Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SF 7062/08 E
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine (fiktive) Terminsgebühr fällt nicht an, wenn in einem Verfahren vor dem Sozialgericht, für das eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (so auch LSG NRW, Beschl. v. 15.05.2008 - L 7 B 63/08 AS; LSG NRW, Beschl. v. 29.08.2007 - L 2 B 13/06 KN; LSG NRW, Beschl. v. 10.05.2006 - L 10 B 13/05 SB; S.-H. LSG, Beschl. v. 14.11.2007 - L 1 B 513/07 R SK; Thür. LSG, Beschl. v. 19.06.2007 - L 6 B 80/07 SF; SG Stuttgart, Beschl. v. 02.04.2008 - S 15 SO 1384/08 KE; SG Stuttgart, Beschl. v. 02.07.2007 - S 3 SB 3709/07 KO-A; SG Stuttgart, Beschl.v. 19.04.2007 - S 2 SB 1345/07 KO-A;
SG Stuttgart, Beschl. v. 12.04.2006 - S 3 SB 106/06 KO-A).
SG Stuttgart, Beschl. v. 12.04.2006 - S 3 SB 106/06 KO-A).
Die Erinnerung des Erinnerungsführer gegen die Kostenfestsetzungsentscheidung des Kostenbeamten vom 06.10.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer begehrt die Festsetzung einer Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG.
Im Hauptsacheverfahren stritten die Beteiligten über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.02.2006 bis zum 31.07.2006 sowie die Erstattung in Höhe von 2.560,75 EUR.
Mit Beschluss vom 09.09.2008 wurde der Klägerin für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Herr Rechtsanwalt R. wurde der Klägerin als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.
Mit Schreiben vom 14.07.2008 unterbreitete die Klägerin einen Vergleichsangebot, welches von der Beklagten mit Schreiben vom 22.07.2008 angenommen wurde. Mit weiterem Schreiben vom 12.08.2008 erklärte die Klägerin das Verfahren für erledigt.
Mit Schreiben vom 23.09.2008 beantragte Herr Rechtsanwalt R. die Festsetzung seiner Gebühren gegen die Staatskasse wie folgt:
- Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten gemäß Nr. 3102 VV RVG: 250,-EUR
- Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten gemäß Nr. 3106 VV RVG: 200,-EUR
- Anhängiges gerichtliches Verfahren in sozialgerichtlichen Angelegenheiten gemäß Nr. 1006 VV RVG: 190,-EUR
- Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikations- dienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,-EUR
Zwischensumme netto: 660,-EUR
19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG: 125,40EUR
Gesamtsumme: 785,40EUR
davon 1/2: 392,70EUR
Die Rechtsanwaltsvergütung wurde von dem Kostenbeamten mit Bescheid vom 06.10.2008 festgesetzt wie beantragt mit Ausnahme der Terminsgebühr sowie der hierauf entfallenden Mehrwertsteuer. Die geltend gemachte Terminsgebühr sei nicht zum Ansatz zu bringen. Eine Terminsgebühr ohne die Wahrnehmung eines Termins könne nach Nr. 3106 Ziff. 3 RVG nur bei einer Erledigung durch Anerkenntnis gewährt werden. Der Rechtsstreit sei durch Annahme des Vergleichsangebots vom 14.07.2008 erledigt worden.
Die Kostenfestsetzung erfolgte wie folgt:
- Verfahrensgebühr Nr. 3101 VV RVG: 170,-EUR - Einigungsgebühr Nr. 1000, 1006 VV RVG: 190,-EUR - Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen Nr. 7002 VV RVG: 20,-EUR - Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG: 72,20EUR
Gesamtsumme: 452,20EUR
davon 1/2: 226,10EUR
Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten vom 14.10.2008 (Eingang bei Gericht: 20.10.2008). Mit dieser macht der Bevollmächtigte eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG geltend. Nach Anmerkung Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG entstehe die Terminsgebühr ebenfalls, wenn im Verfahren, für welches eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde. Dass diese Alternative nur für die Terminsgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren in welchem das GKG anwendbar sei, gelten solle, nicht aber für die Terminsgebühr in Verfahren vor dem Sozialgericht, in denen Betragsrahmengebühren entstünden, sei nicht einzusehen, vielmehr in sich widersprüchlich und beruhe auf einem Versehen des Gesetzgebers.
Die Staatskasse ist dem entgegengetreten. Sie meint, eine der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG entsprechende Regelung sei vom Gesetzgeber bewusst nicht in Nr. 3106 VV RVG aufgenommen worden. Dem Gesetzgeber sei erkennbar bekannt, dass bei der Entwicklung der neuen Vergütungsstruktur zu bedenken und entscheiden war, ob bei Beendigung eines sozialgerichtlichen Verfahrens durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfalle. Dies zeige die Regelungen in Nr. 3202, 3104 VV RVG. Es liege fern, vor diesem Hintergrund bei der unterschiedlichen Regelung für Betragsrahmengebühren einerseits und Wertgebühren andererseits von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu sprechen.
Der Kostenbeamten hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Kostenbeamten vom 06.10.2008 erhobene Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Da im vorliegenden Hauptsacheverfahren gemäß §§ 197a, 193 SGG das GKG nicht zur Anwendung kommt, entstehen nach § 3 RVG Betragsrahmengebühren. Vorliegend sind insoweit eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG und eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG angefallen. Nicht in Ansatz zu bringen ist jedoch eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG.
Wird im Hauptsacheverfahren keine mündliche Verhandlung durchgeführt, sieht Nr. 3106 VV RVG den Anfall einer Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, nur unter den besonderen Voraussetzungen der Ziff. 1 bis 3 dieses Gebührentatbestandes vor. Im vorliegenden Fall ist jedoch keine der drei genannten Alternativen einschlägig. Insbesondere hat das vorliegende Hauptverfahren nicht "nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung geendet" (Ziff. 3). Zwischen den Beteiligten ist vielmehr ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3106 VV RVG ist in diesen Fällen eine Terminsgebühr jedoch nicht vorgesehen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmungen, der Gesetzesbegründung (vgl. BT Drucksache 15/1971, Seite 212) und systematisch - argumentum e contrario - aus der abweichenden Regelung in den Nr. 3202, 3104 VV RVG, die den Regelfall der Abrechnung nach einem Gebührenstreitwert (Gegenstandswert) betreffen. Eine der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 3 VV RVG entsprechende Regelung, nach der eine fiktive Terminsgebühr bei einem schriftlichen Vergleich entsteht, sieht Nr. 3106 VV RVG nicht vor. Eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, denn es fehlt an der erforderlichen Regelungslücke. Zur Ausfüllung von Regelungslücken sind die Richter nur berufen, wenn das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es der Rechtsprechung überlassen wollte, das Recht zu finden oder das Schweigen des Gesetzes auf einem Versehen oder darauf beruht, dass sich der nicht geregelte Tatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat (LSG NRW, Beschluss vom 29.08.2007, Az.: L 2 B 13/06 KN, juris). Keine dieser Voraussetzungen ist hier gegeben. Der Gesetzgeber hat in Nr. 3104 VV RVG ausdrücklich auf die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV RVG verwiesen, soweit es sich um sozialgerichtliche Verfahren handelt, in denen Beitragsrahmengebühren entstehen, ohne die Vergleichsregelung aufzugeben. Eine andere Auslegung oder eine Analogie zu Nr. 3202, 3104 VV RVG, die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3205, 3106 VV RVG mit einem anderen Inhalt versieht, ist deshalb rechtsmethodisch nicht möglich.
Dass der Gesetzgeber der Rechtsprechung die Lösung der Frage überlassen wollte, ob bei Verfahrensbeendigung durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfällt, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls finden sich in den Gesetzesmaterialien keinerlei Hinweise für eine derartige Absicht des Gesetzgebers (vgl. BT Drucksache 15/1971). Es liegt auf der Hand, dass das Problem nicht erst durch eine - für den Gesetzgeber noch nicht erkennbare - Veränderung der Lebensverhältnisse entstanden ist. Es bestehen aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Versehen des Gesetzgebers, also eine planwidrige Regelungslücke, vorliegen könnte. Dem Gesetzgeber war erkennbar bekannt, dass bei der Entwicklung der neuen Vergütungsstruktur zu bedenken und zu entscheiden war, ob bei Beendigung eines sozialgerichtlichen Verfahrens durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfällt. Dies zeigt die Regelung in den Nr. 3202, 3104 VV RVG. Vor diesem Hintergrund bei der unterschiedlichen Regelung für Betragsrahmengebühren einerseits und Wertgebühren andererseits lässt sich nicht von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers sprechen. Lässt sich aber nicht feststellen, dass eine planwidrige Gesetzeslücke gegeben ist, fehlen die speziellen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Nr. 3202, 3104 VV RVG. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass dies zu dem Zustand führen kann, dass die früher geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin (Protokollierungstermin) nur wegen einer anwaltlichen Gebühr anzustreben, fortgesetzt wird. Dies kann auch der Anwaltschaft angesichts der im sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehenen Vergütung schwerlich zum Vorwurf gemacht werden. Der Gesetzgeber hat dem ungeachtet an dieser Stelle ganz offensichtlich einen besonderen Gebührenanreiz nicht für notwendig erachtet.
Des weiteren ist noch zu berücksichtigen, dass bei einer vergleichsweisen Einigung in sozialgerichtlichen Angelegenheiten gemäß Nr. 1000, 1006 VV RVG neben der Verfahrensgebühr eine Erledigungsgebühr anfällt, die nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG den Fall eines vollständigen Anerkenntnisses gerade nicht erfasst. Im letztgenannten Fall tritt an die Stelle der Erledigungsgebühr gerade die Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG. Auch der Vergleich dieser beiden Gebührentatbestände zeigt die bewusste Unterscheidung des Gesetzgebers zwischen Anerkenntnis und Vergleich. Im vorliegenden Fall, in dem sich die Hauptsache durch Annahme des Vergleichs erledigt hat, fällt damit zwar keine Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG, jedoch eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002, 1006 VV RVG an.
Demnach ergibt sich folgender Anspruch auf Kostenfestsetzung:
- Verfahrensgebühr Nr. 3103 RVG: 170,- EUR - Einigungsgebühr Nr. 1000, 1006 RVG: 190,- EUR - Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen Nr. 7002 RVG: 20,- EUR - Umsatzsteuer Nr. 7008 RVG: 72,20 EUR
Gesamtbetrag: 452,20 EUR
davon 1/2: 226,10 EUR
Die Erinnerung des Klägers war damit zurückzuweisen.
Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG ergeht die Erinnerungsentscheidung gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Diese Entscheidung ist gemäß § 197 Abs. 2 SGG unanfechtbar.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer begehrt die Festsetzung einer Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG.
Im Hauptsacheverfahren stritten die Beteiligten über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.02.2006 bis zum 31.07.2006 sowie die Erstattung in Höhe von 2.560,75 EUR.
Mit Beschluss vom 09.09.2008 wurde der Klägerin für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Herr Rechtsanwalt R. wurde der Klägerin als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.
Mit Schreiben vom 14.07.2008 unterbreitete die Klägerin einen Vergleichsangebot, welches von der Beklagten mit Schreiben vom 22.07.2008 angenommen wurde. Mit weiterem Schreiben vom 12.08.2008 erklärte die Klägerin das Verfahren für erledigt.
Mit Schreiben vom 23.09.2008 beantragte Herr Rechtsanwalt R. die Festsetzung seiner Gebühren gegen die Staatskasse wie folgt:
- Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten gemäß Nr. 3102 VV RVG: 250,-EUR
- Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten gemäß Nr. 3106 VV RVG: 200,-EUR
- Anhängiges gerichtliches Verfahren in sozialgerichtlichen Angelegenheiten gemäß Nr. 1006 VV RVG: 190,-EUR
- Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikations- dienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,-EUR
Zwischensumme netto: 660,-EUR
19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG: 125,40EUR
Gesamtsumme: 785,40EUR
davon 1/2: 392,70EUR
Die Rechtsanwaltsvergütung wurde von dem Kostenbeamten mit Bescheid vom 06.10.2008 festgesetzt wie beantragt mit Ausnahme der Terminsgebühr sowie der hierauf entfallenden Mehrwertsteuer. Die geltend gemachte Terminsgebühr sei nicht zum Ansatz zu bringen. Eine Terminsgebühr ohne die Wahrnehmung eines Termins könne nach Nr. 3106 Ziff. 3 RVG nur bei einer Erledigung durch Anerkenntnis gewährt werden. Der Rechtsstreit sei durch Annahme des Vergleichsangebots vom 14.07.2008 erledigt worden.
Die Kostenfestsetzung erfolgte wie folgt:
- Verfahrensgebühr Nr. 3101 VV RVG: 170,-EUR - Einigungsgebühr Nr. 1000, 1006 VV RVG: 190,-EUR - Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen Nr. 7002 VV RVG: 20,-EUR - Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG: 72,20EUR
Gesamtsumme: 452,20EUR
davon 1/2: 226,10EUR
Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten vom 14.10.2008 (Eingang bei Gericht: 20.10.2008). Mit dieser macht der Bevollmächtigte eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG geltend. Nach Anmerkung Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG entstehe die Terminsgebühr ebenfalls, wenn im Verfahren, für welches eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde. Dass diese Alternative nur für die Terminsgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren in welchem das GKG anwendbar sei, gelten solle, nicht aber für die Terminsgebühr in Verfahren vor dem Sozialgericht, in denen Betragsrahmengebühren entstünden, sei nicht einzusehen, vielmehr in sich widersprüchlich und beruhe auf einem Versehen des Gesetzgebers.
Die Staatskasse ist dem entgegengetreten. Sie meint, eine der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG entsprechende Regelung sei vom Gesetzgeber bewusst nicht in Nr. 3106 VV RVG aufgenommen worden. Dem Gesetzgeber sei erkennbar bekannt, dass bei der Entwicklung der neuen Vergütungsstruktur zu bedenken und entscheiden war, ob bei Beendigung eines sozialgerichtlichen Verfahrens durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfalle. Dies zeige die Regelungen in Nr. 3202, 3104 VV RVG. Es liege fern, vor diesem Hintergrund bei der unterschiedlichen Regelung für Betragsrahmengebühren einerseits und Wertgebühren andererseits von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu sprechen.
Der Kostenbeamten hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Kostenbeamten vom 06.10.2008 erhobene Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Da im vorliegenden Hauptsacheverfahren gemäß §§ 197a, 193 SGG das GKG nicht zur Anwendung kommt, entstehen nach § 3 RVG Betragsrahmengebühren. Vorliegend sind insoweit eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG und eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG angefallen. Nicht in Ansatz zu bringen ist jedoch eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG.
Wird im Hauptsacheverfahren keine mündliche Verhandlung durchgeführt, sieht Nr. 3106 VV RVG den Anfall einer Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, nur unter den besonderen Voraussetzungen der Ziff. 1 bis 3 dieses Gebührentatbestandes vor. Im vorliegenden Fall ist jedoch keine der drei genannten Alternativen einschlägig. Insbesondere hat das vorliegende Hauptverfahren nicht "nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung geendet" (Ziff. 3). Zwischen den Beteiligten ist vielmehr ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3106 VV RVG ist in diesen Fällen eine Terminsgebühr jedoch nicht vorgesehen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmungen, der Gesetzesbegründung (vgl. BT Drucksache 15/1971, Seite 212) und systematisch - argumentum e contrario - aus der abweichenden Regelung in den Nr. 3202, 3104 VV RVG, die den Regelfall der Abrechnung nach einem Gebührenstreitwert (Gegenstandswert) betreffen. Eine der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 3 VV RVG entsprechende Regelung, nach der eine fiktive Terminsgebühr bei einem schriftlichen Vergleich entsteht, sieht Nr. 3106 VV RVG nicht vor. Eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, denn es fehlt an der erforderlichen Regelungslücke. Zur Ausfüllung von Regelungslücken sind die Richter nur berufen, wenn das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es der Rechtsprechung überlassen wollte, das Recht zu finden oder das Schweigen des Gesetzes auf einem Versehen oder darauf beruht, dass sich der nicht geregelte Tatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat (LSG NRW, Beschluss vom 29.08.2007, Az.: L 2 B 13/06 KN, juris). Keine dieser Voraussetzungen ist hier gegeben. Der Gesetzgeber hat in Nr. 3104 VV RVG ausdrücklich auf die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV RVG verwiesen, soweit es sich um sozialgerichtliche Verfahren handelt, in denen Beitragsrahmengebühren entstehen, ohne die Vergleichsregelung aufzugeben. Eine andere Auslegung oder eine Analogie zu Nr. 3202, 3104 VV RVG, die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3205, 3106 VV RVG mit einem anderen Inhalt versieht, ist deshalb rechtsmethodisch nicht möglich.
Dass der Gesetzgeber der Rechtsprechung die Lösung der Frage überlassen wollte, ob bei Verfahrensbeendigung durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfällt, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls finden sich in den Gesetzesmaterialien keinerlei Hinweise für eine derartige Absicht des Gesetzgebers (vgl. BT Drucksache 15/1971). Es liegt auf der Hand, dass das Problem nicht erst durch eine - für den Gesetzgeber noch nicht erkennbare - Veränderung der Lebensverhältnisse entstanden ist. Es bestehen aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Versehen des Gesetzgebers, also eine planwidrige Regelungslücke, vorliegen könnte. Dem Gesetzgeber war erkennbar bekannt, dass bei der Entwicklung der neuen Vergütungsstruktur zu bedenken und zu entscheiden war, ob bei Beendigung eines sozialgerichtlichen Verfahrens durch schriftlichen Vergleich eine Terminsgebühr anfällt. Dies zeigt die Regelung in den Nr. 3202, 3104 VV RVG. Vor diesem Hintergrund bei der unterschiedlichen Regelung für Betragsrahmengebühren einerseits und Wertgebühren andererseits lässt sich nicht von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers sprechen. Lässt sich aber nicht feststellen, dass eine planwidrige Gesetzeslücke gegeben ist, fehlen die speziellen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Nr. 3202, 3104 VV RVG. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass dies zu dem Zustand führen kann, dass die früher geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin (Protokollierungstermin) nur wegen einer anwaltlichen Gebühr anzustreben, fortgesetzt wird. Dies kann auch der Anwaltschaft angesichts der im sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehenen Vergütung schwerlich zum Vorwurf gemacht werden. Der Gesetzgeber hat dem ungeachtet an dieser Stelle ganz offensichtlich einen besonderen Gebührenanreiz nicht für notwendig erachtet.
Des weiteren ist noch zu berücksichtigen, dass bei einer vergleichsweisen Einigung in sozialgerichtlichen Angelegenheiten gemäß Nr. 1000, 1006 VV RVG neben der Verfahrensgebühr eine Erledigungsgebühr anfällt, die nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Nr. 1000 Abs. 1 VV RVG den Fall eines vollständigen Anerkenntnisses gerade nicht erfasst. Im letztgenannten Fall tritt an die Stelle der Erledigungsgebühr gerade die Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG. Auch der Vergleich dieser beiden Gebührentatbestände zeigt die bewusste Unterscheidung des Gesetzgebers zwischen Anerkenntnis und Vergleich. Im vorliegenden Fall, in dem sich die Hauptsache durch Annahme des Vergleichs erledigt hat, fällt damit zwar keine Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG, jedoch eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002, 1006 VV RVG an.
Demnach ergibt sich folgender Anspruch auf Kostenfestsetzung:
- Verfahrensgebühr Nr. 3103 RVG: 170,- EUR - Einigungsgebühr Nr. 1000, 1006 RVG: 190,- EUR - Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen Nr. 7002 RVG: 20,- EUR - Umsatzsteuer Nr. 7008 RVG: 72,20 EUR
Gesamtbetrag: 452,20 EUR
davon 1/2: 226,10 EUR
Die Erinnerung des Klägers war damit zurückzuweisen.
Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG ergeht die Erinnerungsentscheidung gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Diese Entscheidung ist gemäß § 197 Abs. 2 SGG unanfechtbar.
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