S 12 KR 945/08 KE

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 945/08 KE
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine (fiktive) Terminsgebühr fällt nicht an, wenn in einem Verfahren vor dem Sozialgericht, für das eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (so auch LSG NRW, Beschl. v. 15.05.2008 - L 7 B 63/08 AS; LSG NRW, Beschl. v. 29.08.2007 - L 2 B 13/06 KN; LSG NRW, Beschl. v. 10.05.2006 - L 10 B 13/05 SB; S.-H. LSG, Beschl. v. 14.11.2007 - L 1 B 513/07 R SK; Thür. LSG, Beschl. v. 19.06.2007 - L 6 B 80/07 SF; SG Stuttgart, Beschl. v. 02.04.2008 - S 15 SO 1384/08 KE; SG Stuttgart, Beschl. v. 02.07.2007 - S 3 SB 3709/07 KO-A; SG Stuttgart, Beschl.v. 19.04.2007 - S 2 SB 1345/07 KO-A;
SG Stuttgart, Beschl. v. 12.04.2006 - S 3 SB 106/06 KO-A).
Die Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung des Erinnerungsführers für seine Tätigkeit im Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (Az.: S 12 KR 266/05), in welchem er im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet war, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Erinnerungsführer (Ef.) wendet sich gegen die Festsetzung der Vergütung für seine Tätigkeit im Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (Az.: S 12 KR 266/05), in welchem er im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet war.

Im inzwischen abgeschlossenen Verfahren der Hauptsache vor dem Sozialgericht Stuttgart (Az.: S 12 KR 266/05) war zwischen den dort Beteiligten die Erstattung von Kosten der Anmietung einer Kniebewegungsschiene streitig. Nachdem der dortige Kläger, der Mandant des Ef., zunächst persönlich, gegen den Bescheid der beklagten Krankenkasse vom 07. September 2004 (Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2004) am 14. Januar 2005 Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhob, legitimierte sich unter dem 10. Februar 2005 der Ef. für den Kläger und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, die sodann, mit Beschluss vom 30. Mai 2005 (Az.: S 12 KR 698/05 PKH- A) unter Beiordnung des Ef., bewilligt wurde. Im Verfahren der Hauptsache unterbreitete das Gericht sodann unter dem 05. Oktober 2007 einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, dem der Kläger durch Schriftsatz des Ef. vom 30. Oktober 2007, die Beklagte durch Schriftsatz vom 22. Oktober 2007 zustimmten. Hierin war u.a. beinhaltet, dass die Beklagte 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers erstattet.

Am 12. November 2007 beantragte der Ef. die ihm entstandenen Kosten und Auslagen wie folgt festzusetzen:

Geb.Nr. 3102: Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vor dem Sozialgericht (PKH): 250,00 EUR Geb.Nr. 3104: Terminsgebühr (PKH): 200,00 EUR Geb.Nr. 1005: Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten (PKH): 250,00 EUR Geb.Nr. 7002: Pauschale für Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen: 20,00 EUR Summe 720,00 EUR Geb.Nr. 7008: 19% Umsatzsteuer 136,80 EUR

Summe: 856,80 EUR

Am 13. Dezember 2007 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu erstattenden Vergütung des Ef. auf 364,95 EUR fest. Nachdem der Ef. zunächst monierte, dass die erstatteten Kosten nicht aufgeschlüsselt seien, erläuterte der Kostenbeamte mit Schreiben vom 28. Januar 2008 die Zusammensetzung des festgesetzten Betrages und begründete, dass eine Terminsgebühr nicht abgerechnet werden könne, da das Verfahren im Wege eines Vergleichsabschlusses beendet worden sei und die Erledigungsgebühr im Umfang von 190,00 EUR berücksichtigt worden sei. Unter Berücksichtigung der zu 1/3 von der Beklagten des Hauptsacheverfahrens zu tragenden außergerichtlichen Kosten, sei die, nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der Staatskasse zu tragenden Vergütung des Ef. auf 364,95 EUR festzusetzen.

Am 31. Januar 2008 erhob der Ef. Erinnerung. Zu deren Begründung wird vorgetragen, dass auch im Falle einer Prozessbeendigung im Wege eines Vergleichsschlusses eine Terminsgebühr zu berücksichtigen sei. Im PKH- Verfahren müsse dies gleichfalls gelten. Zur weiteren Begründung wird u.a. auf einen Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Oktober 2007 (Az.: S 20 AL 6741/07 KE) verwiesen.

Der Erinnerungsführer beantragt (zweckdienlich gefasst),

die Festsetzung vom 13. Dezember 2007 in der Fassung vom 28. Januar 2008 abzuändern und die im Wege der Prozesskostenhilfe von der Staatskasse zu erstattende Vergütung des Bevollmächtigten entsprechend dem Schriftsatz vom 08. November 2007 auf 856,80 EUR festzusetzen

Der Erinnerungsgegner beantragt,

die Erinnerung zurückzuweisen, soweit eine über die Festsetzung der Kostenbeamtin hinausgehende Entschädigung begehrt wird.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte der Hauptsache und der Kostenstreitsache verwiesen.

(II)

Die Erinnerung des Ef. ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Gemäß § 45 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor den Gerichten eines Landes aus der Landeskasse. Die aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt (§ 55 Abs. 1 RVG). Über die Erinnerung des Rechtsanwalts gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss (§ 56 Abs. 1 S.1 RVG). Die Erinnerung ist hiernach der statthafte Rechtsbehelf und als solcher zulässig.

Die Erinnerung ist jedoch nicht begründet. Die Vergütung des Ef. für dessen Tätigkeit im Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (Az.: S 12 KR 266/05) wurde vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf 364,95 EUR festgesetzt. Eine weitergehende Festsetzung der Vergütung findet nicht statt.

Der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich gemäß § 48 Abs. 1 RVG nach dem Beschluss, durch den Prozesskostenhilfe bewilligt wurde und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde. Da im Beschluss vom 30. Mai 2005 (Az.: S 12 KR 698/05 PKH- A) keine Einschränkung der Bewilligung bzw. der Beiordnung beinhaltet ist, ist die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalt wie die eines gewählten Rechtsanwaltes festzusetzen.

Die zu erstattende gesetzliche Vergütung bestimmt sich nach dem RVG. Dies gilt gemäß § 12 RVG für im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwälte entsprechend. Im Verfahren der Hauptsache vor dem Sozialgericht Stuttgart, in dem das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden war, da der Ef. zum Kreis der kostenprivilegierten Kläger (§ 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) zählte, bestimmt sich die Vergütung eines Rechtsanwalts gemäß § 3 Abs. 1 S.1 RVG anhand von Betragsrahmengebühren. Konkret bestimmt sich die anwaltliche Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz [RVG].

Nach Teil 1 "allgemeine Gebühren" der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 (Vergütungsverzeichnis) entstehen, unter den dort genannten Voraussetzungen die jeweiligen Gebühren. Nach GebNr. 3106 VV beträgt die vorliegend streitige Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) 20,00 bis 380,00 EUR. Sie entsteht nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder der Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Ein Termin in diesem Sinne hat jedoch im Verfahren der Hauptsache nicht stattgefunden, so dass insofern kein zu vergütender Aufwand entstanden ist. Auch ist eine Terminsgebühr nicht in Ansehung des weiteren Inhalts von GebNr. 3106 VV entstanden. Dort ist bestimmt, dass die Terminsgebühr auch entsteht, wenn - in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (Nr.1), - nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird (Nr.2) oder - das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (Nr.3).

Das Verfahren (Az.: S 12 KR 266/05) endete indes weder im Wege eines Urteils ohne mündliche Verhandlung, eines Gerichtsbescheides noch im Wege eines angenommenen Anerkenntnisses, sondern im Wege eines gerichtlichen Vergleichs nach § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung. Ein solcher ist jedoch in GebNr. 3106 VV nicht als, eine Terminsgebühr auslösende Beendigungsvariante, aufgeführt. Entgegen der, auf den Beschluss des Sozialgerichtes Stuttgart vom 30. Oktober 2007 (Az.: S 20 AL 6741/07 KE) gestützten Auffassung des Ef, ist die Geb.Nr. 3106 VV auf (gerichtliche) Vergleich nicht entsprechend anwendbar. Dies ergibt sich aus einem Abgleich der Geb.Nr. 3106 VV mit der Geb.Nr.3104 VV. In dieser, für den Fall der streitwertabhängigen Vergütung geltenden Gebührennummer ist in Abs. 1 Nr. 1 auch die Entstehung einer Terminsgebühr für den Fall, in dem ein Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, durch einen schriftlichen Vergleich endet, vorgesehen. Indes ist in Geb.Nr. 3104 VV ausdrücklich geregelt, dass dies nur gilt, "soweit in Nummer 3106 nichts anderes bestimmt ist". Geb.Nr. 3106 VV beinhaltet insofern eine abschließende Sonderregelung, die einen Rückgriff auf GebNr.3104 im Anwendungsbereich der Geb.Nr. 3106 VV ausschließt. Auch hat der Gesetzgeber mit der aufgezeigten Differenzierung die kostenrechtliche Privilegierung des Personenkreises des § 183 SGG fortgeführt, als die Fiktion der Terminsgebühr nur dort eingreifen soll, wo der gesteigerte Schutzbedarf der in § 183 SGG benannten Beteiligten durch eine richterliche Entscheidung kompensiert wird (Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder Gerichtsbescheid) oder wo eine Benachteiligung des kostenprivilegierten Beteiligte wegen des Obsiegens ohnehin nicht zu befürchten steht (angenommenes Anerkenntnis). Mithin ist zur Überzeugung der Kammer die Geb.Nr.3106 VV auf den vorliegenden Fall einer Verfahrensbeendigung durch schriftlichen Vergleich nicht anzuwenden. Die Festsetzung der Vergütung des Bevollmächtigten des Ef. hat hiernach, in Einklang mit der Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterbleiben. Die festzusetzende Vergütung errechnet sich hiernach, in Einklang mit der Festsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, wie folgt:

- Verfahrensgebühr Geb.Nr. 3102 VV: 250,00 EUR - Einigungs- und Erledigungsgebühr GebNr.1006 VV: 190,00 EUR - Pauschale Post + Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR Umsatzsteuer 19 %: 87,40 EUR 547,40 EUR Hiervon 2/3 im Wege der Prozesskostenhilfe zu vergüten: 364,50 EUR

Die Erinnerung ist hiernach zurückzuweisen.
Rechtskraft
Aus
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