S 70 AL 2649/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
70
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 2649/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er im Zeitraum 01.12.1987-27.01.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei tätig gewesen ist.

Der 1965 geborene Kläger war ab dem 01.12.1987 bei der Beigeladenen zu 2. erwerbstätig. Bei der Beigeladenen zu 2. handelt es sich um eine GmbH, deren einzige Gesellschafter seine Eltern waren.

Durch Bescheid vom 27. Oktober 2004 teilte die Beigeladene zu 1. als für den Kläger zuständige Krankenkasse diesem mit, dass sein Versicherungsverhältnis als kaufmännischer Leiter bei der Beigeladenen zu 2. geprüft worden sei. Sie stellte in dem Bescheid u. a. fest, dass für den Kläger ab dem 01.07.1995 weiterhin Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden habe. In dem Bescheid wurde umfangreich dargelegt, warum von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgegangen wird. Der Kläger wurde am Ende darauf hingewiesen, dass er gem. § 336 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die Zustimmung der Agentur für Arbeit zu dem Feststellungsbescheid beantragen könne. Dieser Feststellungsbescheid wurde bestandskräftig.

Der Kläger begehrte mit Formularantrag vom 21. Januar 2005 die Zustimmungserklärung der Bundesanstalt für Arbeit zu dem Feststellungsbescheid der Krankenkasse. Auf diesen Antrag erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Dezember 2005 die Zustimmung zu dem Feststellungsbescheid vom 27. Oktober 2004 für die Zeit ab dem 01.12.1987.

Durch Schreiben seines Bevollmächtigten vom 16. Januar 2006 legte der Kläger Widerspruch gegen den Zustimmungsbescheid der Beklagten ein. Er machte zur Begründung geltend, dass es sich bei seiner Tätigkeit nicht um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt habe und die Zustimmung zu dem Feststellungsbescheid daher zu Unrecht erteilt worden sei.

Im laufenden Widerspruchsverfahren erließ die Beklagte den Änderungsbescheid vom 19. Juni 2006. Darin schränkte sie die Zustimmung zu dem Feststellungsbescheid auf den Zeitraum 01.12.1987-27.01.2005 ein. Die Beklagte vertrat nunmehr die Auffassung, dass ab dem 28.01.2005 aufgrund einer wesentlichen Änderung der Umstände der Tätigkeit nicht mehr von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen sei.

Mit dem Widerspruchsbescheid vom 04. Juli 2006 wies sie den Widerspruch nach Erteilung des Änderungsbescheides als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 04. August 2006 bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Er verfolgt damit sein Begehren weiter. Zur Klagebegründung macht er im Wesentlichen geltend: Er sei auch im Zeitraum 01.12.1987-27.01.2005 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die näheren Umstände seiner Tätigkeit in dem Familienunternehmen seiner Eltern sprächen dagegen. Das sei durch die Beklagte nicht hinreichend gewürdigt worden. Er sei seit 01.12.1987 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei.

Der Kläger beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juli 2006 aufzuheben,

2. festzustellen, dass er im Zeitraum 01.12.1987 bis 27.01.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, der Kläger sei bis zum 27.01.2005 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Daher sei dem Bescheid der Krankenkasse insoweit zuzustimmen gewesen. Insbesondere sei der Kläger nicht an der GmbH beteiligt gewesen und habe kein Unternehmensrisiko getragen. Er habe auch nicht als einziger Mitarbeiter über das erforderliche Fachwissen verfügt, sondern auch sein Vater als Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer. Erst ab dem 28.01.2005 habe sich aufgrund einer wesentlichen Änderung der Umstände keine Versicherungspflicht des Klägers ergeben, da er der GmbH ein Darlehen in Höhe von 155.000,00 Euro gewährt habe.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht zulässig und war daher abzuweisen.

Der Klage gegen den Zustimmungsbescheid vom 15. Dezember 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19. Juni 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 04. Juli 2006 fehlt es an der Klagebefugnis. Insoweit kann der Kläger nicht geltend machen, durch diese Verwaltungsakte beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Denn der Kläger hat im Verwaltungsverfahren gem. § 336 SGB III in der Fassung bis zum 31.12.2004 (a. F.) die Zustimmung zu dem Feststellungsbescheid der Krankenkasse beantragt. Diesem Antrag wurde mit den angefochtenen Bescheiden für den Zeitraum 01.12.1987-27.01.2005 in vollem Umfang stattgegeben. Es handelt sich bei der Erteilung der Zustimmung nach § 336 SGB III a. F. um einen den Kläger ausschließlich begünstigenden Verwaltungsakt, so dass eine Verletzung eigener Rechte offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil v. 27.01.1977, 7 RAr 17/76 = BSGE 43, 134, 141). Klagebefugt wäre der Kläger nur, wenn er die Ablehnung der Zustimmung für den Zeitraum ab dem 28.01.2005 anfechten würde (vgl. für den Rechtsschutz bei Ablehnung: z. B. LSG Bayern, Urteil v. 07.07.2005, L 10 AL 11/04, zitiert nach sozialgerichtsbarkeit.de; Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand: 12/03, § 336 Rn. 17; Niesel in: Niesel, SGB III, 2. Aufl., § 336 Rn. 16). Die Ablehnung der Zustimmung zum Feststellungsbescheid wird jedoch durch den Kläger vorliegend nicht angefochten, sondern ausschließlich die Zustimmung betreffend den Zeitraum ab dem 01.12.1987.

Dass die Zustimmung nach § 336 SGB III a. F. den Betroffenen nur begünstigt und insoweit eine Beschwer daher nicht denkbar ist, folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Mit dieser Regelung sollten nämlich die Betroffenen Vertrauensschutz hinsichtlich der Frage bekommen, ob sie in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen und damit - bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen - im Falle der Arbeitslosigkeit Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III haben (BT-Drs. 13/1491 S. 213; Niesel in: a. a. O., Rn. 2). Der Betroffene kann daher durch einen Zustimmungsbescheid nur begünstigt sein, da er damit Vertrauensschutz hinsichtlich etwaiger Entgeltersatzansprüche nach dem SGB III erhält. Ist er dagegen bereits mit dem Feststellungsbescheid der Krankenkasse oder des Rentenversicherungsträgers nicht einverstanden - so wie hier offensichtlich der Fall - muss er gegen diesen Bescheid vorgehen.

Auch die begehrte Feststellung, dass der Kläger im Zeitraum 01.12.1987-27.01.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei gewesen sei, ist nicht zulässig. Denn das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 55 Abs. 1 SGG) ist nicht gegeben, wenn der erstrebten Feststellung ein denselben Gegenstand regelnder bindender Verwaltungsakt entgegensteht (BSG, Urteil v. 06.02.1992, Az. 12 RK 15/90; Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 55 Rn 3d). Hier liegt eine bestandskräftige Entscheidung über die sozialversicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers in Gestalt des Feststellungsbescheides der Beigeladenen zu 1. vom 27.10.2004 vor. Der Kläger kann nicht über den Umweg der Feststellungsklage gegen die Beklagte die Bestandskraft jenes Feststellungsbescheides beseitigen.

Nach alledem war die Klage insgesamt unzulässig und daher in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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