L 8 AL 2797/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 7548/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2797/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtlich Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung und Erstattung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.

Die am 1948 geborene Klägerin bezog von der Beklagten bis 13.08.2000 Arbeitslosengeld. Der am 02.01.1939 geborene Ehemann der Klägerin bezog ab 01.12.2000 Altersrente.

Auf Anträge der Klägerin gewährte die Beklagte ihr Alhi für die Zeit ab 02.03.2001 bis 31.12.2001 in Höhe von 16.128,40 DM (8246,32 EUR), vom 01.01.2002 bis 01.03.2002 in Höhe von 1633,20 EUR, vom 02.03.2002 bis 31.12.2002 in Höhe von 8167,90 EUR, vom 01.01.2003 bis 01.03.2003 in Höhe von 1598,40 EUR, vom 02.03.2003 bis 31.12.2003 in Höhe von 6841,15 EUR, vom 01.01.2004 bis 01.03.2004 in Höhe von 1390,19 EUR sowie vom 02.03.2004 bis 31.12.2004 in Höhe von 7051,60 EUR. Die Klägerin bestätigte in ihren Anträgen vom 15.03.2001, 15.02.2002, 06.02.2003 und 20.02.2004 jeweils mit ihrer Unterschrift vom Inhalt des Merkblattes "Arbeitslosenhilfe" Kenntnis genommen zu haben. Im Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" zu den Anträgen verneinte die Klägerin jeweils, dass sie bzw. ihr Ehemann über Vermögen (insbesondere Sparbücher, Sparbriefe, sonstige Wertpapiere, Kapitallebensversicherungen/private Rentenversicherungen, Bausparverträge) verfügten, was die Klägerin ebenfalls jeweils mit ihrer Unterschrift als zutreffend bestätigte.

Mit Schreiben vom 29.09.2005 übersandte das Hauptzollamt Stuttgart der Beklagten Überweisungsbelege der D. Bank, wonach der Ehemann der Klägerin an die T. C. M. B. A. (TC) im Jahr 1994 eine Einzahlung in Höhe von 87.000 DM und im Jahr 1995 drei Einzahlungen in Höhe von 5000 DM, 50.000 DM und 27.000 DM (insgesamt 169.000 DM) vorgenommen hatte.

Mit Schreiben vom 10.11.2005 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer eventuellen Aufhebung der Leistungsbewilligung von Alhi in den Jahren 2001 bis 2004 an und gab ihr Gelegenheit zur Äußerung. Die Klägerin teilte daraufhin am 02.12.2005 mit, die auf das Konto ihres Ehemannes eingezahlte Gelder hätten nicht nur ihrem Ehemann bzw. ihr gehört. Tatsächlich sei das gesamte Geld der Familie, auch das ihrer vier Kinder, auf dieses Konto eingezahlt worden. Die erwerbstätigen Kinder hätten Gelder an den Vater gezahlt, das in der Türkei auf den Konten angelegt worden sei. Es sei vereinbart gewesen, dass für jedes der Kinder 1/5 des Vermögens und auf die Eheleute zusammen ebenfalls 1/5 entfallen sollten. Das Vermögen der Eheleute habe zu keinem Zeitpunkt den Freibetrag überschritten. Seit dem 13.04.2004 sei kein Vermögen mehr bei der TC angelegt gewesen. Die Klägerin legte Schreiben der TC sowie einen Kontoauszug für den Zeitraum vom 04.05.2000 bis 13.04.2004 vor (hierzu wird auf Bl. 175-179 der Leistungsakten verwiesen).

Mit Bescheid vom 17.07.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi ab dem 02.03.2001 ganz auf und forderte von der Klägerin die in der Zeit vom 02.03.2001 bis 31.12.2004 gezahlte Alhi in Höhe von 34.928,76 EUR sowie gezahlte Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 5055,17 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 593,81 EUR (insgesamt 40.577,74 EUR) zurück.

Gegen den Bescheid vom 17.07.2006 legte die Klägerin am 28.06.2006 Widerspruch ein. Sie wiederholte zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend machte sie geltend, ihr und ihrem Ehemann hätten hinsichtlich des Betrages von maximal 87.000 DM zum Zeitpunkt der Antragstellung 17.400 DM zugestanden. Dieser Vermögensanteil liege unter dem Freibetrag von 26.000 DM. Die Klägerin legte eidesstattliche Versicherungen der Kinder vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 13.10.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie wiederholte zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trug sie vor, die Familie habe aus einem Topf gewirtschaftet. Der Geldbetrag auf dem Konto der TC habe im Wesentlichen aus Mitteln der Kinder gestammt. Bereits seit 1987 bis 1996 habe das Familienoberhaupt (Ehemann der Klägerin) von den Kindern monatlich 1000 DM größtenteils durch Überweisungen erhalten, die er verwaltet und dann auf das Konto in der Türkei überwiesen habe. Bis 1996 hätten sie gemeinsam in einem Wohnhaus gewohnt, das mit Kaufvertrag vom 09.02.2000 verkauft worden sei. Nach dem Hausverkauf seien die Zahlungen eingestellt worden. Zahlungsbelege über die monatlichen Beiträge lägen nicht bzw. nicht mehr vor. Von den Kindern sei zu keinem Zeitpunkt vom Vater Rechenschaft über die Verwendung der Beiträge und keine Belege gefordert worden. Was mit den Geldern konkret hätte geschehen sollen, sei nie thematisiert worden. Zahlungsnachweise für den Geldfluss von den Kindern an den Vater lägen nicht vor. Erlöse aus Bausparverträgen aus den Jahren 1995, 1998/1999 der Kinder und ihres Ehemannes seien von ihrem Ehemann auf das Konto in die Türkei transferiert worden. Ihr Ehemann habe die Verwaltung des gesamten Familienvermögens übernommen und dieses später nach eigenem Gutdünken an die Familienmitglieder wieder verteilt. Aus den Ersparnissen seien Investitionen der Kinder finanziert worden. Das Geld sei in der Türkei angelegt worden, da noch nicht alle Familienmitglieder entschieden gehabt hätten, ob sie in Deutschland blieben oder in die Türkei zurückkehren würden. Im Ergebnis seien sich alle darüber einig gewesen, dass die Gelder lediglich zu einem Fünftel den Eltern zustehen sollten. Im Jahr 2004 sei das Konto aufgelöst worden. Wirtschaftlich betrachtet hätten die Beträge zum größten Teil den Kindern zugestanden. Vor dem Hintergrund der familiären Bedeutung des Familienoberhauptes in einer türkischen Familie, bzw. vor dem Hintergrund des Alters der Kinder, sei glaubwürdig und nachvollziehbar, dass die beschriebene Verwaltung der Finanzen tatsächlich wie geschildert gehandhabt worden sei. Ihr und ihrem Ehemann hätten nie mehr als 17.400 DM (8896,48 EUR) auf dem Konto zugestanden. Unter Berücksichtigung der Freibeträge stünde ihnen dieser Betrag als Altersvorsorge gesetzlich zu. Die Klägerin legte Unterlagen vor (notarieller Kaufvertrag vom 09.02.2000, Kontoauszüge über Bausparverträge der Jahre 1998,1999 und 2000 sowie weitere Verträge).

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Es sei davon auszugehen, dass ein Treuhandkonto zu keinem Zeitpunkt bestanden habe.

Das SG zog die Akten der Staatsanwaltschaft Stuttgart über ein Strafverfahren gegen die Klägerin wegen Betrugs (83 Js 49609/06) bei und nahm hieraus Kopien zur Gerichtsakte (Protokoll des Amtsgerichts Nürtingen vom 30.04.2007, Kontoauszüge der Kreissparkasse E., Urteil des Amtsgerichts vom 30.04.2007 - 13 Ds 83 Js 49609/06 -, mit dem die Klägerin rechtskräftig wegen Betrugs in vier Fällen zu Lasten der Beklagten hinsichtlich der im Zeitraum vom 02.03.2001 bis 31.12.2004 bewilligten Alhi zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt wurde, die zur Bewährung ausgesetzt wurde).

In der öffentlichen Sitzung am 24.02.2010 hörte das SG die Klägerin an und vernahm die Tochter der Klägerin G. Ö -Y (Ö-Y) als Zeugin. Auf die Vernehmung des außerdem als Zeugen geladenen Ehemanns der Klägerin (O. Y. ) wurde einvernehmlich verzichtet. Auf die Niederschrift des SG vom 24.02.2010 wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 24.02.2010 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Bewilligung von Alhi im Zeitraum vom 02.03.2001 bis 01.03.2002 sei gemäß § 45 SGB X von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die Klägerin nicht bedürftig gewesen sei. Bei der erstmaligen Bewilligung von Alhi zum 02.03.2001 sei nach dem Kontoauszug (Bl. 176/77 der Verwaltungsakte) vorrangig einzusetzendes Vermögen in Höhe von 89.589,84 DM bis 11.05.2001 angelegt gewesen und nach Auslaufen dieser Anlage am 11.05.2001 erneut 104.391,96 DM angelegt worden. Insoweit sei zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Alhi am 02.03.2001 ein Vermögen von mindestens 89.598,84 DM vorhanden gewesen, das auf den Namen des Ehemannes der Klägerin angelegt gewesen sei. Das Vorbringen der Klägerin, bei dem Geldvermögen habe es sich zumindest teilweise um Vermögen der Kinder gehandelt, welches von ihrem Ehemann verwaltet worden sei, vermöge die Kammer nicht als nachgewiesen anzusehen. Von einem verdeckten Treuhandverhältnis könne bereits nach dem Vortrag der Klägerin, den die vernommene Zeugin bestätigt habe, nicht ausgegangen werden. Ergänzend anzumerken sei, dass aufgrund der Angaben des Ehemannes bei seiner Befragung im Strafverfahren, er habe ab 1985 Grundstücke gekauft, auf denen ab 1990 gebaut worden sei, davon auszugehen sei, dass neben dem Barvermögen weiteres Grundvermögen vorhanden gewesen sei, das bei den Anträgen auf Alhi ebenfalls nicht angegeben worden sei. Nach Abzug des für den gesamten Bewilligungsabschnitt vom 02.03.2001 bis 01.03.2002 gültigen Freibetrags von insgesamt 16.000 DM sei ein anrechenbares Vermögen in Höhe von mindestens 73.698,84 DM verblieben. Es habe keine Bedürftigkeit von mindestens 80 Wochen und damit für den gesamten Zeitraum vom 02.03.2001 bis 31.12.2001 bestanden. Da der Ehemann der Klägerin zum 01.01.2002 ein Vermögen von mindestens 49.795,72 EUR angelegt gehabt habe, habe dieses Vermögen die Bedürftigkeit auch ab diesem Zeitraum ausgeschlossen. Auch die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 02.03.2002 bis 01.03.2003 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Es sei ein Freibetrag von insgesamt 60.840 EUR zu berücksichtigen. Am 02.03.2002 habe ein diesen Freibetrag übersteigen- des Vermögen von 63.235,72 EUR bei der TC bestanden. Das den Freibetrag übersteigende Vermögen stehe der Bewilligung von Alhi für den gesamten Bewilligungsabschnitt entgegen. Die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 02.03.2003 bis 01.03.2004 sei ebenfalls von Anfang an rechtswidrig gewesen. Für die Klägerin ergebe sich ein Freibetrag von 11.000 EUR. Für den Ehemann der Klägerin verbliebe ein Freibetrag von 33.280 EUR, insgesamt 44.280 EUR. Im Zeitpunkt der Bewilligung von Alhi am 02.03.2003 sei bereits auf einem Konto ein Betrag von 49.795,72 EUR angelegt gewesen, so dass auch die Bewilligung vom 02.03.2003 mangels Bedürftigkeit rechtswidrig gewesen sei. Für die Zeit ab dem 15.08.2003 könne dahinstehen, ob die Klägerin aufgrund Vermögens nicht bedürftig gewesen sei, da ein Anspruch auf ALG ab diesem Zeitpunkt am fehlenden Vorbezug von Arbeitslosengeld scheitere. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie bei der Antragstellung vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig Angaben gemacht habe. Sie habe bei allen Anträgen das in der Türkei angelegte Vermögen verschwiegen. Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligungen lägen damit gemäß § 45 SGB X vor. Die Fristen des § 45 Abs. 3 und 4 SGB X seien eingehalten. Die Klägerin sei gemäß § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die im Zeitraum vom 02.03.2001 bis 31.12.2004 überzahlte Alhi in Höhe von 34.928,76 EUR zu erstatten. Die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge richte sich nach § 335 Abs. 1 S. 1 SGB III und sei ebenfalls rechtmäßig. Durch die Streichung des Wortes "Arbeitslosenhilfe" sei die Rechtsgrundlage für den Ersatz gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht weggefallen.

Gegen das dem vormaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17.05.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.06.2010 Berufung eingelegt. Sie hatte zur Begründung ergänzend ausgeführt, das SG verkenne angesichts der vorliegenden Sachlage, dass die formalen Anforderungen an ein verdecktes Treuhandverhältnis nicht überspannt werden dürften. Aus der Formulierung ihres Ehemanns im Strafverfahren "ich baute Häuser für meine Kinder" lasse sich allenfalls der Schluss ziehen, dass die Beiträge wirtschaftlich betrachtet nicht ausschließlich dem Vater bzw. ihr zustehen sollten, sondern der Familie insgesamt, jedoch nicht, dass ihr Ehemann das Geld als seines betrachtet und nach seinem eigenem Gutdünken verwaltet habe. Die Aussagen der vernommenen Zeugin sei im Urteil verkürzt dargestellt. Den Angaben der vernommenen Zeugin ließe sich nicht entnehmen, dass kein verdecktes Treuhandverhältnis bestanden habe. Die Handhabung in ihrer Familie mag nicht den formalen Anforderungen an zu erwartende schuldrechtliche Vereinbarungen genügt haben. Tatsache sei jedoch gewesen, dass die Gehälter eben gerade nicht ausschließlich dem Familienvater zugestanden hätten. Auch das SG sei davon ausgegangen, dass das Geld zur finanziellen Absicherung der gesamten Familie angelegt gewesen sei, mithin nicht ausschließlich ihr bzw. ihrem Ehemann zugestanden habe. Ihr Ehemann habe selbst zu Protokoll erklärt, dass er nur die Verwaltung des Geldes übernommen habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2010 sowie den Bescheid vom 17. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. September 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel, ob überhaupt ein verdecktes Treuhandverhältnis im Sinne einer Schuldverpflichtung unter nahen Angehörigen begründet worden sei. Jedenfalls sei ein solches Treuhandverhältnis bei der Bedürftigkeitsprüfung unbeachtlich. Unter nahen Angehörigen gelte der Grundsatz, dass der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten müsse. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Im Übrigen widerspräche es auch der bei einem Treuhandvertrag bestehenden Treuhandbindung, das Vermögen des Treugebers mit dem eigenen Vermögen zu vermengen.

Die Beteiligten sind mit richterlichem Hinweisschreiben vom 10.08.2010 darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann und haben Gelegenheit erhalten, sich zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis 20.09.2010 zu äußern.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Der Senat kann über die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind auf diese beabsichtigte Vorgehensweise hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten.

Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten 17.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften in der für die einzelnen Bewilligungsabschnitte jeweils geltenden Fassung vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Das SG hat weiter ausführlich und zutreffend begründet, dass die Bewilligung von Alhi im gesamten Zeitraum vom 02.03.2001 bis 31.12.2004 von Anfang an rechtswidrig gewesen ist, da die Klägerin wegen des bei der TC von ihrem Ehemann angelegten Vermögens jedenfalls bis 14.08.2003 nicht bedürftig war, dass ein verdecktes Treuhandverhältnis nicht angenommen werden kann und dass ab 15.08.2003 ein Anspruch auf Alhi bereits am fehlenden Vorbezug von Arbeitslosengeld scheitert, dass sich die Klägerin auf Vertrauensschutz nicht berufen kann, dass die Fristen des § 45 Abs. 3 und 4 SGB X eingehalten sind und das die Streichung des Wortes "Arbeitslosenhilfe" in § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der Fassung vom 24.12.2003) die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht entfallen lässt. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils voll zu eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Die streitgegenständliche Bescheid ist nicht formell rechtswidrig. Die Klägerin ist vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.07.2006 von der Beklagten mit Schreiben vom 10.11.2005 ordnungsgemäß angehört worden.

Neue tatsächliche Gesichtspunkte, die eine vom SG abweichende Beurteilung rechtfertigen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht vorgetragen/belegt.

Die vom SG angenommenen Vermögenswerte auf dem Konto ihres Ehemanns bei der TC für die Zeit der Alhi-Bewilligung ab 02.03.2001 in Höhe von 89.598,84 DM, ab 02.03.2002 in Höhe von 63.235,72 EUR sowie ab 02.03.2003 in Höhe von (mindestens) 49.795,72 EUR sind nach dem von der Klägerin an die Beklagte vorgelegten Kontoauszug der TC zutreffend. Hiergegen hat sich die Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht gewandt.

Die Klägerin kann sich unabhängig von den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil selbst dann nicht mit Erfolg auf ein verdecktes Treuhandverhältnis berufen, wenn auf das Konto des Ehemannes der Klägerin bei der TC ihm überlassenes Geld seiner Kinder eingezahlt worden wäre. Nach der Rechtsprechung des Senats wäre ein dadurch begründetes verdecktes Treuhandverhältnis bei der vorzunehmenden Bedürftigkeitsprüfung unbeachtlich. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 - SozR 4-4220 § 6 Nr. 4; vgl. auch die Parallelentscheidung B 11a AL 49/05 R, veröffentlicht in Juris), der der Senat folgt (Urteile vom 26.10.2007 - L 8 AL 666/05- und 16.04.2010 - L 8 AL 789/09 -), muss sich die Klägerin zwar am "Rechtsschein der Kontoinhaberschaft" nicht festhalten lassen, wie auch das SG ausgeführt hat. Allerdings ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein. Bei der Prüfung von Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen, wie dies beim Ehemann der Klägerin und ihren Kindern zutrifft, gilt der Grundsatz, dass ein Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten einem Fremdvergleich standhalten, also dem zwischen fremden Dritten Üblichen, entsprechen muss. Diese Grundsätze sind auch auf die Frage, ob ein verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung des Anspruchs auf Alhi Berücksichtigung finden muss, zu übertragen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.12.2007 - L 13 AL 2389/05 - unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2007 - 12 S 2539/06 - zum Recht der Ausbildungsförderung, veröffentlicht in juris) und führen im Fall der Klägerin dazu, dass das Guthaben ihres Ehemannes auf dem Konto der TC ihre Bedürftigkeit ausschließend zu berücksichtigen ist. Denn die von der Klägerin geltend gemachte - treuhänderische - Überlassung der Gelder der Kinder würde nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin sowie der von der Zeugin Ö-Y bei ihrer Vernehmung vor dem SG gemachten Angaben nicht dem entsprechen, was unter fremden Dritten üblich ist. Dies zeigt sich bereits daran, dass keine (schriftlichen) Vereinbarungen getroffen wurden. Auch Unterlagen zur Höhe und zum Zeitpunkt von Einzahlungen und Rückzahlungen sind nicht gefertigt worden. Eine Vereinbarung zu den Modalitäten, z.B. zur Frage, wem Zinserträge zufließen sollen, ist nicht vorhanden. Der Ehemann der Klägerin musste keine Rechenschaft hinsichtlich des Kontos abgeben. Dem Ehemann der Klägerin war die Entscheidungsbefugnis vorbehalten, ob er Geld an seine Kinder ausbezahlt, wobei er nach eigenem Gutdünken Vermögen an die Familienmitglieder verteilt hat. Diese Handhabung widerspricht nicht nur dem, was unter Dritten üblich ist, sondern lässt sich auch nicht mit einem Treuhandverhältnis in Einklang bringen.

Den Überzahlungsbetrag von Alhi hat die Beklagte korrekt in Höhe von 34.928,76 EUR errechnet. Hiergegen hat die Klägerin im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.

Die Klägerin ist auch zur Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verpflichtet. Rechtsgrundlage für die Erstattungspflicht hinsichtlich der von der Beklagten entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist vorliegend § 335 Absatz 1 Satz 1, Absatz 5 SGB III in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung. Danach hat der Bezieher von Arbeitslosengeld (Alg) oder Unterhaltsgeld (Uhg) die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) für ihn gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Entsprechendes gilt für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 5 SGB III). Der Wortlaut des § 335 Absatz 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III n.F. sieht zwar einen Ersatzanspruch bei rückwirkender Aufhebung der Leistungsbewilligung und Rückforderung der Leistung nur vor, wenn von der BA für einen Bezieher von Alg oder Uhg Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt wurden. Nicht mehr vom Wortlaut erfasst ist hingegen die vorliegende Fallgestaltung, dass für einen Bezieher von Alhi Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt worden sind. Da der mögliche Wortsinn die Grenze der Auslegung darstellt, ist nach der vollständigen Streichung des Begriffs der Alhi aus dem Gesetzeswortlaut keine Auslegung der Norm dahin möglich, die diese Leistungsart weiterhin - wie bisher - mit einbezieht. Das bei der Neufassung des § 335 Absatz 1 Satz 1 SGB III gestrichene Wort "Arbeitslosenhilfe" kann daher nicht in die Vorschrift "hineingelesen" werden. Wörtlich genommen sind allerdings die unrechtmäßigen Bezieher des Alg und Uhg im Vergleich zu den unrechtmäßigen Beziehern der Alhi ohne erkennbaren Grund schlechter gestellt. Denn allen Fallgestaltungen ist gleichermaßen gemeinsam, dass der Leistungsempfänger pflichtwidrig gehandelt hat. Im vorliegenden Fall ist deshalb die Übernahme ausdrücklich geregelter Rechtsfolgen auf andere nicht geregelte Fallgestaltungen, wenn nicht im Wege der Auslegung, so doch im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung geboten. Die Gerichte sind zur Ausfüllung von Regelungslücken u.a. bei Schweigen des Gesetzes aufgrund eines Versehens oder Übersehens eines Tatbestandes berufen. Die ab dem 1. Januar 2005 geltende Fassung des § 335 Absatz 1 Satz 1 SGB III ist lückenhaft. Vor allem die Auswertung der Gesetzesmaterialien zur Entstehung des § 335 SGB III ergibt keinen Anhaltspunkt, dass eine unterschiedliche Behandlung der (unrechtmäßigen) Bezieher von Alg und Uhg einerseits und Alhi andererseits für die Zeit ab 1. Januar 2005 gewollt war. Der Kreis der Ersatzpflichtigen ist daher im Wege der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung auf den Kreis der unrechtmäßigen Alhi-Bezieher zu erweitern. Insbesondere ist die für Uhg-Leistungsempfänger geltende Regelung des § 335 Absatz 1 Satz 1 SGB III auf Alhi-Bezieher zu erstrecken. Dieser Lückenschließung stehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 07.10.2009 - B 11 AL 31/08 R -, veröffentlicht in juris, dem sich der Senat - in Abweichung seiner früheren Rechtsprechung - angeschlossen, vgl. Urteil vom 16.04.2010 - L 8 AL 789/09 - ). Die Klägerin ist daher auch verpflichtet, gezahlte Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 5055,17 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 593,81 EUR, die die Beklagte rechnerisch zutreffend ermittelt hat, zu erstatten. Gegen die Höhe der zu erstattenden Sozialversicherungsbeiträge hat die Klägerin im Übrigen keine Einwendungen erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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