Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2055/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1911/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1955 in B., Hauptstadt der S., geborene Klägerin erlangte dort im Juni 1975 die Hochschulreife. Sie war von September 1975 bis Dezember 1979 als Fremdsprachenkorrespondentin beschäftigt und erlangte noch einen Abschluss als Bürokauffrau. Am 15. Februar 1980 zog sie ins Bundesgebiet zu. Nach einem nicht abgeschlossenen Studium der Betriebswirtschaftslehre, Zeiten der Arbeitslosigkeit und einer nochmaligen, erfolgreichen Ausbildung zur Bürokauffrau war die Klägerin von Februar 1985 bis Oktober 1987 über eine Zeitarbeitsfirma als Datentypistin eingesetzt. Am 14. Dezember 1986 wurde eine Tochter, am 24. Juli 1988 ein Sohn geboren. Die Ehe wurde 1997 geschieden. Ab 01. März 1998 war die Klägerin wieder versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt vom 01. September 1999 bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 31. Januar 2006 als Reinigungskraft. Die anschließende Arbeitslosigkeit war nochmals durch eine mit Kündigung in der Probezeit beendete Beschäftigung als Reinigungskraft vom 02. bis 31. Mai 2006 unterbrochen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld war mit 02. Juni 2007 erschöpft.
Ein von der Agentur für Arbeit K. (Medizinaldirektorin Dr. R.) am 02. Dezember 2005 erstelltes Gutachten nannte eine deutlich verminderte Belastbarkeit des muskuloskelettalen Systems bei ausgeprägter Seitverbiegung der Wirbelsäule und Verschleiß, ferner seelisch leicht verminderte Belastbarkeit. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeit mit qualitativen Einschränkungen und unter Vermeidung vermehrt auftretender zwischenmenschlicher Konfliktsituationen könnten noch vollschichtig geleistet werden. Nach einer Maßnahme der Berufsfindung/Arbeitserprobung vom 19. September bis 02. Oktober 2007 im Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum Karlsbad wurden demgegenüber Zweifel an der Arbeitsfähigkeit angemeldet (dortige Berichte vom 08., 17. und 30. Oktober 2007). Nach einem Sturz auf die rechte Hand beim Schlittschuhlaufen befand sich die Klägerin vom 04. bis 10. Februar 2008 in der Klinik für Unfall-, Hand- und Orthopädische Chirurgie des Städtischen Klinikums K., wo eine offene Reposition und winkelstabile Plattenosteosynthese erfolgte (Arztbrief Prof. Dr. M. vom 22. Februar 2008). Da die Klägerin vom 15. Februar bis 29. März 2007 an einer Heilmaßnahme in der Z.-Klinik S. B. teilgenommen hatte (Entlassbericht Dr. W. vom 10. April 2007), aus welchem sie aufgrund der eingeengten psychischen Belastbarkeit als arbeitsunfähig entlassen worden war, erstattete zur Prüfung der Umdeutung in einen Rentenantrag Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. von der Untersuchungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) in Karlsruhe das Gutachten vom 28. Februar 2008. Er nannte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Tendenz zur hypochondrischen Beschwerdeverarbeitung auf dem Boden einer kombinierten ängstlich-asthenen Persönlichkeitsstörung. Leichte Arbeiten in Tagesschicht in wechselnder Körperhaltung ohne Zeitdruck und ohne besondere geistige Anspannung seien sechsstündig möglich. Aufgrund Antrags vom 04. Juni 2008 erhöhte sich ab diesem Zeitpunkt der Grad der Behinderung (GdB) von bisher 30 auf 40 (Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 14. August 2008 mit den Funktionsbeeinträchtigungen "seelische Störung, Fibromyalgiesyndrom, somatoforme Schmerzstörung, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung, Kalksalzminderung des Knochens - Osteoporose -, Kopfschmerzsyndrom, chronische Bronchitis").
Am 27. Mai 2008 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie befand sich sodann wegen ständig progredienter Dauerschmerzen insbesondere im Bereich der Wirbelsäule vom 03. bis 19. Juni 2008 in stationärer Behandlung der Klinik B. B. des Klinikum L. - Konservative Orthopädie (Arztbrief Oberarzt U. vom 19. Juni 2008). Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. C.-G. hielt in dem von der Beklagten eingeholten Befundbericht vom 01. Juli 2008 die gesamte Leistungsfähigkeit der Klägerin durch Dauerschmerzen eingeschränkt. Arzt für Chirurgie Dr. S. vom Sozialmedizinischen Dienst der DRV hielt in Kenntnis der bis dahin vorliegenden ärztlichen Äußerungen eine neue Begutachtung für nicht erforderlich und eine Beurteilung nach Aktenlage für ausreichend. Dem folgend lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 22. August 2008 unter Bezugnahme auf die im Gutachten Dr. G. vom 28. Februar 2008 genannten Diagnosen den Rentenantrag ab.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie könne auch leichte Arbeiten keinesfalls sechs Stunden leisten. Selbst die Vermittlung einer geringfügigen Beschäftigung sei erfolglos geblieben. Die Klägerin legte noch die Bestätigung der Diplom-Psychologin L. vom 20. Oktober 2008 vor, sie sei bei dieser von Oktober 2006 bis August 2008 in 60 Sitzungen zu 50 Minuten in ambulanter Verhaltenstherapie gewesen. Neurologe und Psychiater Dr. B. erstattete den Ärztlichen Bericht vom 26. Februar 2009. Er kam als Diagnose zu einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit konversionsneurotischer Färbung, in unscharfer Abgrenzung zu einfach tendenziösem Krankheitsverhalten bei Versorgungswünschen. Leichte bis mittelschwere Arbeit mit qualitativen Einschränkungen, insbesondere ohne besonderen Zeitdruck sei weiter vollschichtig möglich. Auf dieser Grundlage erließ die Widerspruchsstelle der Beklagten den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 04. Mai 2009.
Deswegen erhob die Klägerin am 08. Mai 2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Spätestens seit 2004 habe sich die Leistungsfähigkeit rapide verschlechtert. Während des letzten Arbeitsversuchs als Reinigungskraft im Mai 2006 sei es zum totalen Zusammenbruch gekommen. Die Berufsfindung/Arbeitserprobung im September/Oktober 2007 als Bürokauffrau sei erfolglos geblieben. Seither habe sie unzählige Arztbesuche hinter sich bringen müssen. Eine Besserung sei unwahrscheinlich. Sie leide insbesondere unter schweren Schlafstörungen. Das Gutachten Dr. N. (hierzu im Folgenden) könne sie keineswegs akzeptieren.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte den Beschluss der tschechischen Verwaltung für Sozialversicherung in Prag vom 22. Juni 2009 vor, dass eine dortige Teilrente abgelehnt werde, weil nach einem dortigen Gutachten vom 31. März 2009 die "Fähigkeit zur systematischen Erwerbstätigkeit" lediglich um 25 v.H. verringert sei und die Klägerin deshalb weder als Voll- noch Teilinvalide anzusehen sei.
Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C.-G. erstattete die schriftliche Zeugenaussage vom 14. September 2009. Die Klägerin werde von ihr seit 2000 regelmäßig etwa drei- bis fünfmal pro Vierteljahr behandelt. Im Vordergrund stünden Orthopädie und Schmerztherapie. Beigefügt waren neben bereits bekannten Arztbriefen der Bericht der Hautklinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe vom 19. Dezember 2008 (Prof. Dr. Ge.) über eine vom 11. bis 13. Dezember 2008 stattgefundene Behandlung einer Mündungsklappeninsuffizienz der Vena saphena magna links, der Bericht der Diplom-Psychologin L. vom 19. Dezember 2008 zum Abschluss der Verhaltenstherapie und ein Bericht des Orthopäden Dr. Fl. vom 28. Juli 2008 (Osteoporose sehr unwahrscheinlich).
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. erstattete das Gutachten vom 28. Januar 2010. Mit Einverständnis der Klägerin forderte er den Entlassungsbericht der Psychosomatischen Abteilung des Diakonissenkrankenhauses K. vom 22. Dezember 2009 über die vom 04. November bis 15. Dezember 2009 erfolgte stationäre Behandlung an, ohne diesen dem Gutachten beizufügen. Es bestünden multilokuläre Schmerzen (Fibromyalgiesyndrom) im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, eine Dysthymia im Rahmen einer Anpassungsstörung sowie eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert. Das Schmerzsyndrom sei mittlerweile chronifiziert. Zu meiden seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als sieben kg, dauerndes Stehen oder Sitzen sowie gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen. Zeitdruck, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit seien zu vermeiden, ferner Arbeiten mit hohem Konzentrationsvermögen oder mit nervlicher Belastung. Im Übrigen seien jedoch Tätigkeiten noch sechs Stunden täglich möglich. Weitere besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich, die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Schmerzsymptomatik sei in erster Linie durch eine psychische Störung, nicht jedoch durch die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet bestimmt.
Durch Gerichtsbescheid vom 23. März 2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung nahm es auf die Darlegungen des Sachverständigen Dr. N. sowie der Gutachter Dr. G. und Dr. B. Bezug. Die Klägerin habe den sie begutachtenden Ärzten von zahlreichen Hobbys, sozialen Aktivitäten und Kontakten berichtet, die sich nicht mit dem von ihr behaupteten zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen in Übereinstimmung bringen ließen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. April 2010 beim SG Berufung eingelegt. Sie verbleibt zur Begründung dabei, unzählige Therapien hätten ihr gegen das Fortschreiten ihrer Krankheiten nicht helfen können. Sie leide unter anhaltenden Schmerzen und einer Depression. Schon durch kleinste Hausarbeiten seien ihre Kräfte erschöpft. Sie könne auch keine drei Stunden täglich mehr erwerbstätig sein.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. Mai 2009 zu verurteilen, ihr ab 01. Mai 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitgegenständlichen Bescheide weiterhin für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über welche der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 i. V. mit § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist in der Sache nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 23. März 2010 ist nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 22. August 2008 (Widerspruchsbescheid vom 04. Mai 2009) erweist sich nach dem Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens als rechtmäßig. Die Klägerin hat weder ab 01. Mai 2008 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist nicht erwerbsgemindert. Denn sie ist aus den im Folgenden darzulegenden Gründen leistungsfähig, eine zumutbare Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts noch sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Klägerin leidet vorrangig unter Gesundheitsstörungen, die auf dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zu bewerten sind. Dies ist im Gutachten des Facharztes Dr. N. vom 28. Januar 2010 vollständig erfolgt. Wie das SG folgt auch der Senat diesem Gutachten. Danach bestehen multilokuläre (an vielen Körperstellen auftretende) Schmerzen, bezeichnet als Fibromyalgiesyndrom, im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, eine Dysthymia (Verstimmung) im Rahmen einer Anpassungsstörung und eine wiederkehrende depressive Störung, die freilich derzeit zurückgedrängt ist. Die Schmerzen sind chronifiziert, also nicht mehr merklich zu verbessern. Der Sachverständige grenzt die dennoch von der Klägerin noch zu leistenden Tätigkeiten dahingehend ein, dass schwere und mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als sieben Kilogramm, dauerndes Stehen oder Sitzen oder gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen, Zeitdruck, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit zu vermeiden sind. Auch Arbeiten mit hohem Konzentrationsvermögen oder mit nervlicher Belastung können nicht geleistet werden. Im Übrigen bestehen gegen leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich innerhalb dieser Grenzen keine Bedenken. Der Sachverständige begründet dies überzeugend damit, die Klägerin sei hinsichtlich der Beschreibung ihres Alltags in der Lage, eine Tagesstrukturierung einzuhalten, gehe verschiedenen Liebhabereien nach und sei auch sozial hinreichend integriert. Dies ergibt sich aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. G. vom 28. Februar 2008 und dem Ärztlichen Bericht des Dr. B. vom 26. Februar 2009. Unter diesen Umständen ist nicht von einem erheblichen Ausprägungsgrad der Schmerzstörung auszugehen. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass sie sich durch Spaziergänge und Tätigkeiten oder gesellschaftliche Aktivitäten von den Schmerzen ablenken kann. Während der gut zweistündigen Exploration bei Dr. N. konnte sie sich schmerzfrei bewegen und ruhig sitzen bleiben. Zu ausgeprägter Schmerzreaktion kam es - wie für die so genannte Fibromyalgie typisch - nur bei Druck und Berührung. Eine schwere Depression war nicht zu begründen. Die Verhaltenstherapie bei Dipl.-Psychologin L. (vgl. deren Berichte vom 20. Oktober und 19. Dezember 2008) brachte insgesamt eine anhaltende Stabilisierung und einen Therapieerfolg. Auch die Heilmaßnahme in S. B. vom 15. Februar bis 29. März 2007 und die Behandlung in der Klinik B. B. des Klinikums L. vom 03. bis 19. Juni 2008 brachten im Ergebnis eine Besserung sowohl der Schmerzsymptomatik als auch der psychischen Probleme. Nach alledem konnte eine die berufliche Leistungsfähigkeit schwerwiegend begrenzende Bewegungseinschränkung oder auch eine erkennbare Antriebshemmung nicht bestätigt werden. Ins Gewicht fallende Einschränkungen der Anpassungs-, Umstellungsfähigkeit, der Flexibilität oder auch des Durchhaltevermögens ließen sich nach der Darlegung des Sachverständigen nicht begründen.
Zusätzliche Gesundheitsstörungen auf anderen medizinischen Fachgebieten ändern an der Beurteilung nichts. Eine Mündungsklappeninsuffizienz der Vena saphena magna links wurde vom 11. bis 13. Dezember 2008 in der Hautklinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe (Bericht vom 19. Dezember 2008) erfolgreich behandelt. Ebenso wenig bestehen schwerwiegende Befunde des Stütz- und Bewegungsapparates; nach dem Bericht des Orthopäden Dr. Fl. vom 28. Juli 2008 ist eine Osteoporose sehr unwahrscheinlich. Aus der Zeugenaussage der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C.-G. vom 14. September 2009 ergeben sich keine den anderen ärztlichen Äußerungen widersprechenden Anhaltspunkte, die zu einer Abweichung von den Gutachtensergebnissen oder zu weiteren Ermittlungen veranlasst hätten.
Die Klägerin ist nach alledem nach den geltenden Vorschriften weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die Benennung einer konkreten Tätigkeit aufgrund schwerer spezifischer Behinderung ist nicht erforderlich. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) besteht nicht, da die Klägerin sich nicht von einem höherwertigen Beruf als demjenigen der Reinigungskraft gesundheitsbedingt gelöst hat und deshalb auf alle ungelernten Tätigkeiten des Arbeitsmarkts verwiesen werden kann. Die erschwerte Vermittelbarkeit ist nach den zitierten gesetzlichen Bestimmungen kein Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1955 in B., Hauptstadt der S., geborene Klägerin erlangte dort im Juni 1975 die Hochschulreife. Sie war von September 1975 bis Dezember 1979 als Fremdsprachenkorrespondentin beschäftigt und erlangte noch einen Abschluss als Bürokauffrau. Am 15. Februar 1980 zog sie ins Bundesgebiet zu. Nach einem nicht abgeschlossenen Studium der Betriebswirtschaftslehre, Zeiten der Arbeitslosigkeit und einer nochmaligen, erfolgreichen Ausbildung zur Bürokauffrau war die Klägerin von Februar 1985 bis Oktober 1987 über eine Zeitarbeitsfirma als Datentypistin eingesetzt. Am 14. Dezember 1986 wurde eine Tochter, am 24. Juli 1988 ein Sohn geboren. Die Ehe wurde 1997 geschieden. Ab 01. März 1998 war die Klägerin wieder versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt vom 01. September 1999 bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 31. Januar 2006 als Reinigungskraft. Die anschließende Arbeitslosigkeit war nochmals durch eine mit Kündigung in der Probezeit beendete Beschäftigung als Reinigungskraft vom 02. bis 31. Mai 2006 unterbrochen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld war mit 02. Juni 2007 erschöpft.
Ein von der Agentur für Arbeit K. (Medizinaldirektorin Dr. R.) am 02. Dezember 2005 erstelltes Gutachten nannte eine deutlich verminderte Belastbarkeit des muskuloskelettalen Systems bei ausgeprägter Seitverbiegung der Wirbelsäule und Verschleiß, ferner seelisch leicht verminderte Belastbarkeit. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeit mit qualitativen Einschränkungen und unter Vermeidung vermehrt auftretender zwischenmenschlicher Konfliktsituationen könnten noch vollschichtig geleistet werden. Nach einer Maßnahme der Berufsfindung/Arbeitserprobung vom 19. September bis 02. Oktober 2007 im Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum Karlsbad wurden demgegenüber Zweifel an der Arbeitsfähigkeit angemeldet (dortige Berichte vom 08., 17. und 30. Oktober 2007). Nach einem Sturz auf die rechte Hand beim Schlittschuhlaufen befand sich die Klägerin vom 04. bis 10. Februar 2008 in der Klinik für Unfall-, Hand- und Orthopädische Chirurgie des Städtischen Klinikums K., wo eine offene Reposition und winkelstabile Plattenosteosynthese erfolgte (Arztbrief Prof. Dr. M. vom 22. Februar 2008). Da die Klägerin vom 15. Februar bis 29. März 2007 an einer Heilmaßnahme in der Z.-Klinik S. B. teilgenommen hatte (Entlassbericht Dr. W. vom 10. April 2007), aus welchem sie aufgrund der eingeengten psychischen Belastbarkeit als arbeitsunfähig entlassen worden war, erstattete zur Prüfung der Umdeutung in einen Rentenantrag Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. von der Untersuchungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) in Karlsruhe das Gutachten vom 28. Februar 2008. Er nannte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Tendenz zur hypochondrischen Beschwerdeverarbeitung auf dem Boden einer kombinierten ängstlich-asthenen Persönlichkeitsstörung. Leichte Arbeiten in Tagesschicht in wechselnder Körperhaltung ohne Zeitdruck und ohne besondere geistige Anspannung seien sechsstündig möglich. Aufgrund Antrags vom 04. Juni 2008 erhöhte sich ab diesem Zeitpunkt der Grad der Behinderung (GdB) von bisher 30 auf 40 (Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 14. August 2008 mit den Funktionsbeeinträchtigungen "seelische Störung, Fibromyalgiesyndrom, somatoforme Schmerzstörung, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung, Kalksalzminderung des Knochens - Osteoporose -, Kopfschmerzsyndrom, chronische Bronchitis").
Am 27. Mai 2008 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie befand sich sodann wegen ständig progredienter Dauerschmerzen insbesondere im Bereich der Wirbelsäule vom 03. bis 19. Juni 2008 in stationärer Behandlung der Klinik B. B. des Klinikum L. - Konservative Orthopädie (Arztbrief Oberarzt U. vom 19. Juni 2008). Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. C.-G. hielt in dem von der Beklagten eingeholten Befundbericht vom 01. Juli 2008 die gesamte Leistungsfähigkeit der Klägerin durch Dauerschmerzen eingeschränkt. Arzt für Chirurgie Dr. S. vom Sozialmedizinischen Dienst der DRV hielt in Kenntnis der bis dahin vorliegenden ärztlichen Äußerungen eine neue Begutachtung für nicht erforderlich und eine Beurteilung nach Aktenlage für ausreichend. Dem folgend lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 22. August 2008 unter Bezugnahme auf die im Gutachten Dr. G. vom 28. Februar 2008 genannten Diagnosen den Rentenantrag ab.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie könne auch leichte Arbeiten keinesfalls sechs Stunden leisten. Selbst die Vermittlung einer geringfügigen Beschäftigung sei erfolglos geblieben. Die Klägerin legte noch die Bestätigung der Diplom-Psychologin L. vom 20. Oktober 2008 vor, sie sei bei dieser von Oktober 2006 bis August 2008 in 60 Sitzungen zu 50 Minuten in ambulanter Verhaltenstherapie gewesen. Neurologe und Psychiater Dr. B. erstattete den Ärztlichen Bericht vom 26. Februar 2009. Er kam als Diagnose zu einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit konversionsneurotischer Färbung, in unscharfer Abgrenzung zu einfach tendenziösem Krankheitsverhalten bei Versorgungswünschen. Leichte bis mittelschwere Arbeit mit qualitativen Einschränkungen, insbesondere ohne besonderen Zeitdruck sei weiter vollschichtig möglich. Auf dieser Grundlage erließ die Widerspruchsstelle der Beklagten den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 04. Mai 2009.
Deswegen erhob die Klägerin am 08. Mai 2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Spätestens seit 2004 habe sich die Leistungsfähigkeit rapide verschlechtert. Während des letzten Arbeitsversuchs als Reinigungskraft im Mai 2006 sei es zum totalen Zusammenbruch gekommen. Die Berufsfindung/Arbeitserprobung im September/Oktober 2007 als Bürokauffrau sei erfolglos geblieben. Seither habe sie unzählige Arztbesuche hinter sich bringen müssen. Eine Besserung sei unwahrscheinlich. Sie leide insbesondere unter schweren Schlafstörungen. Das Gutachten Dr. N. (hierzu im Folgenden) könne sie keineswegs akzeptieren.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte den Beschluss der tschechischen Verwaltung für Sozialversicherung in Prag vom 22. Juni 2009 vor, dass eine dortige Teilrente abgelehnt werde, weil nach einem dortigen Gutachten vom 31. März 2009 die "Fähigkeit zur systematischen Erwerbstätigkeit" lediglich um 25 v.H. verringert sei und die Klägerin deshalb weder als Voll- noch Teilinvalide anzusehen sei.
Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C.-G. erstattete die schriftliche Zeugenaussage vom 14. September 2009. Die Klägerin werde von ihr seit 2000 regelmäßig etwa drei- bis fünfmal pro Vierteljahr behandelt. Im Vordergrund stünden Orthopädie und Schmerztherapie. Beigefügt waren neben bereits bekannten Arztbriefen der Bericht der Hautklinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe vom 19. Dezember 2008 (Prof. Dr. Ge.) über eine vom 11. bis 13. Dezember 2008 stattgefundene Behandlung einer Mündungsklappeninsuffizienz der Vena saphena magna links, der Bericht der Diplom-Psychologin L. vom 19. Dezember 2008 zum Abschluss der Verhaltenstherapie und ein Bericht des Orthopäden Dr. Fl. vom 28. Juli 2008 (Osteoporose sehr unwahrscheinlich).
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. erstattete das Gutachten vom 28. Januar 2010. Mit Einverständnis der Klägerin forderte er den Entlassungsbericht der Psychosomatischen Abteilung des Diakonissenkrankenhauses K. vom 22. Dezember 2009 über die vom 04. November bis 15. Dezember 2009 erfolgte stationäre Behandlung an, ohne diesen dem Gutachten beizufügen. Es bestünden multilokuläre Schmerzen (Fibromyalgiesyndrom) im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, eine Dysthymia im Rahmen einer Anpassungsstörung sowie eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert. Das Schmerzsyndrom sei mittlerweile chronifiziert. Zu meiden seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als sieben kg, dauerndes Stehen oder Sitzen sowie gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen. Zeitdruck, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit seien zu vermeiden, ferner Arbeiten mit hohem Konzentrationsvermögen oder mit nervlicher Belastung. Im Übrigen seien jedoch Tätigkeiten noch sechs Stunden täglich möglich. Weitere besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich, die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Schmerzsymptomatik sei in erster Linie durch eine psychische Störung, nicht jedoch durch die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet bestimmt.
Durch Gerichtsbescheid vom 23. März 2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung nahm es auf die Darlegungen des Sachverständigen Dr. N. sowie der Gutachter Dr. G. und Dr. B. Bezug. Die Klägerin habe den sie begutachtenden Ärzten von zahlreichen Hobbys, sozialen Aktivitäten und Kontakten berichtet, die sich nicht mit dem von ihr behaupteten zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen in Übereinstimmung bringen ließen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. April 2010 beim SG Berufung eingelegt. Sie verbleibt zur Begründung dabei, unzählige Therapien hätten ihr gegen das Fortschreiten ihrer Krankheiten nicht helfen können. Sie leide unter anhaltenden Schmerzen und einer Depression. Schon durch kleinste Hausarbeiten seien ihre Kräfte erschöpft. Sie könne auch keine drei Stunden täglich mehr erwerbstätig sein.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. Mai 2009 zu verurteilen, ihr ab 01. Mai 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitgegenständlichen Bescheide weiterhin für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über welche der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 i. V. mit § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist in der Sache nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 23. März 2010 ist nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 22. August 2008 (Widerspruchsbescheid vom 04. Mai 2009) erweist sich nach dem Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens als rechtmäßig. Die Klägerin hat weder ab 01. Mai 2008 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist nicht erwerbsgemindert. Denn sie ist aus den im Folgenden darzulegenden Gründen leistungsfähig, eine zumutbare Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts noch sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Klägerin leidet vorrangig unter Gesundheitsstörungen, die auf dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zu bewerten sind. Dies ist im Gutachten des Facharztes Dr. N. vom 28. Januar 2010 vollständig erfolgt. Wie das SG folgt auch der Senat diesem Gutachten. Danach bestehen multilokuläre (an vielen Körperstellen auftretende) Schmerzen, bezeichnet als Fibromyalgiesyndrom, im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, eine Dysthymia (Verstimmung) im Rahmen einer Anpassungsstörung und eine wiederkehrende depressive Störung, die freilich derzeit zurückgedrängt ist. Die Schmerzen sind chronifiziert, also nicht mehr merklich zu verbessern. Der Sachverständige grenzt die dennoch von der Klägerin noch zu leistenden Tätigkeiten dahingehend ein, dass schwere und mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als sieben Kilogramm, dauerndes Stehen oder Sitzen oder gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen, Zeitdruck, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit zu vermeiden sind. Auch Arbeiten mit hohem Konzentrationsvermögen oder mit nervlicher Belastung können nicht geleistet werden. Im Übrigen bestehen gegen leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich innerhalb dieser Grenzen keine Bedenken. Der Sachverständige begründet dies überzeugend damit, die Klägerin sei hinsichtlich der Beschreibung ihres Alltags in der Lage, eine Tagesstrukturierung einzuhalten, gehe verschiedenen Liebhabereien nach und sei auch sozial hinreichend integriert. Dies ergibt sich aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. G. vom 28. Februar 2008 und dem Ärztlichen Bericht des Dr. B. vom 26. Februar 2009. Unter diesen Umständen ist nicht von einem erheblichen Ausprägungsgrad der Schmerzstörung auszugehen. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass sie sich durch Spaziergänge und Tätigkeiten oder gesellschaftliche Aktivitäten von den Schmerzen ablenken kann. Während der gut zweistündigen Exploration bei Dr. N. konnte sie sich schmerzfrei bewegen und ruhig sitzen bleiben. Zu ausgeprägter Schmerzreaktion kam es - wie für die so genannte Fibromyalgie typisch - nur bei Druck und Berührung. Eine schwere Depression war nicht zu begründen. Die Verhaltenstherapie bei Dipl.-Psychologin L. (vgl. deren Berichte vom 20. Oktober und 19. Dezember 2008) brachte insgesamt eine anhaltende Stabilisierung und einen Therapieerfolg. Auch die Heilmaßnahme in S. B. vom 15. Februar bis 29. März 2007 und die Behandlung in der Klinik B. B. des Klinikums L. vom 03. bis 19. Juni 2008 brachten im Ergebnis eine Besserung sowohl der Schmerzsymptomatik als auch der psychischen Probleme. Nach alledem konnte eine die berufliche Leistungsfähigkeit schwerwiegend begrenzende Bewegungseinschränkung oder auch eine erkennbare Antriebshemmung nicht bestätigt werden. Ins Gewicht fallende Einschränkungen der Anpassungs-, Umstellungsfähigkeit, der Flexibilität oder auch des Durchhaltevermögens ließen sich nach der Darlegung des Sachverständigen nicht begründen.
Zusätzliche Gesundheitsstörungen auf anderen medizinischen Fachgebieten ändern an der Beurteilung nichts. Eine Mündungsklappeninsuffizienz der Vena saphena magna links wurde vom 11. bis 13. Dezember 2008 in der Hautklinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe (Bericht vom 19. Dezember 2008) erfolgreich behandelt. Ebenso wenig bestehen schwerwiegende Befunde des Stütz- und Bewegungsapparates; nach dem Bericht des Orthopäden Dr. Fl. vom 28. Juli 2008 ist eine Osteoporose sehr unwahrscheinlich. Aus der Zeugenaussage der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C.-G. vom 14. September 2009 ergeben sich keine den anderen ärztlichen Äußerungen widersprechenden Anhaltspunkte, die zu einer Abweichung von den Gutachtensergebnissen oder zu weiteren Ermittlungen veranlasst hätten.
Die Klägerin ist nach alledem nach den geltenden Vorschriften weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die Benennung einer konkreten Tätigkeit aufgrund schwerer spezifischer Behinderung ist nicht erforderlich. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) besteht nicht, da die Klägerin sich nicht von einem höherwertigen Beruf als demjenigen der Reinigungskraft gesundheitsbedingt gelöst hat und deshalb auf alle ungelernten Tätigkeiten des Arbeitsmarkts verwiesen werden kann. Die erschwerte Vermittelbarkeit ist nach den zitierten gesetzlichen Bestimmungen kein Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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