S 19 AY 14/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
19
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AY 14/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 4/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AY 2/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Der Beigeladene wird verurteilt, an die Klägerin 22.786,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin und der Beigeladene tragen die Kosten des Rechtsstreits zu je 1/2, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, die die Klägerin allein trägt. Der Streitwert wird auf 22.786,83 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Aufwendungen für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Asylbewerbers.

Der am 00.00.0000 geborene D. P. stellte erstmals 1992 einen Asylantrag und wurde mit Bescheid vom 10.08.1992 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Stadt X. zugewiesen. Mit Bescheid vom 01.04.1993 wurde der Asylantrag abgelehnt. Am 17.11.1994 wurde Herr P. nach unbekannt abgemeldet. Nachdem Herr P. erneut in die BR Deutschland eingereist war, stellte er unter dem 27.03.2006 einen Zweitantrag. Während dieses Verfahrens wohnte er in einer Asylbewerberunterkunft in X. und erhielt seit dem 30.03.2006 vom Beklagten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Nach erneuter Ablehnung des Asylantrags (Bescheid vom 08.05.2006) stellte er unter dem 20.11.2006 einen Asylfolgeantrag, welcher mit Bescheid vom 28.11.2006 abgelehnt wurde. Diese Entscheidung war seit 03.01.2007 sofort vollziehbar (Eilbeschluss des VG Düsseldorf im Verfahren 1 L 2362/06.A). Die Rechtskraft der Ablehnungsentscheidung trat am 14.06.2007 ein. Am 09.07.2007 wurde Herrn P. eine bis zum 30.11.2007 befristete Duldung erteilt, die ihn zu einer Beschäftigung als H. in B. berechtigte. Unter dem 04.09.2007 meldete er sich für eine Wohnung der F.-Straße 61 in 00000 B. an. Nachdem die Ausländerbehörde der Stadt B. seinen Antrag auf Zuzug nach B. mit Bescheid vom 12.12.2007 abgelehnt hatte, meldete er sich unter dem 03.01.2008 wieder in X. an. Unter dem 06.02.2008 wurde ihm eine bis 30.06.2008 befristete Duldung erteilt. Nachdem Ermittlungen der Stadt X. ergeben hatten, dass sich Herr P. dort nicht mehr aufhält, wurde er unter dem 04.11.2008 nach unbekannt abgemeldet und zur Personenfahndung ausgeschrieben. Nachdem Herr P. am 22.03.2009 in B. von der Polizei angetroffen worden war, fand am 25.03.2009 die polizeilichen Durchsuchung einer Wohnung in der X. Straße 10 in 00000 B. statt, wo Herr P. erneut angetroffen wurde. Im Verlauf der Durchsuchung floh dieser und stürzte im zweiten Stock aus ca. zehn Meter Höhe aus dem Fenster. Hierbei erlitt er u.a. ein Polytrauma mit multiplen Frakturen und wurde im von der Klägerin betriebenen Universitätsklinikum am gleichen Tag notfallmäßig versorgt und stationär aufgenommen. Sein stationärer Aufenthalt auf der unfallchirurgischen Station des Klinikums dauerte bis zum 18.05.2009 an. Am 08.04.2009 stellte die Klägerin bei dem Beklagten Antrag auf Übernahme der für Herrn P. aufgewendeten Behandlungskosten. Mit Bescheid vom 29.04.2009 lehnte der Beklagte eine Übernahme der Kosten ab. Zur Begründung führte er aus, die für das durchzuführende Asylverfahren erteilte Zuweisungsentscheidung verliere nach Abschluss des Asylverfahrens ihre Wirkung. Zuständig sei die Behörde, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufgehalten habe. Da Herr P. seinen Aufenthalt zuletzt in B. gehabt habe, sei eine Zuständigkeit des Beklagten nicht gegeben. Die Klägerin legte Widerspruch ein und stellte am 07.05.2009 gegenüber dem Beigeladenen Antrag auf Übernahme der zur Behandlung von Herrn P. aufgewendeten Kosten, was dieser mit Bescheid vom 07.05.2009 ablehnte. Zur Begründung führte er aus, örtlich zuständig sei die Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung der zentralen Verteilungsstelle zugewiesen worden sei, mithin der Beklagte. Die Klägerin legte am 03.06.2009 Widerspruch ein, über den bislang noch nicht entschieden worden ist. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2006 (richtig: 14.07.2009) wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.04.2009 unter Vertiefung seiner bisherigen Ausführungen zurück. Ergänzend führte er aus, die im Jahre 1992 erfolgte Zuweisung zur Stadt X. sei durch die das Asylverfahren abschließende Ausweisung gegenstandslos geworden. Da die Ausreiseverpflichtung am 14.06.2007 Rechtskraft erlangt habe, sei die Zuweisung zur Stadt X. spätestens zu diesem Zeitpunkt beendet worden.

Hiergegen richtet sich die am 14.08.2009 erhobene Klage.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2009 zu verurteilen, an sie 22.786,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 14.08.2009 zu zahlen,

hilfsweise,

den Beigeladenen zu verurteilen, an sie 22.786,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 25.01.2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.

Er ist der Auffassung, seine Zuständigkeit scheitere an § 10a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 4 AsylbLG. Danach folge die örtliche Zuständigkeit dem gewöhnlichen Aufenthaltsort. Da die ausländerrechtliche Zuweisung des Herrn P. an die Stadt X. nach wie vor gelte, sei der Beklagte zuständig. Im Übrigen habe der Beigeladene bereits am 26.03.2009 von dem Hilfefall erfahren, so dass seit diesem Zeitpunkt kein Nothelferanspruch mehr bestehe, sondern lediglich der Anspruch der Klägerin gegen den Hilfebedürftigen selbst. Jedenfalls aber sei der Krankenhausaufenthalt des Herrn P. für die Zeit vom 25.03.bis 05.05.2009 auf der Basis einer anderen Fallpauschale abgerechnet worden, als der Zeitraum vom 06.05. bis 18.05.2009, so dass schon aus diesem Grund ein Erstattungsanspruch gegen den Beigeladenen für die Zeit vom 06.05. bis 18.05.2009 nicht bestehe.

Das Gericht hat die Ausländerakte des Herrn D. P. beigezogen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten und des Beigeladenen verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Eine Verurteilung des Beigeladenen konnte erfolgen, weil die Voraussetzungen analog § 75 Abs. 5, 3. Alt. Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegen. Zwar kann nach der Vorschrift in unmittelbarer Anwendung nur ein Träger der Sozialhillfe verurteilt werden. Sie ist jedoch auf Träger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz analog anzuwenden, da es sich hierbei um sozialhilfeähnliche, steuerfinanzierte Leistungen handelt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2006, L 7 AY 3106/06 ER-B = juris, Rdnr. 10). Hierbei kann es dahin stehen, ob eine unechte notwendige Beiladung (dazu, dass eine Verurteilung eine unechte notwendige Beiladung voraussetzt, etwa Breitkreuz, in: ders./Fichte, SGG, § 75 Rdnr. 21) bereits im schriftlichen Verfahren mit Beschluss vom 18.01.2010 erfolgt ist, was angesichts des Beschlusstenors, der auf § 75 Abs. 1 SGG abgestellt, zweifelhaft erscheint. Denn jedenfalls hat die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22.10.2010 durch Beschluss eine unechte notwendige Beiladung nachgeholt. Es steht einer Verurteilung des Beigeladenen weiter nicht entgegen, dass ein Widerspruchsbescheid in jenem Verfahren bislang nicht ergangen ist. Kann nämlich eine Verurteilung nach § 75 Abs. 5 SGG erfolgen, ohne dass ein Vorverfahren durchgeführt worden ist (siehe nur Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 75 Rdnr. 18b m.w.N.), so muss dies erst Recht gelten, wenn ein Vorverfahren noch andauert. Entscheidend ist allein, dass die ablehnende Entscheidung des Beigeladenen noch nicht bestandskräftig ist. Dies ist der Fall, da ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen und das Vorverfahren damit noch nicht abgeschlossen ist.

Grundlage für den Anspruch der Klägerin ist § 25 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) analog. Die Voraussetzungen für eine Gesetzesanalogie, nämlich planwidrige Regelungslücke und Vergleichbarkeit des geregelten mit dem ungeregelten Sachverhalt (vgl. insoweit nur BSG, Urteil vom 27.06.2007, B 6 KA 24/06 R = juris, Rdnr. 18 m.w.N.; Urteil vom 31.05.2006, B 6 KA 62/04 R = juris, Rdnr. 14 m.w.N.), liegen vor. Es fehlt eine entsprechende Regelung für die Erbringung von Leistungen in einem Eilfall, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Asylbewerberleistungen nicht zu erbringen gewesen wären und angesichts der Ähnlichkeit dieser steuerfinanzierten (s.o.) Leistungen ist auch eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte gegeben (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.03.2007, L 23 B 27/06 AY PKH = juris, Rdnr. 4; SG B., Urteil vom 20.11.2007, S 20 SO 67/06, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de; für die Vorgängerregelung des § 121 Satz 1 BSHG bereits OVG Münster, Urteil vom 05.12.2000, 22 A 3164/99 = juris, Rdnr. 16 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 11.06.2003, 4 LB 583/02 = juris, Rdnr. 10; OVG Berlin, Urteil vom 25.11.2004, 6 B 17/02 = juris, Rdnr. 16 ff.).

Die Voraussetzungen analog § 25 SGB XII Satz 1 SGB XII liegen vor. Die Klägerin hat als Trägerin des Universitätsklinikums in der Zeit vom 25.03.2009 bis 18.05.2009 Herrn P. in einem Eilfall Hilfe geleistet. Denn die Krankenhausbehandlung war eine Notfallbehandlung, wovon mittlerweile sämtliche Beteiligten ausgehen. Mit der Krankenbehandlung hat die Klägerin Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Asylbewerberleistungen vom Beigeladenen als Sachleistung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zu erbringen gewesen wären. Herr P. war zum Zeitpunkt der Behandlung als vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG grundsätzlich anspruchsberechtigt. Dass dem Anspruch Einkommen oder Vermögen im Sinne von § 7 AsylbLG entgegengestanden haben könnten, ist weder vorgetragen, noch ansatzweise ersichtlich, zumal Herr P. bereits im Jahr 2006 vom Beklagten Asylbewerberleistungen bezogen hatte.

Die Leistungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG wären nicht vom Beklagten, sondern vom Beigeladenen zu erbringen gewesen. Dies ergibt sich aus § 10a Abs. 2 AsylbLG, der bezüglich der Zuständigkeit für Leistungen in Einrichtungen, die der Krankenbehandlung dienen, gegenüber der Zuständigkeitsregelung in § 10a Abs. 1 AsylbLG eine Spezialregelung trifft. Die Voraussetzungen von § 10a Abs. 2 AsylbLG liegen vor. Es geht bei den von der Klägerin erbrachten Leistungen um solche nach dem AsylbLG, die in Einrichtungen erbracht werden, die der Krankenbehandlung dienen (dazu, dass hiermit jedenfalls die stationäre Aufnahme gemeint ist, siehe Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 10a AsylbLG Rdnr. 13). Auch hatte Herr P. zum Zeitpunkt der Aufnahme im Klinikum am 25.03.2009 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Beigeladenen. Als gewöhnlicher Aufenthalt in diesem Sinne gilt nach der Legaldefinition in § 10a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG der Ort, an dem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Angesichts des Umstandes, dass Herr P. vom Beklagten bereits unter dem 04.11.2008 nach unbekannt abgemeldet worden war und er bereits am 22.03.2010 in der Stadt B. angetroffen worden war, besteht für die Kammer kein Zweifel, dass dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum maßgeblichen Zeitpunkt am 25.03.2010 in B. hatte.

Dem steht auch nicht die Vorschrift des § 10a Abs. 3 Satz 4 AsylbLG entgegen. Danach gilt der Bereich der Zuweisung nach § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG als sein gewöhnlicher Aufenthalt. Zwar war Herr P. aufgrund der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.08.1992 der Stadt X. zugewiesen. Diese Zuweisungsentscheidung war jedoch zum Zeitpunkt des Sturzes aus dem Fenster gegenstandslos. Denn eine erteilte Zuweisungsentscheidung wird durch Ausreise des Ausländers unwirksam (OVG Münster, Beschluss vom 07.03.2008, 18 B 40/08 = juris, Rdnr. 10 mit zahlreichen Nachweisen; noch enger LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.01.2006, L 20 B 11/05 AY ER = juris, Rdnr. 15: Zuweisungsentscheidung erledigt sich bereits nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens; ähnlich Wahrendorf, a.a.O., § 10a AsylbLG Rdnr. 9; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2010, L 15 AY 2/10 B ER = juris, Rdnr. 14). Herr P. aber hatte bereits nach Abschluss des ersten Asylverfahrens das Land verlassen und war 2006 erneut eingereist. Es kann auch nicht argumentiert werden, durch die unter dem 06.02.2008 erteilte Duldung sei eine Zuständigkeit des Beklagten (wieder) begründet worden. Denn ist die Zuweisungsentscheidung aus dem Jahr 1992 durch die Ausreise von Herrn P. gegenstandslos geworden, so kann sie nicht durch eine nach erneuter Einreise erteilte Duldung gewissermaßen wieder aufleben. Selbst für diesen Fall aber hätte sich die lediglich bis 30.06.2008 erteilte Duldung zum Zeitpunkt des Sturzes aus dem Fenster durch Zeitablauf erledigt.

Dem Anspruch der Klägerin gegen den Beigeladenen steht schliesslich nicht entgegen, dass der Beigeladene bereits am 26.03.2009 (bzw. spätestens mit dem Erstattungsbegehren am 07.05.2009) Kenntnis vom Hilfefall hatte. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass der Nothelferanspruch nach dem Wortlaut des § 25 Satz 1 SGB XII (analog) nur besteht, soweit Sozialhilfe (bzw. Asylbewerberleistungen) nicht rechtzeitig einsetzen konnten ("bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe"). Daraus indessen abzuleiten, dass ein Anspruch nur bis zum dem Zeitpunkt besteht, zu dem der Träger der Sozialhilfe Kenntnis vom Hilfefall erhält (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2007, L 7 SO 5195/06 = juris Rdnr. 18 ff.; zur Vorgängerregelung des § 121 Satz 1 BSHG bereits BVerwG, Urteil vom 02.04.1987, 5 C 67/84 = juris Rdnr. 17 ff.) hält die Kammer in Konstellationen wie der vorliegenden für zu weitgehend. Denn diese Betrachtungsweise würde dem Umstand nicht gerecht, dass es sich um eine einheitliche Krankenhausbehandlung des Herrn P. durch die Klägerin gehandelt hat. Sie würde zudem einen einheitlichen Lebenssachverhalt aufspalten und es der Klägerin aufbürden, Ansprüche, die aus diesem einheitlichen Lebenssachverhalt resultieren, gegenüber zwei Anspruchsgegnern (dem örtlichen zuständigen Träger für Asylbewerbeleistungen für den 25.03.2009 sowie Herrn P. für den Anspruch ab 26.03. bis 18.05.2009) geltend zu machen bzw. durchzusetzen). Deshalb erscheint es in Fällen, in denen eine begonnene Krankenhausbehandlung noch andauert, sachgerecht, dass der örtliche Träger der Sozialhilfe (bzw. - wie hier - von Asylbewerberleistungen) die gesamten Behandlungskosten für diese einheitliche Krankenhausbehandlung trägt, und zwar unabhängig davon, ob die Krankenhausbehandlung auf der Grundlage zweier unterschiedlicher Fallpauschalen abgerechnet wird (auf die Abrechnung nach der zu Grunde liegenden Fallpauschale abstellend SG B., Urteil vom 11.11.2008, S 20 SO 73/07 = juris, Rdnr. 25 ff.). Den von der herrschenden Auffassung geschilderten Bedenken, dies könne zu einer ausufernden Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers führen (vgl. BVerwG, a.a.O. Rdnr. 18), läßt sich nach Auffassung der Kammer dadurch begegnen, dass der Eintritt einer Zäsur - etwa in Gestalt einer sich an den Krankenhausaufenthalt anschließenden Rehabilitation oder ambulanten Behandlung - die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers beendet.

Es ergibt sich schliesslich keine Pflicht der Klägerin zur Tragung der für die Behandlung von Herrn P. aufgewendeten Krankenbehandlungskosten auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht.

Auch sind die Voraussetzungen des § 25 Satz 2 SGB XII analog erfüllt. Die Klägerin hat ihren Erstattungsanspruch noch während des stationären Aufenthalts des Herrn P. (nämlich am 07.05.2009) und damit innerhalb angemessener Frist bei dem Beigeladenen als zuständigem Träger für Asylbewerberleistungen angemeldet.

Grundlage für den Anspruch auf Prozesszinsen sind die Vorschriften der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog. Jedenfalls für sozialrechtliche Streitigkeiten, an denen Kostenprivilegierte nicht beteiligt sind, finden diese Regelungen analoge Anwendung (BSG, Urteil vom 28.09.2005, B 6 KA 71/04 R = juris, Rdnr. 38 ff.; BSG, Urteil vom 23.03.2006, B 3 KR 6/05 R = juris, Rdnr. 15 ff.; SG B., Urteil vom 20.11.2007, S 20 SO 67/06, a.a.O.; a.A. Leitherer, a.a.O., § 94 Rdnr. 5a: Keine allgemeine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Streitigkeiten, die von § 197a SGG erfasst werden). Allerdings sind die Vorschriften der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB im Hinblick auf den Anspruch auf Prozesszinsen gegen den Beigeladenen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Auffassung der Kammer teleologisch zu reduzieren. Prozesszinsen sind im Grunde ein Risikozuschlag, den der Schuldner zu entrichten hat, wenn er sich auf einen Prozess einläßt und unterliegt (BGH, Urteil vom 14.01.1987, IVb ZR 3/86 = juris, Rdnr. 3; Löwisch, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2004, § 291 Rdnr. 1). Ein "Unterliegen" kann dem Beigeladenen frühestens zu dem Zeitpunkt drohen, zu dem eine unechte notwendige Beiladung erfolgt ist, weil nur in diesem Fall eine Verurteilung des Beigeladenen in Betracht kommt (§ 75 Abs. 5 SGG). Im vorliegenden Fall indessen ist eine unechte notwendige Beiladung nicht mit Zustellung des Beiladungsbeschlusses vom 18.01.2010 am 25.01.2010 erfolgt, weil der Beschluss ausweislich des Beschlusstenors nur eine einfache Beiladung vorsah. Der "Eintritt der Rechtshängigkeit" gegenüber dem Beigeladenen im Sinne von § 291 BGB ist daher erst mit dem in der mündlichen Verhandlung geänderten Beiladungsbeschluss vom 22.10.2010 erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Kammer folgt der Rechtsprechung des 8. Senats des Bundessozialgerichts (BSG, Beschluss vom 11.06.2008, B 8 SO 45/07 B = juris, Rdnr. 7 ff.; BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 4/08 R = juris, Rdnr. 15; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2007, L 7 SO 5195/06 = juris, Rdnr. 23) nicht darin, dass es sich bei der geforderten Leistung um eine "Sozialleistung im weiteren Sinne" handelt, mit der Folge, dass die Kostenregelung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG Anwendung findet. Sie schliesst sich vielmehr der 20. Kammer des Sozialgerichts B. an, die zu Recht darauf hinweist, dass Konstellationen wie die vorliegende vergleichbar sind mit Streitigkeiten eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse wegen Behandlung eines Versicherten. In beiden Fällen handelt es sich um eine Sachleistung, nämlich die Krankenhausbehandlung. Empfänger dieser Sachleistung ist der Hilfebedürftige bzw. der Krankenhauspatient. Zahlt der Sozialhilfeträger bzw. die Krankenkasse für die Erfüllung des Primäranspruchs des Hilfeempfängers Aufwendungsersatz bzw. Vergütung, wird das Krankenhaus nicht zum Leistungsempfänger im Sinne von § 183 SGG (SG B., Urteil vom 24.11.2009, S 20 SO 95/08, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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