Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KA 3/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 144/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Beschlusses vom 22.07.2009 verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 7), die diese selbst trägt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer der Beigeladenen zu 7) erteilten Sonderbedarfszulassung.
Die Beigeladene zu 7) ist seit Juni 0000 in der hämatologisch-onkologischen Gemeinschaftspraxis Dr. N./H. in 0000 X., N. 72, tätig. Eine Anstellung dort erfolgte zunächst als Weiterbildungsassistentin und seit April 2007 als Vertretungs- und Studienärztin. Mit Bescheid vom 10.03.2008 wurde sie mit Wirkung zum 01.04.2008 im Rahmen des Job-Sharings in dieser Praxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Unter dem 22.08.2008 beantragte die Beigeladene zu 7) eine Sonderbedarfszulassung als Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und Internistische Onkologie - für das Plangebiet B.-M ... Mit Beschluss vom 04.02.2009 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte L. den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzung eines besonderen Versorgungsbedarfs sei im Plangebiet unter anderem auch deshalb nicht gegeben, weil die Praxis Dr. N./H. in X. die Versorgung mit den als Sonderbedarf geltend gemachten Leistungen sicherstelle. Überdies nähmen im Planungsbereich insgesamt 27 Vertragsärzte an der sog. Onkologie-Vereinbarung teil, wovon 7 Ärzte über die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Chemotherapie nach Nr. 86505 verfügten. Die Beigeladene zu 7) legte am 17.03.0000 Widerspruch ein führte aus, zur Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs bedürfe es einer ausreichenden Tatsachenermittlung, was unterblieben sei. So seien die in diesem Bereich niedergelassenen Ärzte weder nach dem konkreten Leistungsangebot noch nach deren Aufnahmekapazität befragt worden. Überdies wies sie auf die stetig wachsenden Patientenzahlen auch im Bereich der begehrten Sonderzulassung hin. Auf Basis der derzeit erteilen Zulassung sei eine Verbesserung der Versorgungssituation nicht möglich, weil die Praxis Dr. N./H. aufgrund des Job-Sharings einer Leistungsmengenbeschränkung unterliege. Nachdem die Klägerin Frequenztabellen zu den bereits im Plangebiet zugelassenen Ärzten übermittelt hatte, änderte der Beklagte mit Beschluss vom 22.07.0000 (der Klägerin zugegangen am 24.08.0000) den Beschluss des Zulassungsausschusses ab und ließ die Beigeladene zu 7) als Fachärztin für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie unter Beschränkungen der Leistungen aus diesen Schwerpunkten für den Vertragsarztsitz 52146 X., N. , zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Zur Begründung führte er aus, angesichts der beigezogenen Frequenzübersichten der im Plangebiet zugelassenen Ärzte sei ein dauerhafter Versorgungsbedarf erweislich. Das Leistungsangebot der Praxis Dr. N./H. reiche nicht aus, die Versorgung der Versicherten im Planungsbereich sicherzustellen.
Hiergegen richtet sich die am 23.09.0000 erhobene Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Zum Zeitpunkt der (erstinstanzlichen) mündlichen Verhandlung aber sei zu berücksichtigen, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum T. GbR mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 die Genehmigung zur Beschäftigung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden erteilt worden sei. Mit Beschluss vom 23.09.2009 sei mit Wirkung ab 01.10.2009 der Umfang auf 31 Wochenstunden erhöht worden. Auf Anfrage habe das MVZ T. GbR mitgeteilt, Frau Dr. Q. verfüge über freie Kapazitäten zur Erbringung von Leistungen nach den Ziffern 13490 - 13502 EBM sowie den Symbolnummern 86502, 86503, 86504, 86505 der Onkologie-Vereinbarung und es bestünden dort keine Wartezeiten für Patienten. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.09.2010 sei mit Wirkung zum 01.10.2010 die Genehmigung zur Anstellung von Frau Dr. Q. im MVZ T. von 31 Stunden auf 20 Stunden pro Woche reduziert und gleichzeitig dem MVZ T. die Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie Frau Dr. N.-B.im Umfang von 20 Wochenstunden erteilt worden. Überdies sei die Entscheidung des Beklagten auf die Gesamtfallzahlen gestützt worden, die auch Leistungen umfasse, die nicht dem Gebiet der Hämatologie und internistische Onkologie unterfielen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 22.07.2009 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hält an der angefochtenen Entscheidung fest und führt weiter aus, zum Zeitpunkt der Entscheidung am 22.07.2009 sei ihm die Entscheidung des Zulassungsausschusses betreffend das MVZ T. GbR nicht bekannt gewesen und habe ihm auch nicht bekannt sein müssen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 7) stellen keinen eigenen Antrag.
Die Beigeladene zu 7) führt neben einer Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aus, aus Gründen des Vertrauensschutzes sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten abzustellen. Spätere Veränderungen könnten keine Berücksichtigung finden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte trotz Abwesenheit von Vertretern der Beigeladenen zu 1) bis 6) aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil die Beigeladenen zu 1) bis 6) in der schriftlichen Terminsladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind, §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), zumal diese ausdrücklich erklärt haben, den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen zu wollen.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin klagebefugt. Denn aufgrund ihrer Aufgabe zur Sicherstellung der Versorgung ist sie zur Anfechtung von Entscheidungen der Zulassungsgremien befugt (siehe zuletzt etwa BSG, Urteil vom 17.06.2009, B 6 KA 14/08 R = juris; BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris).
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Beschluss des Beklagten im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da dieser rechtswidrig ist. Zwar kann vom Gericht nicht selbst festgestellt werden, ob sämtliche Voraussetzungen für die Sonderbedarfszulassung der Beigeladenen zu 7) vorliegen, weil den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zusteht (dazu sogleich). Jedoch liegt der Entscheidung des Beklagten ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde (dazu sodann).
Grundlage für die Sonderbedarfszulassung der Beigeladenen zu 7) ist § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) i.V.m. § 24 Satz 1 lit b) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15.02.2007, zuletzt geändert am 19.02.2009 (im Folgenden: ÄBedarfsplRL; abgedruckt im Bundesanzeiger 2009, S. 1655).
Nach diesen Vorschriften erfordert die Anerkennung eines Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer besonderen Qualifikation des Arztes (§ 24 Satz 1 lit b) Satz 1 ÄBedarfsplRL) und eines dementsprechenden Versorgungsbedarfs (§ 24 Satz 1 lit b) Satz 2 ÄbedarfsplRL).
Das Erfordernis einer besonderen Qualifikation (Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde, § 24 Satz 1 lit b) Satz 1 ÄbedarfsplRL) ist in der Person der Beigeladenen zu 7) erfüllt. Denn sie hat sich als Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - qualifiziert.
Das Vorliegen des zweiten Tatbestandsmerkmals des Versorgungsbedarfs kann das Gericht nicht selbst feststellen. Den paritätisch besetzten ortsnahen und fachkundigen Zulassungsgremien ist hier ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eröffnet, da sie eine Vielzahl von Faktoren (wie Anzahl und Leistungsangebot der niedergelassenen und ermächtigten Ärzte, Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur, Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen), die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind, in ihre Entscheidung einbeziehen müssen (siehe u.a. BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R = juris; BSG, Urteil vom 05.11.2008, B 6 KA 10/08 R = juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2009, L 11 B 5/09 KA ER = juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2008, L 5 KA 3558/07 = juris). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des den Zulassungsgremien zustehenden Beurteilungsspielraums darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs gegebenen Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 19.03.1997, 6 Rka 43/96 = juris; BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R = juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.04.2007, L 10 KA 48/06 = juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2009, L 11 B 5/09 KA ER = juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war die vom Beklagten getroffene Entscheidung aufzuheben, weil er seine Einschätzung, im Versorgungsbereich sei der internistisch-onkologische Leistungsbedarf nicht ausreichend gedeckt, auf unvollständige Ermittlungen gegründet hat. Die Unvollständigkeit der Sachverhaltsermittlung folgt für die Kammer bereits aus dem Umstand, dass der Beklagte die Entscheidung des Zulassungsausschusses für Ärzte M. vom 24.06.2009 betreffend die dem MVZ T. GbR erteilte Genehmigung zur Beschäftigung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden nicht berücksichtigt hat. Soweit sich der Beklagte demgegenüber darauf beruft, die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 habe ihm zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Zulassungsentscheidung vom 22.07.2009 noch nicht vorgelegen, so vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen.
Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung sind grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren eintretenden Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. Es sind damit im Hinblick auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage die bei einer Vornahmeklage maßgeblichen Grundsätze anzulegen und zwar auch dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung die Zulassungserteilung an den Arzt anficht (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 34/08 R = juris; BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris). Lediglich in Ausnahmefällen kann die Berücksichtigung nachteiliger Änderungen verwehrt sein, wenn ein Arzt auf eine Entscheidung aufgrund einer früheren bestimmten Sach- und Rechtslage, die ihm Zulassungschancen bot, vertrauen durfte (BSG, Urteil vom 02.09.2009, a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben hätte der Beklagte jedenfalls die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 betreffend die Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden mit in die Bewertung einfließen lassen müssen, ob ein Sonderbedarf besteht. Vertrauensschutzgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) stehen dem nicht entgegen. Die Beigeladene zu 7) konnte im Hinblick auf eine erteile Zulassung erstmals mit der Bekanntgabe des Beschlusses des Beklagten vom 22.07.2009 überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen bilden. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war ihr die Sonderbedarfszulassung aufgrund der Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 verwehrt. Hinzu kommt, dass die Beigeladene zu 7) spätestens mit der Bekanntgabe des Beiladungsbeschlusses am 02.11.2009 (Bl. 36 der Gerichtsakte) damit rechnen musste, dass ihr die verliehene Rechtsposition aufgrund der Drittanfechtung der Klägerin wieder entzogen wird. Insofern war das Vertrauen, was die Beigeladene zu 7) ab Bekanntgabe der Entscheidung des Beklagten vom 22.07.2009 im Hinblick auf ihre Zulassung hat bilden können, nur von äußerst kurzer Dauer.
Demgegenüber haben die weiteren Entscheidungen des Zulassungsausschusses für Ärzte betreffend das MVZ T. vom 23.09.2009 und 22.09.2010 für die Beantwortung der Frage nach einem entsprechenden Sonderbedarf außer Betracht zu bleiben, weil Vertrauensschutzgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) entgegen stehen. Die Kammer gibt insoweit zu bedenken, dass die Rechtsprechung des BSG, nach der grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend ist, dazu führen kann, dass (angesichts der möglichen Dauer zweier tatsacheninstanzlicher Gerichtsverfahren) sich die Versorgungslage zu Ungunsten des um eine Sonderbedarfszulassung nachsuchenden Arztes deutlich verändern kann. War demnach jedenfalls die Entscheidung des Zulassungsausschusses für Ärzte Köln vom 24.06.2009 betreffend die Genehmigung zur Beschäftigung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden grundsätzlich zu berücksichtigen, so kann der Beklagte auch nicht mit dem Argument gehört werden, diese Entscheidung sei ihm zum Zeitpunkt seiner Entscheidung (also am 22.07.2009) noch nicht bekannt gewesen. In Zeiten moderner Kommunikationsmittel ist es dem Beklagten zuzumuten, sich vor einer Änderungsentscheidung bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte rückzuversichern, dass in absehbarer Zeit keine Zulassung für den Bereich erteilt wird, den die Änderungsentscheidung betrifft. Angesichts des obligatorischen Verwaltungsverfahrens ist auch davon auszugehen, dass jedenfalls der Zeitpunkt entsprechender Entscheidungen rechtzeitig vorab fest steht.
Der Beklagte hat jedoch die dem MVZ T. erteilte Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. überhaupt nicht in seine Überlegungen hinsichtlich eines Sonderversorgungsbedarfs miteinbezogen. Ob aus der dem MVZ T. erteilten Genehmigung zur Anstellung von Frau Dr. Q. eine andere Versorgungssituation folgt, kann das Gericht wegen des bestehenden Beurteilungsspielraums nicht selbst beantworten. Dies zu prüfen, wäre indessen Sache des Beklagten gewesen, zumal die Klägerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahren erklärt hat, das MVZ T. habe auf Anfrage mitgeteilt, es verfüge in diesem Bereich über freie Kapazitäten und es bestünden keine Wartezeiten für Patienten.
Eine unvollständige Ermittlung des Sachverhalts liegt darüber hinaus auch deshalb vor, weil sich der Beklagte für die Beurteilung des Sonderbedarfs allein auf die beigezogenen Frequenzübersichten und die Angaben der Beigeladenen zu 7) im Verwaltungsverfahren verlassen hat. Zwar haben die Zulassungsgremien diejenigen Ärzte bzw. Praxen zu befragen, die die begehrten Leistungen bereits erbringen und deren Angaben sind - weil diese interessenorientiert sein können - anhand zugänglicher weiterer Unterlagen, insbesondere sog. Anzahlstatistiken, zu verifizieren (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris; BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 34/08 R = juris). Zunächst aber sind systematische Ermittlungen durch Einholung von Auskünften bei den im Versorgungsgebiet zugelassenen Arztpraxen anzustellen und anschließend sind diese Angaben anhand geeigneter Methoden, z.B. durch Anfragen bei den zuständigen Krankenkassen betreffend Beschwerden über Wartezeiten, zu verifizieren (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Beklagte systematische Erhebungen durch Befragung der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte angestellt hat. So sind jedenfalls Kapazitäten der Praxen und Wartezeiten der Patienten im Bereich Hämatologie und internistische Onkologie bei den im Versorgungsgebiet zugelassenen Vertragsärzten überhaupt nicht abgefragt worden (dazu, dass das Kriterium der Wartezeiten neben anderen Kriterien eine zuverlässige Grundlage darstellt, um einen Versorgungsbedarf zu beurteilen, etwa BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris). Überdies hätte - da die Angaben der bereits zugelassenen Vertragsärzte interessenorientiert sind - eine kritische Überprüfung erfolgen müssen. Hierzu hätten z.B. Anfragen bei den zuständigen Krankenkassen über Beschwerden wegen Wartezeiten erfolgen können, was ebenfalls unterblieben ist. Die vom BSG weitergehend angestellte Überlegung, ggf. müssten zur Verifizierung der Angaben sogar Testanrufe bei den entsprechenden Arztpraxen mit der Bitte um Terminsvergabe erfolgen (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris, Rdnr. 24) hält die Kammer indessen für zu weitgehend. Jedenfalls hat der Beklagte weder systematische Ermittlungen im vom BSG geforderten Sinne durchgeführt, noch die im Zuge der Ermittlungen erhaltenen Angaben anhand geeigneter Methoden verifiziert.
Die unvollständige Sachverhaltsaufklärung führt grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und - wegen des den Zulassungsgremien zustehenden Beurteilungsspielraums, s.o. - der Verpflichtung des Beklagten, die Angelegenheit neu zu entscheiden (vgl. allgemein LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.02.2009, L 11 KA 98/08 = juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladene zu 7) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil die Voraussetzungen des § 162 Abs. 3 VwGO nicht erfüllt sind. Dem unterliegenden Beteiligten können die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nur dann auferlegt werden, wenn der Beigeladene (erfolgreich) Anträge gestellt hat (dazu etwa Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 197a Rdnr. 29), was in der vorliegenden Konstellation nicht der Fall ist.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer der Beigeladenen zu 7) erteilten Sonderbedarfszulassung.
Die Beigeladene zu 7) ist seit Juni 0000 in der hämatologisch-onkologischen Gemeinschaftspraxis Dr. N./H. in 0000 X., N. 72, tätig. Eine Anstellung dort erfolgte zunächst als Weiterbildungsassistentin und seit April 2007 als Vertretungs- und Studienärztin. Mit Bescheid vom 10.03.2008 wurde sie mit Wirkung zum 01.04.2008 im Rahmen des Job-Sharings in dieser Praxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Unter dem 22.08.2008 beantragte die Beigeladene zu 7) eine Sonderbedarfszulassung als Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und Internistische Onkologie - für das Plangebiet B.-M ... Mit Beschluss vom 04.02.2009 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte L. den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzung eines besonderen Versorgungsbedarfs sei im Plangebiet unter anderem auch deshalb nicht gegeben, weil die Praxis Dr. N./H. in X. die Versorgung mit den als Sonderbedarf geltend gemachten Leistungen sicherstelle. Überdies nähmen im Planungsbereich insgesamt 27 Vertragsärzte an der sog. Onkologie-Vereinbarung teil, wovon 7 Ärzte über die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Chemotherapie nach Nr. 86505 verfügten. Die Beigeladene zu 7) legte am 17.03.0000 Widerspruch ein führte aus, zur Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs bedürfe es einer ausreichenden Tatsachenermittlung, was unterblieben sei. So seien die in diesem Bereich niedergelassenen Ärzte weder nach dem konkreten Leistungsangebot noch nach deren Aufnahmekapazität befragt worden. Überdies wies sie auf die stetig wachsenden Patientenzahlen auch im Bereich der begehrten Sonderzulassung hin. Auf Basis der derzeit erteilen Zulassung sei eine Verbesserung der Versorgungssituation nicht möglich, weil die Praxis Dr. N./H. aufgrund des Job-Sharings einer Leistungsmengenbeschränkung unterliege. Nachdem die Klägerin Frequenztabellen zu den bereits im Plangebiet zugelassenen Ärzten übermittelt hatte, änderte der Beklagte mit Beschluss vom 22.07.0000 (der Klägerin zugegangen am 24.08.0000) den Beschluss des Zulassungsausschusses ab und ließ die Beigeladene zu 7) als Fachärztin für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie unter Beschränkungen der Leistungen aus diesen Schwerpunkten für den Vertragsarztsitz 52146 X., N. , zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Zur Begründung führte er aus, angesichts der beigezogenen Frequenzübersichten der im Plangebiet zugelassenen Ärzte sei ein dauerhafter Versorgungsbedarf erweislich. Das Leistungsangebot der Praxis Dr. N./H. reiche nicht aus, die Versorgung der Versicherten im Planungsbereich sicherzustellen.
Hiergegen richtet sich die am 23.09.0000 erhobene Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Zum Zeitpunkt der (erstinstanzlichen) mündlichen Verhandlung aber sei zu berücksichtigen, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum T. GbR mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 die Genehmigung zur Beschäftigung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden erteilt worden sei. Mit Beschluss vom 23.09.2009 sei mit Wirkung ab 01.10.2009 der Umfang auf 31 Wochenstunden erhöht worden. Auf Anfrage habe das MVZ T. GbR mitgeteilt, Frau Dr. Q. verfüge über freie Kapazitäten zur Erbringung von Leistungen nach den Ziffern 13490 - 13502 EBM sowie den Symbolnummern 86502, 86503, 86504, 86505 der Onkologie-Vereinbarung und es bestünden dort keine Wartezeiten für Patienten. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.09.2010 sei mit Wirkung zum 01.10.2010 die Genehmigung zur Anstellung von Frau Dr. Q. im MVZ T. von 31 Stunden auf 20 Stunden pro Woche reduziert und gleichzeitig dem MVZ T. die Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie Frau Dr. N.-B.im Umfang von 20 Wochenstunden erteilt worden. Überdies sei die Entscheidung des Beklagten auf die Gesamtfallzahlen gestützt worden, die auch Leistungen umfasse, die nicht dem Gebiet der Hämatologie und internistische Onkologie unterfielen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 22.07.2009 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hält an der angefochtenen Entscheidung fest und führt weiter aus, zum Zeitpunkt der Entscheidung am 22.07.2009 sei ihm die Entscheidung des Zulassungsausschusses betreffend das MVZ T. GbR nicht bekannt gewesen und habe ihm auch nicht bekannt sein müssen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 7) stellen keinen eigenen Antrag.
Die Beigeladene zu 7) führt neben einer Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aus, aus Gründen des Vertrauensschutzes sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten abzustellen. Spätere Veränderungen könnten keine Berücksichtigung finden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte trotz Abwesenheit von Vertretern der Beigeladenen zu 1) bis 6) aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil die Beigeladenen zu 1) bis 6) in der schriftlichen Terminsladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind, §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), zumal diese ausdrücklich erklärt haben, den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen zu wollen.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin klagebefugt. Denn aufgrund ihrer Aufgabe zur Sicherstellung der Versorgung ist sie zur Anfechtung von Entscheidungen der Zulassungsgremien befugt (siehe zuletzt etwa BSG, Urteil vom 17.06.2009, B 6 KA 14/08 R = juris; BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris).
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Beschluss des Beklagten im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da dieser rechtswidrig ist. Zwar kann vom Gericht nicht selbst festgestellt werden, ob sämtliche Voraussetzungen für die Sonderbedarfszulassung der Beigeladenen zu 7) vorliegen, weil den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zusteht (dazu sogleich). Jedoch liegt der Entscheidung des Beklagten ein unvollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde (dazu sodann).
Grundlage für die Sonderbedarfszulassung der Beigeladenen zu 7) ist § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) i.V.m. § 24 Satz 1 lit b) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15.02.2007, zuletzt geändert am 19.02.2009 (im Folgenden: ÄBedarfsplRL; abgedruckt im Bundesanzeiger 2009, S. 1655).
Nach diesen Vorschriften erfordert die Anerkennung eines Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer besonderen Qualifikation des Arztes (§ 24 Satz 1 lit b) Satz 1 ÄBedarfsplRL) und eines dementsprechenden Versorgungsbedarfs (§ 24 Satz 1 lit b) Satz 2 ÄbedarfsplRL).
Das Erfordernis einer besonderen Qualifikation (Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde, § 24 Satz 1 lit b) Satz 1 ÄbedarfsplRL) ist in der Person der Beigeladenen zu 7) erfüllt. Denn sie hat sich als Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - qualifiziert.
Das Vorliegen des zweiten Tatbestandsmerkmals des Versorgungsbedarfs kann das Gericht nicht selbst feststellen. Den paritätisch besetzten ortsnahen und fachkundigen Zulassungsgremien ist hier ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eröffnet, da sie eine Vielzahl von Faktoren (wie Anzahl und Leistungsangebot der niedergelassenen und ermächtigten Ärzte, Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur, Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen), die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind, in ihre Entscheidung einbeziehen müssen (siehe u.a. BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R = juris; BSG, Urteil vom 05.11.2008, B 6 KA 10/08 R = juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2009, L 11 B 5/09 KA ER = juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2008, L 5 KA 3558/07 = juris). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des den Zulassungsgremien zustehenden Beurteilungsspielraums darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs gegebenen Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 19.03.1997, 6 Rka 43/96 = juris; BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R = juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.04.2007, L 10 KA 48/06 = juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2009, L 11 B 5/09 KA ER = juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war die vom Beklagten getroffene Entscheidung aufzuheben, weil er seine Einschätzung, im Versorgungsbereich sei der internistisch-onkologische Leistungsbedarf nicht ausreichend gedeckt, auf unvollständige Ermittlungen gegründet hat. Die Unvollständigkeit der Sachverhaltsermittlung folgt für die Kammer bereits aus dem Umstand, dass der Beklagte die Entscheidung des Zulassungsausschusses für Ärzte M. vom 24.06.2009 betreffend die dem MVZ T. GbR erteilte Genehmigung zur Beschäftigung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden nicht berücksichtigt hat. Soweit sich der Beklagte demgegenüber darauf beruft, die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 habe ihm zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Zulassungsentscheidung vom 22.07.2009 noch nicht vorgelegen, so vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen.
Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung sind grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren eintretenden Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. Es sind damit im Hinblick auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage die bei einer Vornahmeklage maßgeblichen Grundsätze anzulegen und zwar auch dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung die Zulassungserteilung an den Arzt anficht (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 34/08 R = juris; BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris). Lediglich in Ausnahmefällen kann die Berücksichtigung nachteiliger Änderungen verwehrt sein, wenn ein Arzt auf eine Entscheidung aufgrund einer früheren bestimmten Sach- und Rechtslage, die ihm Zulassungschancen bot, vertrauen durfte (BSG, Urteil vom 02.09.2009, a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben hätte der Beklagte jedenfalls die Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 24.06.2009 betreffend die Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden mit in die Bewertung einfließen lassen müssen, ob ein Sonderbedarf besteht. Vertrauensschutzgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) stehen dem nicht entgegen. Die Beigeladene zu 7) konnte im Hinblick auf eine erteile Zulassung erstmals mit der Bekanntgabe des Beschlusses des Beklagten vom 22.07.2009 überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen bilden. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war ihr die Sonderbedarfszulassung aufgrund der Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 04.02.2009 verwehrt. Hinzu kommt, dass die Beigeladene zu 7) spätestens mit der Bekanntgabe des Beiladungsbeschlusses am 02.11.2009 (Bl. 36 der Gerichtsakte) damit rechnen musste, dass ihr die verliehene Rechtsposition aufgrund der Drittanfechtung der Klägerin wieder entzogen wird. Insofern war das Vertrauen, was die Beigeladene zu 7) ab Bekanntgabe der Entscheidung des Beklagten vom 22.07.2009 im Hinblick auf ihre Zulassung hat bilden können, nur von äußerst kurzer Dauer.
Demgegenüber haben die weiteren Entscheidungen des Zulassungsausschusses für Ärzte betreffend das MVZ T. vom 23.09.2009 und 22.09.2010 für die Beantwortung der Frage nach einem entsprechenden Sonderbedarf außer Betracht zu bleiben, weil Vertrauensschutzgesichtspunkte der Beigeladenen zu 7) entgegen stehen. Die Kammer gibt insoweit zu bedenken, dass die Rechtsprechung des BSG, nach der grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend ist, dazu führen kann, dass (angesichts der möglichen Dauer zweier tatsacheninstanzlicher Gerichtsverfahren) sich die Versorgungslage zu Ungunsten des um eine Sonderbedarfszulassung nachsuchenden Arztes deutlich verändern kann. War demnach jedenfalls die Entscheidung des Zulassungsausschusses für Ärzte Köln vom 24.06.2009 betreffend die Genehmigung zur Beschäftigung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. mit Wirkung zum 01.07.2009 im Umfang von 20 Wochenstunden grundsätzlich zu berücksichtigen, so kann der Beklagte auch nicht mit dem Argument gehört werden, diese Entscheidung sei ihm zum Zeitpunkt seiner Entscheidung (also am 22.07.2009) noch nicht bekannt gewesen. In Zeiten moderner Kommunikationsmittel ist es dem Beklagten zuzumuten, sich vor einer Änderungsentscheidung bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte rückzuversichern, dass in absehbarer Zeit keine Zulassung für den Bereich erteilt wird, den die Änderungsentscheidung betrifft. Angesichts des obligatorischen Verwaltungsverfahrens ist auch davon auszugehen, dass jedenfalls der Zeitpunkt entsprechender Entscheidungen rechtzeitig vorab fest steht.
Der Beklagte hat jedoch die dem MVZ T. erteilte Genehmigung zur Anstellung der Fachärztin für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - Frau Dr. Q. überhaupt nicht in seine Überlegungen hinsichtlich eines Sonderversorgungsbedarfs miteinbezogen. Ob aus der dem MVZ T. erteilten Genehmigung zur Anstellung von Frau Dr. Q. eine andere Versorgungssituation folgt, kann das Gericht wegen des bestehenden Beurteilungsspielraums nicht selbst beantworten. Dies zu prüfen, wäre indessen Sache des Beklagten gewesen, zumal die Klägerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahren erklärt hat, das MVZ T. habe auf Anfrage mitgeteilt, es verfüge in diesem Bereich über freie Kapazitäten und es bestünden keine Wartezeiten für Patienten.
Eine unvollständige Ermittlung des Sachverhalts liegt darüber hinaus auch deshalb vor, weil sich der Beklagte für die Beurteilung des Sonderbedarfs allein auf die beigezogenen Frequenzübersichten und die Angaben der Beigeladenen zu 7) im Verwaltungsverfahren verlassen hat. Zwar haben die Zulassungsgremien diejenigen Ärzte bzw. Praxen zu befragen, die die begehrten Leistungen bereits erbringen und deren Angaben sind - weil diese interessenorientiert sein können - anhand zugänglicher weiterer Unterlagen, insbesondere sog. Anzahlstatistiken, zu verifizieren (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris; BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 34/08 R = juris). Zunächst aber sind systematische Ermittlungen durch Einholung von Auskünften bei den im Versorgungsgebiet zugelassenen Arztpraxen anzustellen und anschließend sind diese Angaben anhand geeigneter Methoden, z.B. durch Anfragen bei den zuständigen Krankenkassen betreffend Beschwerden über Wartezeiten, zu verifizieren (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Beklagte systematische Erhebungen durch Befragung der im Versorgungsgebiet zugelassenen Ärzte angestellt hat. So sind jedenfalls Kapazitäten der Praxen und Wartezeiten der Patienten im Bereich Hämatologie und internistische Onkologie bei den im Versorgungsgebiet zugelassenen Vertragsärzten überhaupt nicht abgefragt worden (dazu, dass das Kriterium der Wartezeiten neben anderen Kriterien eine zuverlässige Grundlage darstellt, um einen Versorgungsbedarf zu beurteilen, etwa BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris). Überdies hätte - da die Angaben der bereits zugelassenen Vertragsärzte interessenorientiert sind - eine kritische Überprüfung erfolgen müssen. Hierzu hätten z.B. Anfragen bei den zuständigen Krankenkassen über Beschwerden wegen Wartezeiten erfolgen können, was ebenfalls unterblieben ist. Die vom BSG weitergehend angestellte Überlegung, ggf. müssten zur Verifizierung der Angaben sogar Testanrufe bei den entsprechenden Arztpraxen mit der Bitte um Terminsvergabe erfolgen (BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris, Rdnr. 24) hält die Kammer indessen für zu weitgehend. Jedenfalls hat der Beklagte weder systematische Ermittlungen im vom BSG geforderten Sinne durchgeführt, noch die im Zuge der Ermittlungen erhaltenen Angaben anhand geeigneter Methoden verifiziert.
Die unvollständige Sachverhaltsaufklärung führt grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und - wegen des den Zulassungsgremien zustehenden Beurteilungsspielraums, s.o. - der Verpflichtung des Beklagten, die Angelegenheit neu zu entscheiden (vgl. allgemein LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.02.2009, L 11 KA 98/08 = juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladene zu 7) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil die Voraussetzungen des § 162 Abs. 3 VwGO nicht erfüllt sind. Dem unterliegenden Beteiligten können die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nur dann auferlegt werden, wenn der Beigeladene (erfolgreich) Anträge gestellt hat (dazu etwa Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 197a Rdnr. 29), was in der vorliegenden Konstellation nicht der Fall ist.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten.
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