L 12 AL 142/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 30 AL 406/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 142/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 204/01 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die mit Schriftsatz vom 04.06.2001 hilfsweise erhobene Klage auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab 20.07.1990 und im Anschluss daran auf Arbeitlosenhilfe wird als unzulässig verworfen. Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten jetzt noch darüber, ob der Kläger die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 20.07.1990 und im Anschluss daran von Arbeitslosenhilfe beanspruchen kann.

Zuvor war zwischen den Beteiligten streitig, ob der Kläger am 11.06.1990 einen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld stellte und demgemäß die Beklagte verpflichtet war, diesen Antrag zu bescheiden.

Der am ...1948 geborene Kläger ist türkischer Staatangehöriger und verrichtete zuletzt bis Ende Dezember 1988 eine Tätigkeit als Schweißer. In der Zeit vom 30.12.1988 bis 20.07.1990 war er arbeitunfähig und bezog vom 08.01.1989 bis zur Aussteuerung am 20.07.1990 von der AOK ... - ... Krankengeld. Während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit beantragte er am 20.12.1989 bei der Bundesknappschaft die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die nach Rentenablehnung und erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage nahm er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.04.1993 beim Sozialgericht Dortmund zurück (Az.: S 23 Kn 91/91). Nach einem weiteren gerichtlichen Streitverfahren beim Sozialgericht Dortmund (Az.: S 24 Kn 220/95) wurde dem Kläger ab 01.05.1993 von der Bundesknappschaft eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt.

Mit Schreiben vom 27.12.1998 beantragte der Kläger die Neufeststellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung der Zeit vom 20.07.1990 bis 30.04.1993. Daraufhin teilte ihm die Bundesknappschaft mit Schreiben vom 14.01.1999 mit, dass dem Antrag zum jetzigen Zeitpunkt nicht entsprochen werden könne, weil weitere anrechenbare Zeiten, die nicht schon im Rentenbewilligungsbescheid vom 25.03.1998 berücksichtigt worden seien, nicht vorlägen.

Zuvor hatte der Kläger am 28.12.1998 vor dem Sozialgericht Dortmund Klage gegen die Beklagte erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Am 11.06.1990 habe er beim Arbeitsamt S ... im Beistand seiner Bekannten, Frau M ..., einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Bei dieser Antragstellung sei ihm vom Sachbearbeiter S ... die Auskunft erteilt worden, dass eine Antragstellung nicht erfolgsversprechend sei, weil er auf Grund seines Krankgeldbezuges bzw. wegen des Antrags auf Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente keine Leistungen gegenüber dem Arbeitsamt geltend machen könne; denn er halte sich selbst für erwerbsunfähig. Obwohl Frau M ... Herrn S ... zur Erteilung eines schriftlichen Bescheides aufgefordert habe und dieser den Antrag des Klägers und die Bescheinigung der AOK vom 11.06.1990 zu den Akten genommen habe, sei über den Leistungsantrag bislang nicht entschieden worden. Am 10.07.1990 habe der Kläger vorsorglich beim Sozialamt mündlich nochmals ausdrücklich die Gewährung von Arbeitslosengeld und die Gewährung von Sozialhilfe beantragt.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, seinen Antrag vom 11.06.1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vor dem Sozialgericht vorgebracht: Bei ihr lägen keinerlei Hinweise auf eine Antragstellung oder persönliche Vorsprachen zur Arbeitslosmeldung durch den Kläger vor. Lediglich drei Schreiben der Bundesknappschaft seien vorhanden.

Das Sozialgericht Dortmund hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin ... M ... und des Zeugen ... S ... Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Dortmund vom 06.09.1999 bzw. der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2000 verwiesen.

Mit Urteil vom 15.06.2000 berichtigt, durch den Beschluss vom 15.08.2000, hat das Sozialgericht Dortmund die Beklagte verurteilt, den Antrag des Klägers vom 11.06.1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger am 11.06.1990 einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld gestellt habe. Zwar lägen hierüber keine Unterlagen vor. Die Angaben des Klägers seien jedoch glaubhaft und stünden im Einklang mit der Bescheinigung der AOK ...- ... vom 11.06.1990, mit welcher auf die bevorstehende Aussteuerung hingewiesen worden sei. Der in diesem Zusammenhang von der Krankenkasse an den Kläger erteilte Hinweis, sich beim Arbeitsamt arbeitslos zu melden und Leistungen zu beantragen, sei glaubhaft. Zudem würden die Angaben des Klägers durch die Zeugin M ... bestätigt, die ihn bei der Antragstellung am 11.06.1990 begleitet habe. Der Kläger habe sich noch erinnern können, in welchem Zimmer er 1990 den Antrag abgegeben habe. Dass die Anträge auf Arbeitslosengeld im Jahre 1990 in den Zimmer 209 - 211 abzugeben gewesen seien, habe auch der Zeuge S ... bestätigt. Zwar habe dieser nicht bekundet, dem Kläger die Auskunft erteilt zu haben, dass dieser keine Leistungsansprüche gelten machen könne. Nach den glaubhaften Ausführungen des Klägers und der Aussage der Zeugin M ... stehe jedoch fest, dass dem Kläger bei seiner Antragstellung eine diesbezügliche Auskunft erteilt worden sei, und zwar möglicherweise von einem anderen Sachbearbeiter. So habe der Zeuge S ... bestätigt, dass die Leistungsanträge nicht nur von ihm, sondern auch von anderen Sachbearbeitern angenommen worden seien.

Gegen dieses ihr am 06.07.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04. des Folgemonats Berufung eingelegt, und zwar ausdrücklich gerichtet gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.06.2000 (Az.: S 27 AL 12/00, zugestellt am 06.07.2000); in dieser Berufungsschrift hat die Beklagte ferner die Prozessbeteiligten und den Streitgegenstand (wegen Arbeitslosengeld) korrekt angegeben.

Die Beklagte hält ihre Berufung für zulässig, obwohl das Aktenzeichen des angefochtenen Urteils von ihr falsch angegeben worden sei.

Nach ihrer Auffassung lägen auch unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme keine ausreichenden Hinweise für eine Arbeitslos meldung und Antragstellung am 11.06.1990 durch den Kläger vor. So habe dieser nicht angeben können, wie er den Antragsvordruck sei nerzeit erhalten habe. Seiner Aussage stünden die organisatorischen Abläufe im Arbeitsamt entgegen. Bei einer Arbeitslosmeldung habe er zunächst die A/B-Stelle des Arbeitsamtes anlaufen müssen; anschließend wäre er dann an den zuständigen Arbeitsvermittler weiter geleitet worden, welcher den Antragsvordruck um Angaben zur Verfügbarkeit ergänzt hätte. Erst danach wäre eine Antragsabgabe möglich gewesen.

Der Mitarbeiter S ... habe ausgeführt, dass er die Leistungsanträge zu der genannten Zeit lediglich angenommen habe, für die Bearbeitung aber eine andere Stelle im Arbeitsamt zuständig gewesen sei. Eine Aussage darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf die Leistungen habe, habe der als Antragsannehmer tätige Mitarbeiter Sch. gar nicht treffen können. Diese Aussage entspreche der damaligen Praxis und Verfahrensweise in den Arbeitsämtern. Im Übrigen werde jedem Arbeitslosen bei der Antragstellung ein Merkblatt für Arbeitslose ausgehändigt. Sofern der Kläger einen Antrag gestellt habe, sei er so über seine Rechte und Pflichten informiert worden. Vor diesem Hintergrund sei es nicht plausibel, dass er erst im Jahre 1998 die Leistungsbewilligung durch das Arbeitsamt für die Zeit vom 20.07.1990 bis 30.04.1993 erstmals anmahne.

Darüberhinaus habe auch das Sozialamt der Stadt S ... erst mit Schreiben vom 15.05.2000 einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten angemeldet; es sei deshalb davon auszugehen, dass auch das Sozialamt von einem Antrag auf Arbeitslosengeld im Jahr 1990 keine Kenntnis gehabt habe. Zudem befänden sich auch im Antrag des Klägers auf Gewährung von Sozialhilfe vom 10.07.1990 keine Ausführungen zur Beantragung von Arbeitslosengeld- bzw. hilfe. Insbesondere die Beantwortung der Frage 13 spreche gegen eine gleichzeitige Beantragung von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2001 vor dem Senat beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.06.2000 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat in derselben mündlichen Verhandlung beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

- hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab 20.07.1990 Arbeitslosengeld und im Anschluss an den Ablauf der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld Arbeitslosenhilfe, jeweils im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren,

- hilfsweise die Frau ... K ..., ... in S. als Zeugin zu vernehmen zum Beweis der Tatsache, dass sich der Kläger auch noch einige Zeit nach Stellung des Sozialhilfeantrags in ihrer Begleitung bei einem Vorgesetzten im Arbeitsamt gemeldet hat, um sich nach dem Stand der Antragsbearbeitung zu erkundigen und dass er hierbei auf die Aufbewahrungsfrist von nur 2 Jahren betreffend Antragsunterlagen hingewiesen worden ist,

- sowie des weiteren die Sachbearbeiterin des Sozialamtes Frau S ...zu laden über den Bürgermeister der Stadt ... in ..., zu vernehmen als Zeugin zum Beweis der Tatsachen, dass der Kläger bei Sozialhilfeantragstellung mitgeteilt hatte, dass ihm beim Arbeitsamt die Auskunft erteilt worden war, ihm stehe kein Arbeitslosengeldanspruch zu im Hinblick auf seine längere Vorerkrankung und dass sich das Sozialamt mit der Information begnügt hat und im Vertrauen auf eine erwartete EU-Rentenbewilligung von einer frühzeitigeren Anmeldung von Erstattungsansprüchen gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit abgesehen hat.

Nach Auffassung des Klägers ist die eingelegte Berufung unzulässig, weil die Beklagte mit Schriftsatz vom 07.09.2000 und damit außerhalb der Berufungsfrist das Urteil mit dem Aktenzeichen S 30 AL 406/98 angefochten habe. Im Interesse der Rechtssicherheit des Bürgers müsse schon in der Berufungsschrift das angefochtene Urteil konkret und richtig bezeichnet werden.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend; denn seine Aussagen und die der Zeugin M ... zu den Kerntatsachen seien schlüssig und untereinander vollkommen widerspruchsfrei. Die Zeugin M. sei eine Altenpflegerin, die den psychisch erkrankten Kläger bei Behörden- und Gutachterterminen über Jahre hinweg immer wieder begleitet habe. Sie stehe nur in einem losen, sporadischen Kontakt zu dem Kläger, welcher sich an sie wende, wenn er behördliche Hilfestellungen benötige und allein nicht mehr weiter wisse. Die Zeugin habe keinerlei persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits.

Der Kläger und die Zeugin M ... wussten heute noch genau, dass sie sich am 11.06.1990 mit einer Bescheinigung der AOK vom selben Tag in das Arbeitsamt S ... begeben hätten und nach Ausfüllen und Unterzeichnen des Antragsvordrucks diesen mit der AOK-Bescheinigung in der zweiten Etage, linke Seite in einem der Zimmer 209 - 211 des Gebäudes abgegeben hätten. Der Kläger wisse nicht mehr, wer ihm den Antragsvordruck ausgehändigt bzw. in welchem Raum dies geschehen sei. Wahrscheinlich sei der Antrag von der von der Beklagten genannten A/B-Stelle ausgehändigt worden. Wahrnehmungspsychologisch sei es ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel, dass der Kläger und die Zeugin sich gerade an den Vorgang der schroffen Behandlung bei der Antragsabgabe erinnern könnten.

Am 10.07.1990 habe er in Begleitung der Zeugin M ... das Sozialamt der Stadt S ... aufgesucht. Der dortigen Mitarbeiterin S ... habe Frau M ... erklärt, dass am 11.06.1990 beim Arbeitsamt Arbeitslosengeld beantragt worden sei, der Mitarbeiter des Arbeitsamts aber geäußert habe, der Kläger solle sich an das Sozialamt wenden und Sozialhilfe beantragen. Frau M ... habe die Mitarbeiterin des Sozialamts ausdrücklich für den Kläger gebeten, das Sozialamt möge sich an das Arbeitsamt wenden, um nachzuprüfen, wie es mit der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosengeld gestellt sei, da der Kläger dies natürlich vorrangig in Anspruch nehmen wolle.

Ergänzend hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2001 vorgetragen, etwa zwei Jahre nach der Antragstellung vom 11.06.1990 habe er bei dem Chef der Abteilung im Arbeitsamt nachgefragt. Dieser habe ihm gesagt, man könne dort keinen Antrag finden; Anträge würden nur zwei Jahre lang aufbewahrt.

Für den Fall, dass die Klage abgewiesen werde, werde hilfsweise die Gewährung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe begehrt. Denn die Beklagte sei unabhängig von der Antragstellung verpflichtet, dem Kläger für die Zeit ab der Aussteuerung Arbeitslosengeld und für die sich an den Ablauf der Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs anschließende Zeit Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Falls der Kläger nämlich im Jahre 1990 von Herrn S ... nicht dahingehend falsch beraten worden wäre, dass er wegen seiner Vorerkrankung keinen Anspruch auf Leistungen der Beklagten habe, hätte der Kläger den streitigen Antrag gestellt; auf Grund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien ihm deshalb die gesetzlichen Leistungen ohnehin zu gewähren.

Im Übrigen sprächen die Angaben des Klägers im Antrag vom 10.07.1990 auf Sozialhilfe gerade für die Richtigkeit seines Klagevortrags. Dort habe er nur die unrichtigen Informationen des Herrn S ... wiedergegeben. Ähnlich falsch sei ein Landsmann des Klägers, Herr C ..., im Jahre 1998 von einem anderen Bediensteten des Arbeitsamts S. beraten worden.

Der Senat hat Frau ... M ... und Herrn B ...-E ... S ... als Zeugen gehört. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2001 verwiesen.

Das Gericht hat bei der AOK ...- ... die den Kläger betreffende Krankengeldakte und beim Sozialamt S ... die ihn betreffende Sozialhilfeakte angefordert. Während die AOK ...- ... mitgeteilt hat, die Krankengeldakten aus den Jahren 1989/1990 lägen nicht mehr vor, hat die Stadt S ... den Antrag des Klägers vom 10.07.1990 auf Sozialhilfe übersandt.

Mit Urteil vom 20.06.2001 hat der Senat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.06.2000 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Versehentlich wurde dabei über den Hilfsantrag zu 1) des Klägers, betreffend die Gewährung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, nicht entschieden.

Wegen der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 20.06.2001 Bezug genommen.

Der Senat hat die Beteiligten darauf aufmerksam gemacht, dass er versehentlich über den Hilfsantrag zu 1) des Klägers nicht entschieden habe; ferner ist eine neue mündliche Verhandlung für den 18.07.2001 anberaumt worden.

Wie schon in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2001 geschehen, ist der Kläger nochmals mit Schreiben des Senats vom 29.06.2001 auf die Unzulässigkeit des Hilfsantrags zu 1) hingewiesen worden.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass für den am 18.07.2001 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung die verfahrensrechtliche Grundlage fehle. Denn hierfür sei ein Antrag des Klägers auf Urteilsergänzung erforderlich, dessen Stellung er sich noch vorbehalten wolle.

Der Kläger, der ausweislich des von seinem Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Empfangsbekenntnisses vom 29.06.2001 rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Termin am 18.07.2001 geladen worden ist, hat an der mündlichen Verhanldung des 18.07.2001 nicht teilgenommen und ist dort auch nicht vertreten worden.

Der Kläger hat schriftsätzlich jetzt noch beantragt,

den für den 18.07.2001 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben und nach einem etwa noch folgenden Antrag auf Urteilsergänzung gegebenenfalls neu zu terminieren, hilfsweise bis zum Ablauf einer angemessenen Stellungnahmefrist nach Zustellung des Urteils vom 20.06.2001 zu vertagen.

Die Beklagte beantragt,

die im Berufungsverfahren eingelegte Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Beiakten des Sozialgerichts Dortmund mit den Aktenzeichen S 24 Kn 91/91 und S 24 Kn 220/95 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Obwohl der Kläger an der mündlichen Verhandlung des 18.07.2001 nicht teilgenommen hat und dort auch nicht vertreten worden ist, konnte der Senat verhandeln und aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung auch entscheiden; auf diese Möglichkeit ist der Kläger mit der rechtzeitig und ordnungsgemäß erfolgten Ladung hingewiesen worden.

Der mit Schriftsatz vom 04.06.2001 erstmals vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab 20.07.1990 und nach Ablauf der Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs auf Arbeitslosenhilfe, der zuvor nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens beim Sozialgericht Dortmund war, stellt eine in der Berufungsinstanz erhobene Klage dar.

Entgegen der Auffassung des Klägers konnte der Senat hinsichtlich des Hilfsantrags zu 1), über den versehentlich am 20.06.2001 nicht entschieden wurde, zeitnah eine neue mündliche Verhandlung anberaumen, obwohl der Kläger eine Urteilsergänzung (noch) nicht beantragt hatte. Insbesondere bestand kein Anlass zur Aufhebung oder Vertagung des Termins vom 18.07.2001 (siehe bereits Fax des Vorsitzenden des Senats vom 17.07.2001). Nach § 140 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird ein Urteil auf Antrag nachträglich ergänzt, wenn es einen von einem Beteiligten erhobenen Anspruch ganz oder teilweise übergangen hat. Die Entscheidung muss binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils beantragt werden. Dieser Vorschrift ist nach Überzeugung des Senats nur zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen das Gericht das Urteil ergänzen muss. Sofern das Gericht jedoch - wie hier - selbst umgehend die Versäumnis bemerkt, ist es nicht gehindert, die Urteilsergänzung von sich aus zu veranlassen und zuvor die nach § 140 Abs. 3 SGG vorgeschriebene mündliche Verhandlung anzuberaumen. Da der Hilfsantrag zu 1) des Klägers bereits am 20.06.2001 in jeder Hinsicht entscheidungsreif war, hat der Senat von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden, die diesbezügliche Urteilsergänzung zeitnah vorzunehmen. Dies erschien dem Senat insbesondere angesichts des Umstands geboten, dass hier um Ansprüche gestritten wird, die bereits vor mehr als 11 Jahren entstanden sein sollen. Über diese Vorgehensweise sind die Beteiligten zuvor rechtzeitig informiert worden (Schreiben des Senats vom 27. und 29.06.2001).

Der Kläger wird im Übrigen nicht dadurch beschwert, dass über seinen Hilfsantrag zu 1), über welchen bereits am 20.06.2001 hätten entschieden werden müssen, nunmehr knapp einen Monat später entschieden wurde. Hierdurch ist ihm in keiner Hinsicht ein Nachteil entstanden. Im Übrigen hätte es ihm freigestanden, den aus Sicht des Senats unzulässigen Hilfsantrag zu 1) rechtzeitig vor dem 18.07.2001 zurückzunehmen.

Gegenstand eines Berufungsverfahrens ist regelmäßig die Überprüfung eines erstinstanzlichen Urteils (§ 143 SGG). Der vom Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 04.06.2001 gestellte Hilfsantrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosenhilfe war nicht Gegenstand des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 15.06.2000; in diesem Verfahren wurde nur darüber gestritten, ob eine Untätigkeit der Beklagten vorliegt. Der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2001 gestellte Hilfsantrag zu 1) stellt sich deshalb als eine beim Berufungsgericht erhobene Klage dar, welche unzulässig ist.

Selbst eine beim Sozialgericht erhobene Klage auf Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe wäre nur dann zulässig, wenn zuvor das zwingend vorgeschriebene Vorverfahren abgeschlossen worden ist (hM, z. B. BSG 3,293; 4,246).

Der als Klage zu wertende Hilfsantrag zu 1) des Klägers war deshalb als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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