Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 559/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Parallelverfahren zu SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 – S 12 KA 555/09 -.
1. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/06 bis II/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 wird insoweit aufgehoben, als ein den Betrag von 5.570,57 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Klägerin und Beklagte haben jeweils 1/2 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat 1/2 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung einer angestellten Ärztin im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von 35.995,40 EUR netto für die acht Quartale III/05 bis II/07 (1. und 2. Leistungsjahr).
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Frau Dr. med. AA ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin und Herr Dr. med. AB als Facharzt für innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Frau Dr. med. AA nimmt an der hausärztlichen, Herr Dr. med. AB an der fachärztlichen Versorgung teil. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 21.06.2005 wurde der Klägerin die Beschäftigung der Frau Dr. med. AC, Fachärztin für innere Medizin, als halbtags angestellte Ärztin hausärztlich - gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis auf der Grundlage des Fachgruppendurchschnitts in den vier vorausgegangenen Quartalen (III/03 bis II/04) für die Klägerin wie folgt festgelegt.
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 937.084,0
II 988.388,5
III 908.380,8
IV 1.090.494,1
Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
Das Job-Sharing-Verhältnis bestand bis zum 16.07.2008.
Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Gemeinschaftspraxis in den streitbefangenen Quartalen wie folgt fest:
III/05 IV/05 I/06 II/06
Honorarbescheid vom 12.08.2006 06.08.2007 20.01.2007 05.02.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 74.734,69 83.342,28 83.900,20 84.642,47
Bruttohonorar PK + EK in EUR 74.545,12 85.186,74 84.710,77 85.769,21
Fallzahl PK + EK 1.561 1.651 1.634 1.596
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 112.930,38 126.248,46 134.672,63 128.902,99
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 112.930,38 126.248,46 134.672,63 128.902,99
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 1.509 1.619 1.543 1.527
Aktuelle Fallzahl 1.558 1.648 1.632 1.591
Quote in % - - - -
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.570.619,8 1.616.671,6 1.627.735,2 1.596.533,0
Überschreitung in Punkten 0,0 5.429,4 160.146,8 104.064,0
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR - - - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - - - -
III/06 IV/06 I/07 II/07
Honorarbescheid vom 17.03.2007 18.04.2007 08.03.2008 17.10.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 74.673,29 82.677,54 81.971,13 78.931,31
Bruttohonorar PK + EK in EUR 75.370,65 83.878,64 82.748,93 79.290,40
Fallzahl PK + EK 1.510 1.514 1.581 1.528
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 111.579,11 126.108,66 134.374,69 125.997,22
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 111.579,11 126.108,66 134.374,69 125.997,22
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 1.592 1.683 1.666
Aktuelle Fallzahl 1.510 1.511 1.578
Quote in % - - -
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.504.900,0 1.503.265,5 1.566.588,8 1.490.388,3
Überschreitung in Punkten 0,0 139.226,0 228.815,2 1.675.905,0
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Korrekturbetrag je Fall in EUR - 0,6900 - -
Korrekturbetrag gesamt in EUR - 1.044,67 - -
Mit Bescheid vom 04.07.2008 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale III/05 bis II/06 – 1. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 12.156,16 EUR zurück. Die Prüfung des 1. Leistungsjahrs habe ergeben, dass die Klägerin nach entsprechender Saldierung und unter Berücksichtigung des Punktwertes sowie unter Beachtung der sog. Nettohonorarentwicklung 12.527,86 EUR Brutto zuviel an Leistungsbedarf zur Abrechnung gebracht habe. Zu berücksichtigen seien anteilige Verwaltungskosten in Höhe von 371,70 EUR.
Mit einem weiteren Bescheid vom 04.07.2008 setzte die Beklagte eine Rückforderung für das 2. Leistungsjahr – Quartale III/06 bis II/07 in Höhe von 23.839,24 EUR (24.568,17 EUR abzgl. 728,93 EUR anteilige Verwaltungskosten) fest.
Gegen alle beiden Bescheide legte die Klägerin am 14.07.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs führte sie aus, Frau Dr. AC sei vom 23.05. bis 19.08.2006 im Mutterschutz und anschließend bis 30.04.2007 in Elternzeit gewesen. Aus diesem Grund sei eine Weiterbildungsassistentin, Frau Dr. med. AD, vom 01.04. bis 31.12.2006 beschäftigt worden. Sie habe sich mit der Punktzahlobergrenze unter Zugrundelegung der Punktebewertung nach dem EBM 1996 einverstanden erklärt. Der EBM 2005 habe zu einer durchschnittlichen Punktzahlvermehrung allein in der Fachgruppe Allgemeinmedizin um etwa 5 % geführt, der EBM 2008 um ca. 19 %. Die Punktzahlgrenze müsse dem prozentualen Anstieg durch die Gebührenordnungsänderungen angepasst werden. Es handele sich um eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis. Technische Leistungen seien zum Teil weitaus höher bewertet worden. Die Echokardiographie sei nach dem EBM 1996 mit 600 Punkten, dem EBM 2005 mit 730 Punkte und mit dem EBM 2008 mit 760 Punkten bewertet worden. Die Gastroskopie sei von 1.400 Punkten auf 2.315 bzw. 2.360 Punkte gestiegen. Ähnliche Punktzahlsteigerungen seien auch bei Doppleruntersuchungen der hirnversorgenden Gefäße sowie der peripheren Gefäße festgesetzt worden. Herr Dr. AB habe sich im Hinblick auf die Duplexsonographie weitergebildet, es seien weitere Leistungspositionen hinzugekommen. Bei identischer Untersuchungszahl im Vergleich zum Ausgangsjahr ergebe sich eine Steigerung des Punktzahlvolumens von ca. 450.000 Punkten, wobei dies ausschl. auf eine EBM-bedingte Punktzahlerhöhung bzw. auf die Weiterbildung des Herrn Dr. AB zurückzuführen sei. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb im zweiten Leistungsjahr ein Vergleich der Nettoeinkommen nicht erfolgt sei. Die auf Bruttobasis erfolgte Rückforderung bedeute eine Mehranforderung von 12.000,00 EUR für das zweite Leistungsjahr im Vergleich zum ersten Leistungsjahr, obwohl das überschrittene Punktzahlvolumen im zweiten Leistungsjahr sogar um ca. 2.000 Punkte niedriger liege als im ersten Leistungsjahr. Es habe kein Frühwarnsystem gegeben, die Beklagte habe ihre Informationspflicht grob vernachlässigt. Es würden jetzt Nachforderungen für Leistungen erfolgen, die vor drei Jahren erbracht und vergütet worden seien. Eine sinnvolle betriebswirtschaftliche Praxisführung sei nicht mehr gewährleistet.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Zulassungsausschuss habe mit seinem Beschluss vom 21.06.2005 das Punktzahlvolumen festgelegt. Dies sei von der Klägerin vor Erlass des Beschlusses schriftlich anerkannt worden. Der Beschluss sei inzwischen bestandskräftig geworden. Nr. 3.3 der Angestellten-Ärzte-Richtlinie sehe auf Antrag eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina bei Änderungen des EBM oder vertraglichen Vereinbarungen vor. Zuständig hierfür sei allein der Zulassungsausschuss. Im Übrigen folgten die Gesamtpunktzahlvolumina des Praxisumfangs der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor) ab dem zweiten Leistungsjahr. Für das erste Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005 habe der Vorstand der KV Hessen zugunsten der Ärzte beschlossen, dass ein Nettohonorarvergleich durchgeführt werde. Dieser stelle sicher, dass die Honorarrückforderung nur insoweit realisiert werde, als die Höhe des Nettohonorars des entsprechenden Basisquartals (II/04 bis I/05) nicht unterschritten werde. Somit werde die Job-Sharing-Praxis nur maximal bis zum Nettohonorar des Ausgangsquartals begrenzt. Aufgrund des Nettohonorarvergleichs habe sich der Rückforderungsbetrag von 31.569,73 EUR auf 12.527,86 EUR reduziert. Auf eine mögliche Leistungsausweitung aufgrund der Fortbildung hätte bereits im Antragsverfahren im Jahr 2005 hingewiesen werden können. Die Abrechnung neuer Leistungen stelle aber gerade eine Leistungsausweitung dar, welche der Zielsetzung der Angestellten-Ärzte-Richtlinien, jede Form von Leistungsausweitung zu unterbinden, entgegen laufe. Es stehe nicht in ihrem Ermessen, ob die durch den Zulassungsausschuss festgelegten Grenzen tatsächlich berücksichtigt würden. Soweit die Klägerin ausführe, dass die Rückforderung aufgrund der Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens ihrerseits ausgeschlossen sei, könne dies zu keiner anderen Beurteilung führen. Auch für Zeiten des Mutterschutzes oder der Elternzeit der Job-Sharing-Assistenten gelte die vom Zulassungsausschuss festgelegte Leistungsbeschränkung.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.08.2009 die Klage erhoben. Sie trägt vor, als Basis für die Punktzahlvolumenbegrenzung seien die Ausgangsquartale III/03 bis II/04 herangezogen worden. Hierbei sei das komplette Leistungsvolumen der Gemeinschaftspraxis der Klägerin entsprechend des EHV-Anteils von Frau Dr. AA in Höhe von 50 % als Basis für die Festlegung der Obergrenze herangezogen worden. Eine Aufteilung entsprechend der tatsächlich abgerechneten Leistungen aufgrund der Tätigkeit als Allgemeinmedizinerin sei nicht vorgenommen worden. Insofern könne nicht davon ausgegangen werden, dass der für die Leistungsbeschränkung herangezogene Punktwertanteil tatsächlich dem Leistungsgeschehen der Klägerin entspreche. Bereits insofern sei von einem rechtswidrigen Bescheid auszugehen. Sowohl die Festlegung der Gesamtpunktzahlvolumina der Basisquartale als auch die Beschränkung für das erste Leistungsjahr seien anhand einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keiner Weise nachvollziehbar sei. Die Punktzahlvolumengrenze sei in etwa doppelt so hoch angegeben worden aufgrund des Umrechnungsfaktors als tatsächlich Leistungen erbracht und abgerechnet worden seien. Sie habe deshalb darauf vertrauen können, dass das Punktzahlvolumen der einzelnen Quartale ca. doppelt so hoch sei, als tatsächlich in dem Honorarbescheiden dargestellt, da zum tatsächlich abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumen keinerlei Hinweise erfolgt seien. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Punktzahlanstieg auf der Umstellung vom EBM 1996 auf den EBM 2005 beruhe. Die Berechnung für Frau Dr. AA beruhe auf der EHV-Quote von 50 %. Damit sei das gesamte Abrechnungsvolumen der Gemeinschaftspraxis für die Leistungsbeschränkung herangezogen worden. Dies sei rechtswidrig. Die EHV-Aufteilung von 50 % sei ausschließlich aus internen privaten Gründen der Eheleute vereinbart worden. Ein Zusammenhang mit der Punktzahlobergrenze sei nicht gesehen worden. Der hohe prozentuale Anteil der Frau Dr. AA sei bereits in den Basisquartalen vorhanden gewesen. Die Zahl der hausärztlichen Patienten habe regelmäßig bei 85 % bis 90 % gelegen. Es müsse jedenfalls auch die Punktzahlenobergrenze auf dieser Grundlage berechnet werden. Es fehle an der Transcodierung des EBM 1996 zum EBM 2005. Sie sei auch weiterhin der Auffassung, dass Zeiten des Mutterschutzes bzw. der Elternteilzeit berücksichtigt werden müssten und dass es an einer Frühinformation gefehlt habe. Sie habe die Punktzahlobergrenze unterzeichnet. Ihr sei aber nicht dargelegt worden, wie sich das Gesamtpunktzahlvolumen errechnet habe, noch dass Basis für die Berechnung nicht das tatsächliche Leistungsverhalten, sondern ausschließlich die Aufteilung nach der EHV-Quote gewesen sei. Es sei auch immer wieder eine Anpassung der Punktzahlvolumina aufgrund der Änderung der Gebührenordnung in Aussicht gestellt worden, weshalb sie keine Veranlassung gesehen habe, einen Antrag auf Neufestsetzung zu stellen. Nahezu alle Job-Sharing-Praxen im Bereich der Beklagten unterlägen aufgrund der EBM-Änderungen einer Rückforderung. Dies beruhe auf der fehlenden Transcodierung. Der Beschluss des Zulassungsausschusses sei zwar bestandskräftig, könne rückwirkend aber aufgehoben werden.
Die Klägerin beantragt,
die beiden Rückforderungsbescheide Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/05 bis II/06 (1. Leistungsjahr) und III/06 bis II/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist weiterhin auf die Bindung an den bestandskräftigen Beschluss des Zulassungsausschusses. Alle Honoraransprüche seien Bestandteil der vom Zulassungsausschuss festgelegten Leistungsobergrenze. Die Klägerin hätte ggf. Widerspruch gegen die Festsetzung des Zulassungsausschusses einlegen müssen. Bei der ungesetzten EHV-Aufteilung handele es sich im Übrigen um eine von der Klägerin so gemeldete prozentuale Gewichtung. Diesbezügliche Einwände seien auch vor dem Zulassungsausschuss zu erheben. Die 50 %-Quote stehe auch auf dem Berechnungsbogen, mit dem sich die Klägerin ausdrücklich einverstanden erklärt habe. Ferner hätte ein Antrag auf Änderung bei dem Zulassungsausschuss gestellt werden können. Da die Job-Sharing-Anstellung gem. des Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.08.2008 erst zum 16.07.2008 beendet worden sei, sei auch dieses Datum für die Rückforderung maßgeblich. Nach den ihr vorliegenden Notizen sei von Frau Dr. AA in telefonischer Rücksprache am 21.03.2005 eine EHV-Aufteilung von 50 % gewünscht worden. Dies sei zugunsten der Klägerin erfolgt. Eine Überprüfung des tatsächlichen prozentualen Anteils in der Leistungserbringung bei der Klägerin für die Quartale III/05 bis II/07 habe ergeben, dass Frau Dr. AA stets 85,7 % bis 89,17 % an Punktzahlvolumen entsprechend der vorliegenden Leistungskennzeichnung erbracht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/06 bis II/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 5.570,57 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde. Insoweit war der Bescheid aufzuheben und der Klage stattzugeben. Im Übrigen war der Bescheid aber nicht zu beanstanden. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/05 bis II/06 (1. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.
Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/06 bis II/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 5.570,57 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.
Die Beklagte hat aber für das hier streitbefangene 2. Leistungsjahr ein zu hohes Punktzahlvolumen abgesetzt. Die Rückforderung greift unter Berücksichtigung des Anpassungsfaktors in das vom Zulassungsausschuss genehmigte Leistungsvolumen hinein. Insofern hat die Beklagte den sog. Anpassungsfaktor fehlerhaft berechnet.
Nach den hier noch bis zum Quartal I/07 maßgeblichen Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis ("Angestellte-Ärzte-Richtlinien") in der Fassung vom 1. Oktober 1997 (BAnz. Nr. 9, S. 372 vom 15. Januar 1998), zuletzt geändert am 22. Oktober 2001, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 20 vom 30. Januar 2002, in Kraft getreten am 31. Januar 2002 (im Folgenden: AÄRL), die ab 01. April 2007 in der Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 18. Februar 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010, S. 1641, in Kraft getreten am 8. Mai 2010, in den hier maßgeblichen Bestimmungen unverändert) (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä), aufgegangen ist, die regelungstechnisch in § 23k Abs. 1 Satz 2 für die Berechnung des abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumens auf die Regelungen nach den §§ 23c bis 23f verweist, die entsprechend mit der Maßgabe gelten, dass der Umfang der Leistungsbeschränkung unabhängig vom Beschäftigungsumfang des (der) angestellten Arztes (Ärzte) zu bestimmen ist, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä).
Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä).
Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach Nr. 3.1 Satz 6 AÄRL 23c Satz 6 BedarfsplRL-Ä bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä).
Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Die Berechnung des Anpassungsfaktors setzt aber voraus, dass das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis und der quartalsbezogene Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe jedenfalls dann gleichen Zeiträumen entnommen werden müssen, wenn wesentliche Umstrukturierungen im EBM vorgenommen werden. Fehlt es an solchen Veränderungen, so trägt einem allgemeinen Wachstum im Regelfall der Zuschlag von 3 % Rechnung. Die Einführung des EBM 2005 ab dem Quartal II/05 hat aber zu erheblichen Änderungen geführt, die alle Mitglieder einer Fachgruppe und alle Fachgruppen betreffen. Von daher kann die Klägerin nicht auf die Ausnahmeregelung nach Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä verwiesen werden. Die Beklagte hat den Anpassungsfaktor aufgrund der quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumina der Praxis für die Quartale I bis IV/04 einerseits und der quartalsbezogenen Punktzahlvolumendurchschnitte der Fachgruppe für die Quartale III/05 bis II/06, dem 1. Leistungsjahr, berechnet. Die Einführung des EBM 2005 hat aber zu erheblichen strukturellen Änderungen durch die vermehrte Einführung von Komplexleistungen und auch Höherbewertung von Leistungen geführt. Deutlich wird dies an der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts für die Fachgruppe der Klägerin. Nach den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.07.2010 übersandten, quartalsbezogenen "Durchschnittspunktzahlen Fachgruppe" für die Fachgruppe Allgemeinmedizin stieg das durchschnittliche Gesamtpunktzahlvolumen von 4.098.428,9 Punkten im Zeitraum III/03 bis II/04 auf 4.684.432,0 Punkte im Zeitraum III/05 bis II/06 und damit um 14,3 %. Der Anpassungsfaktor der Klägerin wird aber nach der Berechnungsweise der Beklagten auf der Grundlage der Abrechnungswerte der Praxis ohne das EBM-bedingte Wachstum und der EBM-bedingten höheren Durchschnittswerte der Fachgruppe berechnet. Von daher ergibt sich zwangsläufig ein zu geringer Anpassungsfaktor, der nicht die tatsächliche Relation zwischen Abrechnungsvolumen der Praxis zum Fachgruppendurchschnitt widerspiegelt. Ohne Ausweitung der Leistungen kommt es demzufolge zu einer Überschreitung des Punktezahlvolumens, das zugleich Anknüpfungspunkt für die Berechnung einer Leistungsüberschreitung ist. Der Anpassungsfaktor soll aber gerade solche EBM-bedingten, von der Leistungserbringung der Job-Sharing-Praxis unabhängigen Punktezahlausweitungen ermöglichen und – ungerechtfertigte – Kürzungen verhindern. Aufgrund der ungleichzeitigen Berechnung des Anpassungsfaktors kommt es aber zu einer Fehlberechnung. Dieser strukturelle Fehler setzt sich zudem in allen folgenden Leistungsjahren fort. Dies führt aber zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Job-Sharing-Praxis der Klägerin mit den Job-Sharing-Praxen, deren Anpassungsfaktor vor dem Quartal II/05 berechnet wird oder deren Aufsatzquartale nach dem Quartal I/05 liegen. Von daher ist Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Berechnung des Anpassungsfaktors auf der Grundlage identischer Aufsatzquartale, hier der Quartale I bis IV/04 vorzunehmen ist, also das vom Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsvolumen in Verhältnis zu setzen ist mit der Durchschnittspunktzahl der Fachgruppe, ebenfalls in den genannten Aufsatzquartalen.
Die Beklagte hat zwar grundsätzlich diese Problematik zu einem Teil erkannt, indem sie für das 1. Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005 den auf einem Vorstandsbeschluss beruhenden sog. Nettohonorarvergleich durchführt, dessen Rechtsgrundlage die Beklagte nicht angegeben hat und der insoweit fehlerhaft am Honorar selbst ansetzt, als nach den Vorgaben der Richtlinien ein Leistungsvolumen, nicht aber unmittelbar ein von weiteren Faktoren abhängiges Honorarvolumen garantiert werden soll. Dieser gilt jedoch nur für das erste Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005. Im Übrigen ist sie der Auffassung, die EBM-bedingten Steigerungen des Punktzahlniveaus würden für die Folgezeit über den Fachgruppenanpassungsfaktor aufgefangen werden. Die Beklagte ist auch nach Hinweis auf die strukturellen Mängel des Anpassungsfaktors und ihres – insofern inkonsequenten – Vorgehens bei ihrer Auffassung geblieben, ohne für ihre Auffassung eine nachvollziehbare Begründung abzugeben.
Auf Aufforderung des Gerichts hat die Beklagte auf der vom Gericht aufgezeigten Grundlage den Anpassungsfaktor neu errechnet und für das strittige Leistungsjahr eine Vergleichsberechnung im Hinblick auf die dann entstehende Honorarrückforderung vorgelegt. Die Berechnung ergab für die Jahresquartale I bis IV die Anpassungsfaktoren 0,913000050 (zuvor 0,777284941), 0,997718465 (zuvor 0,856113278), 0,896714013 (zuvor 0,804434471) und 1,021545691 (zuvor 0,913258250), die durchweg über den ursprünglich von der Beklagten berechneten Anpassungsfaktoren lagen, und im Ergebnis für das strittige 2. Leistungsjahr eine Überschreitung von 5.570,57 EUR. Hieraus folgte die tenorierte Stattgabe der Klage bzgl. des 2. Leistungsjahrs.
Die Klage war aber im Übrigen abzuweisen.
Insbesondere war der Leistungsbescheid für das 1. Leistungsjahr auch nicht teilweise aufzuheben. Den rechnerischen Kürzungsbetrag in Höhe von 31.569,73 EUR hat die Beklagte bereits selbst unter Anwendung der von ihr entwickelten sog. Nettohonorarentwicklung auf 12.527,86 EUR brutto reduziert. Der Sache nach erkennt die Beklagte hier die unzulässigen Verzerrungen aufgrund unterschiedlicher EBM-Systeme. Es kann hier letztlich dahinstehen, ob für das erste Leistungsjahr, das ebf. von den Veränderungen des EBM betroffen wird, unter verfassungskonformer Anwendung der BedarfsplRL-Ä gleichfalls eine Anpassung anhand des Anpassungsfaktors vorzunehmen ist, um eine Transcodierung der Werte der Aufsatzquartale unter die Geltung des EBM 2005 zu erreichen, denn hierdurch würde sich mit 14.511,78 EUR brutto ein höherer Berichtigungsbetrag ergeben. Dieser Berichtigungsbetrag ergibt sich nach den Berechnungen der Kammer aufgrund der Angaben im Berichtigungsbescheid und der Angaben zum durchschnittlichen Punktzahlvolumen der Fachärzte für Allgemeinmedizin und des von der Beklagten neu errechneten Anpassungsfaktors. Unter Vernachlässigung der beiden letzten Stellen hinter dem Komma bei Verwendung des Anpassungsfaktors und unter Berücksichtigung des im Klageverfahrens für das Quartal III/05 berichtigten Punktwerts (von 33,81 % auf 33,64 %) ergeben sich nach Berechnung der Kammer folgende Werte:
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen (Ausgangsjahr) Fachgruppe aktuell Anpassungsfaktor quartalsbezogenes Punktzahlvolumen der Praxis neu
I (I/06) 1.305.444,8 1.206.638,9 0,913000050 1.101.652,1
II (II/06) 1.247.809,2 1.154.506,7 0,997718465 1.151.872,5
III (III/05) 1.096.817,2 1.129.216,6 0,896714013 1.012.584,3
IV (IV/05) 1.225.349,3 1.194.069,8 1,021545691 1.219.796,7
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen (Ausgangsjahr) quartalsbezogenes Punktzahlvolumen der Praxis neu Über-/Unterschreitungsbetrag x rechn. PW des Quartals Über-/Unterschreitungsbetrag in EUR
I (I/06) 1.305.444,8 1.101.652,1 - 203.792,7 32,02% - 6.525,44
II (II/06) 1.247.809,2 1.151.872,5 - 95.936,7 33,88 % - 3.242,66
III (III/05) 1.096.817,2 1.012.584,3 - 84.232,9 33,64 % - 2.833,59
IV (IV/05) 1.225.349,3 1.219.796,7 - 5.552,6 34,40 % - 1.910,09 Gesamt - 14.511,78
Soweit die Klägerin rügt, sowohl die Festlegung der Gesamtpunktzahlvolumina der Basisquartale als auch die Beschränkung des zweiten Leistungsjahres seien anhand einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keiner Weise nachvollziehbar sei, vermochte dem die Kammer nicht zu folgen. Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä und Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä geben an, wie die Leistungsbeschränkung berechnet wird. Im Übrigen ist die Festsetzung mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 21.06.2005, der bestandskräftig geworden ist, für alle Beteiligten und das Gericht bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 12.12.2007 – L 4 KA 62/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B – BeckRS).
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf die Job-Sharing-Partnerin Dr. med. AA 50 % des Leistungsumfangs entfallen.
Nach Nr. 23d Satz 3 BedarfsplRL-Ä hat die Leistungsbeschränkung arztbezogen bei Festsetzung der Obergrenze zu erfolgen. Nr. 23d Satz 3 BedarfsplRL-Ä bestimmt, dass der Zulassungsausschuss, wenn der Antragsteller in eine bereits bestehende Gemeinschaftspraxis aufgenommen werden soll, die Berechnungen nach Nr. 23c entsprechend der Zahl der bereits tätigen Vertragsärzte in der Gemeinschaftspraxis zu mindern ist; handelt es sich um eine fachverschiedene Gemeinschaftspraxis, so ist für die Leistungsbeschränkung Bezugsgröße das Leistungsvolumen des fachidentischen Vertragsarztes. Daraus folgt, dass die Berechnung des maßgeblichen aktuellen Punktzahlvolumens seitens der Beklagten in gleicher Weise zu erfolgen hat. Ansonsten wären Punktzahlobergrenze und aktuelles Punktzahlvolumen nicht vereinbar. § 23d Satz 3 BedarfsplRL-Ä geht insofern von einer gleichmäßigen Leistungserbringung in einer fachidentischen Gemeinschaftspraxis aus. Im Übrigen kann sich die Beklagte auch auf die sog. EHV-Quote stützen, die das tatsächliche Leistungsgeschehen widerspiegeln soll und von der Klägerin in der Vergangenheit nicht beanstandet wurde. Diese Vorgehensweise ist der Klägerin und ihren beiden Mitgliedern auch bekannt. Sie ist ihnen bereits im "Berechnungsbogen/Erklärung zum Job Sharing – gemäß § 101 Abs. 1 Sätze 4 und 5 SGB V" mitgeteilt worden, der von beiden Gesellschafter der Klägerin unterschrieben worden ist.
Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 der ab 01.07.2006 geltenden Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (GEHV), der im Wesentlichen inhaltsgleich in den GEHV i.d.F. v. 02.12.2000 und i.d.F. v. 26.06.2004 enthalten war, gilt: Rechnen mehrere Vertragsärzte im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis gegenüber der KV Hessen gemeinsam ab, so wird für jeden Vertragsarzt (dieser Gemeinschaftspraxis) ein getrenntes Konto geführt und das anerkannte Gesamthonorar der an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Vertragsärzte zu gleichen Teilen aufgeteilt. Weisen die an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Vertragsärzte nach oder stellt die KV Hessen bei einer Überprüfung von Amts wegen fest, dass diese Aufteilung von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht, so kann der Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle eine anderweitige Aufteilung beschließen. Damit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die EHV-Aufteilung das tatsächliche Leistungsgeschehen widerspiegelt.
Im Übrigen kommt es hierauf aber letztlich nicht an, da mit der bestandskräftigen Festsetzung durch den Zulassungsausschuss die Punktzahlenobergrenze und damit auch die anteilige Quote zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaftspraxis festgelegt ist. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss auf eine ggf. andere Aufteilung hinzuwirken oder ggf. nachträglich einen Änderungsantrag zu stellen.
Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung der Honoraranforderung. Die Beklagte hat dies im Einzelnen nochmals mit Schriftsatz vom 14.07.2010 dargelegt. Eine fehlerhafte Berechnung ist nicht zu erkennen.
Nicht zu beanstanden war ferner die Berechnung des praxisbezogenen Punktwerts, mit der die zunächst in Punkten festgestellte Leistungsüberschreitung in Euro-Beträge umgerechnet wurde. Die Beklagte hat dies im Einzelnen im Gerichtsverfahren dargelegt. Zutreffend hat die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert ermittelt. Das ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen der Klägerin vergütet wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mitverursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, aaO., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne handelt es sich auch nicht um eine fehlerhafte Abrechnung einzelner Leistungen und kann die Leistungsüberschreitung erst nachträglich festgestellt werden. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden.
Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Nach den genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Job-Sharing-Verhältnisses war der Klägerin das Bestehen einer Leistungsbegrenzung grundsätzlich bekannt und musste sie davon ausgehen, dass ihr eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihr die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, muss sie sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte sie die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Job-Sharing-Praxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Job-Sharing-Praxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Job-Sharing-Praxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und die Klägerin Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihr diese nicht bekannt waren. Im Übrigen nimmt die Beklagte aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom 28.04.2008 jedenfalls bis zur Bekanntgabe des Anpassungsfaktors keine Kürzungen unterhalb der ursprünglich festgesetzten Punktzahlobergrenze vor.
Die Beklagte hat allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a. ausführte:
"Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."
Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 09.09.2010 - S 12 KA 126/10 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 71, 72 u 73/10 – aufgrund dieser Schreiben Vertrauensschutz zugebilligt hat, hat sie wesentlich darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade trotz Ankündigung einer Überprüfung über Jahre hinweg untätig geblieben war. Im Fall der dortigen Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hat, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Damit habe die Beklagte auch für die Job-Sharing-Praxis einen Vertrauenstatbestand gesetzt, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres angekündigt habe. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben sei, habe sich das Vertrauen bilden können, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gelte insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten habe, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgt sei.
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Von daher war der Klägerin im Hinblick auf die genannten Schreiben, auf die sich die Klägerin im Übrigen auch nicht beruft, kein Vertrauensschutz zuzubilligen.
Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung erst im Rückforderungsbescheid nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Der Anpassungsfaktor dient, auch nicht in Zusammenhang mit der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenze, einer Steuerungsfunktion in dem Sinne, dass eine Job-Sharing-Praxis von einem vermehrten Leistungsgeschehen abgehalten werden soll. Diese Funktion kommt nur der Obergrenze selbst zu. Demgegenüber dient der Anpassungsfaktor, wie bereits ausgeführt, dem Schutz der Job-Sharing-Praxis, an allgemeinen Leistungsveränderungen innerhalb der Fachgruppe gleichberechtigt teilzunehmen. Von daher ist weder die grundsätzlich auch nur rückwirkend mögliche Mitteilung des Anpassungsfaktors zu beanstanden noch folgt aus der zunächst unterbliebenen Mitteilung die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids.
Nach allem war der Klage lediglich im tenorierten Umfang stattzugeben und war sie im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des Verfahrens waren nach den Teilen des Obsiegens und Unterliegens aufzuteilen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Klägerin und Beklagte haben jeweils 1/2 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat 1/2 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung einer angestellten Ärztin im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von 35.995,40 EUR netto für die acht Quartale III/05 bis II/07 (1. und 2. Leistungsjahr).
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Frau Dr. med. AA ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin und Herr Dr. med. AB als Facharzt für innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Frau Dr. med. AA nimmt an der hausärztlichen, Herr Dr. med. AB an der fachärztlichen Versorgung teil. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 21.06.2005 wurde der Klägerin die Beschäftigung der Frau Dr. med. AC, Fachärztin für innere Medizin, als halbtags angestellte Ärztin hausärztlich - gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis auf der Grundlage des Fachgruppendurchschnitts in den vier vorausgegangenen Quartalen (III/03 bis II/04) für die Klägerin wie folgt festgelegt.
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 937.084,0
II 988.388,5
III 908.380,8
IV 1.090.494,1
Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
Das Job-Sharing-Verhältnis bestand bis zum 16.07.2008.
Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Gemeinschaftspraxis in den streitbefangenen Quartalen wie folgt fest:
III/05 IV/05 I/06 II/06
Honorarbescheid vom 12.08.2006 06.08.2007 20.01.2007 05.02.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 74.734,69 83.342,28 83.900,20 84.642,47
Bruttohonorar PK + EK in EUR 74.545,12 85.186,74 84.710,77 85.769,21
Fallzahl PK + EK 1.561 1.651 1.634 1.596
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 112.930,38 126.248,46 134.672,63 128.902,99
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 112.930,38 126.248,46 134.672,63 128.902,99
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 1.509 1.619 1.543 1.527
Aktuelle Fallzahl 1.558 1.648 1.632 1.591
Quote in % - - - -
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.570.619,8 1.616.671,6 1.627.735,2 1.596.533,0
Überschreitung in Punkten 0,0 5.429,4 160.146,8 104.064,0
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR - - - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - - - -
III/06 IV/06 I/07 II/07
Honorarbescheid vom 17.03.2007 18.04.2007 08.03.2008 17.10.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 74.673,29 82.677,54 81.971,13 78.931,31
Bruttohonorar PK + EK in EUR 75.370,65 83.878,64 82.748,93 79.290,40
Fallzahl PK + EK 1.510 1.514 1.581 1.528
Angefordertes Honorar Basis EBM 2005 in EUR 111.579,11 126.108,66 134.374,69 125.997,22
Anerkannte Honorarforderung nach Anw. HVV in EUR 111.579,11 126.108,66 134.374,69 125.997,22
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV
Fallzahlgrenze 1.592 1.683 1.666
Aktuelle Fallzahl 1.510 1.511 1.578
Quote in % - - -
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.504.900,0 1.503.265,5 1.566.588,8 1.490.388,3
Überschreitung in Punkten 0,0 139.226,0 228.815,2 1.675.905,0
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Korrekturbetrag je Fall in EUR - 0,6900 - -
Korrekturbetrag gesamt in EUR - 1.044,67 - -
Mit Bescheid vom 04.07.2008 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die Quartale III/05 bis II/06 – 1. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 12.156,16 EUR zurück. Die Prüfung des 1. Leistungsjahrs habe ergeben, dass die Klägerin nach entsprechender Saldierung und unter Berücksichtigung des Punktwertes sowie unter Beachtung der sog. Nettohonorarentwicklung 12.527,86 EUR Brutto zuviel an Leistungsbedarf zur Abrechnung gebracht habe. Zu berücksichtigen seien anteilige Verwaltungskosten in Höhe von 371,70 EUR.
Mit einem weiteren Bescheid vom 04.07.2008 setzte die Beklagte eine Rückforderung für das 2. Leistungsjahr – Quartale III/06 bis II/07 in Höhe von 23.839,24 EUR (24.568,17 EUR abzgl. 728,93 EUR anteilige Verwaltungskosten) fest.
Gegen alle beiden Bescheide legte die Klägerin am 14.07.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs führte sie aus, Frau Dr. AC sei vom 23.05. bis 19.08.2006 im Mutterschutz und anschließend bis 30.04.2007 in Elternzeit gewesen. Aus diesem Grund sei eine Weiterbildungsassistentin, Frau Dr. med. AD, vom 01.04. bis 31.12.2006 beschäftigt worden. Sie habe sich mit der Punktzahlobergrenze unter Zugrundelegung der Punktebewertung nach dem EBM 1996 einverstanden erklärt. Der EBM 2005 habe zu einer durchschnittlichen Punktzahlvermehrung allein in der Fachgruppe Allgemeinmedizin um etwa 5 % geführt, der EBM 2008 um ca. 19 %. Die Punktzahlgrenze müsse dem prozentualen Anstieg durch die Gebührenordnungsänderungen angepasst werden. Es handele sich um eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis. Technische Leistungen seien zum Teil weitaus höher bewertet worden. Die Echokardiographie sei nach dem EBM 1996 mit 600 Punkten, dem EBM 2005 mit 730 Punkte und mit dem EBM 2008 mit 760 Punkten bewertet worden. Die Gastroskopie sei von 1.400 Punkten auf 2.315 bzw. 2.360 Punkte gestiegen. Ähnliche Punktzahlsteigerungen seien auch bei Doppleruntersuchungen der hirnversorgenden Gefäße sowie der peripheren Gefäße festgesetzt worden. Herr Dr. AB habe sich im Hinblick auf die Duplexsonographie weitergebildet, es seien weitere Leistungspositionen hinzugekommen. Bei identischer Untersuchungszahl im Vergleich zum Ausgangsjahr ergebe sich eine Steigerung des Punktzahlvolumens von ca. 450.000 Punkten, wobei dies ausschl. auf eine EBM-bedingte Punktzahlerhöhung bzw. auf die Weiterbildung des Herrn Dr. AB zurückzuführen sei. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb im zweiten Leistungsjahr ein Vergleich der Nettoeinkommen nicht erfolgt sei. Die auf Bruttobasis erfolgte Rückforderung bedeute eine Mehranforderung von 12.000,00 EUR für das zweite Leistungsjahr im Vergleich zum ersten Leistungsjahr, obwohl das überschrittene Punktzahlvolumen im zweiten Leistungsjahr sogar um ca. 2.000 Punkte niedriger liege als im ersten Leistungsjahr. Es habe kein Frühwarnsystem gegeben, die Beklagte habe ihre Informationspflicht grob vernachlässigt. Es würden jetzt Nachforderungen für Leistungen erfolgen, die vor drei Jahren erbracht und vergütet worden seien. Eine sinnvolle betriebswirtschaftliche Praxisführung sei nicht mehr gewährleistet.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Zulassungsausschuss habe mit seinem Beschluss vom 21.06.2005 das Punktzahlvolumen festgelegt. Dies sei von der Klägerin vor Erlass des Beschlusses schriftlich anerkannt worden. Der Beschluss sei inzwischen bestandskräftig geworden. Nr. 3.3 der Angestellten-Ärzte-Richtlinie sehe auf Antrag eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina bei Änderungen des EBM oder vertraglichen Vereinbarungen vor. Zuständig hierfür sei allein der Zulassungsausschuss. Im Übrigen folgten die Gesamtpunktzahlvolumina des Praxisumfangs der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor) ab dem zweiten Leistungsjahr. Für das erste Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005 habe der Vorstand der KV Hessen zugunsten der Ärzte beschlossen, dass ein Nettohonorarvergleich durchgeführt werde. Dieser stelle sicher, dass die Honorarrückforderung nur insoweit realisiert werde, als die Höhe des Nettohonorars des entsprechenden Basisquartals (II/04 bis I/05) nicht unterschritten werde. Somit werde die Job-Sharing-Praxis nur maximal bis zum Nettohonorar des Ausgangsquartals begrenzt. Aufgrund des Nettohonorarvergleichs habe sich der Rückforderungsbetrag von 31.569,73 EUR auf 12.527,86 EUR reduziert. Auf eine mögliche Leistungsausweitung aufgrund der Fortbildung hätte bereits im Antragsverfahren im Jahr 2005 hingewiesen werden können. Die Abrechnung neuer Leistungen stelle aber gerade eine Leistungsausweitung dar, welche der Zielsetzung der Angestellten-Ärzte-Richtlinien, jede Form von Leistungsausweitung zu unterbinden, entgegen laufe. Es stehe nicht in ihrem Ermessen, ob die durch den Zulassungsausschuss festgelegten Grenzen tatsächlich berücksichtigt würden. Soweit die Klägerin ausführe, dass die Rückforderung aufgrund der Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens ihrerseits ausgeschlossen sei, könne dies zu keiner anderen Beurteilung führen. Auch für Zeiten des Mutterschutzes oder der Elternzeit der Job-Sharing-Assistenten gelte die vom Zulassungsausschuss festgelegte Leistungsbeschränkung.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.08.2009 die Klage erhoben. Sie trägt vor, als Basis für die Punktzahlvolumenbegrenzung seien die Ausgangsquartale III/03 bis II/04 herangezogen worden. Hierbei sei das komplette Leistungsvolumen der Gemeinschaftspraxis der Klägerin entsprechend des EHV-Anteils von Frau Dr. AA in Höhe von 50 % als Basis für die Festlegung der Obergrenze herangezogen worden. Eine Aufteilung entsprechend der tatsächlich abgerechneten Leistungen aufgrund der Tätigkeit als Allgemeinmedizinerin sei nicht vorgenommen worden. Insofern könne nicht davon ausgegangen werden, dass der für die Leistungsbeschränkung herangezogene Punktwertanteil tatsächlich dem Leistungsgeschehen der Klägerin entspreche. Bereits insofern sei von einem rechtswidrigen Bescheid auszugehen. Sowohl die Festlegung der Gesamtpunktzahlvolumina der Basisquartale als auch die Beschränkung für das erste Leistungsjahr seien anhand einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keiner Weise nachvollziehbar sei. Die Punktzahlvolumengrenze sei in etwa doppelt so hoch angegeben worden aufgrund des Umrechnungsfaktors als tatsächlich Leistungen erbracht und abgerechnet worden seien. Sie habe deshalb darauf vertrauen können, dass das Punktzahlvolumen der einzelnen Quartale ca. doppelt so hoch sei, als tatsächlich in dem Honorarbescheiden dargestellt, da zum tatsächlich abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumen keinerlei Hinweise erfolgt seien. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Punktzahlanstieg auf der Umstellung vom EBM 1996 auf den EBM 2005 beruhe. Die Berechnung für Frau Dr. AA beruhe auf der EHV-Quote von 50 %. Damit sei das gesamte Abrechnungsvolumen der Gemeinschaftspraxis für die Leistungsbeschränkung herangezogen worden. Dies sei rechtswidrig. Die EHV-Aufteilung von 50 % sei ausschließlich aus internen privaten Gründen der Eheleute vereinbart worden. Ein Zusammenhang mit der Punktzahlobergrenze sei nicht gesehen worden. Der hohe prozentuale Anteil der Frau Dr. AA sei bereits in den Basisquartalen vorhanden gewesen. Die Zahl der hausärztlichen Patienten habe regelmäßig bei 85 % bis 90 % gelegen. Es müsse jedenfalls auch die Punktzahlenobergrenze auf dieser Grundlage berechnet werden. Es fehle an der Transcodierung des EBM 1996 zum EBM 2005. Sie sei auch weiterhin der Auffassung, dass Zeiten des Mutterschutzes bzw. der Elternteilzeit berücksichtigt werden müssten und dass es an einer Frühinformation gefehlt habe. Sie habe die Punktzahlobergrenze unterzeichnet. Ihr sei aber nicht dargelegt worden, wie sich das Gesamtpunktzahlvolumen errechnet habe, noch dass Basis für die Berechnung nicht das tatsächliche Leistungsverhalten, sondern ausschließlich die Aufteilung nach der EHV-Quote gewesen sei. Es sei auch immer wieder eine Anpassung der Punktzahlvolumina aufgrund der Änderung der Gebührenordnung in Aussicht gestellt worden, weshalb sie keine Veranlassung gesehen habe, einen Antrag auf Neufestsetzung zu stellen. Nahezu alle Job-Sharing-Praxen im Bereich der Beklagten unterlägen aufgrund der EBM-Änderungen einer Rückforderung. Dies beruhe auf der fehlenden Transcodierung. Der Beschluss des Zulassungsausschusses sei zwar bestandskräftig, könne rückwirkend aber aufgehoben werden.
Die Klägerin beantragt,
die beiden Rückforderungsbescheide Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/05 bis II/06 (1. Leistungsjahr) und III/06 bis II/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist weiterhin auf die Bindung an den bestandskräftigen Beschluss des Zulassungsausschusses. Alle Honoraransprüche seien Bestandteil der vom Zulassungsausschuss festgelegten Leistungsobergrenze. Die Klägerin hätte ggf. Widerspruch gegen die Festsetzung des Zulassungsausschusses einlegen müssen. Bei der ungesetzten EHV-Aufteilung handele es sich im Übrigen um eine von der Klägerin so gemeldete prozentuale Gewichtung. Diesbezügliche Einwände seien auch vor dem Zulassungsausschuss zu erheben. Die 50 %-Quote stehe auch auf dem Berechnungsbogen, mit dem sich die Klägerin ausdrücklich einverstanden erklärt habe. Ferner hätte ein Antrag auf Änderung bei dem Zulassungsausschuss gestellt werden können. Da die Job-Sharing-Anstellung gem. des Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.08.2008 erst zum 16.07.2008 beendet worden sei, sei auch dieses Datum für die Rückforderung maßgeblich. Nach den ihr vorliegenden Notizen sei von Frau Dr. AA in telefonischer Rücksprache am 21.03.2005 eine EHV-Aufteilung von 50 % gewünscht worden. Dies sei zugunsten der Klägerin erfolgt. Eine Überprüfung des tatsächlichen prozentualen Anteils in der Leistungserbringung bei der Klägerin für die Quartale III/05 bis II/07 habe ergeben, dass Frau Dr. AA stets 85,7 % bis 89,17 % an Punktzahlvolumen entsprechend der vorliegenden Leistungskennzeichnung erbracht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/06 bis II/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 5.570,57 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde. Insoweit war der Bescheid aufzuheben und der Klage stattzugeben. Im Übrigen war der Bescheid aber nicht zu beanstanden. Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/05 bis II/06 (1. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.
Der Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.07.2008 betreffend die Quartale III/06 bis II/07 (2. Leistungsjahr) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29.07.2009 ist insoweit rechtswidrig, als ein den Betrag von 5.570,57 EUR brutto übersteigender Berichtigungsbetrag festgesetzt wurde.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.
Die Beklagte hat aber für das hier streitbefangene 2. Leistungsjahr ein zu hohes Punktzahlvolumen abgesetzt. Die Rückforderung greift unter Berücksichtigung des Anpassungsfaktors in das vom Zulassungsausschuss genehmigte Leistungsvolumen hinein. Insofern hat die Beklagte den sog. Anpassungsfaktor fehlerhaft berechnet.
Nach den hier noch bis zum Quartal I/07 maßgeblichen Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis ("Angestellte-Ärzte-Richtlinien") in der Fassung vom 1. Oktober 1997 (BAnz. Nr. 9, S. 372 vom 15. Januar 1998), zuletzt geändert am 22. Oktober 2001, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 20 vom 30. Januar 2002, in Kraft getreten am 31. Januar 2002 (im Folgenden: AÄRL), die ab 01. April 2007 in der Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 18. Februar 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010, S. 1641, in Kraft getreten am 8. Mai 2010, in den hier maßgeblichen Bestimmungen unverändert) (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä), aufgegangen ist, die regelungstechnisch in § 23k Abs. 1 Satz 2 für die Berechnung des abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumens auf die Regelungen nach den §§ 23c bis 23f verweist, die entsprechend mit der Maßgabe gelten, dass der Umfang der Leistungsbeschränkung unabhängig vom Beschäftigungsumfang des (der) angestellten Arztes (Ärzte) zu bestimmen ist, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä).
Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä).
Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach Nr. 3.1 Satz 6 AÄRL 23c Satz 6 BedarfsplRL-Ä bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä).
Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Die Berechnung des Anpassungsfaktors setzt aber voraus, dass das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis und der quartalsbezogene Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe jedenfalls dann gleichen Zeiträumen entnommen werden müssen, wenn wesentliche Umstrukturierungen im EBM vorgenommen werden. Fehlt es an solchen Veränderungen, so trägt einem allgemeinen Wachstum im Regelfall der Zuschlag von 3 % Rechnung. Die Einführung des EBM 2005 ab dem Quartal II/05 hat aber zu erheblichen Änderungen geführt, die alle Mitglieder einer Fachgruppe und alle Fachgruppen betreffen. Von daher kann die Klägerin nicht auf die Ausnahmeregelung nach Nr. 3.3 AÄRL bzw. § 23e BedarfsplRL-Ä verwiesen werden. Die Beklagte hat den Anpassungsfaktor aufgrund der quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumina der Praxis für die Quartale I bis IV/04 einerseits und der quartalsbezogenen Punktzahlvolumendurchschnitte der Fachgruppe für die Quartale III/05 bis II/06, dem 1. Leistungsjahr, berechnet. Die Einführung des EBM 2005 hat aber zu erheblichen strukturellen Änderungen durch die vermehrte Einführung von Komplexleistungen und auch Höherbewertung von Leistungen geführt. Deutlich wird dies an der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts für die Fachgruppe der Klägerin. Nach den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.07.2010 übersandten, quartalsbezogenen "Durchschnittspunktzahlen Fachgruppe" für die Fachgruppe Allgemeinmedizin stieg das durchschnittliche Gesamtpunktzahlvolumen von 4.098.428,9 Punkten im Zeitraum III/03 bis II/04 auf 4.684.432,0 Punkte im Zeitraum III/05 bis II/06 und damit um 14,3 %. Der Anpassungsfaktor der Klägerin wird aber nach der Berechnungsweise der Beklagten auf der Grundlage der Abrechnungswerte der Praxis ohne das EBM-bedingte Wachstum und der EBM-bedingten höheren Durchschnittswerte der Fachgruppe berechnet. Von daher ergibt sich zwangsläufig ein zu geringer Anpassungsfaktor, der nicht die tatsächliche Relation zwischen Abrechnungsvolumen der Praxis zum Fachgruppendurchschnitt widerspiegelt. Ohne Ausweitung der Leistungen kommt es demzufolge zu einer Überschreitung des Punktezahlvolumens, das zugleich Anknüpfungspunkt für die Berechnung einer Leistungsüberschreitung ist. Der Anpassungsfaktor soll aber gerade solche EBM-bedingten, von der Leistungserbringung der Job-Sharing-Praxis unabhängigen Punktezahlausweitungen ermöglichen und – ungerechtfertigte – Kürzungen verhindern. Aufgrund der ungleichzeitigen Berechnung des Anpassungsfaktors kommt es aber zu einer Fehlberechnung. Dieser strukturelle Fehler setzt sich zudem in allen folgenden Leistungsjahren fort. Dies führt aber zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der Job-Sharing-Praxis der Klägerin mit den Job-Sharing-Praxen, deren Anpassungsfaktor vor dem Quartal II/05 berechnet wird oder deren Aufsatzquartale nach dem Quartal I/05 liegen. Von daher ist Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Berechnung des Anpassungsfaktors auf der Grundlage identischer Aufsatzquartale, hier der Quartale I bis IV/04 vorzunehmen ist, also das vom Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsvolumen in Verhältnis zu setzen ist mit der Durchschnittspunktzahl der Fachgruppe, ebenfalls in den genannten Aufsatzquartalen.
Die Beklagte hat zwar grundsätzlich diese Problematik zu einem Teil erkannt, indem sie für das 1. Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005 den auf einem Vorstandsbeschluss beruhenden sog. Nettohonorarvergleich durchführt, dessen Rechtsgrundlage die Beklagte nicht angegeben hat und der insoweit fehlerhaft am Honorar selbst ansetzt, als nach den Vorgaben der Richtlinien ein Leistungsvolumen, nicht aber unmittelbar ein von weiteren Faktoren abhängiges Honorarvolumen garantiert werden soll. Dieser gilt jedoch nur für das erste Leistungsjahr nach Einführung des EBM 2005. Im Übrigen ist sie der Auffassung, die EBM-bedingten Steigerungen des Punktzahlniveaus würden für die Folgezeit über den Fachgruppenanpassungsfaktor aufgefangen werden. Die Beklagte ist auch nach Hinweis auf die strukturellen Mängel des Anpassungsfaktors und ihres – insofern inkonsequenten – Vorgehens bei ihrer Auffassung geblieben, ohne für ihre Auffassung eine nachvollziehbare Begründung abzugeben.
Auf Aufforderung des Gerichts hat die Beklagte auf der vom Gericht aufgezeigten Grundlage den Anpassungsfaktor neu errechnet und für das strittige Leistungsjahr eine Vergleichsberechnung im Hinblick auf die dann entstehende Honorarrückforderung vorgelegt. Die Berechnung ergab für die Jahresquartale I bis IV die Anpassungsfaktoren 0,913000050 (zuvor 0,777284941), 0,997718465 (zuvor 0,856113278), 0,896714013 (zuvor 0,804434471) und 1,021545691 (zuvor 0,913258250), die durchweg über den ursprünglich von der Beklagten berechneten Anpassungsfaktoren lagen, und im Ergebnis für das strittige 2. Leistungsjahr eine Überschreitung von 5.570,57 EUR. Hieraus folgte die tenorierte Stattgabe der Klage bzgl. des 2. Leistungsjahrs.
Die Klage war aber im Übrigen abzuweisen.
Insbesondere war der Leistungsbescheid für das 1. Leistungsjahr auch nicht teilweise aufzuheben. Den rechnerischen Kürzungsbetrag in Höhe von 31.569,73 EUR hat die Beklagte bereits selbst unter Anwendung der von ihr entwickelten sog. Nettohonorarentwicklung auf 12.527,86 EUR brutto reduziert. Der Sache nach erkennt die Beklagte hier die unzulässigen Verzerrungen aufgrund unterschiedlicher EBM-Systeme. Es kann hier letztlich dahinstehen, ob für das erste Leistungsjahr, das ebf. von den Veränderungen des EBM betroffen wird, unter verfassungskonformer Anwendung der BedarfsplRL-Ä gleichfalls eine Anpassung anhand des Anpassungsfaktors vorzunehmen ist, um eine Transcodierung der Werte der Aufsatzquartale unter die Geltung des EBM 2005 zu erreichen, denn hierdurch würde sich mit 14.511,78 EUR brutto ein höherer Berichtigungsbetrag ergeben. Dieser Berichtigungsbetrag ergibt sich nach den Berechnungen der Kammer aufgrund der Angaben im Berichtigungsbescheid und der Angaben zum durchschnittlichen Punktzahlvolumen der Fachärzte für Allgemeinmedizin und des von der Beklagten neu errechneten Anpassungsfaktors. Unter Vernachlässigung der beiden letzten Stellen hinter dem Komma bei Verwendung des Anpassungsfaktors und unter Berücksichtigung des im Klageverfahrens für das Quartal III/05 berichtigten Punktwerts (von 33,81 % auf 33,64 %) ergeben sich nach Berechnung der Kammer folgende Werte:
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen (Ausgangsjahr) Fachgruppe aktuell Anpassungsfaktor quartalsbezogenes Punktzahlvolumen der Praxis neu
I (I/06) 1.305.444,8 1.206.638,9 0,913000050 1.101.652,1
II (II/06) 1.247.809,2 1.154.506,7 0,997718465 1.151.872,5
III (III/05) 1.096.817,2 1.129.216,6 0,896714013 1.012.584,3
IV (IV/05) 1.225.349,3 1.194.069,8 1,021545691 1.219.796,7
Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen (Ausgangsjahr) quartalsbezogenes Punktzahlvolumen der Praxis neu Über-/Unterschreitungsbetrag x rechn. PW des Quartals Über-/Unterschreitungsbetrag in EUR
I (I/06) 1.305.444,8 1.101.652,1 - 203.792,7 32,02% - 6.525,44
II (II/06) 1.247.809,2 1.151.872,5 - 95.936,7 33,88 % - 3.242,66
III (III/05) 1.096.817,2 1.012.584,3 - 84.232,9 33,64 % - 2.833,59
IV (IV/05) 1.225.349,3 1.219.796,7 - 5.552,6 34,40 % - 1.910,09 Gesamt - 14.511,78
Soweit die Klägerin rügt, sowohl die Festlegung der Gesamtpunktzahlvolumina der Basisquartale als auch die Beschränkung des zweiten Leistungsjahres seien anhand einer intransparenten Formel errechnet worden, die für sie in keiner Weise nachvollziehbar sei, vermochte dem die Kammer nicht zu folgen. Nr. 3.1 AÄRL bzw. § 23f BedarfsplRL-Ä und Nr. 3.4 AÄRL bzw. § 23c BedarfsplRL-Ä geben an, wie die Leistungsbeschränkung berechnet wird. Im Übrigen ist die Festsetzung mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 21.06.2005, der bestandskräftig geworden ist, für alle Beteiligten und das Gericht bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 12.12.2007 – L 4 KA 62/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B – BeckRS).
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf die Job-Sharing-Partnerin Dr. med. AA 50 % des Leistungsumfangs entfallen.
Nach Nr. 23d Satz 3 BedarfsplRL-Ä hat die Leistungsbeschränkung arztbezogen bei Festsetzung der Obergrenze zu erfolgen. Nr. 23d Satz 3 BedarfsplRL-Ä bestimmt, dass der Zulassungsausschuss, wenn der Antragsteller in eine bereits bestehende Gemeinschaftspraxis aufgenommen werden soll, die Berechnungen nach Nr. 23c entsprechend der Zahl der bereits tätigen Vertragsärzte in der Gemeinschaftspraxis zu mindern ist; handelt es sich um eine fachverschiedene Gemeinschaftspraxis, so ist für die Leistungsbeschränkung Bezugsgröße das Leistungsvolumen des fachidentischen Vertragsarztes. Daraus folgt, dass die Berechnung des maßgeblichen aktuellen Punktzahlvolumens seitens der Beklagten in gleicher Weise zu erfolgen hat. Ansonsten wären Punktzahlobergrenze und aktuelles Punktzahlvolumen nicht vereinbar. § 23d Satz 3 BedarfsplRL-Ä geht insofern von einer gleichmäßigen Leistungserbringung in einer fachidentischen Gemeinschaftspraxis aus. Im Übrigen kann sich die Beklagte auch auf die sog. EHV-Quote stützen, die das tatsächliche Leistungsgeschehen widerspiegeln soll und von der Klägerin in der Vergangenheit nicht beanstandet wurde. Diese Vorgehensweise ist der Klägerin und ihren beiden Mitgliedern auch bekannt. Sie ist ihnen bereits im "Berechnungsbogen/Erklärung zum Job Sharing – gemäß § 101 Abs. 1 Sätze 4 und 5 SGB V" mitgeteilt worden, der von beiden Gesellschafter der Klägerin unterschrieben worden ist.
Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 der ab 01.07.2006 geltenden Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (GEHV), der im Wesentlichen inhaltsgleich in den GEHV i.d.F. v. 02.12.2000 und i.d.F. v. 26.06.2004 enthalten war, gilt: Rechnen mehrere Vertragsärzte im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis gegenüber der KV Hessen gemeinsam ab, so wird für jeden Vertragsarzt (dieser Gemeinschaftspraxis) ein getrenntes Konto geführt und das anerkannte Gesamthonorar der an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Vertragsärzte zu gleichen Teilen aufgeteilt. Weisen die an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Vertragsärzte nach oder stellt die KV Hessen bei einer Überprüfung von Amts wegen fest, dass diese Aufteilung von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht, so kann der Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle eine anderweitige Aufteilung beschließen. Damit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die EHV-Aufteilung das tatsächliche Leistungsgeschehen widerspiegelt.
Im Übrigen kommt es hierauf aber letztlich nicht an, da mit der bestandskräftigen Festsetzung durch den Zulassungsausschuss die Punktzahlenobergrenze und damit auch die anteilige Quote zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaftspraxis festgelegt ist. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss auf eine ggf. andere Aufteilung hinzuwirken oder ggf. nachträglich einen Änderungsantrag zu stellen.
Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung der Honoraranforderung. Die Beklagte hat dies im Einzelnen nochmals mit Schriftsatz vom 14.07.2010 dargelegt. Eine fehlerhafte Berechnung ist nicht zu erkennen.
Nicht zu beanstanden war ferner die Berechnung des praxisbezogenen Punktwerts, mit der die zunächst in Punkten festgestellte Leistungsüberschreitung in Euro-Beträge umgerechnet wurde. Die Beklagte hat dies im Einzelnen im Gerichtsverfahren dargelegt. Zutreffend hat die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert ermittelt. Das ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen der Klägerin vergütet wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mitverursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, aaO., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne handelt es sich auch nicht um eine fehlerhafte Abrechnung einzelner Leistungen und kann die Leistungsüberschreitung erst nachträglich festgestellt werden. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden.
Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Nach den genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.
Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Job-Sharing-Verhältnisses war der Klägerin das Bestehen einer Leistungsbegrenzung grundsätzlich bekannt und musste sie davon ausgehen, dass ihr eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihr die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, muss sie sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte sie die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Job-Sharing-Praxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Job-Sharing-Praxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Job-Sharing-Praxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und die Klägerin Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihr diese nicht bekannt waren. Im Übrigen nimmt die Beklagte aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom 28.04.2008 jedenfalls bis zur Bekanntgabe des Anpassungsfaktors keine Kürzungen unterhalb der ursprünglich festgesetzten Punktzahlobergrenze vor.
Die Beklagte hat allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a. ausführte:
"Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."
Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 09.09.2010 - S 12 KA 126/10 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 71, 72 u 73/10 – aufgrund dieser Schreiben Vertrauensschutz zugebilligt hat, hat sie wesentlich darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade trotz Ankündigung einer Überprüfung über Jahre hinweg untätig geblieben war. Im Fall der dortigen Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hat, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Damit habe die Beklagte auch für die Job-Sharing-Praxis einen Vertrauenstatbestand gesetzt, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres angekündigt habe. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben sei, habe sich das Vertrauen bilden können, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gelte insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten habe, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgt sei.
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Von daher war der Klägerin im Hinblick auf die genannten Schreiben, auf die sich die Klägerin im Übrigen auch nicht beruft, kein Vertrauensschutz zuzubilligen.
Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung erst im Rückforderungsbescheid nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Der Anpassungsfaktor dient, auch nicht in Zusammenhang mit der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenze, einer Steuerungsfunktion in dem Sinne, dass eine Job-Sharing-Praxis von einem vermehrten Leistungsgeschehen abgehalten werden soll. Diese Funktion kommt nur der Obergrenze selbst zu. Demgegenüber dient der Anpassungsfaktor, wie bereits ausgeführt, dem Schutz der Job-Sharing-Praxis, an allgemeinen Leistungsveränderungen innerhalb der Fachgruppe gleichberechtigt teilzunehmen. Von daher ist weder die grundsätzlich auch nur rückwirkend mögliche Mitteilung des Anpassungsfaktors zu beanstanden noch folgt aus der zunächst unterbliebenen Mitteilung die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids.
Nach allem war der Klage lediglich im tenorierten Umfang stattzugeben und war sie im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten des Verfahrens waren nach den Teilen des Obsiegens und Unterliegens aufzuteilen.
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