Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 983/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2945/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 4. Dezember 2007 hinaus streitig.
Der 1948 geborene Kläger war zuletzt 2005 als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2006 war er arbeitslos und bezog danach Arbeitslosengeld (ALG), zuletzt vom 5. bis 26. Dezember 2007. Im Anschluss hieran war er vom 27. Dezember 2007 bis zum 31. März 2009 nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versichert, danach seit dem 1. April 2009 als Rentenantragsteller. Aufgrund eines am 1. Dezember 2009 eingetretenen Leistungsfalls bezieht er seit dem 1. Januar 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Ab dem 15. August 2007 bescheinigte der Orthopäde Dr. L. Arbeitsunfähigkeit (AU) wegen Radikulopathie und Lumboischialgie. Krankengymnastik hatte der Kläger vom 21. März bis 5. April 2007 und dann wieder am 15. Mai bis 6. Juni 2008 erhalten.
Auf Nachfrage teilte der Kläger mit, dass er an LWS-Blockierungen leide und wegen seiner Rückenschmerzen bei Dr. La. und Dr. E. in Behandlung stehe. Der behandelnde Allgemeinmediziner E. gab am 5. September an, ab 8. September 2007 könne damit gerechnet werden, dass der Kläger wieder leichte Tätigkeiten verrichten könne. Der Orthopäde Dr. La. ergänzte dies am 27. September 2007 dahingehend, er wisse nicht, ob der Kläger wegen der Lumboischialgie noch länger als sechs Monate AU sei.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. S. führte aus, dass eine Beendigung der AU zum 9. Oktober 2007 möglich erscheine. Bei der Diagnose könne nicht auf eine länger dauernde erhebliche Belastungseinschränkung geschlossen werden.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2007 teilte die Beklagte daraufhin dem Kläger mit, nach den Unterlagen des MDK sei der Kläger wieder ab dem 13. Oktober 2007 arbeitsfähig und habe deswegen nur bis zum 12. Oktober 2007 Anspruch auf Krg.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und legte ua den radiologischen Befundbericht von Dr. Sch. vom 15. Oktober 2007 vor. Danach leide der Kläger an breitbasigen, rechtsbetonten Discusprotrusionen im Segment HWK 4/5 und beginnenden Osteochondrosen ohne Nachweis einer Stenose des cervikalen Spinalkanals oder eines Bandscheibensequesters. Es bestehe keine wesentliche Befundänderung im Vergleich zur Voruntersuchung im November 2005.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung durch den MDK. Dr. W. kam nach der Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass dieser an einer leichten Parese links der oberen Extremität sowie einer degenerativen Diskopathie HWK 5/7, einem Verdacht auf Innenmeniskusläsion, einer arteriellen Hypertonie und einem oral eingestelltem Diabetes mellitus leide. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stehe die schmerzbedingte Bewegungseinschränkung des linken Armes. Unter der bisherigen physikalischen Therapie habe sich eine geringe Besserung des Beschwerdebildes eingestellt, wobei ein leichtes Absinken im Armhalteversuch imponiere. Zusätzlich bestehe ein leichtes LWS-Syndrom. Der Kläger sei seiner Einschätzung nach für leichte körperliche Tätigkeiten in überwiegend sitzender Ausübung einsetzbar, wobei Arbeiten über Kopf bzw Schichtarbeit nicht leidensgerecht seien. Die Beweglichkeit der HWS sei in allen Ebenen mittelgradig eingeschränkt gewesen, wobei das Anziehen des Pullovers problemlos möglich gewesen sei. Die Muskulatur von Schulter und Ober-/Unterarm sei beidseits gut ausgebildet gewesen. Der Kläger habe auch ein unauffälliges Gangbild gezeigt. Formale oder inhaltliche Denkstörungen hätten sich nicht gezeigt. Der Kläger sei freundlich und kooperativ gewesen und habe die Anamnese ruhig dargestellt. Aus medizinischer Sicht sei der letzte Tag der AU der 4. Dezember 2007 (Gutachtensdatum).
Bereits am 5. Dezember 2007 informierte die Beklagte den Kläger über den Gutachtensinhalt ausführlich telefonisch und stellte mit weiterem Bescheid vom 6. Dezember 2007 fest, dass der Kläger wieder leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne und deswegen ab dem 5. Dezember 2007 die Agentur für Arbeit für ihn zuständig sei. Eine umgehende persönliche Antragstellung sei für die Zahlung des ALG zwingend erforderlich.
Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er sei krank und sehe keine Möglichkeiten wieder im Baugewerbe zu arbeiten. Die Auffassung des MDK, er könne leichte Tätigkeiten ausführen, stimme vielleicht, aber er habe nur noch wenige Tage Anspruch auf ALG. Auch eine leichte Tätigkeit könne das Arbeitsamt nicht vermitteln. Außerdem habe er zusätzlich eine Erklärung unterschrieben, dass keine Arbeitsvermittlung mehr erfolge. Hierzu legte er weitere Befundbericht sowie ein ärztliches Attest von Dr. L. vor, wonach es sich weiterhin um einen behandlungsbedürftigen Zustand handle, der bis auf Weiteres AU bedinge. Es erfolgten cervikale Traktionsmaßnahmen unter antiphlogistischer Stoßtherapie.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung durch den MDK. Dr. E. führte nach Aktenlage aus, der Kläger könne noch eine leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen ausüben. Insbesondere bestehe keine Immobilität. Es lägen keine strukturellen Störungen vor, die den Bewegungsradius der oberen Extremitäten einschränkten. Die mittlerweile erhobenen Befunde änderten an der Beurteilung nichts.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2008 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, auch nach Auswertung der neuen Unterlagen verbleibe es bei der Beurteilung, dass der Kläger zuletzt am 4. Dezember 2007 AU gewesen sei. Die Verweisung an die Agentur für Arbeit ab 5. Dezember 2007 sei deswegen zu Recht erfolgt.
Mit seiner dagegen am 27. März 2008 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei aufgrund seines Bandscheibenvorfalls im HWS-Bereich über den 4. Dezember 2007 hinaus weiterhin AU. ALG habe er erschöpfend vom 5. bis 26. Dezember 2007 bezogen.
Nach Beiziehung der Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit hat das SG den Sachverhalt am 8. April 2010 mit den Beteiligten erörtert.
Mit Urteil vom 20. Mai 2010, den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 26. Mai 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Gutachten von Dr. S., Dr. W. und Dr. E. vom MDK sowie die Arztauskünfte von den Ärzten E. und Dr. La. und der Befundbericht von Dr. Sch. belegten, dass der Kläger zwar an Beschwerden vor allem im HWS-Bereich leide. Diese machten es ihm jedoch nur unmöglich, schwere Arbeiten wie die eines Bauarbeiters sechs Stunden täglich zu verrichten. Einer leichten Tätigkeit des Arbeitsmarktes im Umfang von 15 Stunden wöchentlich stünden diese jedoch nicht entgegen. Bereits der Mediziner E. habe bescheinigt, dass der Kläger im September innerhalb weniger Tage wieder arbeitsfähig sein werde. Insbesondere das Gutachten von Dr. W. habe dies bestätigt, welches auf einer persönlichen Untersuchung des Klägers beruhe. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger noch die schwere Tätigkeit als Bauarbeiter, die er vor seiner Arbeitslosigkeit ausgeübt habe, verrichten könne, denn er sei, da er mehr als ein Jahr arbeitslos sei, auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Für die Zeit vom 5. bis 26. Dezember 2007 ruhe der Anspruch wegen des Bezugs von Alg ohnehin.
Mit seiner dagegen am 25. Juni 2010 eingelegten Berufung, die der Kläger nach erster Akteneinsicht am 8. November 2010 begründet hat, macht der Kläger geltend, er habe seine linke Hand nicht bewegen können. Die Gutachten seien auch auf den Diabetes mellitus nicht eingegangen. Er leide an einer Depression und sei bereits ab Januar 2008 psychisch behindert. Wegen der mittelgradigen depressiven Episode mit Somatisierungsneigung habe er sich seit Juni 2008 in regelmäßige psychiatrische Behandlung bei Dr. H. begeben. Aufgrund der Wirbelsäulenbehinderung und der Erkrankung des rechten Kniegelenkes habe er mehrfach im Krankenhaus behandelt werden müssen. Er hat hierzu ua die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 25. Juni 2009 vorgelegt, wonach eine psychische Behinderung frühestens ab Januar 2008 anerkannt werden könne (Bl 57 Senatsakte), das Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 1. Dezember 2009, wonach der Kläger seit Juni 2008 in Behandlung stehe und derzeit nur noch drei Stunden täglich belastbar auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei, ebenso wie den Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik M. über die Teilresektion des Innenmeniskus 4. Dezember 2008 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. Mai 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 4. Dezember 2007 hinaus Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat und hat ergänzend darauf hingewiesen, dass eine psychische Diagnose erst im Juni 2008 gestellt worden sei.
Der Kläger hat dem Senat noch den Entlassungsbericht über die vom 14. Januar bis 11. Februar 2009 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik am S., Abteilung Psychosomatik, vorgelegt. Entlassungsdiagnosen waren eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgrade Episode mit Somatisierungsneigungen, Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, degenerative Diskopathie HWK 5 bis 6 mit flachen Herniationen und foraminalen Beeinträchtigungen sowie eine Osteochondrose im HWS-Bereich. Ursache und Auslöser des depressiven Krankheitsverlaufs seien der Arbeitsplatzverlust und zunehmende körperliche Beschwerden gewesen. Die Verweigerung der Lohnfortzahlung durch die Krankenkasse habe zu einer weiteren tiefen narzisstischen Kränkung geführt.
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 10. November 2010 erörtert. Daraufhin hat der klägerische Bevollmächtigte am 20. Dezember 2010 erneut Akteneinsicht genommen.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der klägerische Bevollmächtigte ist dem entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten und die Beteiligten gehört worden sind (§ 153 Abs 4 SGG). Das Einverständnis der Beteiligten hiermit ist nicht erforderlich. Der Kläger hat auch nicht begründet, weshalb er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für geboten erachtet, sondern lediglich dargelegt, weshalb die Berufung aus seiner Sicht begründet ist.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Krg über den 4. Dezember 2007 hinaus.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das Krg wird ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der AU an, gezahlt (§ 48 Abs 1 Seite 1 SGB V). Der Anspruch auf Krg entsteht gemäß § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 7). Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also nicht nur die AU, sondern auch die ärztliche Feststellung der AU, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12 mwN). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG, Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1).
Der Maßstab für die Beurteilung AU ergibt sich allein aus dem Umfang des Versicherungsschutzes in dem konkret bestehenden Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krg vorliegt. Dies ist bei Personen, bei denen der Krg-Anspruch erst während der Versicherung in der KVdA nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V eintritt, der Status als Arbeitsloser (stRspr, vgl BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 9 mwN).
Ein in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG arbeitsunfähig iS von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Entscheidend für die Beurteilung der AU Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind, insoweit ist die Zumutbarkeit auch krankenversicherungsrechtlich an § 121 Abs 3 SGB III zu messen (BSG, Urteil vom 22. März 2005, B 1 KR 22/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 6). Danach hängt die Zumutbarkeit vom Umfang der Einkommenseinbußen ab, die mit einer Arbeitsaufnahme verbunden wären: In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist dem Arbeitslosen eine Minderung um mehr als 20 vH und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 vH des der Bemessung seines dem ALG zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts unzumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist dem Arbeitslosen eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoarbeitsentgelt unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das ALG. Nicht nur ab dem siebten Monat der Arbeitslosigkeit, sondern schon in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit sind Maßstab für die Beurteilung der AU damit alle Beschäftigungen, für die sich der Versicherte der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat und die ihm arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind. Einen darüber hinausgehenden besonderen krankenversicherungsrechtlicher Berufsschutz gibt es (auch in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit) nicht. Hat die Arbeitsverwaltung dem Arbeitslosen ein konkretes Arbeitsangebot nicht unterbreitet, liegt krankheitsbedingte AU vor, wenn der Arbeitslose gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, auch leichte Arbeiten in einem Umfang (zB vollschichtig) zu verrichten, für die er sich zuvor zwecks Erlangung des ALG-Anspruchs der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Ist der Arbeitslose zwar nicht mehr in der Lage, mittelschwere oder schwere, wohl aber noch leichte Arbeiten zu verrichten, beseitigt dies seine objektive Verfügbarkeit nicht. Abstrakter Ermittlungen, welche Arbeiten dem krankheitsbedingt leistungsgeminderten Arbeitslosen nach § 121 Abs 3 SGB III finanziell zumutbar sind, bedarf es nicht. Die Beklagte darf im Regelfall davon ausgehen, dass sich der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung auch für leichte Arbeiten zur Verfügung gestellt hat (zum Ganzen BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R, aaO mwN).
Da der Kläger auf Grund des Bezuges von ALG gemäß § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V ab Mai 2006 in der KVdA versicherungspflichtig und erst ab 15. August 2007 arbeitsunfähig geworden ist, ist maßgebliches Versicherungsverhältnis die KVdA. Da zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass er sich im Antrag auf die Arbeitslosmeldung der Arbeitsvermittlung uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, kommt es nur darauf an, ob der Kläger ab 4. Dezember 2007 leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten konnte. Davon ist der Senat überzeugt.
Für die ursprüngliche AU des Klägers waren allein orthopädische Gründe ausschlaggebend, nämlich, wie die Auszahlscheine von Dr. L. belegen, die Radikulopathie und Lumboischialgie. Diese hatten nur qualitative Leistungseinschränkungen zur Folge, nämlich dass der Kläger überwiegend stehende und gehende Tätigkeiten ebenso wie Überkopfarbeit oder Schichtarbeit vermeiden musste. Einer vollschichtigen leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt steht dies jedoch nicht entgegen. Der Senat entnimmt dies insbesondere dem Gutachten von Dr. W., welches auf der Auswertung der vorgelegten ärztlichen Unterlagen sowie der persönlichen Untersuchung des Klägers vom 3. Dezember 2007 beruht.
Danach stand im Vordergrund des Beschwerdebildes nunmehr die schmerzbedingte Bewegungseinschränkung des linken Armes, die allerdings dennoch nicht so gravierenden Ausmaßes war, dass sie das Anziehen des Pullovers unmöglich machte. Die Einschätzung, dass die endgradige Bewegungseinschränkung des linken Armes einer vollschichtigen Tätigkeit nicht entgegensteht, wird auch dadurch belegt, dass die Muskulatur der Schulter und Ober-/Unterarm beidseits gut ausgebildet war, was gegen eine längere Schonhaltung spricht.
Seitens der degenerativen Veränderungen der HWS liegen aufgrund der radiologischen Untersuchungen durch Dr. Sch. keine Hinweis auf einen Bandscheibensequester oder eine Nervenläsion vor. Demzufolge konnte auch Dr. W. keine Funktionseinschränkungen in Form von Paresen feststellen. Die Beweglichkeit der HWS war lediglich mittelgradig eingeschränkt. Auch dieser Befund bedingt somit keine AU.
Eine Beugung des rechten Knies endgradig war bei der Untersuchung bei Dr. W. zwar schmerzbedingt nicht möglich, der Kläger hat aber dessen ungeachtet ein unauffälliges Gangbild gezeigt, sodass auch seine Wegefähigkeit nicht eingeschränkt war. Aus dem Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik M. über die Teilresektion des Innenmeniskus ergibt sich nur der Befund zum 4. Dezember 2008; eine Aussage, wie es um das Kniegelenk ein Jahr zuvor bestellt war, lässt sich daraus nicht ableiten. Der Kläger hat zwar bei der Aufnahme angegeben, dass er seit einem Jahr Beschwerden im rechten Kniegelenk habe, diese führten aber zu keinem Zeitpunkt davor zu einer Krankschreibung.
Dr. L. hat dem Kläger zwar funktionelle Paresen der linken oberen Extremität bei degenerativen cervikalen Diskopathien attestiert, deswegen aber weder eine richtungsweisende Behandlung durchgeführt noch Befunde vorgelegt, die Zweifel an der Richtigkeit des ärztlichen Beurteilung von Dr. W. nahe legen. Demzufolge ist auch Dr. E. nach Aktenlage erneut und zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die neuen Befunde keine andere Beurteilung rechtfertigen.
Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass allein die psychischen Befunde seine AU begründeten, so musste der Senat den Sachverhalt nicht weiter aufklären. Denn die Diagnose wurde erstmalig im Juni 2008, dh mit Aufnahme der entsprechenden Behandlung bei Dr. H., gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger aber nicht mehr mit Anspruch auf Krg bei der Beklagten versichert. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die psychischen Symptome bereits im Januar 2008 aufgetreten sind und jedenfalls eine psychische Behinderung nach diesem Zeitpunkt begründet haben, so war der Kläger auch ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert, sondern ab dem 27. Dezember 2007 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, dh ohne Anspruch auf Krg.
Der Umstand, dass der Kläger aufgrund eines im Dezember 2009 eingetretenen Leistungsfalls ab 1. Januar 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält, lässt ebenfalls keine Rückschlüsse auf ein Leistungsvermögen im Dezember 2007 zu, zumal der Kläger in dem Erörterungstermin eingeräumt hat, dass ihm die Rente nur wegen der hinzugetretenen psychischen Erkrankung bewilligt worden ist, während die orthopädischen Befunde, wegen derer zunächst eine AU im Raum stand, nicht rentenberechtigenden Ausmaßes waren.
Die Berufung des Klägers war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 4. Dezember 2007 hinaus streitig.
Der 1948 geborene Kläger war zuletzt 2005 als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2006 war er arbeitslos und bezog danach Arbeitslosengeld (ALG), zuletzt vom 5. bis 26. Dezember 2007. Im Anschluss hieran war er vom 27. Dezember 2007 bis zum 31. März 2009 nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versichert, danach seit dem 1. April 2009 als Rentenantragsteller. Aufgrund eines am 1. Dezember 2009 eingetretenen Leistungsfalls bezieht er seit dem 1. Januar 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Ab dem 15. August 2007 bescheinigte der Orthopäde Dr. L. Arbeitsunfähigkeit (AU) wegen Radikulopathie und Lumboischialgie. Krankengymnastik hatte der Kläger vom 21. März bis 5. April 2007 und dann wieder am 15. Mai bis 6. Juni 2008 erhalten.
Auf Nachfrage teilte der Kläger mit, dass er an LWS-Blockierungen leide und wegen seiner Rückenschmerzen bei Dr. La. und Dr. E. in Behandlung stehe. Der behandelnde Allgemeinmediziner E. gab am 5. September an, ab 8. September 2007 könne damit gerechnet werden, dass der Kläger wieder leichte Tätigkeiten verrichten könne. Der Orthopäde Dr. La. ergänzte dies am 27. September 2007 dahingehend, er wisse nicht, ob der Kläger wegen der Lumboischialgie noch länger als sechs Monate AU sei.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. S. führte aus, dass eine Beendigung der AU zum 9. Oktober 2007 möglich erscheine. Bei der Diagnose könne nicht auf eine länger dauernde erhebliche Belastungseinschränkung geschlossen werden.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2007 teilte die Beklagte daraufhin dem Kläger mit, nach den Unterlagen des MDK sei der Kläger wieder ab dem 13. Oktober 2007 arbeitsfähig und habe deswegen nur bis zum 12. Oktober 2007 Anspruch auf Krg.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und legte ua den radiologischen Befundbericht von Dr. Sch. vom 15. Oktober 2007 vor. Danach leide der Kläger an breitbasigen, rechtsbetonten Discusprotrusionen im Segment HWK 4/5 und beginnenden Osteochondrosen ohne Nachweis einer Stenose des cervikalen Spinalkanals oder eines Bandscheibensequesters. Es bestehe keine wesentliche Befundänderung im Vergleich zur Voruntersuchung im November 2005.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung durch den MDK. Dr. W. kam nach der Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass dieser an einer leichten Parese links der oberen Extremität sowie einer degenerativen Diskopathie HWK 5/7, einem Verdacht auf Innenmeniskusläsion, einer arteriellen Hypertonie und einem oral eingestelltem Diabetes mellitus leide. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stehe die schmerzbedingte Bewegungseinschränkung des linken Armes. Unter der bisherigen physikalischen Therapie habe sich eine geringe Besserung des Beschwerdebildes eingestellt, wobei ein leichtes Absinken im Armhalteversuch imponiere. Zusätzlich bestehe ein leichtes LWS-Syndrom. Der Kläger sei seiner Einschätzung nach für leichte körperliche Tätigkeiten in überwiegend sitzender Ausübung einsetzbar, wobei Arbeiten über Kopf bzw Schichtarbeit nicht leidensgerecht seien. Die Beweglichkeit der HWS sei in allen Ebenen mittelgradig eingeschränkt gewesen, wobei das Anziehen des Pullovers problemlos möglich gewesen sei. Die Muskulatur von Schulter und Ober-/Unterarm sei beidseits gut ausgebildet gewesen. Der Kläger habe auch ein unauffälliges Gangbild gezeigt. Formale oder inhaltliche Denkstörungen hätten sich nicht gezeigt. Der Kläger sei freundlich und kooperativ gewesen und habe die Anamnese ruhig dargestellt. Aus medizinischer Sicht sei der letzte Tag der AU der 4. Dezember 2007 (Gutachtensdatum).
Bereits am 5. Dezember 2007 informierte die Beklagte den Kläger über den Gutachtensinhalt ausführlich telefonisch und stellte mit weiterem Bescheid vom 6. Dezember 2007 fest, dass der Kläger wieder leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne und deswegen ab dem 5. Dezember 2007 die Agentur für Arbeit für ihn zuständig sei. Eine umgehende persönliche Antragstellung sei für die Zahlung des ALG zwingend erforderlich.
Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er sei krank und sehe keine Möglichkeiten wieder im Baugewerbe zu arbeiten. Die Auffassung des MDK, er könne leichte Tätigkeiten ausführen, stimme vielleicht, aber er habe nur noch wenige Tage Anspruch auf ALG. Auch eine leichte Tätigkeit könne das Arbeitsamt nicht vermitteln. Außerdem habe er zusätzlich eine Erklärung unterschrieben, dass keine Arbeitsvermittlung mehr erfolge. Hierzu legte er weitere Befundbericht sowie ein ärztliches Attest von Dr. L. vor, wonach es sich weiterhin um einen behandlungsbedürftigen Zustand handle, der bis auf Weiteres AU bedinge. Es erfolgten cervikale Traktionsmaßnahmen unter antiphlogistischer Stoßtherapie.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung durch den MDK. Dr. E. führte nach Aktenlage aus, der Kläger könne noch eine leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen ausüben. Insbesondere bestehe keine Immobilität. Es lägen keine strukturellen Störungen vor, die den Bewegungsradius der oberen Extremitäten einschränkten. Die mittlerweile erhobenen Befunde änderten an der Beurteilung nichts.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2008 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, auch nach Auswertung der neuen Unterlagen verbleibe es bei der Beurteilung, dass der Kläger zuletzt am 4. Dezember 2007 AU gewesen sei. Die Verweisung an die Agentur für Arbeit ab 5. Dezember 2007 sei deswegen zu Recht erfolgt.
Mit seiner dagegen am 27. März 2008 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei aufgrund seines Bandscheibenvorfalls im HWS-Bereich über den 4. Dezember 2007 hinaus weiterhin AU. ALG habe er erschöpfend vom 5. bis 26. Dezember 2007 bezogen.
Nach Beiziehung der Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit hat das SG den Sachverhalt am 8. April 2010 mit den Beteiligten erörtert.
Mit Urteil vom 20. Mai 2010, den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 26. Mai 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Gutachten von Dr. S., Dr. W. und Dr. E. vom MDK sowie die Arztauskünfte von den Ärzten E. und Dr. La. und der Befundbericht von Dr. Sch. belegten, dass der Kläger zwar an Beschwerden vor allem im HWS-Bereich leide. Diese machten es ihm jedoch nur unmöglich, schwere Arbeiten wie die eines Bauarbeiters sechs Stunden täglich zu verrichten. Einer leichten Tätigkeit des Arbeitsmarktes im Umfang von 15 Stunden wöchentlich stünden diese jedoch nicht entgegen. Bereits der Mediziner E. habe bescheinigt, dass der Kläger im September innerhalb weniger Tage wieder arbeitsfähig sein werde. Insbesondere das Gutachten von Dr. W. habe dies bestätigt, welches auf einer persönlichen Untersuchung des Klägers beruhe. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger noch die schwere Tätigkeit als Bauarbeiter, die er vor seiner Arbeitslosigkeit ausgeübt habe, verrichten könne, denn er sei, da er mehr als ein Jahr arbeitslos sei, auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Für die Zeit vom 5. bis 26. Dezember 2007 ruhe der Anspruch wegen des Bezugs von Alg ohnehin.
Mit seiner dagegen am 25. Juni 2010 eingelegten Berufung, die der Kläger nach erster Akteneinsicht am 8. November 2010 begründet hat, macht der Kläger geltend, er habe seine linke Hand nicht bewegen können. Die Gutachten seien auch auf den Diabetes mellitus nicht eingegangen. Er leide an einer Depression und sei bereits ab Januar 2008 psychisch behindert. Wegen der mittelgradigen depressiven Episode mit Somatisierungsneigung habe er sich seit Juni 2008 in regelmäßige psychiatrische Behandlung bei Dr. H. begeben. Aufgrund der Wirbelsäulenbehinderung und der Erkrankung des rechten Kniegelenkes habe er mehrfach im Krankenhaus behandelt werden müssen. Er hat hierzu ua die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 25. Juni 2009 vorgelegt, wonach eine psychische Behinderung frühestens ab Januar 2008 anerkannt werden könne (Bl 57 Senatsakte), das Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 1. Dezember 2009, wonach der Kläger seit Juni 2008 in Behandlung stehe und derzeit nur noch drei Stunden täglich belastbar auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei, ebenso wie den Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik M. über die Teilresektion des Innenmeniskus 4. Dezember 2008 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. Mai 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 4. Dezember 2007 hinaus Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat und hat ergänzend darauf hingewiesen, dass eine psychische Diagnose erst im Juni 2008 gestellt worden sei.
Der Kläger hat dem Senat noch den Entlassungsbericht über die vom 14. Januar bis 11. Februar 2009 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik am S., Abteilung Psychosomatik, vorgelegt. Entlassungsdiagnosen waren eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgrade Episode mit Somatisierungsneigungen, Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, degenerative Diskopathie HWK 5 bis 6 mit flachen Herniationen und foraminalen Beeinträchtigungen sowie eine Osteochondrose im HWS-Bereich. Ursache und Auslöser des depressiven Krankheitsverlaufs seien der Arbeitsplatzverlust und zunehmende körperliche Beschwerden gewesen. Die Verweigerung der Lohnfortzahlung durch die Krankenkasse habe zu einer weiteren tiefen narzisstischen Kränkung geführt.
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 10. November 2010 erörtert. Daraufhin hat der klägerische Bevollmächtigte am 20. Dezember 2010 erneut Akteneinsicht genommen.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der klägerische Bevollmächtigte ist dem entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten und die Beteiligten gehört worden sind (§ 153 Abs 4 SGG). Das Einverständnis der Beteiligten hiermit ist nicht erforderlich. Der Kläger hat auch nicht begründet, weshalb er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für geboten erachtet, sondern lediglich dargelegt, weshalb die Berufung aus seiner Sicht begründet ist.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Krg über den 4. Dezember 2007 hinaus.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das Krg wird ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der AU an, gezahlt (§ 48 Abs 1 Seite 1 SGB V). Der Anspruch auf Krg entsteht gemäß § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 7). Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also nicht nur die AU, sondern auch die ärztliche Feststellung der AU, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12 mwN). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG, Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1).
Der Maßstab für die Beurteilung AU ergibt sich allein aus dem Umfang des Versicherungsschutzes in dem konkret bestehenden Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krg vorliegt. Dies ist bei Personen, bei denen der Krg-Anspruch erst während der Versicherung in der KVdA nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V eintritt, der Status als Arbeitsloser (stRspr, vgl BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 9 mwN).
Ein in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG arbeitsunfähig iS von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Entscheidend für die Beurteilung der AU Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind, insoweit ist die Zumutbarkeit auch krankenversicherungsrechtlich an § 121 Abs 3 SGB III zu messen (BSG, Urteil vom 22. März 2005, B 1 KR 22/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 6). Danach hängt die Zumutbarkeit vom Umfang der Einkommenseinbußen ab, die mit einer Arbeitsaufnahme verbunden wären: In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist dem Arbeitslosen eine Minderung um mehr als 20 vH und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 vH des der Bemessung seines dem ALG zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts unzumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist dem Arbeitslosen eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoarbeitsentgelt unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das ALG. Nicht nur ab dem siebten Monat der Arbeitslosigkeit, sondern schon in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit sind Maßstab für die Beurteilung der AU damit alle Beschäftigungen, für die sich der Versicherte der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat und die ihm arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind. Einen darüber hinausgehenden besonderen krankenversicherungsrechtlicher Berufsschutz gibt es (auch in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit) nicht. Hat die Arbeitsverwaltung dem Arbeitslosen ein konkretes Arbeitsangebot nicht unterbreitet, liegt krankheitsbedingte AU vor, wenn der Arbeitslose gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, auch leichte Arbeiten in einem Umfang (zB vollschichtig) zu verrichten, für die er sich zuvor zwecks Erlangung des ALG-Anspruchs der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Ist der Arbeitslose zwar nicht mehr in der Lage, mittelschwere oder schwere, wohl aber noch leichte Arbeiten zu verrichten, beseitigt dies seine objektive Verfügbarkeit nicht. Abstrakter Ermittlungen, welche Arbeiten dem krankheitsbedingt leistungsgeminderten Arbeitslosen nach § 121 Abs 3 SGB III finanziell zumutbar sind, bedarf es nicht. Die Beklagte darf im Regelfall davon ausgehen, dass sich der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung auch für leichte Arbeiten zur Verfügung gestellt hat (zum Ganzen BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R, aaO mwN).
Da der Kläger auf Grund des Bezuges von ALG gemäß § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V ab Mai 2006 in der KVdA versicherungspflichtig und erst ab 15. August 2007 arbeitsunfähig geworden ist, ist maßgebliches Versicherungsverhältnis die KVdA. Da zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass er sich im Antrag auf die Arbeitslosmeldung der Arbeitsvermittlung uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, kommt es nur darauf an, ob der Kläger ab 4. Dezember 2007 leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten konnte. Davon ist der Senat überzeugt.
Für die ursprüngliche AU des Klägers waren allein orthopädische Gründe ausschlaggebend, nämlich, wie die Auszahlscheine von Dr. L. belegen, die Radikulopathie und Lumboischialgie. Diese hatten nur qualitative Leistungseinschränkungen zur Folge, nämlich dass der Kläger überwiegend stehende und gehende Tätigkeiten ebenso wie Überkopfarbeit oder Schichtarbeit vermeiden musste. Einer vollschichtigen leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt steht dies jedoch nicht entgegen. Der Senat entnimmt dies insbesondere dem Gutachten von Dr. W., welches auf der Auswertung der vorgelegten ärztlichen Unterlagen sowie der persönlichen Untersuchung des Klägers vom 3. Dezember 2007 beruht.
Danach stand im Vordergrund des Beschwerdebildes nunmehr die schmerzbedingte Bewegungseinschränkung des linken Armes, die allerdings dennoch nicht so gravierenden Ausmaßes war, dass sie das Anziehen des Pullovers unmöglich machte. Die Einschätzung, dass die endgradige Bewegungseinschränkung des linken Armes einer vollschichtigen Tätigkeit nicht entgegensteht, wird auch dadurch belegt, dass die Muskulatur der Schulter und Ober-/Unterarm beidseits gut ausgebildet war, was gegen eine längere Schonhaltung spricht.
Seitens der degenerativen Veränderungen der HWS liegen aufgrund der radiologischen Untersuchungen durch Dr. Sch. keine Hinweis auf einen Bandscheibensequester oder eine Nervenläsion vor. Demzufolge konnte auch Dr. W. keine Funktionseinschränkungen in Form von Paresen feststellen. Die Beweglichkeit der HWS war lediglich mittelgradig eingeschränkt. Auch dieser Befund bedingt somit keine AU.
Eine Beugung des rechten Knies endgradig war bei der Untersuchung bei Dr. W. zwar schmerzbedingt nicht möglich, der Kläger hat aber dessen ungeachtet ein unauffälliges Gangbild gezeigt, sodass auch seine Wegefähigkeit nicht eingeschränkt war. Aus dem Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik M. über die Teilresektion des Innenmeniskus ergibt sich nur der Befund zum 4. Dezember 2008; eine Aussage, wie es um das Kniegelenk ein Jahr zuvor bestellt war, lässt sich daraus nicht ableiten. Der Kläger hat zwar bei der Aufnahme angegeben, dass er seit einem Jahr Beschwerden im rechten Kniegelenk habe, diese führten aber zu keinem Zeitpunkt davor zu einer Krankschreibung.
Dr. L. hat dem Kläger zwar funktionelle Paresen der linken oberen Extremität bei degenerativen cervikalen Diskopathien attestiert, deswegen aber weder eine richtungsweisende Behandlung durchgeführt noch Befunde vorgelegt, die Zweifel an der Richtigkeit des ärztlichen Beurteilung von Dr. W. nahe legen. Demzufolge ist auch Dr. E. nach Aktenlage erneut und zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die neuen Befunde keine andere Beurteilung rechtfertigen.
Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass allein die psychischen Befunde seine AU begründeten, so musste der Senat den Sachverhalt nicht weiter aufklären. Denn die Diagnose wurde erstmalig im Juni 2008, dh mit Aufnahme der entsprechenden Behandlung bei Dr. H., gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger aber nicht mehr mit Anspruch auf Krg bei der Beklagten versichert. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die psychischen Symptome bereits im Januar 2008 aufgetreten sind und jedenfalls eine psychische Behinderung nach diesem Zeitpunkt begründet haben, so war der Kläger auch ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert, sondern ab dem 27. Dezember 2007 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, dh ohne Anspruch auf Krg.
Der Umstand, dass der Kläger aufgrund eines im Dezember 2009 eingetretenen Leistungsfalls ab 1. Januar 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält, lässt ebenfalls keine Rückschlüsse auf ein Leistungsvermögen im Dezember 2007 zu, zumal der Kläger in dem Erörterungstermin eingeräumt hat, dass ihm die Rente nur wegen der hinzugetretenen psychischen Erkrankung bewilligt worden ist, während die orthopädischen Befunde, wegen derer zunächst eine AU im Raum stand, nicht rentenberechtigenden Ausmaßes waren.
Die Berufung des Klägers war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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