Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 196/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 143/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versorgung der Klägerin mit einer Oberschenkelprothese unter Einbeziehung eines mikroprozessorgesteuerten Kniegelenks (sog. C-Leg).
Die am 00.00.1941 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Im Jahre 1966 wurde der rechte Oberschenkel auf Grund eines gutartigen, aber sehr massiven Knochentumors amputiert. Sie war in der Vergangenheit mit einer Saugprothese und einem Bremsknie versorgt. Im Jahre 2003 erfolgte eine Umstellung auf einen Prothesenschaft mit Silikonliner sowie einem anderen Kniegelenk. Nach Angaben der Klägerin kam sie mit dieser prothetischen Versorgung nicht gut zurecht. Es kam seit 2003 zu insgesamt drei Stürzen, die allerdings keiner ärztlichen Behandlung bedurften.
Am 03.04.2007 verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin C V eine Oberschenkelprothese mit C-Leg. Nach dem Kostenvoranschlag der Fa. N Sanitätshaus GmbH vom 16.04.2007 betragen die Kosten für die Versorgung insgesamt 25.529,16 Euro.
Die Klägerin bezeichnete sich im Rahmen einer von der Beklagten gestellten schriftlichen Anfrage als eingeschränkte Außenbereichsgeherin. Sie nutzt die Prothese bis zu 15 Stunden täglich, erledigt den Haushalt vollständig ohne Hilfe und geht unter Zuhilfenahme ihres Pkw allein einkaufen. Allerdings teilte sie auch mit, dass sie sich beim Laufen sehr auf das Kniegelenk konzentrieren müsse, damit es nicht einknicke und sie dadurch hinfalle. Sturzgefahr besteht ihrer Auffassung nach bei Unebenheiten und bei der Bewältigung von Schrägen. Außerhalb der Wohnung führt die Klägerin in der Regel einen Gehstock mit.
Der die Klägerin behandelnde Arzt Herr V befürwortete in einer Anfrage der Beklagten den Einsatz des C-Leg-Kniegelenkes, da diese Versorgung der Klägerin mehr Sicherheit böte.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse Westfalen-Lippe (MDK). Im Rahmen der am 03.07.2007 durchgeführten Untersuchung, bei der ebenfalls eine orthopädietechnische Begutachtung im Hinblick auf die prothetische Versorgung der Klägerin durchgeführt wurde, ist zunächst die Anfertigung eines neuen Prothesenschaftes und des Einsatzes eines neuen funktionellen Bremskniegelenkes vorgeschlagen worden. Nur wenn sich zeigen sollte, dass die Klägerin mit dieser Versorgung nachweislich nicht zurecht kommt, müsse über Alternativen nachgedacht werden.
Auf dieser Basis wurde der angefochtene Bescheid am 04.07.2007 erteilt, mit dem die Kostenübernahme der beantragten C-Leg-Prothese abgelehnt wurde. Zur Begründung nahm die Beklagte Bezug auf die Ausführungen des MDK und bat um Übersendung eines der dort empfohlenen Versorgung entsprechenden Kostenvoranschlag.
Die Klägerin, die bereits vor der Untersuchung durch den MDK eine Probeversorgung mit dem C-Leg-Gelenk durchgeführt hatte, legte Widerspruch gegen die Entscheidung ein und führte zur Begründung aus, sie fühle sich mit einem solchen Gelenk sehr viel sicherer. Für den Versorgungsanspruch sei ausreichend, wenn sich die Sturzgefahr reduzieren lasse. Die Gutachter des MDK seien nicht in der Lage gewesen, die Situation adäquat zu beurteilen, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung das C-Leg-Gelenk nicht getragen habe. Die Klägerin wies im Rahmen des Widerspruchs-verfahrens auf Veröffentlichungen unter anderem von Prof. Dr. H und Prof. Dr. X, die jeweils Untersuchungen zur Sturzhäufigkeit von an der unteren Extremität amputierten Patienten und zum Einsatz und Erfolg des C-Leg-Kniegelenk-systems durchgeführt haben.
Der nochmals eingeschaltete MDK empfahl sodann eine vierwöchige Probeversorgung mit dem streitigen Gelenk. Diese wurde Ende Oktober 2007 eingeleitet. Nach 6 Wochen, am 19.12.2007 erfolgte eine weitere sozialmedizinische Untersuchung, bei der ebenfalls ein orthopädietechnisches Gutachten erstellt wurde. Neben einer nicht optimalen Schaftversorgung berichtete die Klägerin einerseits darüber, dass sie nunmehr in der Lage sei, zwei bis drei Stunden lang über den Weihnachtsmarkt zu gehen. Außer Haus benutze sie allerdings weiterhin einen stabilen Schirm als Gehstock. Diesen benötige sie jedoch in fremden Wohnungen und in der eigenen Wohnung nicht mehr. Eine Steigerung des Aktivitätsgrades habe sich durch die Prothese nicht ergeben. Bei der Untersuchung wurde das Gangbild der Klägerin ermittelt. Dabei zeigte sich, dass die Klägerin nur andeutungsweise mit wechselnden Gehgeschwindigkeiten laufen konnte. Beim Treppensteigen benutzte sie das Geländer und ging im Nachstellschritt hinunter. Ferner war sie nicht in der Lage, allein auf der Prothese zu stehen, ohne sofort das Gleichgewicht zu verlieren. Beim Abwärtsgehen auf der Schräge hielt sich die Klägerin mit beiden Händen an der Wand fest. Die Prothese wurde vorangestellt, das Prothesenknie dabei nicht gebeugt. In Abstimmung mit der Orthopädietechnikerin schlug der MDK vor, die Probephase mit dem C-Leg-Kniegelenk zu verlängern und der Klägerin anheim zu stellen, eine Gangschulung durchzuführen, sowie den Probeschaft optimieren zu lassen. Auf dieser Basis wurde die Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 21.12.2007 über die weitere Vorgehensweise informiert.
Am 10.04.2008 erfolgte eine erneute Begutachtung unter Einbeziehung der Orthopädietechnikerin, wobei eine Gangschulung in der Zwischenzeit entgegen der Empfehlung des MDK nicht durchgeführt worden war. Da der MDK eine wesentliche Verbesserung des Gangbildes nicht feststellen konnte, verneinte er die Notwendigkeit der Versorgung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2008 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Rahmen des Antrags auf Übernahme der Kosten sei § 12 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) zu beachten. Bezogen auf den Einzelfall sei nicht ersichtlich, dass die Versorgung mit einem C-Leg-Kniegelenk erforderlich sei. Vielmehr stelle sich aus orthopädietechnischer Sicht die Versorgung mit einem sicheren Kniegelenk ohne elektronische Steuerung als ausreichend und zweckmäßig dar. In diesem Zusammenhang könnten sowohl polyzentrische Kniegelenke mit pneumatischer Schwungphasensteuerung sowie auch monozentrische Bremskniegelenke mit pneumatischer Schwungphasensteuerung erprobt werden.
Gegen diese Entscheidung richtete sich die am 17.06.2008 erhobene Klage, mit der die Klägerin weiterhin die Versorgung mit einem C-Leg-Kniegelenk begehrt. Sie führt aus, sie sei sehr wohl in der Lage, die Gebrauchsvorteile zu nutzen. Dies zeige sich zum einen daran, dass sie in der Lage gewesen sei, ohne Unterarmgehstützen zu laufen. Sturzereignisse seien im Rahmen der Nutzung nicht eingetreten. Beim Laufen sei sie in der Lage gewesen, Gegenstände zu tragen. Es erfordere zu dem eine lange Umstellungsphase, um das Gangbild der neueren Technik anzupassen. Die C-Leg-Prothese vermittle ihr ein Sicherheitsgefühl, das sie im Vorfeld mit keiner der bislang getragenen Prothesen hatte.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 zu verurteilen, der Klägerin eine Oberschenkelprothese mit einem C-Leg-Kniegelenk der Fa. P C als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid vom 04.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 entspreche der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht zu beanstanden. Sie nimmt Bezug auf einen im Hinblick auf den klägerischen Vortrag erneut eingeholtes Gutachten des MDK vom 21.08.2008, in dem sich der begutachtende Arzt Dr. H mit den bereits vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen erneut auseinandersetzt und auch vor dem Hintergrund der hierzu vorhandenen wissenschaftlichen Literatur das bereits gefundene Ergebnis bestätigt.
Zwischenzeitlich ist die Klägerin nach Vorlage einer den Vorgaben des MDK entsprechenden Verordnung mit einem neuen Kniegelenk versorgt worden. Die Kosten hierfür lagen bei 2.486,49 Euro.
Das Gericht hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts einen Befund- und Behandlungsbericht von dem Allgemeinmediziner C V beigezogen und sodann ein Gutachten von Prof. Dr. X. H, Chefarzt der Klinik N der Deutschen Rentenversicherung Westfalen in Bad S eingeholt. Auf Inhalt und Ergebnisse des am 18.06.2009 erstatteten Gutachtens wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 04.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist rechtmäßig.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Versorgung mit einem C-Leg-Kniegelenksystem, da nicht nachgewiesen ist, dass sie die Gebrauchsvorteile in einem wesentlichen Umfang zu nutzen vermag.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der Gesetzlichen Krankenversicherung auch müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Die Eigenschaft als Hilfsmittel erfüllen dabei diejenigen Hilfen, wenn damit allgemeine Grundbedürfnisse befriedigt werden sollen. Der Einsatz der Beine stellt insoweit ein von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu befriedigendes Grundbedürfnis dar. Da mit der Prothese der Ausgleich der Behinderung erfolgen soll, in dem die nicht vorhandene Gliedmaße künstlich ersetzt wird, hat die Prüfung des Anspruchs anhand des § 33 Abs. 1 S. 1, 3. Alt. SGB V zu erfolgen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 06.06.2002, Az. B 3 KR 68/01 R) ist der Einsatz der Beine zum Gehen, Laufen und Stehen jederzeit und überall erforderlich und damit ein Grundbedürfnis, das das C-Leg nach dem Stand der Technik soweit wie möglich deckt. Allerdings hängt der Gebrauchsvorteil maßgebend davon ab, welche körperlichen und geistigen Voraussetzungen der Prothesenträger mitbringt und wie sich seine persönliche Lebensgestaltung darstellt. Damit ist nicht jeder Betroffene in der Lage, die Gebrauchsvorteile des C-Leg zu nutzen. Eine Versorgung mit einem C-Leg kann daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nach Auffassung der Kammer nur derjenige beanspruchen, der nach ärztlicher Einschätzung im Alltagsleben dadurch deutlichere Gebrauchsvorteile hat.
Auf dieser Grundlage ist dem nachvollziehbaren Gutachten von dem Sachverständigen Prof. Dr. H folgend ein deutlicher funktioneller Zugewinn durch den Einsatz des C-Leg-Systems im Falle der Klägerin nicht erkennbar.
Prof. Dr. H betrachtet zwar die Versorgung der Klägerin mit einem C-Leg-System als zweckmäßig; sie kann auch im Grundsatz mehr als andere Versorgungsmöglichkeiten leisten, allerdings verneint er das Bestehen einer vernünftigen Relation zwischen den Kosten und dem konkreten Heilerfolg. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung für die Kammer nachvollziehbar mit dem seit Jahren angewöhnten Gehverhalten der Klägerin und ihren persönlichen Lebensumständen. Die Klägerin stellte sich sowohl gegenüber den Medizinern des MDK als auch gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. H als eher ängstliche und vorsichtige Läuferin dar. Ihr Freizeitverhalten deutet auf einen Aktivitätsgrad der Klasse II hin, so dass längere Wege auf unbekannten Strecken nicht häufig zurückgelegt werden müssen. Da sie für viele Wege ihren PKW nutzt und neben der häuslichen Arbeit regelmäßig keine Aktivitäten erfolgen, die wechselnde Schrittgeschwindigkeiten oder eine höhere Flexibilität des Kniegelenkes erfordern, kann sie als als eingeschränkte Außenbereichsgeherin eingestuft werden. Dies entspricht auch der Eigenwahrnehmung der Klägerin, die zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens diese Einschätzung in Frage gestellt hat.
Vor diesem Hintergrund ist sie auf ein elektronisch gesteuertes Kniegelenk nicht zwingend angewiesen, um die Aktivitäten, die regelmäßig anfallen, sicher und gefahrlos zu bewältigen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin erst seit der im Jahre 2003 erfolgten Versorgung eine Unsicherheit im Kniegelenk verspürte und dem zu Folge dreimal stürzte. Die zuvor regelhaft erfolgte Versorgung mit einem Bremsknie wurde hingegen von der Klägerin wie sie selbst im Rahmen der mehrfach durchgeführten Befragungen angegeben hat, gut toleriert. Eine Sturzgefahr bestand bis zum Zeitpunkt der Neuversorgung im Jahre 2003 nicht.
Auch wenn Beinprothesen als Körperersatzstücke grundsätzlich dem unmittelbaren Ersatz des fehlenden Körperteils und damit auch unmittelbar der medizinischen Rehabilitation dienen, bleibt nach Auffassung der Kammer eine dahingehende Einzelfallprüfung vorzunehmen, ob der Versicherte mit dem konkret begehrten Körperersatzstück, das den neuesten Stand der technischen Entwicklung darstellt, tatsächlich zurecht kommt und dessen Gebrauchsvorteile prognostisch wird nutzen können. Dementsprechend ergibt sich die Notwendigkeit für die Verordnung von Hilfsmitteln auch nach den Hilfsmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Fassung vom 16.10.2008 (konkrete Indikation) nicht allein aus der Diagnose. Vielmehr soll eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der funktionellen /strukturellen Schädigungen, der Beeinträchtigungen der Aktivitäten (Fähigkeits-störungen), der noch verbliebenen Aktivitäten und einer störungsbildabhängigen Diagnostik erfolgen. Dabei sind der Bedarf, die Fähigkeit zur Nutzung, die Prognose und das Ziel einer Hilfsmittelversorgung auf der Grundlage realistischer, für den Versicherten alltagsrelevanter Anforderungen zu ermitteln. Die individuellen Kontextfaktoren in Bezug auf Person und Umwelt als Voraussetzung für das angestrebte Behandlungsziel sind zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie – Allgemeine Verordnungsgrundsätze).
Auch wenn ein Körperersatzstück gem. § 33 Abs. 1 S. 1, 3. Alt. SGB V die ursprüngliche Funktion der nicht mehr vorhandenen Gliedmaße in möglichst weitgehender Weise auszugleichen hat (BSG Urteil vom 25.06.2009, Az. B 3 KR 2/08 R – Badeprothese), kann dieser Umstand nach Auffassung der Kammer allerdings nicht dazu führen, dass jeder oberschenkelamputierte Versicherte wegen eines subjektiven Sicherheitsgewinns das C-Leg und nicht eine andere kostengünstigere Prothese beanspruchen kann. Vielmehr ist im Rahmen einer an die erwähnten Hilfsmittelricht-linien angelehnten individuellen Einzelfallbetrachtung zu prüfen, welche körperlichen und geistigen Voraussetzungen der Versicherte mitbringt und inwieweit er in seiner persönlichen individuellen Lebensgestaltung in der Lage ist, die Gebrauchsvorteile des C-Leg im Vergleich mit anderen Versorgungsformen zu nutzen. Insoweit nimmt die Kammer auf die Ausführungen des BSG vom 06.06.2002 Bezug (B 3 KR 68/01 R).
Ein wesentlicher Gesichtspunkt, der gegen den begehrten Versorgungsanspruch spricht, ist nach Auffassung der Kammer die lange Erprobungsphase mit einem C-Leg-Kniegelenk, die auf das Gangbild der Klägerin keinen wesentlichen Einfluss hatte. Sowohl bei den verschiedenen Untersuchungen durch den MDK, unabhängig davon, ob diese mit oder ohne C-Leg erfolgten, zeigte sich immer ein unsicheres und teilweise etwas ängstliches Gangbild, das von einer deutlichen Belastung des linken gesunden Beines geprägt ist. Regelmäßig wurde auch bei Nutzung des C-Leg-Gelenks die Prothesenseite stark angehoben und in der Schwungphase der Prothese auch die linke Ferse angehoben. Der Einbeinstand auf der Prothesenseite war nur sehr kurz möglich. Das alternierende Treppauf- und Treppabsteigen gelang ihr hingegen nicht. Prof. Dr. H beschreibt ebenfalls das Gangbild der Klägerin als rechtsseitig deutlich hinkend. Die Klägerin sinkt dabei in den Schaft ein und nutzt in der Abrollphase nicht die Beweglichkeit des Kniegelenkes nicht. Angesichts der insgesamt sechsmonatigen Erprobungsphase ist für die Kammer nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die Gebrauchsvorteile de C-Leg-Kniegelenks tatsächlich nutzen kann und dass ein deutlicher Zugewinn an Funktionsvorteilen auch im Rahmen einer prognostischen Sicht im Sinne der zitierten BSG Rechtsprechung erkennbar wäre.
Sicher steht einerseits fest, dass die Überprüfung der geteilten Aufmerksamkeit sicherer und zügiger erfolgen konnte als dies möglicherweise im Vorfeld der Fall gewesen ist. Ebenso erscheint es durchaus nachvollziehbar, wenn die Klägerin ein erhöhtes Sicherheitsgefühl bei der Versorgung mit der C-Leg-Prothese verspürt hat. Allerdings sind die wesentlichen Nutzungsvorteile des C-Leg-Systems damit noch nicht erfüllt.
Auch wenn der Klägerin darin Recht zu geben ist, dass nicht alle Gebrauchsvorteile einer bestimmten hochwertigen Versorgung genutzt werden müssen, um den entsprechenden Anspruch zu begründen, so müssen doch "deutliche" Gebrauchsvorteile nachgewiesen sind, die die begehrte Versorgung gegenüber der herkömmlichen als klar vorteilhaft erscheinen lassen.
In diesem Zusammenhang genügt das unbestrittene Sicherheitsgefühl der Klägerin bei der Nutzung des C-Leg-Systems nach Auffassung der Kammer nicht. Denn die persönlichen Lebensumstände der Klägerin lassen nicht befürchten, dass sie sich regelhaft, d.h. nicht nur in Einzelsituationen Gefahren ausgesetzt sieht, die die Befriedigung eines erhöhten Sicherheitsbedürfnisses erfordern. Den Ausführungen zu ihrem Aktivitätsgrad hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt widersprochen und bestätigt letztlich bei allen stattgefundenen Gesprächen zwar einerseits die lange Tragedauer der Prothese, andererseits aber auch den Umstand, dass sie weiteren Aktivitäten, die uneingeschränkte und jederzeitige Bremswirkung einer Prothese erfordern, nicht nachgeht. Ebenso wenig ist ihr Alltag geprägt von klassischen Gefahren, die besondere Anforderungen an die Sicherheit der Prothese stellen. In diesem Zusammenhang hat das BSG in seiner Entscheidung vom 06.06.2002 ausgeführt, dass dann, wenn die eigene Sicherheit zurücktreten muss, weil andere Gefahren abzuwenden sind, wie es etwa bei der Beaufsichtigung von Kindern der Fall ist oder wenn eine größere Gefahr als die eines Sturzes rasches Laufen erfordert, die Vorteile eines C-Leg-Systems von dem Versicherten nutzbar gemacht werden können. Aber auch wenn im Ablauf eines normalen Tages bei der Klägerin grundsätzlich keine größeren Gefahren auftreten mögen, so vermag zwar auch der Gesichtspunkt einer plötzlichen Gefahrensituation, die rascheres Laufen erfordert, einen Versorgungsanspruch nach Auffassung der Kammer im Grundsatz auszulösen. So kann es z. B. im Rahmen der Teilnahme am Straßenverkehr erforderlich sein, einem Hindernis durch schnelles Gehen auszuweichen. Dies stellt ebenfalls höhere Anforderung an die prothetische Versorgung. Allerdings ist im Falle der Klägerin nicht nachgewiesen und prognostisch auch nicht erkennbar, dass sie diese Vorteile in einer solchen Gefahrensituation auch nutzen kann. Die Klägerin war trotz der sechsmonatigen Erprobungsphase nicht in der Lage, die Geschwindigkeit zu wechseln. Die Bewegungsmuster, die sich über mehrere Jahrzehnte eingeschliffen haben mögen, blieben weitgehend erhalten, so dass auch in Gefahrensituation nicht davon auszugehen ist, dass die Klägerin von der Nutzung der C-Leg-Prothese profitieren kann.
Ebenso wenig ist für die Kammer nachgewiesen, dass die Klägerin bei der Versorgung mit einem C-Leg tatsächlich auf weitere Hilfsmittel nicht mehr angewiesen wäre. Die Klägerin hat in der Vergangenheit regelmäßig jedenfalls außerhalb der eigenen Wohnung einen sicheren standfesten Regenschirm mitgeführt, da sie sich so sicherer fühlte. Bedenkt man, dass sie nach der sechsmonatigen Probeversorgung mit dem C-Leg auch in der schrägen Ebene noch sehr unsicher unter Festhalten an der Wand ging, ist anzunehmen, dass sie auch weiterhin auf das Mitführen eines Gehstockes auch bei Nutzung der C-Leg-Prothese angewiesen wäre.
Der Sachverständige hat für die Kammer nachvollziehbar ausgeführt, dass bei der Nutzung eines C-Legs oder Reo-Kniegelenk von den folgenden Kriterien mindestens drei bis vier erreicht sein müssen, um eine entsprechende Versorgung zu empfehlen. Diese Kriterien sind nach Wetz et al (Orthopäde 2004, 34 "Einfluss des C-Leg-Kniegelenk-Passteiles der Fa. Otto Bock auf die Versorgungsqualität Oberschenkelamputierter"):
1. Erhöhung der Sicherheit 2. Entlastung der Gegenseite 3. Integration der Prothese in das Körperschema mit Möglichkeit zu geteilter Aufmerksamkeit 4. Variation der Ganggeschwindigkeit 5. Verringerung des Kraftaufwandes 6. Harmonisierung des Gangbildes 7. Reduktion eventueller Hilfsmittelversorgungen
Auch wenn die Klägerin subjektiv eine gewisse Erhöhung der Sicherheit mit der C-Leg-Prothese angibt, sind die weiteren Gesichtspunkte zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Die Entlastung der Gegenseite war zu keinem Zeitpunkt während der C-Leg-Erprobungsphase ersichtlich. Vielmehr zeigte die Klägerin weiterhin das stark rechtsseitig hinkende Gangbild. Auch wenn teilweise die Möglichkeit zu geteilter Aufmerksamkeit bestand, war eine variable Ganggeschwindigkeit der Klägerin zu keinem Zeitpunkt möglich. Ebenso wenig war festzustellen, dass sich das Gangbild harmonisierte und dauerhaft Hilfsmittelversorgungen reduziert werden konnten. Auch der Gesichtspunkt der Verringerung des Kraftaufwandes ist angesichts der Befunderhebungen des MDK nicht als nachgewiesen anzusehen. Vielmehr zeigt das nach wie vor hinkende Gangbild, dass der Kraftaufwand letztendlich identisch ist, da die Klägerin nach wie vor bei der Schwungphase die rechte Hüfte stark angehoben hat, was unter Nutzung eines C-Leg-Systems eigentlich nicht erforderlich wäre.
Soweit die Klägerin vorträgt, ihr Aktivitätsgrad könne sich durch den Einsatz des C -Leg-Systems möglicherweise noch erweitern, sieht das Gericht hierfür keine Anhaltspunkte. Sicherlich ist nachvollziehbar, dass die Klägerin auf Grund der langjährigen prothetischen Versorgung ihr tägliches Leben auf ihre Beeinträchtigung abgestellt hat und ihr damit die gedankliche Umstellung, in Zukunft z. B. sportlichen Aktivitäten nachzukommen, sehr schwer fallen dürfte. Andererseits hat bei der Betrachtung der individuellen Lebensumstände die zukünftigen Veränderungswünsche des Versicherten nach Auffassung der Kammer keine grundlegende Rolle zu spielen. Vielmehr ist auf die Lebensumstände abzustellen, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das Leben der Klägerin bestimmt haben und auf dieser Grundlage eine Entscheidung zu treffen. Dies bedeutet nicht, dass diese Situation gewissermaßen als Status Quo Geltung hat, vielmehr ist eine Veränderung des Aktivitätsgrades jederzeit möglich, die Lebensumstände sowie die persönliche Einschätzung des Versicherten müssen jedoch nach Auffassung der Kammer eine solche Veränderung zumindest wahrscheinlich erscheinen lassen. Auch insoweit ist eine prognostische Einzelfallprüfung erforderlich.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, bei Nutzung des C-Leg-Kniegelenks könnten Stürze verhindert werden. Zum einen sind bei der Klägerin in der Vergangenheit nur sehr selten Stürze aufgetreten – und diese mit einer Versorgung, mit der die Klägerin ohnehin unzufrieden war – und zum anderen verfügt auch jedes andere moderne Kniegelenk über eine Bremsfunktion, die bei Belastung des Gelenks aktiviert wird. Nur derjenige, der häufig mit unterschiedlicher Geschwindigkeit läuft bzw. mit dem C-Leg-Kniegelenk prognostisch wird laufen können, benötigt daher eine noch differenziertere und auf die jeweilige Geschwindigkeit angepasste Elektronik (vgl. SG Neubrandenburg, Urt. vom 20.07.2008, S 4 KR 12/03, www.juris.de )
Ebenso wenig vermag die Kammer der Auffassung der Klägerin darin zu folgen, das Gutachten weise nicht die erforderliche Qualität auf und könne daher nicht einer Entscheidung zugrunde gelegt werden.
Es ist zwar richtig, dass Prof. Dr. H die Untersuchung durchgeführt hat, ohne dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mit einem C-Leg-System versorgt gewesen ist. Allerdings liegen in den Verwaltungsakten der Beklagten zahlreiche Befunderhebungen vor, die Aussagen über die Nutzungsmöglichkeiten der Klägerin mit einem C-Leg zulassen. Der Sachverständige konnte sich diese Befunde zu Nutze machen und hat dies in ausreichender Weise getan. Auch wenn seine Ausführungen zu den Beweisfragen im Verhältnis zu den technischen Möglichkeiten einer prothetischenVersorgung etwas knapp erscheinen mögen, so ist für die Kammer der Schluss, den der Sachverständige zieht, durchaus nachvollziehbar. Seiner Einschätzung misst das Gericht auch deshalb großes Gewicht bei, weil Prof. Dr. H in seiner Funktion als leitender Arzt einer Rehabilitationsklinik, die häufig amputierte Patienten betreut, einen besonderen Erfahrungsschatz mitbringt und bereits Untersuchungen zum Thema Sturzereignisse bei Amputierten durchgeführt und die Ergebnisse veröffentlicht hat.
Vor diesem Hintergrund hatte die Klage keine Aussicht auf Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versorgung der Klägerin mit einer Oberschenkelprothese unter Einbeziehung eines mikroprozessorgesteuerten Kniegelenks (sog. C-Leg).
Die am 00.00.1941 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Im Jahre 1966 wurde der rechte Oberschenkel auf Grund eines gutartigen, aber sehr massiven Knochentumors amputiert. Sie war in der Vergangenheit mit einer Saugprothese und einem Bremsknie versorgt. Im Jahre 2003 erfolgte eine Umstellung auf einen Prothesenschaft mit Silikonliner sowie einem anderen Kniegelenk. Nach Angaben der Klägerin kam sie mit dieser prothetischen Versorgung nicht gut zurecht. Es kam seit 2003 zu insgesamt drei Stürzen, die allerdings keiner ärztlichen Behandlung bedurften.
Am 03.04.2007 verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin C V eine Oberschenkelprothese mit C-Leg. Nach dem Kostenvoranschlag der Fa. N Sanitätshaus GmbH vom 16.04.2007 betragen die Kosten für die Versorgung insgesamt 25.529,16 Euro.
Die Klägerin bezeichnete sich im Rahmen einer von der Beklagten gestellten schriftlichen Anfrage als eingeschränkte Außenbereichsgeherin. Sie nutzt die Prothese bis zu 15 Stunden täglich, erledigt den Haushalt vollständig ohne Hilfe und geht unter Zuhilfenahme ihres Pkw allein einkaufen. Allerdings teilte sie auch mit, dass sie sich beim Laufen sehr auf das Kniegelenk konzentrieren müsse, damit es nicht einknicke und sie dadurch hinfalle. Sturzgefahr besteht ihrer Auffassung nach bei Unebenheiten und bei der Bewältigung von Schrägen. Außerhalb der Wohnung führt die Klägerin in der Regel einen Gehstock mit.
Der die Klägerin behandelnde Arzt Herr V befürwortete in einer Anfrage der Beklagten den Einsatz des C-Leg-Kniegelenkes, da diese Versorgung der Klägerin mehr Sicherheit böte.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse Westfalen-Lippe (MDK). Im Rahmen der am 03.07.2007 durchgeführten Untersuchung, bei der ebenfalls eine orthopädietechnische Begutachtung im Hinblick auf die prothetische Versorgung der Klägerin durchgeführt wurde, ist zunächst die Anfertigung eines neuen Prothesenschaftes und des Einsatzes eines neuen funktionellen Bremskniegelenkes vorgeschlagen worden. Nur wenn sich zeigen sollte, dass die Klägerin mit dieser Versorgung nachweislich nicht zurecht kommt, müsse über Alternativen nachgedacht werden.
Auf dieser Basis wurde der angefochtene Bescheid am 04.07.2007 erteilt, mit dem die Kostenübernahme der beantragten C-Leg-Prothese abgelehnt wurde. Zur Begründung nahm die Beklagte Bezug auf die Ausführungen des MDK und bat um Übersendung eines der dort empfohlenen Versorgung entsprechenden Kostenvoranschlag.
Die Klägerin, die bereits vor der Untersuchung durch den MDK eine Probeversorgung mit dem C-Leg-Gelenk durchgeführt hatte, legte Widerspruch gegen die Entscheidung ein und führte zur Begründung aus, sie fühle sich mit einem solchen Gelenk sehr viel sicherer. Für den Versorgungsanspruch sei ausreichend, wenn sich die Sturzgefahr reduzieren lasse. Die Gutachter des MDK seien nicht in der Lage gewesen, die Situation adäquat zu beurteilen, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung das C-Leg-Gelenk nicht getragen habe. Die Klägerin wies im Rahmen des Widerspruchs-verfahrens auf Veröffentlichungen unter anderem von Prof. Dr. H und Prof. Dr. X, die jeweils Untersuchungen zur Sturzhäufigkeit von an der unteren Extremität amputierten Patienten und zum Einsatz und Erfolg des C-Leg-Kniegelenk-systems durchgeführt haben.
Der nochmals eingeschaltete MDK empfahl sodann eine vierwöchige Probeversorgung mit dem streitigen Gelenk. Diese wurde Ende Oktober 2007 eingeleitet. Nach 6 Wochen, am 19.12.2007 erfolgte eine weitere sozialmedizinische Untersuchung, bei der ebenfalls ein orthopädietechnisches Gutachten erstellt wurde. Neben einer nicht optimalen Schaftversorgung berichtete die Klägerin einerseits darüber, dass sie nunmehr in der Lage sei, zwei bis drei Stunden lang über den Weihnachtsmarkt zu gehen. Außer Haus benutze sie allerdings weiterhin einen stabilen Schirm als Gehstock. Diesen benötige sie jedoch in fremden Wohnungen und in der eigenen Wohnung nicht mehr. Eine Steigerung des Aktivitätsgrades habe sich durch die Prothese nicht ergeben. Bei der Untersuchung wurde das Gangbild der Klägerin ermittelt. Dabei zeigte sich, dass die Klägerin nur andeutungsweise mit wechselnden Gehgeschwindigkeiten laufen konnte. Beim Treppensteigen benutzte sie das Geländer und ging im Nachstellschritt hinunter. Ferner war sie nicht in der Lage, allein auf der Prothese zu stehen, ohne sofort das Gleichgewicht zu verlieren. Beim Abwärtsgehen auf der Schräge hielt sich die Klägerin mit beiden Händen an der Wand fest. Die Prothese wurde vorangestellt, das Prothesenknie dabei nicht gebeugt. In Abstimmung mit der Orthopädietechnikerin schlug der MDK vor, die Probephase mit dem C-Leg-Kniegelenk zu verlängern und der Klägerin anheim zu stellen, eine Gangschulung durchzuführen, sowie den Probeschaft optimieren zu lassen. Auf dieser Basis wurde die Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 21.12.2007 über die weitere Vorgehensweise informiert.
Am 10.04.2008 erfolgte eine erneute Begutachtung unter Einbeziehung der Orthopädietechnikerin, wobei eine Gangschulung in der Zwischenzeit entgegen der Empfehlung des MDK nicht durchgeführt worden war. Da der MDK eine wesentliche Verbesserung des Gangbildes nicht feststellen konnte, verneinte er die Notwendigkeit der Versorgung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2008 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Rahmen des Antrags auf Übernahme der Kosten sei § 12 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) zu beachten. Bezogen auf den Einzelfall sei nicht ersichtlich, dass die Versorgung mit einem C-Leg-Kniegelenk erforderlich sei. Vielmehr stelle sich aus orthopädietechnischer Sicht die Versorgung mit einem sicheren Kniegelenk ohne elektronische Steuerung als ausreichend und zweckmäßig dar. In diesem Zusammenhang könnten sowohl polyzentrische Kniegelenke mit pneumatischer Schwungphasensteuerung sowie auch monozentrische Bremskniegelenke mit pneumatischer Schwungphasensteuerung erprobt werden.
Gegen diese Entscheidung richtete sich die am 17.06.2008 erhobene Klage, mit der die Klägerin weiterhin die Versorgung mit einem C-Leg-Kniegelenk begehrt. Sie führt aus, sie sei sehr wohl in der Lage, die Gebrauchsvorteile zu nutzen. Dies zeige sich zum einen daran, dass sie in der Lage gewesen sei, ohne Unterarmgehstützen zu laufen. Sturzereignisse seien im Rahmen der Nutzung nicht eingetreten. Beim Laufen sei sie in der Lage gewesen, Gegenstände zu tragen. Es erfordere zu dem eine lange Umstellungsphase, um das Gangbild der neueren Technik anzupassen. Die C-Leg-Prothese vermittle ihr ein Sicherheitsgefühl, das sie im Vorfeld mit keiner der bislang getragenen Prothesen hatte.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 zu verurteilen, der Klägerin eine Oberschenkelprothese mit einem C-Leg-Kniegelenk der Fa. P C als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid vom 04.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 entspreche der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht zu beanstanden. Sie nimmt Bezug auf einen im Hinblick auf den klägerischen Vortrag erneut eingeholtes Gutachten des MDK vom 21.08.2008, in dem sich der begutachtende Arzt Dr. H mit den bereits vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen erneut auseinandersetzt und auch vor dem Hintergrund der hierzu vorhandenen wissenschaftlichen Literatur das bereits gefundene Ergebnis bestätigt.
Zwischenzeitlich ist die Klägerin nach Vorlage einer den Vorgaben des MDK entsprechenden Verordnung mit einem neuen Kniegelenk versorgt worden. Die Kosten hierfür lagen bei 2.486,49 Euro.
Das Gericht hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts einen Befund- und Behandlungsbericht von dem Allgemeinmediziner C V beigezogen und sodann ein Gutachten von Prof. Dr. X. H, Chefarzt der Klinik N der Deutschen Rentenversicherung Westfalen in Bad S eingeholt. Auf Inhalt und Ergebnisse des am 18.06.2009 erstatteten Gutachtens wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 04.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist rechtmäßig.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Versorgung mit einem C-Leg-Kniegelenksystem, da nicht nachgewiesen ist, dass sie die Gebrauchsvorteile in einem wesentlichen Umfang zu nutzen vermag.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der Gesetzlichen Krankenversicherung auch müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Die Eigenschaft als Hilfsmittel erfüllen dabei diejenigen Hilfen, wenn damit allgemeine Grundbedürfnisse befriedigt werden sollen. Der Einsatz der Beine stellt insoweit ein von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu befriedigendes Grundbedürfnis dar. Da mit der Prothese der Ausgleich der Behinderung erfolgen soll, in dem die nicht vorhandene Gliedmaße künstlich ersetzt wird, hat die Prüfung des Anspruchs anhand des § 33 Abs. 1 S. 1, 3. Alt. SGB V zu erfolgen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 06.06.2002, Az. B 3 KR 68/01 R) ist der Einsatz der Beine zum Gehen, Laufen und Stehen jederzeit und überall erforderlich und damit ein Grundbedürfnis, das das C-Leg nach dem Stand der Technik soweit wie möglich deckt. Allerdings hängt der Gebrauchsvorteil maßgebend davon ab, welche körperlichen und geistigen Voraussetzungen der Prothesenträger mitbringt und wie sich seine persönliche Lebensgestaltung darstellt. Damit ist nicht jeder Betroffene in der Lage, die Gebrauchsvorteile des C-Leg zu nutzen. Eine Versorgung mit einem C-Leg kann daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nach Auffassung der Kammer nur derjenige beanspruchen, der nach ärztlicher Einschätzung im Alltagsleben dadurch deutlichere Gebrauchsvorteile hat.
Auf dieser Grundlage ist dem nachvollziehbaren Gutachten von dem Sachverständigen Prof. Dr. H folgend ein deutlicher funktioneller Zugewinn durch den Einsatz des C-Leg-Systems im Falle der Klägerin nicht erkennbar.
Prof. Dr. H betrachtet zwar die Versorgung der Klägerin mit einem C-Leg-System als zweckmäßig; sie kann auch im Grundsatz mehr als andere Versorgungsmöglichkeiten leisten, allerdings verneint er das Bestehen einer vernünftigen Relation zwischen den Kosten und dem konkreten Heilerfolg. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung für die Kammer nachvollziehbar mit dem seit Jahren angewöhnten Gehverhalten der Klägerin und ihren persönlichen Lebensumständen. Die Klägerin stellte sich sowohl gegenüber den Medizinern des MDK als auch gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. H als eher ängstliche und vorsichtige Läuferin dar. Ihr Freizeitverhalten deutet auf einen Aktivitätsgrad der Klasse II hin, so dass längere Wege auf unbekannten Strecken nicht häufig zurückgelegt werden müssen. Da sie für viele Wege ihren PKW nutzt und neben der häuslichen Arbeit regelmäßig keine Aktivitäten erfolgen, die wechselnde Schrittgeschwindigkeiten oder eine höhere Flexibilität des Kniegelenkes erfordern, kann sie als als eingeschränkte Außenbereichsgeherin eingestuft werden. Dies entspricht auch der Eigenwahrnehmung der Klägerin, die zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens diese Einschätzung in Frage gestellt hat.
Vor diesem Hintergrund ist sie auf ein elektronisch gesteuertes Kniegelenk nicht zwingend angewiesen, um die Aktivitäten, die regelmäßig anfallen, sicher und gefahrlos zu bewältigen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin erst seit der im Jahre 2003 erfolgten Versorgung eine Unsicherheit im Kniegelenk verspürte und dem zu Folge dreimal stürzte. Die zuvor regelhaft erfolgte Versorgung mit einem Bremsknie wurde hingegen von der Klägerin wie sie selbst im Rahmen der mehrfach durchgeführten Befragungen angegeben hat, gut toleriert. Eine Sturzgefahr bestand bis zum Zeitpunkt der Neuversorgung im Jahre 2003 nicht.
Auch wenn Beinprothesen als Körperersatzstücke grundsätzlich dem unmittelbaren Ersatz des fehlenden Körperteils und damit auch unmittelbar der medizinischen Rehabilitation dienen, bleibt nach Auffassung der Kammer eine dahingehende Einzelfallprüfung vorzunehmen, ob der Versicherte mit dem konkret begehrten Körperersatzstück, das den neuesten Stand der technischen Entwicklung darstellt, tatsächlich zurecht kommt und dessen Gebrauchsvorteile prognostisch wird nutzen können. Dementsprechend ergibt sich die Notwendigkeit für die Verordnung von Hilfsmitteln auch nach den Hilfsmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Fassung vom 16.10.2008 (konkrete Indikation) nicht allein aus der Diagnose. Vielmehr soll eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der funktionellen /strukturellen Schädigungen, der Beeinträchtigungen der Aktivitäten (Fähigkeits-störungen), der noch verbliebenen Aktivitäten und einer störungsbildabhängigen Diagnostik erfolgen. Dabei sind der Bedarf, die Fähigkeit zur Nutzung, die Prognose und das Ziel einer Hilfsmittelversorgung auf der Grundlage realistischer, für den Versicherten alltagsrelevanter Anforderungen zu ermitteln. Die individuellen Kontextfaktoren in Bezug auf Person und Umwelt als Voraussetzung für das angestrebte Behandlungsziel sind zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 Hilfsmittel-Richtlinie – Allgemeine Verordnungsgrundsätze).
Auch wenn ein Körperersatzstück gem. § 33 Abs. 1 S. 1, 3. Alt. SGB V die ursprüngliche Funktion der nicht mehr vorhandenen Gliedmaße in möglichst weitgehender Weise auszugleichen hat (BSG Urteil vom 25.06.2009, Az. B 3 KR 2/08 R – Badeprothese), kann dieser Umstand nach Auffassung der Kammer allerdings nicht dazu führen, dass jeder oberschenkelamputierte Versicherte wegen eines subjektiven Sicherheitsgewinns das C-Leg und nicht eine andere kostengünstigere Prothese beanspruchen kann. Vielmehr ist im Rahmen einer an die erwähnten Hilfsmittelricht-linien angelehnten individuellen Einzelfallbetrachtung zu prüfen, welche körperlichen und geistigen Voraussetzungen der Versicherte mitbringt und inwieweit er in seiner persönlichen individuellen Lebensgestaltung in der Lage ist, die Gebrauchsvorteile des C-Leg im Vergleich mit anderen Versorgungsformen zu nutzen. Insoweit nimmt die Kammer auf die Ausführungen des BSG vom 06.06.2002 Bezug (B 3 KR 68/01 R).
Ein wesentlicher Gesichtspunkt, der gegen den begehrten Versorgungsanspruch spricht, ist nach Auffassung der Kammer die lange Erprobungsphase mit einem C-Leg-Kniegelenk, die auf das Gangbild der Klägerin keinen wesentlichen Einfluss hatte. Sowohl bei den verschiedenen Untersuchungen durch den MDK, unabhängig davon, ob diese mit oder ohne C-Leg erfolgten, zeigte sich immer ein unsicheres und teilweise etwas ängstliches Gangbild, das von einer deutlichen Belastung des linken gesunden Beines geprägt ist. Regelmäßig wurde auch bei Nutzung des C-Leg-Gelenks die Prothesenseite stark angehoben und in der Schwungphase der Prothese auch die linke Ferse angehoben. Der Einbeinstand auf der Prothesenseite war nur sehr kurz möglich. Das alternierende Treppauf- und Treppabsteigen gelang ihr hingegen nicht. Prof. Dr. H beschreibt ebenfalls das Gangbild der Klägerin als rechtsseitig deutlich hinkend. Die Klägerin sinkt dabei in den Schaft ein und nutzt in der Abrollphase nicht die Beweglichkeit des Kniegelenkes nicht. Angesichts der insgesamt sechsmonatigen Erprobungsphase ist für die Kammer nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die Gebrauchsvorteile de C-Leg-Kniegelenks tatsächlich nutzen kann und dass ein deutlicher Zugewinn an Funktionsvorteilen auch im Rahmen einer prognostischen Sicht im Sinne der zitierten BSG Rechtsprechung erkennbar wäre.
Sicher steht einerseits fest, dass die Überprüfung der geteilten Aufmerksamkeit sicherer und zügiger erfolgen konnte als dies möglicherweise im Vorfeld der Fall gewesen ist. Ebenso erscheint es durchaus nachvollziehbar, wenn die Klägerin ein erhöhtes Sicherheitsgefühl bei der Versorgung mit der C-Leg-Prothese verspürt hat. Allerdings sind die wesentlichen Nutzungsvorteile des C-Leg-Systems damit noch nicht erfüllt.
Auch wenn der Klägerin darin Recht zu geben ist, dass nicht alle Gebrauchsvorteile einer bestimmten hochwertigen Versorgung genutzt werden müssen, um den entsprechenden Anspruch zu begründen, so müssen doch "deutliche" Gebrauchsvorteile nachgewiesen sind, die die begehrte Versorgung gegenüber der herkömmlichen als klar vorteilhaft erscheinen lassen.
In diesem Zusammenhang genügt das unbestrittene Sicherheitsgefühl der Klägerin bei der Nutzung des C-Leg-Systems nach Auffassung der Kammer nicht. Denn die persönlichen Lebensumstände der Klägerin lassen nicht befürchten, dass sie sich regelhaft, d.h. nicht nur in Einzelsituationen Gefahren ausgesetzt sieht, die die Befriedigung eines erhöhten Sicherheitsbedürfnisses erfordern. Den Ausführungen zu ihrem Aktivitätsgrad hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt widersprochen und bestätigt letztlich bei allen stattgefundenen Gesprächen zwar einerseits die lange Tragedauer der Prothese, andererseits aber auch den Umstand, dass sie weiteren Aktivitäten, die uneingeschränkte und jederzeitige Bremswirkung einer Prothese erfordern, nicht nachgeht. Ebenso wenig ist ihr Alltag geprägt von klassischen Gefahren, die besondere Anforderungen an die Sicherheit der Prothese stellen. In diesem Zusammenhang hat das BSG in seiner Entscheidung vom 06.06.2002 ausgeführt, dass dann, wenn die eigene Sicherheit zurücktreten muss, weil andere Gefahren abzuwenden sind, wie es etwa bei der Beaufsichtigung von Kindern der Fall ist oder wenn eine größere Gefahr als die eines Sturzes rasches Laufen erfordert, die Vorteile eines C-Leg-Systems von dem Versicherten nutzbar gemacht werden können. Aber auch wenn im Ablauf eines normalen Tages bei der Klägerin grundsätzlich keine größeren Gefahren auftreten mögen, so vermag zwar auch der Gesichtspunkt einer plötzlichen Gefahrensituation, die rascheres Laufen erfordert, einen Versorgungsanspruch nach Auffassung der Kammer im Grundsatz auszulösen. So kann es z. B. im Rahmen der Teilnahme am Straßenverkehr erforderlich sein, einem Hindernis durch schnelles Gehen auszuweichen. Dies stellt ebenfalls höhere Anforderung an die prothetische Versorgung. Allerdings ist im Falle der Klägerin nicht nachgewiesen und prognostisch auch nicht erkennbar, dass sie diese Vorteile in einer solchen Gefahrensituation auch nutzen kann. Die Klägerin war trotz der sechsmonatigen Erprobungsphase nicht in der Lage, die Geschwindigkeit zu wechseln. Die Bewegungsmuster, die sich über mehrere Jahrzehnte eingeschliffen haben mögen, blieben weitgehend erhalten, so dass auch in Gefahrensituation nicht davon auszugehen ist, dass die Klägerin von der Nutzung der C-Leg-Prothese profitieren kann.
Ebenso wenig ist für die Kammer nachgewiesen, dass die Klägerin bei der Versorgung mit einem C-Leg tatsächlich auf weitere Hilfsmittel nicht mehr angewiesen wäre. Die Klägerin hat in der Vergangenheit regelmäßig jedenfalls außerhalb der eigenen Wohnung einen sicheren standfesten Regenschirm mitgeführt, da sie sich so sicherer fühlte. Bedenkt man, dass sie nach der sechsmonatigen Probeversorgung mit dem C-Leg auch in der schrägen Ebene noch sehr unsicher unter Festhalten an der Wand ging, ist anzunehmen, dass sie auch weiterhin auf das Mitführen eines Gehstockes auch bei Nutzung der C-Leg-Prothese angewiesen wäre.
Der Sachverständige hat für die Kammer nachvollziehbar ausgeführt, dass bei der Nutzung eines C-Legs oder Reo-Kniegelenk von den folgenden Kriterien mindestens drei bis vier erreicht sein müssen, um eine entsprechende Versorgung zu empfehlen. Diese Kriterien sind nach Wetz et al (Orthopäde 2004, 34 "Einfluss des C-Leg-Kniegelenk-Passteiles der Fa. Otto Bock auf die Versorgungsqualität Oberschenkelamputierter"):
1. Erhöhung der Sicherheit 2. Entlastung der Gegenseite 3. Integration der Prothese in das Körperschema mit Möglichkeit zu geteilter Aufmerksamkeit 4. Variation der Ganggeschwindigkeit 5. Verringerung des Kraftaufwandes 6. Harmonisierung des Gangbildes 7. Reduktion eventueller Hilfsmittelversorgungen
Auch wenn die Klägerin subjektiv eine gewisse Erhöhung der Sicherheit mit der C-Leg-Prothese angibt, sind die weiteren Gesichtspunkte zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Die Entlastung der Gegenseite war zu keinem Zeitpunkt während der C-Leg-Erprobungsphase ersichtlich. Vielmehr zeigte die Klägerin weiterhin das stark rechtsseitig hinkende Gangbild. Auch wenn teilweise die Möglichkeit zu geteilter Aufmerksamkeit bestand, war eine variable Ganggeschwindigkeit der Klägerin zu keinem Zeitpunkt möglich. Ebenso wenig war festzustellen, dass sich das Gangbild harmonisierte und dauerhaft Hilfsmittelversorgungen reduziert werden konnten. Auch der Gesichtspunkt der Verringerung des Kraftaufwandes ist angesichts der Befunderhebungen des MDK nicht als nachgewiesen anzusehen. Vielmehr zeigt das nach wie vor hinkende Gangbild, dass der Kraftaufwand letztendlich identisch ist, da die Klägerin nach wie vor bei der Schwungphase die rechte Hüfte stark angehoben hat, was unter Nutzung eines C-Leg-Systems eigentlich nicht erforderlich wäre.
Soweit die Klägerin vorträgt, ihr Aktivitätsgrad könne sich durch den Einsatz des C -Leg-Systems möglicherweise noch erweitern, sieht das Gericht hierfür keine Anhaltspunkte. Sicherlich ist nachvollziehbar, dass die Klägerin auf Grund der langjährigen prothetischen Versorgung ihr tägliches Leben auf ihre Beeinträchtigung abgestellt hat und ihr damit die gedankliche Umstellung, in Zukunft z. B. sportlichen Aktivitäten nachzukommen, sehr schwer fallen dürfte. Andererseits hat bei der Betrachtung der individuellen Lebensumstände die zukünftigen Veränderungswünsche des Versicherten nach Auffassung der Kammer keine grundlegende Rolle zu spielen. Vielmehr ist auf die Lebensumstände abzustellen, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das Leben der Klägerin bestimmt haben und auf dieser Grundlage eine Entscheidung zu treffen. Dies bedeutet nicht, dass diese Situation gewissermaßen als Status Quo Geltung hat, vielmehr ist eine Veränderung des Aktivitätsgrades jederzeit möglich, die Lebensumstände sowie die persönliche Einschätzung des Versicherten müssen jedoch nach Auffassung der Kammer eine solche Veränderung zumindest wahrscheinlich erscheinen lassen. Auch insoweit ist eine prognostische Einzelfallprüfung erforderlich.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, bei Nutzung des C-Leg-Kniegelenks könnten Stürze verhindert werden. Zum einen sind bei der Klägerin in der Vergangenheit nur sehr selten Stürze aufgetreten – und diese mit einer Versorgung, mit der die Klägerin ohnehin unzufrieden war – und zum anderen verfügt auch jedes andere moderne Kniegelenk über eine Bremsfunktion, die bei Belastung des Gelenks aktiviert wird. Nur derjenige, der häufig mit unterschiedlicher Geschwindigkeit läuft bzw. mit dem C-Leg-Kniegelenk prognostisch wird laufen können, benötigt daher eine noch differenziertere und auf die jeweilige Geschwindigkeit angepasste Elektronik (vgl. SG Neubrandenburg, Urt. vom 20.07.2008, S 4 KR 12/03, www.juris.de )
Ebenso wenig vermag die Kammer der Auffassung der Klägerin darin zu folgen, das Gutachten weise nicht die erforderliche Qualität auf und könne daher nicht einer Entscheidung zugrunde gelegt werden.
Es ist zwar richtig, dass Prof. Dr. H die Untersuchung durchgeführt hat, ohne dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mit einem C-Leg-System versorgt gewesen ist. Allerdings liegen in den Verwaltungsakten der Beklagten zahlreiche Befunderhebungen vor, die Aussagen über die Nutzungsmöglichkeiten der Klägerin mit einem C-Leg zulassen. Der Sachverständige konnte sich diese Befunde zu Nutze machen und hat dies in ausreichender Weise getan. Auch wenn seine Ausführungen zu den Beweisfragen im Verhältnis zu den technischen Möglichkeiten einer prothetischenVersorgung etwas knapp erscheinen mögen, so ist für die Kammer der Schluss, den der Sachverständige zieht, durchaus nachvollziehbar. Seiner Einschätzung misst das Gericht auch deshalb großes Gewicht bei, weil Prof. Dr. H in seiner Funktion als leitender Arzt einer Rehabilitationsklinik, die häufig amputierte Patienten betreut, einen besonderen Erfahrungsschatz mitbringt und bereits Untersuchungen zum Thema Sturzereignisse bei Amputierten durchgeführt und die Ergebnisse veröffentlicht hat.
Vor diesem Hintergrund hatte die Klage keine Aussicht auf Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
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