Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 582/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 222/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
deutsch-tschechischeas Regierungsabkommen, Arbeitsgenehmigung für Nato-Projekt
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.04.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Teilnahme der Klägerin an der Ausführung der Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten Nato-Sicherheits-Investitionsprogramms dem Zulassungsverfahren nach der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen und Slowakischen Republik über die Entsendung tschechoslowakischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen in der Form der Bekanntmachung über die Fortgeltung der deutsch-tschechoslowakischen Verträge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik vom 24.03.1993 (im Folgenden Deutsch-Tschechische Vereinbarung, BGBl. 1993 II 178 ff, 762) und damit einer Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit unterlag bzw. unterliegt.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein tschechisches Bauunternehmen. Mit Schreiben vom 16.06.2005 teilte das Tschechische Verteidigungsministerium dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit, die Klägerin habe Interesse an der Bewerbung für die Durchführung eines von der NATO finanzierten Infrastrukturvorhabens. Die Klägerin erfülle die erforderlichen Voraussetzungen. Nach dem Schreiben des Staatlichen Hochbauamts A. (Vergabenummer 05 N 0395) waren Angebote mit hierfür erforderlichen weiteren Unterlagen für dieses Projekt bis 13.09.2005 abzugeben.
Mit Schreiben vom 15.07.2005 und 02.08.2005 bat die Klägerin die Beklagte um die Beantwortung folgender Fragen: (1) Welche Regeln gelten in dem Falle eines NATO-Projekts für die Tätigkeit der tschechischen Firmen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland? (2) Kann eine tschechische Baufirma im Wettbewerbserfolgsfalle eventuell einen Kontrakt direkt mit dem Bundesministerium für Verteidigung bzw. mit dem Staatlichen Hochbauamt A. abschließen? (3) Kann eine tschechische Firma diesbezüglich eine ARGE mit anderen tschechischen Unternehmen gründen und als ARGE anbieten? Sie gehe davon aus, im Fall einer internationalen NATO-Ausschreibung finde die Deutsch-Tschechische Vereinbarung keine Anwendung. Die Tätigkeit könne im Falle des Zuschlags genehmigungsfrei erbracht werden. Sie erwarte eine verbindliche Stellungnahme.
Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 10.08.2005. Im Rahmen der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung seien Werksvertragsarbeiten zugelassen. Die Voraussetzungen, das Zulassungsverfahren und die erforderlichen Vordrucke könnten dem Merkblatt 16a entnommen werden. Die beschriebene Tätigkeit - Bau einer Erdölleitung - falle unter § 1 Abs. 2 Nr. 23 der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980 und des NACE-CODES 45.21.7 und sei damit weiterhin genehmigungspflichtig. Soweit die angegebenen Arbeiten im Rahmen eines Werkvertrags zur Ausführung kämen, seien hinsichtlich der Zugehörigkeit des Vertragspartners zum Baugewerbe noch Klärungen erforderlich, wofür die Beklagte der Klägerin zur Verfügung stünde.
Nach einem mangels Vorliegens eines Hauptsacheverfahrens erfolglosen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat die Klägerin beim SG die Feststellung beantragt, dass die Teilnahme an der Ausführung der Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten Nato-Sicherheits-Investitions-programms, vergeben im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, entgegen der Entscheidung der Beklagten im Schreiben vom 10.08.2005 nicht dem Zulassungsverfahren der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung unterliege. Die NATO sei kein öffentlicher Auftraggeber mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, sondern eine supranationale Organisation der Vertragsstaaten, geführt durch den Nordatlantikrat mit Sitz in Brüssel. Die Aufträge würden auch durch die NATO vergeben, lediglich aus praktischen und rechtstechnischen Gründen erfolge die Vergabe durch das jeweilige Gastland. Die NATO-Mitgliedsstaaten, zu denen seit 1995 auch die Tschechische Republik gehöre, hätten sich am 12.01.1996 in dem Dokument AC/4-D/2261 über die Prozedur bei Vergabe von Aufträgen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms verbindlich geeinigt und in dessen Art 4 die Prinzipien der Nicht-Diskriminierung als eine Muss-Regel aufgenommen. Dieses Dokument sei zeitlich nach der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung abgeschlossen worden und habe damit Vorrang. Es seien wegen der hohen Anforderungsvoraussetzungen auch nur wenige ausländische Firmen im Bieterverfahren beteiligt, so dass eine Gefahr für den deutschen Arbeitsmarkt nicht bestünde. Die Klägerin habe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, da sie auch in der Zukunft gehindert sei, an solchen Ausschreibungen teilzunehmen.
Mit Urteil vom 12.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei sowohl unzulässig als auch unbegründet. Ein besonderes Interesse, naheliegende massive Schäden durch die deutlich gewordene Rechtsauffassung der Beklagten zu vermeiden, sei nicht erkennbar geworden. Es sei nicht schlüssig dargetan, an welchen im Bundesgebiet durchzuführenden NATO-finanzierten Bauprojekten die Klägerin interessiert und nicht zum Zug gekommen sei. Die Möglichkeit der späteren Erhebung einer Amtshaftungsklage sei kein berechtigtes Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage, zumal diese wenig erfolgversprechend erscheine. Die Klägerin habe auch von einer konkreten Bewerbung Abstand genommen. Die in dem Dokument AC/4-D/2261 geforderte Gleichbehandlung der Mitbewerber sei gewahrt, da Art 4a bis 4d dieses Dokuments die Genehmigungspflicht nach nationalem Recht nicht außer Acht ließen. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin werde diese keinesfalls häufiger im Bundesgebiet bei gewöhnlichen Bauprojekten tätig. Es sei nicht erkennbar, dass sie in nächster Zeit an NATO-finanzierten Bauvorhaben gerade im Bundesgebiet beteiligt sein wolle. Solche Projekte fielen erfahrungsgemäß nur in größeren zeitlichen Abständen an. Ein berechtigtes Interesse ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein, denn sie habe weder eine konkrete Maßnahme noch einen konkreten Schaden dargetan. Zudem seien bei einer vergeblichen Bewerbung die von der Klägerin verauslagten Kosten gering. Die Klage sei auch unbegründet. Bürger der mittelosteuropäischen Staaten (MOE-Staaten) benötigten auch nach dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union (EU) im Rahmen der Bautätigkeit eine Genehmigung nach § 284 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Das in den Art 4a bis 4d des Dokuments AC/4-D/2261 enthaltene Diskriminierungsverbot führe nicht dazu, dass Genehmigungspflichten nach nationalem Recht nicht mehr gelten würden. Der Nordatlantikvertrag modifiziere weder direkt noch indirekt den Zugang zum Arbeitsmarkt, bzw. die Dienstleistungsfreiheit.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zusätzlich vorgetragen, es bestehe ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Zwar wolle sie keine Amtshaftungsklage erheben, aber klar und verbindlich festgestellt haben, in welcher rechtlichen Situation sie sich bei künftigen Ausschreibungen befinde. Bei einer erneuten Ausschreibung eines Bauvorhabens könne die Klägerin ein obsiegendes Urteil vorlegen und ein "Negativzeugnis" der Beklagten einholen. Sie beabsichtige, sich für alle in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschriebenen NATO-finanzierten Bauprojekte zu bewerben. Soweit diese rechtlichen Hemmnisse 2011 wegfielen, sei festzustellen, dass die Ausführung von Arbeiten nicht dem Zulassungsverfahren unterlegen habe. Nach dem übersandten NATO-Sicherheitsinvestitionsprogramm Ziff. 5 ergebe sich, dass die Gastgebernation jede berechtigte Firma eines anderen beteiligten Landes zulassen müsse. Die Klägerin habe die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.04.2007, AZ: S 5 AL 582/06 wird aufgehoben.
2. Im Wege der Feststellungs- bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage wird festgestellt, dass die Teilnahme der Klägerin an der Ausführung der Rohleistungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms, vergeben im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, dieses vertreten durch Staatliches Hochbauamt A. entgegen der Entscheidung der Beklagten im Schreiben vom 10.08.2005 nicht dem Zulassungsverfahren nach der Regierungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die Entsendung tschechischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen und somit einer Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit unterlag.
3. Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Teilnahme der Klägerin an der Ausführung der Rohleistungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten NATO-Sicherheits-Investitions-programms, vergeben im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, dieses vertreten durch Staatliches Hochbauamt A. entgegen der Entscheidung der Beklagten im Schreiben vom 10.08.2005 bis zum Jahre 2011 nicht dem Zulassungsverfahren nach der Regierungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die Entsendung tschechischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen und somit einer Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.04.2007 - S 5 AL 582/06 - als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klage sei als vorbeugende Feststellungsklage unzulässig gewesen. Darüber hinaus auch unbegründet, das Diskriminierungsverbot in Art 4a bis 4d des Dokuments AC/4-D/2261 beseitige die Genehmigungspflicht nach nationalem Recht nicht, bei von der NATO finanzierten Aufträgen seien die arbeits- und zivilrechtlichen Bestimmungen des Mitgliedsstaats zu berücksichtigen. Das Diskriminierungsverbot wäre lediglich verletzt gewesen, wenn die Klägerin ausschließlich wegen ihrer Eigenschaft als "tschechisches Unternehmen" zurückgewiesen worden wäre. Dies sei aber nicht erfolgt. Die Arbeitsgenehmigungspflicht bestehe aufgrund einer bilateralen Vereinbarung mit Tschechien.
Die Beteiligten haben für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ihr Einverständnis erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, §§ 143, 144, 151 SGG. Sie ist aber nicht begründet, die von der Klägerin zum SG erhobene Feststellungsklage ist sowohl unzulässig als auch unbegründet.
Da der Senat eingehende Schriftsätze noch bis zur Zustellung (Hinausgabe der Entscheidung zur Post) zu berücksichtigen hatte (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 03.03.1994 - 1 RK 6/93 - SozR 3-1750 § 551 Nr.7), war er wegen des am 23.07.2010 bei Gericht eingegangenen Schreibens der Klägerin gehalten, erneut in die Beratung einzutreten und zu entscheiden. Hierbei konnte der Senat mit einer abweichenden Besetzung der ehrenamtlichen Richter entscheiden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 9. Aufl. 2008, § 124 Rdnr. 4b). Ob für eine Bindungswirkung ausreicht, dass die von den Richtern unterschriebene Urteilsformel an die Geschäftstelle übergeben und einem Beteiligten bekanntgegeben worden ist (vgl. Zeihe, SGG, 8.Aufl 2010, § 124 RdNr. 9d mwN) ist vorliegend nicht zu entscheiden, denn diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Statthafte Klageart für das ausdrücklich formulierte Begehren der Klägerin ist die Feststellungsklage nach § 55 SGG, denn sie begehrt die Feststellung, dass ihre Teilnahme an der Ausführung der Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten Nato-Sicherheits-Investitions-programms, nicht - bzw. hilfsweise bis zum Jahre 2011 nicht - dem Zulassungsverfahren nach der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung unterliegt bzw. unterlag.
Mit der Feststellungsklage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Ein Feststellungsinteresse kommt damit in Betracht bei (1) Präjudiziabilität, d.h., wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann, (2) Schadensinteresse, (3) Rehabilitationsinteresse sowie (4) Wiederholungsgefahr (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - SozR 4-1500 § 131 Nr 3 mwN).
Auch vergangene Rechtsverhältnisse können grundsätzlich Gegenstand der Feststellungsklage sein (vgl. Keller aaO § 55 Rdnr. 8 mwN). Vorliegend ist für das vergangene Rechtsverhältnis - die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit der von der Klägerin beabsichtigten werkvertraglichen Tätigkeiten an der Pipeline A. - ein Feststellungsinteresse aber nicht gegeben. Eine Präjudiziabilität für ein späteres Amtshaftungsverfahren liegt nicht vor, denn die Klägerin beabsichtigt nach ihrem eigenen Sachvortrag ein solches (weiteres) Verfahren nicht. Ebenso wenig ist ein Schadensinteresse gegeben, denn ihr ist mangels Abgabe eines Angebots kein Schaden entstanden und sie strebt nach der eigenen Angabe keine Schadensersatzklage i. eines Amtshaftungsverfahrens an. Für ein Rehabilitationsinteresse fehlt jeder Anhaltspunkt, insbesondere sind keine rechtlichen oder tatsächlichen Berührungspunkte mit dritten Personen betroffen. Es fehlt jegliche Außenwirkung des Handelns der Beklagten gegenüber Dritten. Auch eine Wiederholungsgefahr ist nicht ersichtlich. Die Klägerin behauptet nämlich nicht einmal, die NATO werde in naher Zukunft - oder überhaupt jemals wieder - Pipelinearbeiten im Rahmen eines Sicherheitsinvestitionsprogramms ausschreiben.
Soweit das Begehren der Klägerin über seinen Wortlaut hinaus unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsgrundsatzes" (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 04.02.1999 - SozR
3-6050 Art 71 Nr. 11 S 57) dahingehend auszulegen ist, sie begehre die Feststellung, dass jegliches in die Zukunft gerichtetes werkvertragliches Handeln ihrerseits im Rahmen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms genehmigungsfrei sei , handelt es sich um eine unzulässige vorbeugende Feststellungsklage. Eine solche liegt vor, wenn die Klage auf die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses abzielt, bei dem aufgrund einer Ankündigung durch die Beklagte eine belastende Maßnahme unmittelbar bevorsteht (Keller aaO § 55 Rdnr. 8c). Ein gegenwärtiges oder aktuelles Rechtsverhältnis besteht zwischen den Beteiligten aber nicht. Als solches werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem "konkreten Sachverhalt" oder aufgrund einer "diesen Sachverhalt" betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm u.a. für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander ergeben (BSG, Urteil vom 20.12.2001 - B 4 RA 50/01 R - veröffentlicht in juris). Soweit die Klägerin aber losgelöst von einem konkreten Antrag oder einer konkreten Ausschreibung die Frage des Bestehens einer Genehmigungspflicht bei werkvertraglichem Handeln im Rahmen von Projekten aus dem NATO-Sicherheits-Investitions-programm grundsätzlich geklärt wissen möchte, fehlt gerade jeder konkrete Sachverhalt oder aktuelle Bezug. Auch wenn die Klägerin im Berufungsverfahren trotz Kenntnis der erstinstanzlichen Entscheidung generalisierend mitgeteilt hat, sie beabsichtige sich auf alle Projekte im Rahmen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms zu bewerben, ist kein gegenwärtiger oder aktueller Rechtsbruch zu erkennen. Die Klägerin benennt nämlich keinen Sachverhalt, der Anlass geben könnte, die von ihr aufgeworfene Frage im Wege der Feststellungsklage zu klären. Sie hat nicht andeutungsweise dargelegt, dass Bemühungen ihrerseits oder das Vorliegen von für sie geeigneten Ausschreibungen aktuell das Bedürfnis zu einer klärenden Feststellung bieten könnten. Ohne Darlegung eines solchen konkreten Sachverhaltes begehrt sie aber nicht die Feststellung von Rechten und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Vielmehr läuft ihr Begehren auf die Beantwortung einer abstrakten von jeder akuten Lebenswirklichkeit losgelösten Rechtsfrage ähnlich einer Popularklage hinaus.
Es fehlt zudem für eine solche in die Zukunft gerichtete Feststellungsklage am Feststellungsinteresse i. einer Wiederholungsgefahr. Die noch im Jahre 2010 eventuell im Rahmen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms ausgeschriebenen Vorhaben werden unter Berücksichtigung des Bieterverfahrens keinesfalls vor 2011 und somit vor Ende der Genehmigungspflichtigkeit der werkvertraglichen Arbeiten erfolgen.
Aber auch soweit man die Klage - entgegen der Auffassung des Senats - als zulässig ansehen wollte, ist diese unbegründet. Die von der Klägerin zukünftig beabsichtigten werkvertraglichen Arbeiten unterliegen bis 01.05.2011 der Genehmigungspflicht durch die Beklagte im Rahmen der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung.
Nach der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Entsendung tschechoslowakischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen (BGBl. 1993 II 178) wurde tschechoslowakischen Arbeitnehmern, die auf der Grundlage eines Werkvertrags zwischen einem tschechoslowakischen Arbeitgeber und einem in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Unternehmen für eine vor-übergehende Tätigkeit entsandt wurden, eine Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und der Entwicklung des Arbeitsmarkts erteilt. Nach Art 5 Abs. 2 der Vereinbarung fanden die einschlägigen Rechtsvorschriften über die Erteilung und Versagung sowie über das Erlöschen der Arbeitserlaubnis (§§ 284 ff SGB III) Anwendung.
Nach der Bekanntmachung über die Fortgeltung der deutsch-tschechoslowakischen Verträge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik vom 24.03.1993 haben sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der Tschechischen Republik darauf verständigt, die zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik geschlossenen Verträge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik solange weiter anzuwenden, bis beide Seiten etwas Abweichendes vereinbaren (BGBl. 1993 II 762). Eine solche abweichende Vereinbarung haben die beteiligten Länder noch nicht abgeschlossen.
Nach dem Beitritt Tschechiens zur EU zum 01.05.2004 (vgl. BT-Drucks. 15/2078 6) genießen tschechische Unternehmen zwar die sich aus dem Art 49 EG-Vertrag (EGV) ergebende Dienstleistungsfreiheit und sind damit grundsätzlich in der Lage, in Deutschland grenzüberschreitend Dienstleistungen anzubieten und zu erbringen. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von ihrem Recht nach Art 24 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (vgl. Abl - EU L 236 vom 23.09.2003; im Folgenden: Beitrittsakte) Gebrauch gemacht, die Freizügigkeit für alle MOE-Beitrittsstaaten - und damit auch für Tschechien - einzuschränken (vgl. Anhang V: Liste nach Artikel 24 der Beitrittsakte: Tschechische Republik Nr. 13).
Die Beitrittsakte ist dabei Primärrecht und macht insoweit wirksam Ausnahmen von den Grundfreiheiten der Art 39 und 49 EGV, die ansonsten aber uneingeschränkt für Bürger der Beitrittsstaaten gelten (jeweiliger Anhang I zu Art 24 Beitrittsakte). Für eine Übergangsperiode von maximal zwei + drei + zwei Jahren - also maximal sieben Jahren (somit bis 01.05.2011) hat Deutschland die Freizügigkeit und die Aufnahme einer Beschäftigung in den EU-Altstaaten gegenüber den MOE-Beitrittsstaaten eingeschränkt (vgl. zu alldem: Bieback in Gagel, SGB III, Vor § 284 Rdnr. 81). Dies gilt für folgende Dienstleistungssektoren
Sektor NACE-Code (ABl. L6 vom 10.01.2002, 3)
Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige 45.1 bis 4; im Anhang zur Richtlinie 96/71 EG aufgeführte Tätigkeiten
Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln 74.70 Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln
Sonstige Diensleistungen 74.87 Nur Tätigkeiten von Innendekorateuren
Nach der Verordnung (EG) Nr. 29/2002 der Kommission vom 19. Dezember 2001 zur Änderung der Verordnung(EWG) Nr. 3037/90 des Rates betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE-Code, ABl. L6 vom 10.01.2002) fallen unter Nr. 45.1. bis 4 folgende Tätigkeiten:
45.1 Vorbereitende Baustellenarbeiten
45.11 Abbruch-, Spreng- und Erdbewegungsarbeiten
45.12 Test- und Suchbohrung
45.2 Hoch- und Tiefbau
45.21 Hochbau, Brücken- und Tunnelbau u. Ä.
45.22 Zimmerei, Dachdeckerei, Bauspenglerei und Abdichtungen
45.23 Bau von Straßen, Bahnverkehrsstrecken, Rollbahnen und Sportanlagen
45.24 Wasserbau
45.25 Sonstiger spezialisierter Hoch- und Tiefbau
45.3 Bauinstallation
45.31 Elektroinstallation
45.32 Dämmung gegen Kälte, Wärme, Schall und Erschütterung
45.33 Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation
45.34 Sonstige Bauinstallation
45.4 Sonstiger Ausbau
45.41 Anbringen von Stuckaturen, Gipserei und Verputzerei
45.42 Bautischlerei und -schlosserei
45.43 Fußboden-, Fliesen- und Plattenlegerei, Tapeziererei
45.44 Malerei und Glaserei
45.45 Sonstiger Ausbau a.n.g.
Für diese Dienstleistungssektoren ist somit die Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt, es finden über Art 5 Abs. 2 der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung die einschlägigen Rechtsvorschriften über die Erteilung und Versagung sowie über das Erlöschen der Arbeitserlaubnis (§§ 284 ff SGB III) Anwendung. Nach § 284 Abs. 1 SGB III dürfen u.a. Staatsangehörige aus der Tschechischen Republik ein Beschäftigung nur mit Genehmigung des Bundesagentur für Arbeit ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen. Die Genehmigung wird nach § 284 Abs. 2 SGB III i.d.R. befristet als Arbeitserlaubnis - EU erteilt. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch grundsätzlich kein Streit.
Das von der Klägerin geschilderte Vorhaben der Ausführung von Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. unterfällt unter Berücksichtigung der Vorschriften des NACE-Codes weiterhin der Genehmigungspflicht, was ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Genehmigungspflicht aber das von ihr zitierte NATO-Dokument AC/4-D/2261 nicht entgegen, denn sie kann aus Art 5 des Dokuments keine weiteren Rechte für sich herleiten. Ein Verstoß gegen Art 5 liegt nämlich nicht vor. Die Klägerin hätte grundsätzlich - nur eben nicht genehmigungsfrei - an der Ausschreibung teilnehmen können. Nach der Nr. 4 a dieses Dokuments müssen die Gastländer bei einer internationalen Ausschreibung ("International Competitive Bidding "ICB") sicherstellen, dass die in Frage kommenden Unternehmen aller Teilnehmerländer die gleichen Chancen erhalten und dass die Angebote aller in Frage kommender Wettbewerber in der gleichen Weise behandelt werden ("Principle of Non-Discrimination"). Zur Auffassung des Senats kann sich die Klägerin schon nicht auf dieses Diskriminierungsverbot berufen. Art 4a des NATO - Dokuments AC/4-D/2261 entfaltet gegenüber einem Unternehmen eines Mitgliedsstaat keine unmittelbar wirkenden Ansprüche oder Leistungsrechte, sondern wirkt nur für und gegen die Mitgliedsstaaten. Art 4a des NATO-Dokuments AC/4-D/2261 enthält in Form eines Programmsatzes eine generelle, abstrahierte und damit gerade keine klare und eindeutige Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, deren Erfüllung oder Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängt (so vergleichbar für die unmittelbare Wirkung von Vorschriften des EGV; EuGH, Urteil vom 21.10.2003 - C 317/01 "Abatay", C 369/01 "Sahin" - SozR 4-6938 Art 13 Nr. 1). Bestätigt sieht sich der Senat in dieser Auffassung durch die Funktion der NATO als Militärbündnis, verbunden mit einer militärischen Beistandspflicht nach Art 5 des Nordatlantikvertrags, und gerade nicht als Zusammenschluss verschiedener Länder mit dem Ziel der wirtschaftlichen Annäherung und Überwindung von Handels- und Dienstleistungsschranken. Die NATO verfolgt gänzlich andere Ziele und Interessen als die EU.
Aber auch eine unmittelbare Wirkung des Art 4 des NATO-Dokuments AC/4-D/2261 unterstellt, ist die Berufung der Klägerin nicht begründet. Eine Diskriminierung der Klägerin liegt durch das Erfordernis einer Genehmigung durch die Beklagte nicht vor. Einem Diskriminierungsverbot bzw. einem Gleichbehandlungsanspruch ist es immanent, dass damit nicht jegliche unterschiedliche Behandlung unterschiedlicher Lebenssachverhalte untersagt wird, sondern eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (vgl. Jarass in
Jarass/Pieroth GG 8. Aufl. Art 3 Rdnr. 4 mwN). Notwendig ist damit ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung. Vorliegend benötigt die Klägerin aber nicht allein deshalb einer Genehmigung, weil sie (lediglich) ein tschechisches Unternehmen ist, sondern weil aufgrund der oben ausgeführten bilateralen und multilateralen Abkommen und Vereinbarungen die Regelungen der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung zumindest noch für eine verbleibende Übergangszeit Anwendung finden. Damit ist ein berechtigender sachlicher Grund für eine Unterscheidung zwischen der Klägerin als tschechischem Unternehmen und einem Unternehmens eines anderen Mitgliedsstaates der NATO gegeben. Dieser liegt in den mit Willen und Einverständnis der Tschechischen Republik abgeschlossenen Vereinbarungen und einer sich aus diesen Abkommen ergebenden derzeit noch bestehenden Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit in dem von der Klägerin benannten Dienstleistungssektor.
Nach all dem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Teilnahme der Klägerin an der Ausführung der Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten Nato-Sicherheits-Investitionsprogramms dem Zulassungsverfahren nach der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen und Slowakischen Republik über die Entsendung tschechoslowakischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen in der Form der Bekanntmachung über die Fortgeltung der deutsch-tschechoslowakischen Verträge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik vom 24.03.1993 (im Folgenden Deutsch-Tschechische Vereinbarung, BGBl. 1993 II 178 ff, 762) und damit einer Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit unterlag bzw. unterliegt.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein tschechisches Bauunternehmen. Mit Schreiben vom 16.06.2005 teilte das Tschechische Verteidigungsministerium dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit, die Klägerin habe Interesse an der Bewerbung für die Durchführung eines von der NATO finanzierten Infrastrukturvorhabens. Die Klägerin erfülle die erforderlichen Voraussetzungen. Nach dem Schreiben des Staatlichen Hochbauamts A. (Vergabenummer 05 N 0395) waren Angebote mit hierfür erforderlichen weiteren Unterlagen für dieses Projekt bis 13.09.2005 abzugeben.
Mit Schreiben vom 15.07.2005 und 02.08.2005 bat die Klägerin die Beklagte um die Beantwortung folgender Fragen: (1) Welche Regeln gelten in dem Falle eines NATO-Projekts für die Tätigkeit der tschechischen Firmen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland? (2) Kann eine tschechische Baufirma im Wettbewerbserfolgsfalle eventuell einen Kontrakt direkt mit dem Bundesministerium für Verteidigung bzw. mit dem Staatlichen Hochbauamt A. abschließen? (3) Kann eine tschechische Firma diesbezüglich eine ARGE mit anderen tschechischen Unternehmen gründen und als ARGE anbieten? Sie gehe davon aus, im Fall einer internationalen NATO-Ausschreibung finde die Deutsch-Tschechische Vereinbarung keine Anwendung. Die Tätigkeit könne im Falle des Zuschlags genehmigungsfrei erbracht werden. Sie erwarte eine verbindliche Stellungnahme.
Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 10.08.2005. Im Rahmen der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung seien Werksvertragsarbeiten zugelassen. Die Voraussetzungen, das Zulassungsverfahren und die erforderlichen Vordrucke könnten dem Merkblatt 16a entnommen werden. Die beschriebene Tätigkeit - Bau einer Erdölleitung - falle unter § 1 Abs. 2 Nr. 23 der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980 und des NACE-CODES 45.21.7 und sei damit weiterhin genehmigungspflichtig. Soweit die angegebenen Arbeiten im Rahmen eines Werkvertrags zur Ausführung kämen, seien hinsichtlich der Zugehörigkeit des Vertragspartners zum Baugewerbe noch Klärungen erforderlich, wofür die Beklagte der Klägerin zur Verfügung stünde.
Nach einem mangels Vorliegens eines Hauptsacheverfahrens erfolglosen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat die Klägerin beim SG die Feststellung beantragt, dass die Teilnahme an der Ausführung der Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten Nato-Sicherheits-Investitions-programms, vergeben im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, entgegen der Entscheidung der Beklagten im Schreiben vom 10.08.2005 nicht dem Zulassungsverfahren der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung unterliege. Die NATO sei kein öffentlicher Auftraggeber mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, sondern eine supranationale Organisation der Vertragsstaaten, geführt durch den Nordatlantikrat mit Sitz in Brüssel. Die Aufträge würden auch durch die NATO vergeben, lediglich aus praktischen und rechtstechnischen Gründen erfolge die Vergabe durch das jeweilige Gastland. Die NATO-Mitgliedsstaaten, zu denen seit 1995 auch die Tschechische Republik gehöre, hätten sich am 12.01.1996 in dem Dokument AC/4-D/2261 über die Prozedur bei Vergabe von Aufträgen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms verbindlich geeinigt und in dessen Art 4 die Prinzipien der Nicht-Diskriminierung als eine Muss-Regel aufgenommen. Dieses Dokument sei zeitlich nach der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung abgeschlossen worden und habe damit Vorrang. Es seien wegen der hohen Anforderungsvoraussetzungen auch nur wenige ausländische Firmen im Bieterverfahren beteiligt, so dass eine Gefahr für den deutschen Arbeitsmarkt nicht bestünde. Die Klägerin habe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, da sie auch in der Zukunft gehindert sei, an solchen Ausschreibungen teilzunehmen.
Mit Urteil vom 12.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei sowohl unzulässig als auch unbegründet. Ein besonderes Interesse, naheliegende massive Schäden durch die deutlich gewordene Rechtsauffassung der Beklagten zu vermeiden, sei nicht erkennbar geworden. Es sei nicht schlüssig dargetan, an welchen im Bundesgebiet durchzuführenden NATO-finanzierten Bauprojekten die Klägerin interessiert und nicht zum Zug gekommen sei. Die Möglichkeit der späteren Erhebung einer Amtshaftungsklage sei kein berechtigtes Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage, zumal diese wenig erfolgversprechend erscheine. Die Klägerin habe auch von einer konkreten Bewerbung Abstand genommen. Die in dem Dokument AC/4-D/2261 geforderte Gleichbehandlung der Mitbewerber sei gewahrt, da Art 4a bis 4d dieses Dokuments die Genehmigungspflicht nach nationalem Recht nicht außer Acht ließen. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin werde diese keinesfalls häufiger im Bundesgebiet bei gewöhnlichen Bauprojekten tätig. Es sei nicht erkennbar, dass sie in nächster Zeit an NATO-finanzierten Bauvorhaben gerade im Bundesgebiet beteiligt sein wolle. Solche Projekte fielen erfahrungsgemäß nur in größeren zeitlichen Abständen an. Ein berechtigtes Interesse ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein, denn sie habe weder eine konkrete Maßnahme noch einen konkreten Schaden dargetan. Zudem seien bei einer vergeblichen Bewerbung die von der Klägerin verauslagten Kosten gering. Die Klage sei auch unbegründet. Bürger der mittelosteuropäischen Staaten (MOE-Staaten) benötigten auch nach dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union (EU) im Rahmen der Bautätigkeit eine Genehmigung nach § 284 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Das in den Art 4a bis 4d des Dokuments AC/4-D/2261 enthaltene Diskriminierungsverbot führe nicht dazu, dass Genehmigungspflichten nach nationalem Recht nicht mehr gelten würden. Der Nordatlantikvertrag modifiziere weder direkt noch indirekt den Zugang zum Arbeitsmarkt, bzw. die Dienstleistungsfreiheit.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zusätzlich vorgetragen, es bestehe ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Zwar wolle sie keine Amtshaftungsklage erheben, aber klar und verbindlich festgestellt haben, in welcher rechtlichen Situation sie sich bei künftigen Ausschreibungen befinde. Bei einer erneuten Ausschreibung eines Bauvorhabens könne die Klägerin ein obsiegendes Urteil vorlegen und ein "Negativzeugnis" der Beklagten einholen. Sie beabsichtige, sich für alle in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschriebenen NATO-finanzierten Bauprojekte zu bewerben. Soweit diese rechtlichen Hemmnisse 2011 wegfielen, sei festzustellen, dass die Ausführung von Arbeiten nicht dem Zulassungsverfahren unterlegen habe. Nach dem übersandten NATO-Sicherheitsinvestitionsprogramm Ziff. 5 ergebe sich, dass die Gastgebernation jede berechtigte Firma eines anderen beteiligten Landes zulassen müsse. Die Klägerin habe die erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.04.2007, AZ: S 5 AL 582/06 wird aufgehoben.
2. Im Wege der Feststellungs- bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage wird festgestellt, dass die Teilnahme der Klägerin an der Ausführung der Rohleistungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms, vergeben im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, dieses vertreten durch Staatliches Hochbauamt A. entgegen der Entscheidung der Beklagten im Schreiben vom 10.08.2005 nicht dem Zulassungsverfahren nach der Regierungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die Entsendung tschechischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen und somit einer Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit unterlag.
3. Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Teilnahme der Klägerin an der Ausführung der Rohleistungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten NATO-Sicherheits-Investitions-programms, vergeben im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung, dieses vertreten durch Staatliches Hochbauamt A. entgegen der Entscheidung der Beklagten im Schreiben vom 10.08.2005 bis zum Jahre 2011 nicht dem Zulassungsverfahren nach der Regierungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die Entsendung tschechischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen und somit einer Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.04.2007 - S 5 AL 582/06 - als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klage sei als vorbeugende Feststellungsklage unzulässig gewesen. Darüber hinaus auch unbegründet, das Diskriminierungsverbot in Art 4a bis 4d des Dokuments AC/4-D/2261 beseitige die Genehmigungspflicht nach nationalem Recht nicht, bei von der NATO finanzierten Aufträgen seien die arbeits- und zivilrechtlichen Bestimmungen des Mitgliedsstaats zu berücksichtigen. Das Diskriminierungsverbot wäre lediglich verletzt gewesen, wenn die Klägerin ausschließlich wegen ihrer Eigenschaft als "tschechisches Unternehmen" zurückgewiesen worden wäre. Dies sei aber nicht erfolgt. Die Arbeitsgenehmigungspflicht bestehe aufgrund einer bilateralen Vereinbarung mit Tschechien.
Die Beteiligten haben für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ihr Einverständnis erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, §§ 143, 144, 151 SGG. Sie ist aber nicht begründet, die von der Klägerin zum SG erhobene Feststellungsklage ist sowohl unzulässig als auch unbegründet.
Da der Senat eingehende Schriftsätze noch bis zur Zustellung (Hinausgabe der Entscheidung zur Post) zu berücksichtigen hatte (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 03.03.1994 - 1 RK 6/93 - SozR 3-1750 § 551 Nr.7), war er wegen des am 23.07.2010 bei Gericht eingegangenen Schreibens der Klägerin gehalten, erneut in die Beratung einzutreten und zu entscheiden. Hierbei konnte der Senat mit einer abweichenden Besetzung der ehrenamtlichen Richter entscheiden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 9. Aufl. 2008, § 124 Rdnr. 4b). Ob für eine Bindungswirkung ausreicht, dass die von den Richtern unterschriebene Urteilsformel an die Geschäftstelle übergeben und einem Beteiligten bekanntgegeben worden ist (vgl. Zeihe, SGG, 8.Aufl 2010, § 124 RdNr. 9d mwN) ist vorliegend nicht zu entscheiden, denn diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Statthafte Klageart für das ausdrücklich formulierte Begehren der Klägerin ist die Feststellungsklage nach § 55 SGG, denn sie begehrt die Feststellung, dass ihre Teilnahme an der Ausführung der Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. im Rahmen der Durchführung von Vorhaben des gemeinsam finanzierten Nato-Sicherheits-Investitions-programms, nicht - bzw. hilfsweise bis zum Jahre 2011 nicht - dem Zulassungsverfahren nach der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung unterliegt bzw. unterlag.
Mit der Feststellungsklage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Ein Feststellungsinteresse kommt damit in Betracht bei (1) Präjudiziabilität, d.h., wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann, (2) Schadensinteresse, (3) Rehabilitationsinteresse sowie (4) Wiederholungsgefahr (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - SozR 4-1500 § 131 Nr 3 mwN).
Auch vergangene Rechtsverhältnisse können grundsätzlich Gegenstand der Feststellungsklage sein (vgl. Keller aaO § 55 Rdnr. 8 mwN). Vorliegend ist für das vergangene Rechtsverhältnis - die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit der von der Klägerin beabsichtigten werkvertraglichen Tätigkeiten an der Pipeline A. - ein Feststellungsinteresse aber nicht gegeben. Eine Präjudiziabilität für ein späteres Amtshaftungsverfahren liegt nicht vor, denn die Klägerin beabsichtigt nach ihrem eigenen Sachvortrag ein solches (weiteres) Verfahren nicht. Ebenso wenig ist ein Schadensinteresse gegeben, denn ihr ist mangels Abgabe eines Angebots kein Schaden entstanden und sie strebt nach der eigenen Angabe keine Schadensersatzklage i. eines Amtshaftungsverfahrens an. Für ein Rehabilitationsinteresse fehlt jeder Anhaltspunkt, insbesondere sind keine rechtlichen oder tatsächlichen Berührungspunkte mit dritten Personen betroffen. Es fehlt jegliche Außenwirkung des Handelns der Beklagten gegenüber Dritten. Auch eine Wiederholungsgefahr ist nicht ersichtlich. Die Klägerin behauptet nämlich nicht einmal, die NATO werde in naher Zukunft - oder überhaupt jemals wieder - Pipelinearbeiten im Rahmen eines Sicherheitsinvestitionsprogramms ausschreiben.
Soweit das Begehren der Klägerin über seinen Wortlaut hinaus unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsgrundsatzes" (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 04.02.1999 - SozR
3-6050 Art 71 Nr. 11 S 57) dahingehend auszulegen ist, sie begehre die Feststellung, dass jegliches in die Zukunft gerichtetes werkvertragliches Handeln ihrerseits im Rahmen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms genehmigungsfrei sei , handelt es sich um eine unzulässige vorbeugende Feststellungsklage. Eine solche liegt vor, wenn die Klage auf die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses abzielt, bei dem aufgrund einer Ankündigung durch die Beklagte eine belastende Maßnahme unmittelbar bevorsteht (Keller aaO § 55 Rdnr. 8c). Ein gegenwärtiges oder aktuelles Rechtsverhältnis besteht zwischen den Beteiligten aber nicht. Als solches werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem "konkreten Sachverhalt" oder aufgrund einer "diesen Sachverhalt" betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm u.a. für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander ergeben (BSG, Urteil vom 20.12.2001 - B 4 RA 50/01 R - veröffentlicht in juris). Soweit die Klägerin aber losgelöst von einem konkreten Antrag oder einer konkreten Ausschreibung die Frage des Bestehens einer Genehmigungspflicht bei werkvertraglichem Handeln im Rahmen von Projekten aus dem NATO-Sicherheits-Investitions-programm grundsätzlich geklärt wissen möchte, fehlt gerade jeder konkrete Sachverhalt oder aktuelle Bezug. Auch wenn die Klägerin im Berufungsverfahren trotz Kenntnis der erstinstanzlichen Entscheidung generalisierend mitgeteilt hat, sie beabsichtige sich auf alle Projekte im Rahmen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms zu bewerben, ist kein gegenwärtiger oder aktueller Rechtsbruch zu erkennen. Die Klägerin benennt nämlich keinen Sachverhalt, der Anlass geben könnte, die von ihr aufgeworfene Frage im Wege der Feststellungsklage zu klären. Sie hat nicht andeutungsweise dargelegt, dass Bemühungen ihrerseits oder das Vorliegen von für sie geeigneten Ausschreibungen aktuell das Bedürfnis zu einer klärenden Feststellung bieten könnten. Ohne Darlegung eines solchen konkreten Sachverhaltes begehrt sie aber nicht die Feststellung von Rechten und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Vielmehr läuft ihr Begehren auf die Beantwortung einer abstrakten von jeder akuten Lebenswirklichkeit losgelösten Rechtsfrage ähnlich einer Popularklage hinaus.
Es fehlt zudem für eine solche in die Zukunft gerichtete Feststellungsklage am Feststellungsinteresse i. einer Wiederholungsgefahr. Die noch im Jahre 2010 eventuell im Rahmen des NATO-Sicherheits-Investitionsprogramms ausgeschriebenen Vorhaben werden unter Berücksichtigung des Bieterverfahrens keinesfalls vor 2011 und somit vor Ende der Genehmigungspflichtigkeit der werkvertraglichen Arbeiten erfolgen.
Aber auch soweit man die Klage - entgegen der Auffassung des Senats - als zulässig ansehen wollte, ist diese unbegründet. Die von der Klägerin zukünftig beabsichtigten werkvertraglichen Arbeiten unterliegen bis 01.05.2011 der Genehmigungspflicht durch die Beklagte im Rahmen der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung.
Nach der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Entsendung tschechoslowakischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen (BGBl. 1993 II 178) wurde tschechoslowakischen Arbeitnehmern, die auf der Grundlage eines Werkvertrags zwischen einem tschechoslowakischen Arbeitgeber und einem in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Unternehmen für eine vor-übergehende Tätigkeit entsandt wurden, eine Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und der Entwicklung des Arbeitsmarkts erteilt. Nach Art 5 Abs. 2 der Vereinbarung fanden die einschlägigen Rechtsvorschriften über die Erteilung und Versagung sowie über das Erlöschen der Arbeitserlaubnis (§§ 284 ff SGB III) Anwendung.
Nach der Bekanntmachung über die Fortgeltung der deutsch-tschechoslowakischen Verträge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik vom 24.03.1993 haben sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der Tschechischen Republik darauf verständigt, die zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik geschlossenen Verträge im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik solange weiter anzuwenden, bis beide Seiten etwas Abweichendes vereinbaren (BGBl. 1993 II 762). Eine solche abweichende Vereinbarung haben die beteiligten Länder noch nicht abgeschlossen.
Nach dem Beitritt Tschechiens zur EU zum 01.05.2004 (vgl. BT-Drucks. 15/2078 6) genießen tschechische Unternehmen zwar die sich aus dem Art 49 EG-Vertrag (EGV) ergebende Dienstleistungsfreiheit und sind damit grundsätzlich in der Lage, in Deutschland grenzüberschreitend Dienstleistungen anzubieten und zu erbringen. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von ihrem Recht nach Art 24 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (vgl. Abl - EU L 236 vom 23.09.2003; im Folgenden: Beitrittsakte) Gebrauch gemacht, die Freizügigkeit für alle MOE-Beitrittsstaaten - und damit auch für Tschechien - einzuschränken (vgl. Anhang V: Liste nach Artikel 24 der Beitrittsakte: Tschechische Republik Nr. 13).
Die Beitrittsakte ist dabei Primärrecht und macht insoweit wirksam Ausnahmen von den Grundfreiheiten der Art 39 und 49 EGV, die ansonsten aber uneingeschränkt für Bürger der Beitrittsstaaten gelten (jeweiliger Anhang I zu Art 24 Beitrittsakte). Für eine Übergangsperiode von maximal zwei + drei + zwei Jahren - also maximal sieben Jahren (somit bis 01.05.2011) hat Deutschland die Freizügigkeit und die Aufnahme einer Beschäftigung in den EU-Altstaaten gegenüber den MOE-Beitrittsstaaten eingeschränkt (vgl. zu alldem: Bieback in Gagel, SGB III, Vor § 284 Rdnr. 81). Dies gilt für folgende Dienstleistungssektoren
Sektor NACE-Code (ABl. L6 vom 10.01.2002, 3)
Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige 45.1 bis 4; im Anhang zur Richtlinie 96/71 EG aufgeführte Tätigkeiten
Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln 74.70 Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln
Sonstige Diensleistungen 74.87 Nur Tätigkeiten von Innendekorateuren
Nach der Verordnung (EG) Nr. 29/2002 der Kommission vom 19. Dezember 2001 zur Änderung der Verordnung(EWG) Nr. 3037/90 des Rates betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE-Code, ABl. L6 vom 10.01.2002) fallen unter Nr. 45.1. bis 4 folgende Tätigkeiten:
45.1 Vorbereitende Baustellenarbeiten
45.11 Abbruch-, Spreng- und Erdbewegungsarbeiten
45.12 Test- und Suchbohrung
45.2 Hoch- und Tiefbau
45.21 Hochbau, Brücken- und Tunnelbau u. Ä.
45.22 Zimmerei, Dachdeckerei, Bauspenglerei und Abdichtungen
45.23 Bau von Straßen, Bahnverkehrsstrecken, Rollbahnen und Sportanlagen
45.24 Wasserbau
45.25 Sonstiger spezialisierter Hoch- und Tiefbau
45.3 Bauinstallation
45.31 Elektroinstallation
45.32 Dämmung gegen Kälte, Wärme, Schall und Erschütterung
45.33 Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation
45.34 Sonstige Bauinstallation
45.4 Sonstiger Ausbau
45.41 Anbringen von Stuckaturen, Gipserei und Verputzerei
45.42 Bautischlerei und -schlosserei
45.43 Fußboden-, Fliesen- und Plattenlegerei, Tapeziererei
45.44 Malerei und Glaserei
45.45 Sonstiger Ausbau a.n.g.
Für diese Dienstleistungssektoren ist somit die Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt, es finden über Art 5 Abs. 2 der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung die einschlägigen Rechtsvorschriften über die Erteilung und Versagung sowie über das Erlöschen der Arbeitserlaubnis (§§ 284 ff SGB III) Anwendung. Nach § 284 Abs. 1 SGB III dürfen u.a. Staatsangehörige aus der Tschechischen Republik ein Beschäftigung nur mit Genehmigung des Bundesagentur für Arbeit ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen. Die Genehmigung wird nach § 284 Abs. 2 SGB III i.d.R. befristet als Arbeitserlaubnis - EU erteilt. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch grundsätzlich kein Streit.
Das von der Klägerin geschilderte Vorhaben der Ausführung von Rohrleitungsarbeiten an der Pipeline A. unterfällt unter Berücksichtigung der Vorschriften des NACE-Codes weiterhin der Genehmigungspflicht, was ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Genehmigungspflicht aber das von ihr zitierte NATO-Dokument AC/4-D/2261 nicht entgegen, denn sie kann aus Art 5 des Dokuments keine weiteren Rechte für sich herleiten. Ein Verstoß gegen Art 5 liegt nämlich nicht vor. Die Klägerin hätte grundsätzlich - nur eben nicht genehmigungsfrei - an der Ausschreibung teilnehmen können. Nach der Nr. 4 a dieses Dokuments müssen die Gastländer bei einer internationalen Ausschreibung ("International Competitive Bidding "ICB") sicherstellen, dass die in Frage kommenden Unternehmen aller Teilnehmerländer die gleichen Chancen erhalten und dass die Angebote aller in Frage kommender Wettbewerber in der gleichen Weise behandelt werden ("Principle of Non-Discrimination"). Zur Auffassung des Senats kann sich die Klägerin schon nicht auf dieses Diskriminierungsverbot berufen. Art 4a des NATO - Dokuments AC/4-D/2261 entfaltet gegenüber einem Unternehmen eines Mitgliedsstaat keine unmittelbar wirkenden Ansprüche oder Leistungsrechte, sondern wirkt nur für und gegen die Mitgliedsstaaten. Art 4a des NATO-Dokuments AC/4-D/2261 enthält in Form eines Programmsatzes eine generelle, abstrahierte und damit gerade keine klare und eindeutige Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, deren Erfüllung oder Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängt (so vergleichbar für die unmittelbare Wirkung von Vorschriften des EGV; EuGH, Urteil vom 21.10.2003 - C 317/01 "Abatay", C 369/01 "Sahin" - SozR 4-6938 Art 13 Nr. 1). Bestätigt sieht sich der Senat in dieser Auffassung durch die Funktion der NATO als Militärbündnis, verbunden mit einer militärischen Beistandspflicht nach Art 5 des Nordatlantikvertrags, und gerade nicht als Zusammenschluss verschiedener Länder mit dem Ziel der wirtschaftlichen Annäherung und Überwindung von Handels- und Dienstleistungsschranken. Die NATO verfolgt gänzlich andere Ziele und Interessen als die EU.
Aber auch eine unmittelbare Wirkung des Art 4 des NATO-Dokuments AC/4-D/2261 unterstellt, ist die Berufung der Klägerin nicht begründet. Eine Diskriminierung der Klägerin liegt durch das Erfordernis einer Genehmigung durch die Beklagte nicht vor. Einem Diskriminierungsverbot bzw. einem Gleichbehandlungsanspruch ist es immanent, dass damit nicht jegliche unterschiedliche Behandlung unterschiedlicher Lebenssachverhalte untersagt wird, sondern eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (vgl. Jarass in
Jarass/Pieroth GG 8. Aufl. Art 3 Rdnr. 4 mwN). Notwendig ist damit ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung. Vorliegend benötigt die Klägerin aber nicht allein deshalb einer Genehmigung, weil sie (lediglich) ein tschechisches Unternehmen ist, sondern weil aufgrund der oben ausgeführten bilateralen und multilateralen Abkommen und Vereinbarungen die Regelungen der Deutsch-Tschechischen Vereinbarung zumindest noch für eine verbleibende Übergangszeit Anwendung finden. Damit ist ein berechtigender sachlicher Grund für eine Unterscheidung zwischen der Klägerin als tschechischem Unternehmen und einem Unternehmens eines anderen Mitgliedsstaates der NATO gegeben. Dieser liegt in den mit Willen und Einverständnis der Tschechischen Republik abgeschlossenen Vereinbarungen und einer sich aus diesen Abkommen ergebenden derzeit noch bestehenden Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit in dem von der Klägerin benannten Dienstleistungssektor.
Nach all dem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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