S 25 AS 221/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 AS 221/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung.

Der Kläger bezog seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er bewohnte eine Wohnung in der C1 Tallee in E. Diese Wohnung verfügte über eine Wohnfläche von ca. 72 m². Die Kosten für diese Wohnung betrugen monatlich 700,47 EUR (Kaltmiete 557,31 EUR, Nebenkostenvorauszahlung 103,23 EUR, Heizkostenvorauszahlung 39,93 EUR). Nach dem zu der Verwaltungsakte der Beklagten eingereichten Mietvertrag sind die Kosten der Warmwasserversorgung in den Heizkosten enthalten.

Die Beklagte teilte dem Kläger in einem Gespräch am 14.12.2006 mit, dass er eine zu große Wohnung bewohne, die unangemessen hohe Mietkosten verursache. Übernommen werden könnten lediglich Mietkosten in Höhe von insgesamt 363,43 EUR. Die tatsächlichen Unterkunftskosten übernehme sie nur noch bis zum 31.05.2007. Sie forderte den Kläger auf, seine Bemühungen, die Mietkosten zu senken, regelmäßig jeden Monat ab Januar 2007 nachzuweisen. Für die Anmietung einer neuen Wohnung wies sie den Kläger darauf hin, dass für ihn eine Wohnung mit einer Fläche bis zu 45 m² angemessen sei. Hinsichtlich der Unterkunftskosten sei zurzeit ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von 7,35 EUR (Miete inklusive Nebenkosten) zuzüglich Heizung als angemessen anzusehen.

Mit Schreiben vom 09.01.2007 reichte der Kläger einen Wohnungsberechtigungsschein der Stadt Düsseldorf ein, der bis zum 31.08.2006 gültig war. Daraufhin forderte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 15.01.2007 auf, regelmäßig Nachweise über seine Wohnungssuche einzureichen, die Aussagen über die Wohnungsgröße, Zimmeranzahl, Mietpreis sowie darüber enthielten, mit wem und wann der Kläger über diese Wohnung verhandelt und warum er die Wohnung nicht erhalten habe.

Der Kläger teilte mit Schreiben vom 15.03.2007 - wie auch schon im Rahmen eines früheren Kostensenkungsverfahrens mit Schreiben vom 05.03.2006 - mit, er habe einen Untermieter für seine Wohnung gefunden, der aber noch die gesetzliche Kündigungsfrist für seine alte Wohnung einhalten müsse. Mit Schreiben vom 21.05.2007 teilte er mit, die Untervermietung eines Zimmers seiner Wohnung sei noch ungeklärt. Der potentielle Untermieter müsse noch diverse Fragen mit seinem bisherigen Vermieter klären. Er werde alsbald einen Untermietvertrag vorliegen.

Mit Bescheid vom 25.06.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.06.2007 bis 30.11.2007 in Höhe von 796,43 EUR (Juni) sowie in Höhe von monatlich 798,43 EUR (Juli bis November). In dem Bewilligungsbescheid teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Leistungen für Unterkunft und Heizung würden ab 01.06.2007 auf 451,43 EUR abgesenkt. Dieser Betrag enthielt 419,00 EUR für die Kaltmiete sowie die Nebenkosten und 32,43 EUR für die Heizkosten. Hierbei zog die Beklagte von den tatsächlichen Heizkosten einen Betrag von 7,50 EUR für die Warmwasserbereitung ab. Zuzüglich zu diesen Leistungen gewährte die Beklagte dem Kläger allmonatlich die für ihn jeweils geltende Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR bzw. ab Juli 2007 347,00 EUR. Dieser Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2007 ist Gegenstand des Verfahrens S 25 AS 205/07.

Im Rahmen einer Prüfung durch den Außendienst der Beklagten im Zeitraum vom 26.07.2007 bis 06.08.2007 stellte dieser fest, dass die Klingel der vom Kläger bewohnten Wohnung mit den Namen "C2 X/ S" beschriftet war. Hierzu erklärte der Kläger am 16.08.2007, bei Frau S handele es sich um die von ihm bereits genannte potentielle Untermieterin. Sie lebe derzeit im Sauerland und müsse gemäß ihrem Mietvertrag einen Nachmieter stellen. Deshalb könne sie bisher ihre Wohnung nicht kündigen. Er lebe derzeit allein in der Wohnung. Am selben Tag besichtigten Mitarbeiter der Beklagten die Wohnung des Klägers und stellten fest, dass eine Untervermietung grundsätzlich möglich sei. Praktisch gesehen sei diese jedoch vor allem deswegen unmöglich, weil die Wohnung des Klägers mit Büchern so überfüllt sei, dass diese teilweise schon auf dem Boden gestapelt seien. Es seien gerade eben noch Durchgänge frei.

Mit Bescheid vom 28.12.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.05.2008 in Höhe von monatlich 798,43 EUR (zur Zusammensetzung dieses Betrages vgl. oben den Bescheid vom 25.06.2007 im Zeitraum Juli bis November).

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 22.01.2008 Widerspruch.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte auf den Widerspruchsbescheid vom 26.11.2007. Es seien weiterhin keine Gründe ersichtlich, die eine Senkung der Unterkunftskosten unzumutbar machen würden. Der Kläger habe auch keine Bemühungen zur Kostensenkung nachgewiesen. Darüber hinaus seien dem Kläger Leistungen für eine Bestandswohnung in Höhe von 419,00 EUR gewährt worden, obwohl er nur Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Neuanmietung einer Wohnung gehabt habe. Ein Rechtsanspruch auf fortgesetzte Gewährung dieser erhöhten Unterkunftskosten ergebe sich weiterhin für den Kläger nicht, da lediglich Leistungen in Höhe von 331,00 EUR zu gewähren seien.

Mit seiner Klage vom 17.09.2008, beim Sozialgericht Düsseldorf am selben Tage zur Geschäftsstelle erhoben, verfolgt der Kläger sein Begehren auf Übernahme der Unterkunftskosten in voller Höhe weiter.

Er nimmt Bezug auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie in dem Verfahren S 25 AS 205/07. Zudem weist er darauf hin, dass er umfangreiche Nachweise für Bemühungen um eine preisangemessene Wohnung erbracht habe. Er werde nunmehr auch versuchen, im Sauerland eine Wohnung zu finden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Leistungen in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides sowie auf ihren Vortrag in dem Verfahren S 25 AS 205/07.

Auf Anforderung durch das Gericht übersandte die Beklagte die Vermieterumfragen für das Jahr 2006 sowie das Jahr 2009 sowie Wohnungsangebote aus Düsseldorfer Tageszeitungen seit Februar 2007. Die Stadt Düsseldorf führe für die Feststellung der Angemessenheit der Miete für Leistungsempfänger nach dem SGB II sowie für die Feststellung der zur Verfügung stehenden Wohnungen seit Jahren eigene Erhebungen im Rahmen einer turnusmäßig wiederkehrenden Vermieterumfrage durch. Hierzu befrage sie im Abstand von zwei bis drei Jahren Düsseldorfer Großvermieter. Der zu Grunde liegende Fragebogen werde fortlaufend modifiziert. In der im März/April 2006 durchgeführten Umfrage seien z.B. erstmals Angaben zur Kaltmiete und den Betriebskosten getrennt erhoben worden. Außerdem sei hierbei zwischen sozial- und freifinanzierten Wohnungen differenziert worden, um das Wohnungsmarktgeschehen in Düsseldorf besser abbilden zu können. Aufgrund der Vermieterumfragen aus den Jahren 2006 und 2009 sei für den Zeitraum ab Mai 2006 ein Mietrichtwerte von 7,35 EUR (331,00 EUR) und für den Zeitraum ab Mai 2009 ein Mietrichtwerte von 7,70 EUR (347,00 EUR) ermittelt worden, der jeweils die Kaltmiete und die Betriebskosten umfasse. Zu diesen Mietrichtwerten seien auch Wohnungen in ausreichendem Umfang in Düsseldorf vorhanden.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ein Teilanerkenntnisangebot dergestalt abgegeben, dass sie von den tatsächlichen Heizkosten anstelle des Betrages von 7,50 EUR für die Warmwasserbereitung einen Betrag von 6,26 EUR abzieht, den streitgegenständlichen Bescheid entsprechend abändert und den sich ergebenden Nachzahlungsbetrag an den Kläger auszahlt. Der Kläger hat erklärt, sich zu diesem Angebot der Beklagten nicht ohne Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt äußern zu wollen.

Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nach Abgabe des Teilanerkenntnisangebotes der Beklagten unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.05.2008. Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, ohne Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt wolle er die Klage nicht auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränken.

Die Klage ist nach Abgabe des Teilanerkenntnisangebotes der Beklagten unbegründet. Der Kläger ist nun nicht mehr beschwert, da der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist.

Obwohl der Kläger den Streitgegenstand nicht auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat, sind in der Sache zwischen den Beteiligten allein diese Leistungen der Höhe nach streitig. Denn die Beklagte hat neben diesen Leistungen dem Kläger die jeweils maßgebliche Regelleistung bewilligt, ohne hierauf Einkommen anzurechnen. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger Anspruch auf weitere Leistungen nach dem SGB II haben könnte.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von monatlich 700,47 EUR. Die vom Kläger zu zahlende Kaltmiete inklusive der Nebenkostenvorauszahlung (660,54 EUR) ist nicht angemessen, § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, so dass die tatsächlichen Kosten durch die Angemessenheitsgrenze beschränkt werden, § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Angemessen war vielmehr der von der Beklagten insofern festgesetzte Betrag von 419,00 EUR. Die tatsächlichen Heizkosten übernimmt die Beklagte unter Abzug eines Betrages für die Warmwasserbereitung in Höhe von 6,26 EUR. Dieses Vorgehen ist rechtmäßig, da nach dem Mietvertrag die Kosten der Warmwasserversorgung Bestandteil der Heizkosten sind. Die Kosten der Warmwasserversorgung sind jedoch bereits mit der Regelleistung abgegolten, so dass diese Kosten von den tatsächlichen Heizkosten abzuziehen sind, da sie dem Leistungsempfänger ansonsten doppelt gewährt würden. Können die tatsächlichen Kosten der Warmwasserbereitung nicht ermittelt werden, sind nach der Rechtsprechung des BSG die genannten Pauschalen abzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R; Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 8/09 R).

Die nach § 22 Abs. 1 SGB II zu übernehmenden Unterkunftskosten sind die Summe aus angemessener Kaltmiete, angemessenen Betriebs- und angemessenen Heizkosten. Bei der Prüfung der Angemessenheit dieser einzelnen Positionen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) sowie der Prüfung der Absenkung auf den angemessenen Umfang (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) ist daher auch zwischen diesen einzelnen Positionen zu differenzieren (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 02.07.2008, L 7 B 149/08 AS ER).

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Leistungen für Unterkunft und Heizung wird hinsichtlich der Kaltmiete inklusive der Nebenkostenvorauszahlung durch die Angemessenheitsgrenze von monatlich 419,00 EUR beschränkt, § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II. Die Beklagte hätte statt dieses Betrages insofern sogar - wie von ihr in dem Gespräch am 14.12.2006 dem Kläger mitgeteilt - einen Betrag von 331,00 EUR gewähren können. Dies stellt zur Überzeugung der Kammer die für die Stadt Düsseldorf geltende angemessene Referenzmiete für eine einzelne Person dar. Durch dieses Vorgehen der Beklagten ist der Kläger aber nicht beschwert, da er sogar höhere Unterkunftsleistungen als die ihm zustehenden erhalten hat.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung).

Zu den Kosten der Unterkunft gehören zunächst die (Kalt-)Mietkosten für den Wohnraum sowie die nach dem Mietvertrag von dem Leistungsempfänger zu tragenden Betriebs- bzw. Nebenkosten. Übernommen werden die angemessenen Wohnkosten. Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Mietaufwendungen für eine Unterkunft ist im Hinblick auf den Zweck der Leistungen nach dem SGB II, nur den notwendigen Bedarf sicherzustellen, nicht auf den jeweiligen örtlichen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise, sondern auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ergibt sich als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins/m² ("Produkttheorie"). Maßgebliche Kriterien für die Angemessenheit von Mietaufwendungen für eine Unterkunft sind die Wohnraumgröße, der Wohnort und der Wohnungsstandard (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; LSG NRW, Beschluss vom 17.04.2009, L 19 B 75/09 AS ER).

a) Die Beklagte ist bei der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete zutreffend von einer angemessenen Wohnungsfläche von 45 m² ausgegangen. Für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist auf die landesrechtlichen Regelungen zur Vergabe von Wohnungsberechtigungsscheinen zur Belegung von nach dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001 (WoFG) belegungsgebundenen Wohnungen abzustellen (LSG NRW, Urteil vom 16.02.2009, L 19 AS 62/08 m.w.N.). In dem Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen "Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG)" vom 08.03.2002, in der geänderten Fassung vom 21.09.2006, ist für das Land Nordrhein-Westfalen bestimmt, dass in der Regel für einen Haushalt mit einer haushaltsangehörigen Person ein Wohnraum bis zu 45 m² Wohnfläche im Sinne von § 27 Abs. 4 WoFG angemessen ist (Ziffer 5.7).

Damit überschreitet zwar bereits die Größe der Wohnung des Klägers (ca. 72 m²) den als angemessen anzusetzenden Wert. Diese Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre aber nur dann grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus Größe und Quadratmeterpreis, ausgedrückt in der Höhe des Mietzinses, gleichwohl angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wäre, etwa, weil der Standard der Wohnung nach unten abweicht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers (660,54 EUR) überschreiten die Referenzmiete bzw. die Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum (331,00 EUR) um monatlich 329,54 EUR.

b) Räumlicher Vergleichsmaßstab zur Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für eine Unterkunft ist hier das Stadtgebiet Düsseldorf. Der räumliche Vergleichsmaßstab wird in erster Linie durch den Wohnort des Hilfebedürftigen bestimmt, der im Hinblick auf dessen Größe durchaus unterschiedlich sein kann (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R).

Die Kammer legt das Gebiet der Stadt Düsseldorf in den kommunalverfassungsrechtlichen Grenzen als räumlichen Vergleichsmaßstab zur Ermittlung des abstrakt angemessenen Quadratmeterpreises zugrunde. Ausgehend von einer Bevölkerungszahl von 586.217 (Stichtag 31.12.2009) sowie einer Fläche von 217,21 km² sieht die Kammer keine Anhaltspunkte, bei der Ermittlung des angemessenen abstrakten Quadratmeterpreises auf ein kleineres Vergleichsgebiet abstellen zu müssen, etwa das Stadtgebiet von Düsseldorf in mehrere kleinere Vergleichsgebiete aufzuteilen. Bei der Festlegung des räumlichen Vergleichsmaßstabs geht es um die Beschreibung ausreichend großer Räume der Wohnbebauung, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbindung einen homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Eine solche Homogenität ist bei einer kreisfreien Stadt wie Düsseldorf insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung des öffentlichen Nahverkehrs, der auf die Erreichbarkeit des Stadtkerns von allen Stadtteilen, auch solcher, die am Stadtrand gelegen sind, ausgerichtet ist, im gesamten Stadtgebiet anzunehmen (vgl. zum Stadtgebiet Essen: LSG NRW, Urteil vom 16.02.2009, L 19 AS 62/08 m.w.N.). Besonderheiten im Einzelfall können bei der Bestimmung des zumutbaren Wohnbereichs im Rahmen der konkreten Angemessenheitsprüfung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II berücksichtigt werden. Im Hinblick auf das soziale Umfeld kann unter Umständen der zumutbare Wohnbereich enger zu begrenzen sein als das Gebiet, das im Hinblick auf die Mietpreishöhe als Vergleichsmaßstab herangezogen wird (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R; LSG NRW a.a.O.).

c) Der angemessene Quadratmeterpreis (Kaltmiete sowie Nebenkosten) für einfache Wohnungen mit einer Fläche bis zu 45 m² beträgt im unteren Segment des Wohnungsmarktes von Düsseldorf 7,35 EUR.

Nach der Feststellung der Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; BSG, Urteile vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R und B 7b AS 18/06 R). Bei der Ermittlung des angemessenen abstrakten Quadratmeterpreises ist nicht auf den jeweiligen örtlichen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise, sondern auf die im unteren (nicht im untersten) Bereich für alle vergleichbaren Wohnungen am Wohnort des Hilfesuchenden marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 16.02.2009, L 19 AS 62/08). Dabei muss der Grundsicherungsträger zur Feststellung der Beschaffenheit des Wohnungsmarkts nicht zwingend auf einen qualifizierten oder einfachen Mietspiegel i.S.d. §§ 558c und 558d BGB abstellen, soweit ein solcher in der Kommune existiert. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss lediglich auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R; Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R). Nur unter den Voraussetzungen, dass der Grundsicherungsträger ohne schlüssiges Konzept entschieden hat, alle Erkenntnismöglichkeiten erschöpft sind und weitere lokale Erkenntnismöglichkeiten zur Ermittlung der angemessenen Aufwendungen fehlen, kann auf die Tabellenwerte des § 8 WoGG - rechte Spalte plus Zuschlag - zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R).

Die Kammer ist im vorliegenden Fall zu der Überzeugung gelangt, dass der von der Beklagten ermittelte Quadratmeterpreis von 7,35 EUR auf einem schlüssigen Konzept beruht. Ein schlüssiges Konzept liegt nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn der Ersteller planmäßig im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall vorgegangen ist (BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R; Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R). Danach muss das Konzept folgende Schlüssigkeitsanforderungen erfüllen:

Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Nach der Überzeugung der Kammer genügt die Vermieterumfrage aus dem Jahr 2006, aus der der angemessene Quadratmeterpreis in Höhe von 7,35 EUR für Kaltmiete und Nebenkosten ermittelt wurde, diesen Anforderungen. Die Erhebungen der Umfrage sind in der Zeit vom 01.03.2006 bis 30.04.2006 bei Düsseldorfer Großvermietern über den gesamten Vergleichsraum des Stadtgebietes erfolgt. Der Gegenstand der Befragung waren Mietwohnungen einfachen Standards im Stadtgebiet Düsseldorf über sämtliche Wohnungsgrößen von bis 45 m² bis über 105 m². Die Beklagte bzw. die Stadt Düsseldorf als der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II zuständige kommunale Träger hat die Vermieter ausdrücklich nach der Höhe der Kaltmiete sowie der Nebenkosten befragt, die bei ihnen für Wohnungen einfachen Standards anfallen. Damit hat sie den Gegenstand der Befragung explizit auf solche Wohnungen beschränkt. Es sind sowohl die Netto-Kaltmieten als auch die Nebenkosten erhoben worden. Des Weiteren hat die Stadt Düsseldorf bei der Befragung von vornherein die Kosten getrennt nach sozial- und freifinanzierten Wohnungen abgefragt, sodann jeweils einen gewichteten Mittelwert gebildet, um die bei den jeweiligen Vermietern zur Verfügung stehende Anzahl der Wohnungen in die Ermittlung mit einfließen zu lassen, und schließlich aus den sich ergebenden Gesamtmieten multipliziert mit der jeweiligen Wohnungsanzahl eine gerundete Durchschnittsmiete gebildet. Die Kammer nimmt hierzu Bezug auf die eingereichte Vermieterumfrage. Die Erhebung ist auch repräsentativ, da sie sich auf 12 bis 13 % des örtlichen Wohnungsmarktes erstreckt. Auch von der Validität der Datenerhebung ist auszugehen. Die Auswertung des Datenmaterials ist aufgrund objektiver statistischer Kriterien erfolgt. Die ermittelten Mietrichtwerte sind Durchschnittswerte, die sich auf Wohnungen einfacher bis mittlerer Wohnlage beziehen. Dazu fließt der Wohnstandard über die gestellten Fragen in die Errechnung der Vergleichsmieten mit ein.

Auf Grund dessen ist es auch gerechtfertigt, von der Mietrichtwerttabelle für Düsseldorf abzuweichen. Diese Frage ist stets und vorrangig zu klären, wenn für ein Gebiet bzw. eine Stadt ein Mietspiegel oder eine sonstige Tabelle bereits von neutralen und fachkundigen Institutionen erstellt worden ist. Die Mietrichtwerttabelle für Düsseldorf wird alljährlich von Haus und Grund Düsseldorf und Umgebung e.V. sowie dem Mieter-Verein Düsseldorf e.V. erstellt. Will der Grundsicherungsträger von dem in dem jeweiligen Konzept/Mietspiegel niedergelegten Datenmaterial abweichen, z.B. indem er nicht jeden Mietpreis aus einer darin aufgeführten Mietpreisspanne als angemessen zugrunde legen will, bedarf es einer besonderen Rechtfertigung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.07.2010, L 1 AS 2852/09). Diese resultiert daraus, dass die Vermieterumfrage der Stadt Düsseldorf nach der Ansicht der Kammer ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des angemessenen abstrakten Quadratmeterpreises darstellt.

Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist somit festzustellen, dass die angemessene Kaltmiete inklusive der Nebenkosten für einen Ein-Personen-Haushalt im Stadtgebiet Düsseldorf nach der "Produkttheorie" 331,00 EUR beträgt. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft übersteigen daher den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, so dass das Kostensenkungsverfahren gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ausgelöst wurde.

d) Eine Senkung seiner Unterkunftskosten insbesondere durch Anmietung einer anderen Unterkunft war dem Kläger möglich und zumutbar, so dass er sich nicht auf Bestandsschutz nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II berufen kann und die Beklagte ab dem 01.06.2007 nur die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen hat. Dem Kläger war die angemessene Referenzmiete bekannt, da ihm die Beklagte in dem Gespräch am 14.12.2006 diesen Betrag mitgeteilt hatte. Die sechsmonatige Bestandschutzfrist war daher ab Juni 2007 abgelaufen. Des Weiteren sind im streitbefangenen Zeitraum auf dem Wohnungsmarkt in Düsseldorf Wohnungen für eine Referenzmiete von 331,00 EUR konkret verfügbar gewesen. Auch aus anderen Gründen ergibt sich nicht die Unmöglichkeit und/oder Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen.

Für eine Referenzmiete von 331,00 EUR sind im streitbefangenen Zeitraum auf dem Wohnungsmarkt in Düsseldorf Wohnungen konkret verfügbar gewesen. Dies belegen nach der Überzeugung der Kammer die zur Gerichtsakte gereichten Nachweise der Beklagten über verfügbare Wohnungen (insbesondere Bl. 22 ff. der Gerichtsakte). Diese Wohnungsangebote beziehen sich zum einen auf das gesamte Düsseldorfer Stadtgebiet und zum anderen auf den Zeitraum ab Februar 2007.

Sonstige tatsächliche oder rechtliche Hinderungsgründe, die einer Kostensenkung entgegenstünden, sind nicht ersichtlich. Da die Übernahme überhöhter Unterkunftskosten angesichts der Rechtsfolgenanordnung in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II exzeptionellen Charakter haben soll, sind im Rahmen der Bestimmung der Ausnahmen vom Regelfall strenge Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen zu stellen. Die Erstattung nicht angemessener Unterkunftskosten bleibt der durch sachliche Gründe begründungspflichtige Ausnahmefall, und die Obliegenheit zur Kostensenkung bleibt auch bei Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R).

Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass ihm ein Umzug in eine angemessene Wohnung unmöglich war. Er beruft sich darauf, dass er in dem gesamten streitigen Zeitraum intensiv günstigere Wohnungen gesucht, solche aber nicht gefunden habe. Nachweise für solche erfolglose Bemühungen hat der Kläger aber nicht vorgelegt. Er hat im Verwaltungs- und Vorverfahren sowie in dem Parallelverfahren S 25 AS 205/07 lediglich Kopien von Wohnungsanzeigen eingereicht, ohne dass sich aus diesen ergibt, wann er sich bei den jeweiligen Vermietern vorgestellt hat und abgelehnt worden ist. Lediglich bei einigen Anzeigen hat der Kläger das Datum und die Uhrzeit eines Telefonats notiert, dies jedoch anscheinend nur zu dem Zweck, um die Höhe der Nebenkosten zu erfragen. Dies stellt aber keinen ausreichenden Nachweis erfolgloser Wohnungssuchbemühungen dar. Insofern schließt sich die Kammer den Ausführungen der Beklagten an. Des Weiteren beziehen sich die eingereichten Anzeigen ausnahmslos auf Wohnungen, die gerade nicht den Anforderungen angemessener Unterkunftskosten entsprachen. Der Kläger hat also bereits in dem falschen, weil zu teuren Wohnungsmarktsegment gesucht. Dass er hier nicht fündig geworden ist, führt nicht dazu, dass seine unangemessene Wohnungsmiete übernommen werden kann. Zudem sind - entgegen der Ansicht des Klägers - diese Anzeigen auch kein Beweis dafür, dass es in Düsseldorf keine Wohnungen zu der angemessenen Referenzmiete gäbe. Der Kläger hat lediglich vereinzelte Wohnungsanzeigen kopiert und eingereicht, so dass er mit diesem Ausschnitt des Wohnungsmarkts nicht die umfassenden Nachweise der Beklagten widerlegen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Berufung gegen dieses Urteil ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig.
Rechtskraft
Aus
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