L 2 SO 5874/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SO 5745/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 5874/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung der beantragten einstweiligen Anordnung im Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 7. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Beschluss des Sozialgerichts vom 7. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf einstweilige Anordnung ist zulässig; insbesondere ist sie gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft. Die Beschwerde der Antragstellerin ist jedoch unbegründet.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung höherer Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Beschlüsse Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa Beschlüsse Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BverfG).

Der Senat vermag auch nach dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin nicht zu erkennen, dass ein Anordnungsgrund, also eine besondere Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens gegen die Antragsgegnerin als glaubhaft gemacht zu betrachten ist. In einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, zu dem das Gericht über den Antrag entscheidet. Im Beschwerdeverfahren ist es der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 6. Februar 2008 - L 2 B 601/07 AS - ER - mwN; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Januar 2008 - L 28 B 2130/07 AS - ER, beide veröffentlicht in Juris; Meyer-Ladewig/Kellerer/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 86 b Rdnr. 42). Bereits das SG hat - worauf gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug genommen wird - zutreffend darauf verwiesen, dass keine Anhaltspunkte erkennbar sind, weshalb der Antragstellerin nicht zumutbar wäre, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Zumal zum ersten auch für den Senat mangels entsprechender medizinisch fundierter Stellungnahmen nicht erkennbar ist, weshalb der Antragstellerin eine zeitweise Unterbringung in einem Pflegeheim im Rahmen der Verhinderungs- bzw. Kurzzeitpflege nicht zumutbar sein sollte. Zum zweiten ist offenkundig erst jetzt mit Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 17. Dezember 2010 bekannt gemacht worden, dass die Pflegekraft der Antragstellerin vom 6. Dezember bis zum 26. Dezember 2010 Urlaub hatte. Nachdem zwischenzeitlich dieser Urlaub beendet ist, hat sich jedenfalls - sofern überhaupt ein Anordnungsgrund insoweit bestanden haben sollte - dieser hiermit erledigt.

Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. So ist auf der Grundlage des Gutachtens des MDK Baden-Württemberg vom 14. Juni 2010 lediglich von einem täglichen Hilfebedarf von 185 Minuten (Grundpflege 125 Minuten, hauswirtschaftliche Bedarf 60 Minuten) auszugehen. Die bisher von der Antragsgegnerin gewährte Hilfe im Umfang von fünf Stunden (= 300 Minuten) übersteigt diesen Bedarf schon bei weitem. Des weiteren ist - worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat - auch der hier von der Antragsgegnerin zugrundegelegte Mindestlohn für Pflegefachkräfte (im Westen) von 8,50 EUR nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, hier den Tariflohn für eine Pflegefachkraft zugrundezulegen, sind vor dem Hintergrund, dass die "Pflegekraft" der Antragstellerin gerade keine ausgebildete Pflegefachkraft und die Antragstellerin auch kein tarifgebundener Arbeitgeber ist, nicht erkennbar. Im Übrigen wird auch insoweit auf die Ausführungen des SG gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug genommen.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Lohnabrechnungen zwischenzeitlich die Rechnung eines Steuerberaters für das dritte Quartal 2010 in Höhe von 304,05 EUR vorgelegt hat, wird letztlich im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob und inwieweit überhaupt diese Kosten von der Antragsgegnerin zusätzlich bei dem hier gewählten "Arbeitgebermodell" (persönliches Budget nach § 61 Abs. 2 Satz 3 SGB XII) zu übernehmen oder nicht vielmehr schon darin enthalten sind.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist ebenfalls unbegründet. Nach § 73 a SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO), erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Nach diesen Grundsätzen hat das SG den Antrag der Antragstellerin zu Recht wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt. Wie dargelegt fehlte es hinsichtlich der beantragten einstweiligen Anordnung sowohl an einem glaubhaft gemachten Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war ebenfalls abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg versprach.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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