habe sich nach der Enukleation vermindert. Zur abschließenden Beurteilung sei ein augenärztliches Gutachten erforderlich.
Der Neurologe und Psychiater Dr. J. gab am 15. November 2005 an, der Kläger klage über "rasende Schmerzen" über der rechten und auch linken Kopfseite, unabhängig von Belastungen und äußeren Umständen. Er könne nicht schlafen, sei mit den Nerven am Ende und könne die Beschwerden oft nicht aushalten. Er habe beim Kläger eine depressive Belastungsreaktion mit Affektlabilität, psychomotorischer Unruhe und deutlich geminderter emotionaler Belastbarkeit diagnostiziert.
Dr. med. Dipl. Psych. Sch., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, diagnostizierte beim Kläger aufgrund der gutachterlichen Untersuchung vom 29. Dezember 2005 eine leichte bis mittelschwere Depression mit Angst, ein chronisches Schmerzsyndrom sowie eine Trigeminusreizung, die sie als Folgen des Arbeitsunfalls ansah. Die MdE auf ihrem Fachgebiet schätzte sie auf 20 v.H., die MdE insgesamt auf 40 v.H.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2006 änderte die Beklagte den Bescheid vom 14. Juni 2005 teilweise ab. Als weitere Folge des Unfalls anerkannte sie eine leichte bis mittelgradige depressive Störung und gewährte dem Kläger ab 24. Februar 2005 eine Rente nach einer MdE um 40 v.H.
Ferner beauftragte die Beklagte den Augenarzt Dr. Th. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser führte unter dem 24. Juli 2006 aus, bei der Bewertung des Unfallschadens mit einer MdE um 30 v.H. handle es sich um die maximal mögliche Bewertung bei Verlust eines Auges. Das verletzte Auge sei am 29. April 2004 entfernt worden, wobei nach der Epikrise vom 12. Mai 2004 am linken Auge reizfreie Verhältnisse mit vollem Sehvermögen bestanden hätten, was ebenfalls bei der Kontrolle am 9. Juni 2004 der Fall gewesen sei. Es bestehe kein erkennbarer Grund für eine Befundverschlechterung, was auch die gutachterlichen Untersuchungen von Dezember 2004 belegten. Da sämtliche Befunde in der Universitäts-Augenklinik H. vorlägen, empfehle er eine erneute Vorstellung in dieser Klinik. Dort könne eine Objektivierung der Beschwerden (z.B. sympathische Ophthalmie links) erfolgen bzw. abgeklärt werden, ob eine Verschlechterung seit der letzten Untersuchung eingetreten sei.
Prof. Dr. V. gelangte in den zusammen mit PD Dr. D. und Assistenzärztin Dr. W. erstatteten Gutachten vom 15. Januar 2007 zum Ergebnis, die unfallbedingte MdE betrage aufgrund der Einäugigkeit und des eingeschränkten Dämmerungssehens 30 %. Die Einschränkung des Dämmerungssehens sei möglicherweise Folge einer abgelaufenen Ophthalmie. Die Beschwerden am linken Auge in Form von Fremdkörpergefühl und Schleiersehen seien durch die vorliegende Benetzungsstörung am linken Auge erklärt.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 27. März 2007 führten Prof. Dr. D. und Dr. W. aus, bei der gutachterlichen Untersuchung vom 15. Januar 2007 hätten sie beim Kläger am linken Auge für die Ferne mit Korrektur einen Visus von 1,0 und für die Nähe von 0,4 festgestellt. Ob die Einschränkung des Nahvisus auf die abgelaufene sympathische Ophthalmie zurückzuführen sei, lasse sich nicht abschließend beantworten. In der Literatur fänden sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang. Dies gelte auch für die erhöhte Blendempfindlichkeit. Andererseits sei ein Zusammenhang nicht völlig auszuschließen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Juni 2005 in Gestalt des Bescheides vom 4. Juli 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Sehbeeinträchtigung auf dem linken Auge für die Nähe und die Blendempfindlichkeit ursächlich auf den Unfall vom 28. August 2003 zurückzuführen seien.
Hiergegen hat der Kläger am 4. Juli 2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben, mit der er die Anerkennung der Sehbeeinträchtigung auf dem linken Auge als Unfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. begehrt hat.
Das SG hat Prof. Dr. H., Direktor der Augenklinik Heilbronn, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 4. Oktober 2007 ausgeführt, beim Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen vor: am rechten Auge: fehlender Augapfel (prothetische Versorgung) am linken Auge: geringgradige Myopie (Kurzsichtigkeit), Presbyopie (Alterssichtigkeit) und Benetzungsstörung. Die Erblindung des rechten Auges sowie die Entfernung des Augapfels seien kausal auf den Unfall zurückzuführen. Die Beschwerden am linken Auge könnten mit dem Unfall nicht in Zusammenhang gebracht werden. Die sympathische Ophthalmie sei eine doppelseitige granulomatöse (knötchenbildende) Entzündung der Aderhaut. Sie komme in Europa selten vor (0,19 % nach perforierenden Verletzungen und 0,07 - 0,06 % nach intraokulären Operationen). Im fortgeschrittenen Stadium falle typischerweise am sympathisierenden unverletzten Auge (hier: am linken Auge) ein extrem niedriger Augendruck auf. Die von ihm bei der Universitäts-Augenklinik H. angeforderten Befundberichte wiesen im Zeitraum vor der Entfernung des rechten Auges am 31. März 2004 einen Augendruck von 15 mmHg, am 15. April 2004 von 25 mmHg und am 22. April 2004 von 23 mmHg auf. Diese Werte seien normal bzw. eher leicht erhöht. Im ebenfalls angeforderten histologischen Befund des entfernten rechten Augapfels heiße es ausdrücklich, "im Bereich der Aderhaut finden sich einige Lymphozyten und eher keine Granolozyten". Die Beurteilung laute: "eine sympathische Ophthalmie könne nicht eindeutig nachgewiesen werden". Unter Berücksichtigung des histologischen Befundes, der sehr geringen Wahrscheinlichkeit einer sympathischen Ophthalmie und der fehlenden Hypertoniezeichen sowie des weiteren Verlaufs sei die Diagnose einer sympathischen Ophthalmie nicht mehr zu rechtfertigen. Die Entzündung, die im Frühjahr 2004 beim Kläger bestanden habe, sei keine sympathische Ophthalmie gewesen und stehe deswegen auch nicht im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen. Im Vergleich zu den anderen Gutachten habe er einen herabgesetzten Nahvisus nicht feststellen können. Bei geeigneter Addition (sogenannter Nahzusatz in der Brille bei Alterssichtigkeit) sei eine Sehschärfe von 0,8 - vergleichbar mit der Sehschärfe für die Ferne - zu erzielen gewesen. Im Alter von 53 Jahren sei eine Lesebrille als altersentsprechend zu werten. Die Blendempfindlichkeit des linken Auges lasse sich nicht objektivieren. Auch die Intoleranz gegen Brillen könne nicht nach ophthalmologischen Kriterien gewertet werden. Vielmehr seien diese Beschwerden Ausdruck einer depressiven Stimmung. Bei seiner Untersuchung am 24. September 2007 habe er am linken Auge des Klägers einen altersentsprechenden Befund ohne jeglichen Krankheitswert erhoben. Die Unfallfolgen auf augenärztlichem Gebiet führten zu einer MdE um 30 v.H., die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet um 20 v.H., so dass sich daraus eine Gesamt-MdE von 50 v.H. ergebe.
Mit Urteil vom 28. April 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, beim Kläger bestehe als Folge des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 die Erblindung des rechten Auges mit Entfernung des Augapfels. Die hierdurch bestehende MdE sei in Übereinstimmung mit den Gutachtern Prof. Dr. V. und Prof. Dr. H. mit 30 v.H. zu bemessen. Ophthalmologisch zu begründende Unfallfolgen am linken Auge bestünden nicht. Unter Berücksichtigung von Unfallfolgen auf nervenärztlichem Gebiet und den Überschneidungen erscheine eine Gesamt-MdE von 40 v.H. nach wie vor zutreffend. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 2. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Mai 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, entsprechend den Ausführungen von Prof. Dr. H. sei von einer Gesamt-MdE von 50 v.H. auszugehen, da allenfalls eine äußerst geringe Überlappung der Symptome vorliege. Prof. Dr. H. habe das ausgeprägte Krankheitsbild, welches von den vorbehandelnden Ärzten, insbesondere auch der Universität-Augenklinik H., als sympathische Ophthalmie diagnostiziert worden sei, aufgrund der umfangreichen therapeutischen Maßnahmen nicht mehr feststellen können. Der Umstand, dass "typischerweise im fortgeschrittenen" Stadium ein niedriger Augendruck vorliege, spreche nicht gegen die Diagnose, zumal weder von den behandelnden Ärzten noch von ihm selbst behauptet worden sei, dass eine sympathische Ophthalmie im fortgeschrittenen Stadium vorgelegen habe. Auch der histologische Befund des rechten Auges schließe die Diagnose einer sympathischen Ophthalmie nicht aus, da gerade die typischerweise vorkommenden Lymphozyten vom Pathologen gefunden worden seien, weshalb dieser lediglich eine sympathische Ophthalmie "nicht eindeutig" habe nachweisen können. Der fehlende Nachweis einer sympathischen Ophthalmie des (entfernten) rechten Auges stelle kein Ausschlusskriterium für eine später entstehende Ophthalmie des verbliebenen Auges dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. April 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2005, geändert durch den Bescheid vom 4. Juli 2006, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2007 abzuändern, eine Sehbeeinträchtigung auf dem linken Auge als Folge des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 festzustellen und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, wenn unfallbedingte Schädigungen auf mehreren ärztlichen Fachgebieten vorlägen, dürfe die Bildung der Gesamt-MdE nicht durch eine Addition der jeweiligen Teil-MdE-Sätze erfolgen. Dabei sei der Grad der MdE in aller Regel niedriger als die Summe der Einzelschädigungen. Die von den Ärzten der Universitäts-Augenklinik H. erstmals in den Berichten vom 12. Mai 2004 und 21. Juni 2004 ausdrücklich als Verdachtsdiagnose genannte sympathische Ophthalmie habe sich offensichtlich nicht bestätigt. Selbst im Gutachten vom 25. April 2005 sei lediglich von einem Verdacht auf eine sympathische Ophthalmie die Rede. Prof. Dr. H. habe in seinem Gutachten ausführlich und nachvollziehbar begründet, dass beim Kläger keine sympathische Ophthalmie vorgelegen habe. Darüber hinaus habe Prof. Dr. H. am linken Auge des Klägers keine pathologischen Befunde feststellen können.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei dem Augenarzt Prof. Dr. St. eingeholt. Dieser hat in dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 29. April 2009 ausgeführt, Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 seien am rechten Auge: Zustand nach schwerster Augapfelberstung mit dadurch notwendiger Entfernung des Auges, Zustand nach Lidverletzung rechts, Schmerzattacken (Trigeminusneuralgie rechts), Blendungsempfindlichkeit; linkes Auge: Zustand nach sympathischer Ophthalmie. Die Unfallfolgen machten den Kläger wegen der Trigeminusneuralgie für die Gesamtheit des Erwerbslebens untauglich. Das Fehlen eines extrem niedrigen Drucks könne eine beginnende sympathische Ophthalmie nicht ausschließen, zumal es aufgrund der Entfernung des rechten Auges nicht zu einer starken Ausprägung am linken Auge gekommen sei. Auch der mikroskopische Befund schließe eine sympathische Ophthalmie nicht aus, da der Kläger seit 31. März 2004 hochdosierung mit Cortison behandelt worden sei, das Entzündungsvorgänge dämpfe, weswegen der feingewebliche Befund des am 29. April 2004 entfernten Auges nicht den ursprünglichen Befund vor der Behandlung darstelle. Die beim Kläger vorliegende Blendungsempfindlichkeit und die Kopfschmerzen seien als durch die Trigeminusneuralgie verursacht anzusehen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 2. September 2009 hat Prof. Dr. St. ausgeführt, die Gesamt-MdE werde auf 60 v.H. eingeschätzt, ausgehend von einer MdE um 30 v.H. für den Verlust des rechten Auges und der Notwendigkeit einer Prothese, einer MdE um 5 v.H. für die Gefahr der Iritis links und einer MdE um 40 v.H. für die Trigeminusneuralgie.
Die Beklagte hat ein Gutachten des Psychiaters Prof. Dr. Sch. vom 18. November 2009 nebst ergänzender Stellungnahme vom 9. Februar 2010 vorgelegt. Dieser hat beim Kläger eine leichte depressive Störung mit Angst diagnostiziert, die er als Folge des Arbeitsunfalls angesehen hat. Nachdem er die MdE dafür zunächst auf 15 v.H. eingeschätzt hat, hat er nach Hinweis der Beklagten auf die unfallmedizinische Literatur die MdE in der ergänzenden Stellungnahme auf 10 v.H. eingeschätzt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen und auf Gewährung einer höheren Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 hat.
Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung als Unfallfolge bei der Bemessung der MdE ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und JURIS).
Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 (aaO Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall, der hier am 28. August 2003 eingetreten ist) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Grundsätzlich werden Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem erstens der Anspruch auf Verletztengeld endet oder zweitens der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist (§ 72 Abs. 1 SGB VII). Nach § 74 Abs. 2 SGB VII dürfen Renten nicht für die Zeit neu festgestellt werden, in der Verletztengeld zu zahlen ist oder ein Anspruch auf Verletztengeld wegen des Bezugs von Einkommen oder des Erhalts von Betriebs- und Haushaltshilfe oder wegen der Erfüllung der Voraussetzungen für den Erhalt von Betriebs- und Haushaltshilfe nicht besteht (§ 74 Abs. 2 SGB VII).
Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 und auf Gewährung einer höheren Verletztenrente.
Bei dem Arbeitsunfall vom 28. August 2003 hat der Kläger nachweislich eine perforierende Bulbusverletzung des rechten Auges erlitten, die zur Erblindung des rechten Auges und am 29. April 2004 - wegen des Verdachts auf eine sympathische Ophthalmie - zur Entfernung des Augapfels geführt hat. Eine Verletzung des linken Auges hat der Kläger bei dem Arbeitsunfall nicht erlitten. Die Verletzung des rechten Auges hat auch nicht zu einer sympathischen Ophthalmie geführt. Die sympathische Ophthalmie ist eine doppelseitige granulomatöse (knötchenbildende) Entzündung der Aderhaut, die klassischerweise nach penetrierender Verletzung eines Auges mit uvealer Beteiligung auftritt. Sie kann auch Folge eines okulären Eingriffs sein (vgl. Taschenatlas, Augenheilkunde, Thieme Verlag 2004, Seite 132 und Gutachten Prof. Dr. H. vom 4. Oktober 2007). Sie ist charakterisiert durch uniforme Entzündungsreaktionen am beginnenden Auge und am "sympathiefähigen", dem primär nicht betroffenen Auge (Medizinische Grundlagen der augenärztlichen Begutachtung, hrsg. von Berndt Gramberg-Danielsen, 1996 Seite 105).
Eine sympathische Ophthalmie liegt beim Kläger nicht vor und lag - nachweisbar - beim Kläger auch nicht vor. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. H ... Bei der Kontrolluntersuchung in der Universitäts-Augenklinik H. am 13. Januar 2004 war das linke Auge reizfrei und die Fundusuntersuchung ergab keine Auffälligkeiten bezüglich des Vorliegens einer sympathischen Ophthalmie (Bericht von 24. Mai 2004). Da der Kläger bei einer Vorstellung in der Universitäts-Augenklinik H. am 31. März 2004 über Beschwerden im Sinne von intermittierendem Flimmersehen und starker Blendungsempfindlichkeit am linken Auge klagte, bestand jedoch der Verdacht auf eine sympathische Ophthalmie, weswegen dem Kläger hochdosiertes Cortison verordnet und die Enukleation des rechten Auges am 29. April 2004 vorgenommen wurde. Bei der Entlassung aus der stationären Behandlung nach Enukleation des rechten Auges war das linke Auge reizfrei, ebenso bei der Nachuntersuchung am 9.6.2004 (Arztbriefe der Universitäts-Augenklinik H. vom 12.5. und 21.6.2004).
Prof. Dr. H. hat für den Senat unter Auswertung beigezogener Unterlagen der Universitäts-Augenklinik H. nachvollziehbar dargelegt, dass gegen die Diagnose einer sympathischen Ophthalmie der histologische Befund des entfernten rechten Augapfels spricht. Darin heißt es nämlich, dass sich im Bereich der Aderhaut einige Lymphozyten und eher keine Granolozyten fänden und eine sympathische Ophthalmie nicht eindeutig nachgewiesen werden könne. Damit ist diese Gesundheitsstörung schon nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellbar. Gegen das Vorliegen einer sympathischen Ophthalmie spricht darüber hinaus, dass beim Kläger am linken Auge auch kein extrem niedriger Augendruck nachweisbar war, sondern ein normaler bis erhöhter Augendruck (Normal: 17 bzw. + oder - 3. Beim Kläger betrug er am 31. März 2004: 15 mmHg; am 15. April 2004: 25 mmHg; am 22. April 2004: 23 mmHg). Außerdem kommt diese Erkrankung in Europa äußerst selten vor (0,19 % nach perforierenden Verletzungen und 0,07 - 0,06 % nach intraoculären Operationen). Ferner sind beim Kläger keine fleckförmigen De- und Hyperpigmentierungen im hinteren Augenabschnitt feststellbar, die auf typische entzündliche Veränderungen in der Aderhaut hinweisen.
Selbst wenn eine sympathische Ophthalmie am linken Auge abgelaufen wäre, lässt sich nicht mit Wahrscheinlichkeit feststellen, dass diese zu Gesundheitsstörungen am linken Auge des Klägers geführt hat. So hat Prof. Dr. H. bei der gutachterlichen Untersuchung des Klägers am 24. September 2007 einen altersentsprechenden Befund am linken Auge ohne jeglichen Krankheitswert erhoben. Die funktionellen Ergebnisse (Sehschärfe) und die morphologischen Befunde bis hin zu hoch auflösenden Verfahren zeigten keine pathologischen Veränderungen. Aber selbst wenn man von einer Einschränkung des Nahvisus und einer erhöhten organisch bedingten Blendempfindlichkeit ausgehen könnte, lässt sich in der Literatur hierfür kein Hinweis auf einen Kausalzusammenhang mit einer abgelaufenen Ophthalmie finden, wie Prof. Dr. D. und Dr. W. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 27. März 2007 dargelegt haben.
Soweit Prof. Dr. St. ausführt, aufgrund des Fehlens eines extrem niedrigen Augendrucks könne eine beginnende sympathische Ophthalmie nicht ausgeschlossen werden und auch der Befund der mikroskopischen Untersuchungen spreche nicht dagegen, da durch die Cortison-behandlung Entzündungsvorgänge gedämpft worden seien, sind diese Ausführungen nicht geeignet, die Beurteilung von Prof. Dr. H. zu widerlegen und insbesondere nachzuweisen, dass beim Kläger eine sympathische Ophthalmie vorgelegen hat.
Die beim Kläger vorliegenden und von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen (am rechten Auge: operative Entfernung des Augapfels nach durchspießender Verletzung und hieraus resultierender völliger Erblindung. Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes mit vom Oberlid ausstrahlenden Kopfschmerzen; am linken Auge: deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen sowie eine leichte bis mittelgradige depressive Störung) führen zu keiner höheren MdE als 40 v.H. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat aufgrund der Würdigung der Gutachten von Prof. Dr. V. vom 25. April 2005 und 15. Januar 2007, von Prof. Dr. H. vom 4. Oktober 2007 und Dr. Sch. vom Dezember 2005/März 2006 sowie Prof. Dr. Schröder vom 18. November 2009 und der Ausführungen von Dr. Th. in der Stellungnahme vom 24. Juli 2006.
Nach der unfallmedizinischen Literatur beträgt die MdE bei unkomplizierter einseitiger Erblindung und uneingeschränktem Sehvermögen des zweiten Auges 25 %, und 30 %, wenn sowohl Komplikationen als auch die zumindest wahrscheinliche Beeinträchtigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorliegen. Ein Kunstauge oder gelegentliches Absondern von klebriger Flüssigkeit sind in diesem Sinn keine Komplikationen, jedoch eine chronische Eiterung der Augenhöhle, eine Gesichtsentstellung, die Unverträglichkeit, eine Prothese zu tragen. Erhöhte Blendempfindlichkeit, Verlust des räumlichen Sehens, aphakie-bedingte Gesichtsfeldeinschränkungen und Ähnliches sind bereits in der Sehschärfentabelle enthalten und daher nicht gesondert zu bewerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seite 293).
Beim Kläger besteht ein regelrechter Status nach Augenentfernung. Der Sitz der Prothese ist regelrecht bzw. optimal. Die Bindehaut des rechten Auges ist reizlos und der Lidschluss ist vollständig, so dass der Verlust des rechten Auges allein - unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen - mit 25 v.H. zu bewerten wäre. Eine MdE um 30 v.H. - wie von der Beklagten im Bescheid vom 14. Juni 2005 zuerkannt - lässt sich nur unter Mitberücksichtigung der weiter als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen (Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes mit vom Oberlid ausstrahlenden Kopfschmerzen und deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen links) begründen.
Die von Dr. Sch. festgestellten Unfallfolgen (leichte bis mittelgradige depressive Störung mit Angst, Kopfschmerz mit Reizung der Endäste des Nervus trigeminus supraorbitalis und infraorbitalis) führen zu einer MdE um 20 v.H. und erhöhen die auf augenärztlichem Gebiet vorliegende MdE um 30 v.H., bei der Kopfschmerzen und Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes schon berücksichtigt waren, auf 40 v.H., wie Dr. Sch. für den Senat nachvollziehbar und im Einklang mit der unfallmedizinischen Literatur eingeschätzt hat. Denn danach dürfen die einzelnen MdE-Ansätze nicht schematisch zusammengerechnet werden. Vielmehr ist eine integrierende Gesamtschau aller Funktionseinschränkungen auf die Erwerbsfähigkeit vorzunehmen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. Seite 103).
Die Beurteilung von Prof. Dr. St. ist nicht geeignet, zu einer für den Kläger günstigeren Bewertung zu führen. Im Gutachten vom 29. April 2009 hat er schon keine - an unfallmedizinischer Literatur orientierte - MdE-Bewertung vorgenommen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 2. September 2009 hat er den Verlust des rechten Auges mit der Notwendigkeit, eine Prothese zu tragen, mit 30 v.H. bewertet, obwohl dieser - bei unkomplizierten Verhältnissen, wie oben dargelegt - lediglich eine MdE um 25 v.H. bedingt. Die Gefahr einer Iritis links stellt schon keine nachgewiesene Gesundheitsstörung und keine Unfallfolge dar, so dass eine MdE-Bewertung hierfür nicht in Betracht kommt. Soweit er beim Kläger eine Trigeminusneuralgie mit eine MdE um 40 v.H. annimmt, handelt es sich schon um keine Gesundheitsstörung, die in sein Fachgebiet fällt. Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, wie er eine solche und insbesondere deren Ausmaß festgestellt hat, zumal er den Kläger nicht einmal untersucht hat. Dr. Sch., in deren Fachgebiet die Diagnose und Beurteilung einer Trigeminusneuralgie fällt, hat beim Kläger lediglich eine Reizung von zwei Endästen des Nervus trigeminus festgestellt und die MdE hierfür unter Berücksichtigung weiterer Unfallfolgen (Kopfschmerzen, leichte bis mittelgradige Depression mit Angst) mit 20 v.H. und die Gesamt-MdE mit 40 v.H. bewertet. Darüber hinaus hat Dr. Schröder beim Kläger aufgrund der geschilderten Kopfschmerzen keine Trigeminusneuralgie diagnostiziert, sondern diese im Rahmen einer leichten depressiven Störung mit Angst gesehen.
Nach alledem waren das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung weiterer Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 sowie die Gewährung einer höheren Verletztenrente.
Der 1954 geborene Kläger erlitt bei seiner Tätigkeit als Kfz-Mechaniker am 28. August 2003 einen Unfall, als bei der Überprüfung einer Klimaanlage eine Explosion erfolgte und Teile des Kondensators/Trockners seinen Kopf bzw. sein rechtes Auge trafen. Hierbei zog sich der Kläger eine perforierende Bulbusverletzung am rechten Auge zu, weswegen er vom 28. August bis 2. September 2003 stationär in der Universitäts-Augenklinik H. behandelt wurde.
Bei einer postoperativen ambulanten Kontrolle am 13. Januar 2004 in der Universitäts-Augenklinik H. wurde ein stabiler Befund am rechten Auge festgestellt. Das linke Auge war reizfrei; es fanden sich bei einer Fundusuntersuchung in Mydriasis keine Hinweise auf eine sympathische Ophthalmie (Bericht vom 24. Mai 2004). Vom 28. April bis 4. Mai 2004 wurde der Kläger in der Universitäts-Augenklinik H. erneut stationär behandelt, wobei am 29. April 2004 eine Enukleation des rechten Auges vorgenommen wurde, unter anderem wegen des Verdachts auf sympathische Ophthalmie am linken Auge (Bericht vom 12. Mai 2004). Bei einer Kontrolluntersuchung am 9. Juni 2004 zeigte sich ein reizfreier Befund ohne Anhalt auf ein entzündliches Geschehen (Arztbrief vom 21. Juni 2004).
Wegen rechtsseitiger Kopfschmerzen, die seit dem Unfall ständig aufgetreten seien, stellte sich der Kläger am 21. September 2004 bei dem praktischen Arzt/H-Arzt Dr. K. vor, der eine posttraumatische Cephalgie rechts diagnostizierte und eine Vorstellung bei einem Neurologen sowie die Durchführung einer CT oder MRT des Schädels zum Ausschluss einer organischen oder unfallfremden Ursache und eine anschließende Stufenschmerztherapie empfahl.
Der Neurologe und Neuroradiologe Dr. H. diagnostizierte beim Kläger unter Mitberücksichtigung einer MRT des Kopfes und der Orbitae vom 14. Oktober 2004 im Arztbrief vom selben Tag eine posttraumatische Cephalgie, am ehesten verursacht durch eine Irritation des ersten Trigeminusastes am Nervenaustrittspunkt durch narbige Veränderungen. Es bestehe kein Anhalt für intracranielle Traumafolgen.
Der Augenarzt Dr. S. erklärte auf Anfrage der Beklagten unter dem 9. November 2004, der Kläger habe ihm gegenüber erstmals am 29. September 2004 über Kopfschmerzen geklagt. Ob diese bereits seit dem Unfall bestünden, sei ihm nicht bekannt.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Verletztengeld mit Ablauf des 78. Woche nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit eingestellt werde, da mit dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien.
Wegen der Kopfschmerzen wurde der Kläger am 21. Dezember 2004 in der Abteilung für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. ambulant und vom 24. Januar bis 18. Februar 2005 stationär behandelt (Berichte vom 7. Januar und 19. April 2005).
Im Gutachten vom 25. April 2005 stellte Prof. Dr. V., Ärztlicher Direktor der Universitäts-Augenklinik H., zusammen mit PD Dr. D. und der Assistenzärztin Dr. W. folgende Diagnosen: Rechtes Auge: • Fehlen des Augapfels Linkes Auge: • Geringgradige Myopie (Kurzsichtigkeit) • Leichte Hornhaut-Verkrümmung • Deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen. Die vom Kläger angegebenen ausstrahlenden Kopfschmerzen, ausgehend vom rechten Oberlid, könnten durch eine Nervenirritation aufgrund von Vernarbungen im Bereich des ersten Trigeminusastes bedingt sein. Am linken Auge bestehe bei guter Sehschärfe sowohl für die Ferne als auch für die Nähe eine deutliche Einschränkung des Dämmerungssehens. Dies sei als wahrscheinliche Folge einer sympathischen Ophthalmie anzusehen. Wegen des eingeschränkten Dämmerungssehens sei beim Kläger keine Nachtfahrtauglichkeit gegeben, während bei Tageslicht Fahrtauglichkeit bestehe. Aufgrund der Einäugigkeit und des eingeschränkten Dämmerungssehens betrage die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 30 %.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 30 v.H. Sie führte aus, der Arbeitsunfall habe zu folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt, die sie bei der Bewertung der MdE berücksichtigt habe: Am rechten Auge: Operative Entfernung des Augapfels nach durchspießender Verletzung und hieraus resultierender völliger Erblindung. Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes mit vom Oberlid ausstrahlenden Kopfschmerzen. Am linken Auge: Deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen.
Hiergegen legte der Kläger am 15. Juli 2005 Widerspruch ein und machte geltend, bei der Festsetzung der MdE seien lediglich die Beeinträchtigungen auf augenärztlichem Gebiet und nicht die unfallbedingte Depression berücksichtigt worden. Entgegen den Ausführungen im Abschlussbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. leide er weiter unter einer starken Kopfschmerzsymptomatik. Wegen der ständigen Überlastung träten auch am linken Auge Sehprobleme auf.
Die Beklagte holte Auskünfte bei den behandelnden Ärzten sowie Gutachten ein.
Der Internist Dr. G. erklärte unter dem 10. Oktober 2005, er habe den Kläger wegen Kopfschmerzen nicht behandelt. Seine Untersuchungen und Beratungen seien lediglich im Rahmen der Tumornachsorge erfolgt.
Dr. Steinbrück teilte am 11. Oktober 2005 mit, am bisher gesunden linken Auge habe sich eine Einschränkung der Sehfähigkeit eingestellt. Dieses Symptom könne auf eine sogenannte sympathische Ophthalmie hinweisen. Gleichzeitig habe der Kläger aber auch eine altersentsprechende Alterssichtigkeit entwickelt. Die Blendempfindlichkeit habe sich nach der Enukleation vermindert. Zur abschließenden Beurteilung sei ein augenärztliches Gutachten erforderlich.
Der Neurologe und Psychiater Dr. J. gab am 15. November 2005 an, der Kläger klage über "rasende Schmerzen" über der rechten und auch linken Kopfseite, unabhängig von Belastungen und äußeren Umständen. Er könne nicht schlafen, sei mit den Nerven am Ende und könne die Beschwerden oft nicht aushalten. Er habe beim Kläger eine depressive Belastungsreaktion mit Affektlabilität, psychomotorischer Unruhe und deutlich geminderter emotionaler Belastbarkeit diagnostiziert.
Dr. med. Dipl. Psych. Sch., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, diagnostizierte beim Kläger aufgrund der gutachterlichen Untersuchung vom 29. Dezember 2005 eine leichte bis mittelschwere Depression mit Angst, ein chronisches Schmerzsyndrom sowie eine Trigeminusreizung, die sie als Folgen des Arbeitsunfalls ansah. Die MdE auf ihrem Fachgebiet schätzte sie auf 20 v.H., die MdE insgesamt auf 40 v.H.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2006 änderte die Beklagte den Bescheid vom 14. Juni 2005 teilweise ab. Als weitere Folge des Unfalls anerkannte sie eine leichte bis mittelgradige depressive Störung und gewährte dem Kläger ab 24. Februar 2005 eine Rente nach einer MdE um 40 v.H.
Ferner beauftragte die Beklagte den Augenarzt Dr. Th. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser führte unter dem 24. Juli 2006 aus, bei der Bewertung des Unfallschadens mit einer MdE um 30 v.H. handle es sich um die maximal mögliche Bewertung bei Verlust eines Auges. Das verletzte Auge sei am 29. April 2004 entfernt worden, wobei nach der Epikrise vom 12. Mai 2004 am linken Auge reizfreie Verhältnisse mit vollem Sehvermögen bestanden hätten, was ebenfalls bei der Kontrolle am 9. Juni 2004 der Fall gewesen sei. Es bestehe kein erkennbarer Grund für eine Befundverschlechterung, was auch die gutachterlichen Untersuchungen von Dezember 2004 belegten. Da sämtliche Befunde in der Universitäts-Augenklinik H. vorlägen, empfehle er eine erneute Vorstellung in dieser Klinik. Dort könne eine Objektivierung der Beschwerden (z.B. sympathische Ophthalmie links) erfolgen bzw. abgeklärt werden, ob eine Verschlechterung seit der letzten Untersuchung eingetreten sei.
Prof. Dr. V. gelangte in den zusammen mit PD Dr. D. und Assistenzärztin Dr. W. erstatteten Gutachten vom 15. Januar 2007 zum Ergebnis, die unfallbedingte MdE betrage aufgrund der Einäugigkeit und des eingeschränkten Dämmerungssehens 30 %. Die Einschränkung des Dämmerungssehens sei möglicherweise Folge einer abgelaufenen Ophthalmie. Die Beschwerden am linken Auge in Form von Fremdkörpergefühl und Schleiersehen seien durch die vorliegende Benetzungsstörung am linken Auge erklärt.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 27. März 2007 führten Prof. Dr. D. und Dr. W. aus, bei der gutachterlichen Untersuchung vom 15. Januar 2007 hätten sie beim Kläger am linken Auge für die Ferne mit Korrektur einen Visus von 1,0 und für die Nähe von 0,4 festgestellt. Ob die Einschränkung des Nahvisus auf die abgelaufene sympathische Ophthalmie zurückzuführen sei, lasse sich nicht abschließend beantworten. In der Literatur fänden sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang. Dies gelte auch für die erhöhte Blendempfindlichkeit. Andererseits sei ein Zusammenhang nicht völlig auszuschließen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Juni 2005 in Gestalt des Bescheides vom 4. Juli 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Sehbeeinträchtigung auf dem linken Auge für die Nähe und die Blendempfindlichkeit ursächlich auf den Unfall vom 28. August 2003 zurückzuführen seien.
Hiergegen hat der Kläger am 4. Juli 2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben, mit der er die Anerkennung der Sehbeeinträchtigung auf dem linken Auge als Unfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. begehrt hat.
Das SG hat Prof. Dr. H., Direktor der Augenklinik Heilbronn, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 4. Oktober 2007 ausgeführt, beim Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen vor: am rechten Auge: fehlender Augapfel (prothetische Versorgung) am linken Auge: geringgradige Myopie (Kurzsichtigkeit), Presbyopie (Alterssichtigkeit) und Benetzungsstörung. Die Erblindung des rechten Auges sowie die Entfernung des Augapfels seien kausal auf den Unfall zurückzuführen. Die Beschwerden am linken Auge könnten mit dem Unfall nicht in Zusammenhang gebracht werden. Die sympathische Ophthalmie sei eine doppelseitige granulomatöse (knötchenbildende) Entzündung der Aderhaut. Sie komme in Europa selten vor (0,19 % nach perforierenden Verletzungen und 0,07 - 0,06 % nach intraokulären Operationen). Im fortgeschrittenen Stadium falle typischerweise am sympathisierenden unverletzten Auge (hier: am linken Auge) ein extrem niedriger Augendruck auf. Die von ihm bei der Universitäts-Augenklinik H. angeforderten Befundberichte wiesen im Zeitraum vor der Entfernung des rechten Auges am 31. März 2004 einen Augendruck von 15 mmHg, am 15. April 2004 von 25 mmHg und am 22. April 2004 von 23 mmHg auf. Diese Werte seien normal bzw. eher leicht erhöht. Im ebenfalls angeforderten histologischen Befund des entfernten rechten Augapfels heiße es ausdrücklich, "im Bereich der Aderhaut finden sich einige Lymphozyten und eher keine Granolozyten". Die Beurteilung laute: "eine sympathische Ophthalmie könne nicht eindeutig nachgewiesen werden". Unter Berücksichtigung des histologischen Befundes, der sehr geringen Wahrscheinlichkeit einer sympathischen Ophthalmie und der fehlenden Hypertoniezeichen sowie des weiteren Verlaufs sei die Diagnose einer sympathischen Ophthalmie nicht mehr zu rechtfertigen. Die Entzündung, die im Frühjahr 2004 beim Kläger bestanden habe, sei keine sympathische Ophthalmie gewesen und stehe deswegen auch nicht im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen. Im Vergleich zu den anderen Gutachten habe er einen herabgesetzten Nahvisus nicht feststellen können. Bei geeigneter Addition (sogenannter Nahzusatz in der Brille bei Alterssichtigkeit) sei eine Sehschärfe von 0,8 - vergleichbar mit der Sehschärfe für die Ferne - zu erzielen gewesen. Im Alter von 53 Jahren sei eine Lesebrille als altersentsprechend zu werten. Die Blendempfindlichkeit des linken Auges lasse sich nicht objektivieren. Auch die Intoleranz gegen Brillen könne nicht nach ophthalmologischen Kriterien gewertet werden. Vielmehr seien diese Beschwerden Ausdruck einer depressiven Stimmung. Bei seiner Untersuchung am 24. September 2007 habe er am linken Auge des Klägers einen altersentsprechenden Befund ohne jeglichen Krankheitswert erhoben. Die Unfallfolgen auf augenärztlichem Gebiet führten zu einer MdE um 30 v.H., die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet um 20 v.H., so dass sich daraus eine Gesamt-MdE von 50 v.H. ergebe.
Mit Urteil vom 28. April 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, beim Kläger bestehe als Folge des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 die Erblindung des rechten Auges mit Entfernung des Augapfels. Die hierdurch bestehende MdE sei in Übereinstimmung mit den Gutachtern Prof. Dr. V. und Prof. Dr. H. mit 30 v.H. zu bemessen. Ophthalmologisch zu begründende Unfallfolgen am linken Auge bestünden nicht. Unter Berücksichtigung von Unfallfolgen auf nervenärztlichem Gebiet und den Überschneidungen erscheine eine Gesamt-MdE von 40 v.H. nach wie vor zutreffend. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 2. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Mai 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, entsprechend den Ausführungen von Prof. Dr. H. sei von einer Gesamt-MdE von 50 v.H. auszugehen, da allenfalls eine äußerst geringe Überlappung der Symptome vorliege. Prof. Dr. H. habe das ausgeprägte Krankheitsbild, welches von den vorbehandelnden Ärzten, insbesondere auch der Universität-Augenklinik H., als sympathische Ophthalmie diagnostiziert worden sei, aufgrund der umfangreichen therapeutischen Maßnahmen nicht mehr feststellen können. Der Umstand, dass "typischerweise im fortgeschrittenen" Stadium ein niedriger Augendruck vorliege, spreche nicht gegen die Diagnose, zumal weder von den behandelnden Ärzten noch von ihm selbst behauptet worden sei, dass eine sympathische Ophthalmie im fortgeschrittenen Stadium vorgelegen habe. Auch der histologische Befund des rechten Auges schließe die Diagnose einer sympathischen Ophthalmie nicht aus, da gerade die typischerweise vorkommenden Lymphozyten vom Pathologen gefunden worden seien, weshalb dieser lediglich eine sympathische Ophthalmie "nicht eindeutig" habe nachweisen können. Der fehlende Nachweis einer sympathischen Ophthalmie des (entfernten) rechten Auges stelle kein Ausschlusskriterium für eine später entstehende Ophthalmie des verbliebenen Auges dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. April 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2005, geändert durch den Bescheid vom 4. Juli 2006, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2007 abzuändern, eine Sehbeeinträchtigung auf dem linken Auge als Folge des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 festzustellen und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, wenn unfallbedingte Schädigungen auf mehreren ärztlichen Fachgebieten vorlägen, dürfe die Bildung der Gesamt-MdE nicht durch eine Addition der jeweiligen Teil-MdE-Sätze erfolgen. Dabei sei der Grad der MdE in aller Regel niedriger als die Summe der Einzelschädigungen. Die von den Ärzten der Universitäts-Augenklinik H. erstmals in den Berichten vom 12. Mai 2004 und 21. Juni 2004 ausdrücklich als Verdachtsdiagnose genannte sympathische Ophthalmie habe sich offensichtlich nicht bestätigt. Selbst im Gutachten vom 25. April 2005 sei lediglich von einem Verdacht auf eine sympathische Ophthalmie die Rede. Prof. Dr. H. habe in seinem Gutachten ausführlich und nachvollziehbar begründet, dass beim Kläger keine sympathische Ophthalmie vorgelegen habe. Darüber hinaus habe Prof. Dr. H. am linken Auge des Klägers keine pathologischen Befunde feststellen können.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei dem Augenarzt Prof. Dr. St. eingeholt. Dieser hat in dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 29. April 2009 ausgeführt, Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 seien am rechten Auge: Zustand nach schwerster Augapfelberstung mit dadurch notwendiger Entfernung des Auges, Zustand nach Lidverletzung rechts, Schmerzattacken (Trigeminusneuralgie rechts), Blendungsempfindlichkeit; linkes Auge: Zustand nach sympathischer Ophthalmie. Die Unfallfolgen machten den Kläger wegen der Trigeminusneuralgie für die Gesamtheit des Erwerbslebens untauglich. Das Fehlen eines extrem niedrigen Drucks könne eine beginnende sympathische Ophthalmie nicht ausschließen, zumal es aufgrund der Entfernung des rechten Auges nicht zu einer starken Ausprägung am linken Auge gekommen sei. Auch der mikroskopische Befund schließe eine sympathische Ophthalmie nicht aus, da der Kläger seit 31. März 2004 hochdosierung mit Cortison behandelt worden sei, das Entzündungsvorgänge dämpfe, weswegen der feingewebliche Befund des am 29. April 2004 entfernten Auges nicht den ursprünglichen Befund vor der Behandlung darstelle. Die beim Kläger vorliegende Blendungsempfindlichkeit und die Kopfschmerzen seien als durch die Trigeminusneuralgie verursacht anzusehen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 2. September 2009 hat Prof. Dr. St. ausgeführt, die Gesamt-MdE werde auf 60 v.H. eingeschätzt, ausgehend von einer MdE um 30 v.H. für den Verlust des rechten Auges und der Notwendigkeit einer Prothese, einer MdE um 5 v.H. für die Gefahr der Iritis links und einer MdE um 40 v.H. für die Trigeminusneuralgie.
Die Beklagte hat ein Gutachten des Psychiaters Prof. Dr. Sch. vom 18. November 2009 nebst ergänzender Stellungnahme vom 9. Februar 2010 vorgelegt. Dieser hat beim Kläger eine leichte depressive Störung mit Angst diagnostiziert, die er als Folge des Arbeitsunfalls angesehen hat. Nachdem er die MdE dafür zunächst auf 15 v.H. eingeschätzt hat, hat er nach Hinweis der Beklagten auf die unfallmedizinische Literatur die MdE in der ergänzenden Stellungnahme auf 10 v.H. eingeschätzt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen und auf Gewährung einer höheren Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 hat.
Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung als Unfallfolge bei der Bemessung der MdE ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und JURIS).
Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 (aaO Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall, der hier am 28. August 2003 eingetreten ist) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Grundsätzlich werden Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem erstens der Anspruch auf Verletztengeld endet oder zweitens der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist (§ 72 Abs. 1 SGB VII). Nach § 74 Abs. 2 SGB VII dürfen Renten nicht für die Zeit neu festgestellt werden, in der Verletztengeld zu zahlen ist oder ein Anspruch auf Verletztengeld wegen des Bezugs von Einkommen oder des Erhalts von Betriebs- und Haushaltshilfe oder wegen der Erfüllung der Voraussetzungen für den Erhalt von Betriebs- und Haushaltshilfe nicht besteht (§ 74 Abs. 2 SGB VII).
Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. August 2003 und auf Gewährung einer höheren Verletztenrente.
Bei dem Arbeitsunfall vom 28. August 2003 hat der Kläger nachweislich eine perforierende Bulbusverletzung des rechten Auges erlitten, die zur Erblindung des rechten Auges und am 29. April 2004 - wegen des Verdachts auf eine sympathische Ophthalmie - zur Entfernung des Augapfels geführt hat. Eine Verletzung des linken Auges hat der Kläger bei dem Arbeitsunfall nicht erlitten. Die Verletzung des rechten Auges hat auch nicht zu einer sympathischen Ophthalmie geführt. Die sympathische Ophthalmie ist eine doppelseitige granulomatöse (knötchenbildende) Entzündung der Aderhaut, die klassischerweise nach penetrierender Verletzung eines Auges mit uvealer Beteiligung auftritt. Sie kann auch Folge eines okulären Eingriffs sein (vgl. Taschenatlas, Augenheilkunde, Thieme Verlag 2004, Seite 132 und Gutachten Prof. Dr. H. vom 4. Oktober 2007). Sie ist charakterisiert durch uniforme Entzündungsreaktionen am beginnenden Auge und am "sympathiefähigen", dem primär nicht betroffenen Auge (Medizinische Grundlagen der augenärztlichen Begutachtung, hrsg. von Berndt Gramberg-Danielsen, 1996 Seite 105).
Eine sympathische Ophthalmie liegt beim Kläger nicht vor und lag - nachweisbar - beim Kläger auch nicht vor. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. H ... Bei der Kontrolluntersuchung in der Universitäts-Augenklinik H. am 13. Januar 2004 war das linke Auge reizfrei und die Fundusuntersuchung ergab keine Auffälligkeiten bezüglich des Vorliegens einer sympathischen Ophthalmie (Bericht von 24. Mai 2004). Da der Kläger bei einer Vorstellung in der Universitäts-Augenklinik H. am 31. März 2004 über Beschwerden im Sinne von intermittierendem Flimmersehen und starker Blendungsempfindlichkeit am linken Auge klagte, bestand jedoch der Verdacht auf eine sympathische Ophthalmie, weswegen dem Kläger hochdosiertes Cortison verordnet und die Enukleation des rechten Auges am 29. April 2004 vorgenommen wurde. Bei der Entlassung aus der stationären Behandlung nach Enukleation des rechten Auges war das linke Auge reizfrei, ebenso bei der Nachuntersuchung am 9.6.2004 (Arztbriefe der Universitäts-Augenklinik H. vom 12.5. und 21.6.2004).
Prof. Dr. H. hat für den Senat unter Auswertung beigezogener Unterlagen der Universitäts-Augenklinik H. nachvollziehbar dargelegt, dass gegen die Diagnose einer sympathischen Ophthalmie der histologische Befund des entfernten rechten Augapfels spricht. Darin heißt es nämlich, dass sich im Bereich der Aderhaut einige Lymphozyten und eher keine Granolozyten fänden und eine sympathische Ophthalmie nicht eindeutig nachgewiesen werden könne. Damit ist diese Gesundheitsstörung schon nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellbar. Gegen das Vorliegen einer sympathischen Ophthalmie spricht darüber hinaus, dass beim Kläger am linken Auge auch kein extrem niedriger Augendruck nachweisbar war, sondern ein normaler bis erhöhter Augendruck (Normal: 17 bzw. + oder - 3. Beim Kläger betrug er am 31. März 2004: 15 mmHg; am 15. April 2004: 25 mmHg; am 22. April 2004: 23 mmHg). Außerdem kommt diese Erkrankung in Europa äußerst selten vor (0,19 % nach perforierenden Verletzungen und 0,07 - 0,06 % nach intraoculären Operationen). Ferner sind beim Kläger keine fleckförmigen De- und Hyperpigmentierungen im hinteren Augenabschnitt feststellbar, die auf typische entzündliche Veränderungen in der Aderhaut hinweisen.
Selbst wenn eine sympathische Ophthalmie am linken Auge abgelaufen wäre, lässt sich nicht mit Wahrscheinlichkeit feststellen, dass diese zu Gesundheitsstörungen am linken Auge des Klägers geführt hat. So hat Prof. Dr. H. bei der gutachterlichen Untersuchung des Klägers am 24. September 2007 einen altersentsprechenden Befund am linken Auge ohne jeglichen Krankheitswert erhoben. Die funktionellen Ergebnisse (Sehschärfe) und die morphologischen Befunde bis hin zu hoch auflösenden Verfahren zeigten keine pathologischen Veränderungen. Aber selbst wenn man von einer Einschränkung des Nahvisus und einer erhöhten organisch bedingten Blendempfindlichkeit ausgehen könnte, lässt sich in der Literatur hierfür kein Hinweis auf einen Kausalzusammenhang mit einer abgelaufenen Ophthalmie finden, wie Prof. Dr. D. und Dr. W. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 27. März 2007 dargelegt haben.
Soweit Prof. Dr. St. ausführt, aufgrund des Fehlens eines extrem niedrigen Augendrucks könne eine beginnende sympathische Ophthalmie nicht ausgeschlossen werden und auch der Befund der mikroskopischen Untersuchungen spreche nicht dagegen, da durch die Cortison-behandlung Entzündungsvorgänge gedämpft worden seien, sind diese Ausführungen nicht geeignet, die Beurteilung von Prof. Dr. H. zu widerlegen und insbesondere nachzuweisen, dass beim Kläger eine sympathische Ophthalmie vorgelegen hat.
Die beim Kläger vorliegenden und von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen (am rechten Auge: operative Entfernung des Augapfels nach durchspießender Verletzung und hieraus resultierender völliger Erblindung. Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes mit vom Oberlid ausstrahlenden Kopfschmerzen; am linken Auge: deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen sowie eine leichte bis mittelgradige depressive Störung) führen zu keiner höheren MdE als 40 v.H. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat aufgrund der Würdigung der Gutachten von Prof. Dr. V. vom 25. April 2005 und 15. Januar 2007, von Prof. Dr. H. vom 4. Oktober 2007 und Dr. Sch. vom Dezember 2005/März 2006 sowie Prof. Dr. Schröder vom 18. November 2009 und der Ausführungen von Dr. Th. in der Stellungnahme vom 24. Juli 2006.
Nach der unfallmedizinischen Literatur beträgt die MdE bei unkomplizierter einseitiger Erblindung und uneingeschränktem Sehvermögen des zweiten Auges 25 %, und 30 %, wenn sowohl Komplikationen als auch die zumindest wahrscheinliche Beeinträchtigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorliegen. Ein Kunstauge oder gelegentliches Absondern von klebriger Flüssigkeit sind in diesem Sinn keine Komplikationen, jedoch eine chronische Eiterung der Augenhöhle, eine Gesichtsentstellung, die Unverträglichkeit, eine Prothese zu tragen. Erhöhte Blendempfindlichkeit, Verlust des räumlichen Sehens, aphakie-bedingte Gesichtsfeldeinschränkungen und Ähnliches sind bereits in der Sehschärfentabelle enthalten und daher nicht gesondert zu bewerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seite 293).
Beim Kläger besteht ein regelrechter Status nach Augenentfernung. Der Sitz der Prothese ist regelrecht bzw. optimal. Die Bindehaut des rechten Auges ist reizlos und der Lidschluss ist vollständig, so dass der Verlust des rechten Auges allein - unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen - mit 25 v.H. zu bewerten wäre. Eine MdE um 30 v.H. - wie von der Beklagten im Bescheid vom 14. Juni 2005 zuerkannt - lässt sich nur unter Mitberücksichtigung der weiter als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen (Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes mit vom Oberlid ausstrahlenden Kopfschmerzen und deutlich eingeschränktes Dämmerungssehen links) begründen.
Die von Dr. Sch. festgestellten Unfallfolgen (leichte bis mittelgradige depressive Störung mit Angst, Kopfschmerz mit Reizung der Endäste des Nervus trigeminus supraorbitalis und infraorbitalis) führen zu einer MdE um 20 v.H. und erhöhen die auf augenärztlichem Gebiet vorliegende MdE um 30 v.H., bei der Kopfschmerzen und Vernarbungen im Bereich des Trigeminusastes schon berücksichtigt waren, auf 40 v.H., wie Dr. Sch. für den Senat nachvollziehbar und im Einklang mit der unfallmedizinischen Literatur eingeschätzt hat. Denn danach dürfen die einzelnen MdE-Ansätze nicht schematisch zusammengerechnet werden. Vielmehr ist eine integrierende Gesamtschau aller Funktionseinschränkungen auf die Erwerbsfähigkeit vorzunehmen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. Seite 103).
Die Beurteilung von Prof. Dr. St. ist nicht geeignet, zu einer für den Kläger günstigeren Bewertung zu führen. Im Gutachten vom 29. April 2009 hat er schon keine - an unfallmedizinischer Literatur orientierte - MdE-Bewertung vorgenommen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 2. September 2009 hat er den Verlust des rechten Auges mit der Notwendigkeit, eine Prothese zu tragen, mit 30 v.H. bewertet, obwohl dieser - bei unkomplizierten Verhältnissen, wie oben dargelegt - lediglich eine MdE um 25 v.H. bedingt. Die Gefahr einer Iritis links stellt schon keine nachgewiesene Gesundheitsstörung und keine Unfallfolge dar, so dass eine MdE-Bewertung hierfür nicht in Betracht kommt. Soweit er beim Kläger eine Trigeminusneuralgie mit eine MdE um 40 v.H. annimmt, handelt es sich schon um keine Gesundheitsstörung, die in sein Fachgebiet fällt. Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, wie er eine solche und insbesondere deren Ausmaß festgestellt hat, zumal er den Kläger nicht einmal untersucht hat. Dr. Sch., in deren Fachgebiet die Diagnose und Beurteilung einer Trigeminusneuralgie fällt, hat beim Kläger lediglich eine Reizung von zwei Endästen des Nervus trigeminus festgestellt und die MdE hierfür unter Berücksichtigung weiterer Unfallfolgen (Kopfschmerzen, leichte bis mittelgradige Depression mit Angst) mit 20 v.H. und die Gesamt-MdE mit 40 v.H. bewertet. Darüber hinaus hat Dr. Schröder beim Kläger aufgrund der geschilderten Kopfschmerzen keine Trigeminusneuralgie diagnostiziert, sondern diese im Rahmen einer leichten depressiven Störung mit Angst gesehen.
Nach alledem waren das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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