L 2 SO 5475/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SO 2221/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 5475/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts H. vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine Sucht- und Sozialtherapie in einer vom C. e.V., K., betriebenen Übergangswohngemeinschaft durch den Beklagten.

Der am 1966 geborene Kläger, der sich seit 29. Juli 2001 in der Justizvollzugsanstalt B. (JVA) zur Verbüßung mehrerer zeitiger Freiheitsstrafen befindet, beantragte am 28. Oktober 2008 beim Beklagten die Kostenübernahme für eine Sucht- und Sozialtherapie beim C. e.V ... Aufgrund seiner Suchtmittelproblematik wolle er eine Sucht- und Sozialtherapie durchführen; die Einrichtung des C. e.V. sei auf seine Problematik spezialisiert. Seinem Antrag fügte er mehrere Schreiben von C. e.V. bei. Weiterhin fügte er einen Sozialbericht der psychosozialen Beratungsstelle, Aktionsgemeinschaft Drogen e.V. H., vom 14. Januar 2009 bei, wonach eine stationäre therapeutische Maßnahme für dringend erforderlich gehalten werde. Nach dem ärztlichen Bericht zur Einleitung von Maßnahmen/Hilfen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) von Dr. J. vom 20. Januar 2009, den der Kläger ebenfalls seinem Antrag beifügte, liegt beim Kläger eine wesentliche Behinderung im Sinne von § 53 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nicht vor. Weiterhin legte der Kläger im Verwaltungsverfahren das nervenärztliche Gutachten von Dr. H., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, vom 4. Mai 2009 vor, in dem nach Untersuchungen und Explorationen des Klägers am 22., 23. und 27. April 2009 ausgeführt wurde, diagnostisch seien die Kriterien für das Vorliegen einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (ICD 10F 19) erfüllt, ansonsten ließe sich eine psychiatrische Erkrankung nicht feststellen. Zwar hätten sich dissoziale Persönlichkeitszüge mit einer deutlichen und andauernden Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer und insbesondere (straf-)rechtlicher Normen, Regeln und Verpflichtungen entwickelt; das Vollbild einer umschriebenen (oder auch kombinierten) Persönlichkeitsstörung im Sinne der psychiatrischen Klassifikationssysteme ICD-10 (oder DSM IV) liege nicht vor. Die Kriminalprognose sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht als günstig anzusehen. Es sei nicht eindeutig beurteilbar, in welchem Umfang eine Unterbringung in der Übergangseinrichtung C. e.V. (kriminal-)prognostisch positiv wirksam werden könnte. Eine in der Intensität und Qualität (und der erzielbaren Wirkung) einer im Vollzug ablaufenden Sozialtherapie gleichende Behandlung dürfte dort bei Berücksichtigung der überlassenen Konzeption für diese Einrichtung nicht stattfinden können. Auch eine Drogenentwöhnungsbehandlung im eigentlichen Sinne könne dort nicht erfolgen.

In der vom Beklagten eingeholten Stellungnahme des medizinisch-psychologischen Fachdienstes des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) vom 2. Oktober 2009 wurde ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des ärztlichen Berichts von Dr. J. vom 14. Januar 2009 und des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. H. keine wesentliche seelische Behinderung der §§ 53 ff SGB XII vorliege. Bei einem Gesprächstermin am 27. August 2009 in der JVA sei eine Erfassung der Beeinträchtigung von Aktivität und Teilhabe nach der ICF- Checkliste durchgeführt worden; hierbei habe sich lediglich ein Bedarf im Bereich D9 - Gemeinschaftsleben festhalten lassen, wodurch sich laut der Orientierungshilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe zur Feststellung der Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB XII keine wesentliche Behinderung ergebe. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Abstinenzmotivation. Eine Sozialtherapie innerhalb des Anstaltskontextes werde kategorisch abgelehnt. Drogen zu konsumieren sehe der Kläger, wenn er genügend Geld zur Verfügung habe, nicht als sein Problem an.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2009 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme für die beantragte Sucht- und Sozialtherapie ab. Hiergegen erhob der Kläger am 28. Oktober 2009 Widerspruch.

Während des Widerspruchsverfahrens beantragte der Kläger am 8. Dezember 2009 den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dabei stützte er sich im Wesentlichen auf ein ärztliches Attest des Anstaltsarztes Dr. M. vom 23. November 200., eine schriftliche Sachverständigenzeugenauskunft von Dr. M. vom 22. Januar 2010, angefallen bei einem beim Sozialgericht Karlsruhe anhängigen Rechtsstreit (S 4 SB 5230/09) und verschiedene Schreiben von C. e.V. Mit Beschluss vom 23. Februar 2010 (S 10 SO 4342/09 ER) lehnte das Sozialgericht H. (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Beklagten ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 14. Juli 2010 (L 7 SO 1659/10 ER-B) zurück.

Im Schreiben vom 26. Mai 2010 nahm der medizinisch-pädagogische Dienst des KVJS erneut zur Frage Stellung, ob beim Kläger eine wesentliche Behinderung vorliege und die beantragte Maßnahme geeignet sei. Dies wurde unter Berufung auf das Gutachten von Dr. H. verneint. Neue Aspekte hinsichtlich neuer diagnostischer Erkenntnisse oder der Einschränkung von Aktivitäten der Teilhabe lägen nicht vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2010 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Eine wesentliche Behinderung oder eine Bedrohung durch eine solche im Sinne des § 53 SGB XII i.V.m. SGB IX sei medizinisch nicht festgestellt worden. Die Aufgaben der Eingliederungshilfe, nämlich den Kläger aus der Suchtproblematik heraus zu begleiten, würden nicht erfüllt werden, da in diesem Bereich keine Krankheitseinsicht und ausreichende Motivation ersichtlich sei.

Hiergegen hat der Kläger am 18. Juli 2010 beim SG Klage erhoben. Er hat sich unter Vorlage eines Gutachtens von Prof. Dr. F. vom 30. Juli 2002, welches im Auftrag des Landgerichts Mosbach zur Frage der Anordnung einer Sicherungsverwahrung erstattet wurde, auf seinen Vortrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bezogen. Darüber hinaus hat er vorgetragen, er benötige eine Kostenübernahme, um gem. § 35 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) eine stationäre Drogentherapie antreten zu können und hierfür aus der Haft entlassen zu werden. Der Bericht der vormaligen Anstaltsärztin Dr. J. sei unvollständig; beispielsweise sei die Verordnung der Medikamente zur Milderung der Entzugssymptome nicht erwähnt worden. Er bestreite, dass die Einrichtung C. e.V. im Vergleich zur Therapie im Justizvollzugskrankenhaus H. weniger geeignet sei. Diesbezüglich habe Dr. H. lediglich seine Meinung geäußert. Die Einrichtung des C. e.V. nähme nur schon entwöhnte Probanden auf. Er sei sehr motiviert, führe regelmäßig Gespräche mit dem Drogenberater und habe an der Motivationsgruppe 2009 teilgenommen. Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es fehle schon an der grundlegenden Voraussetzung einer wesentlichen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII oder der Bedrohung durch eine solche. Der Kläger gehöre damit nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis. Beim Kläger sei nach den vorhandenen Unterlagen eine wesentliche Einschränkung seiner Teilhabefähigkeit im dem Sinne, wie sie aus § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz SGB IX folge, nicht feststellbar. Dies folge aus dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. H. vom 4. Mai 2009 und dem Bericht von Dr. J. vom 20. Januar 2009 sowie der Stellungnahme des medizinisch-pädagogischen Fachdienstes des KVJS vom 2. Oktober 2009. Eine wesentliche Behinderung des Klägers folge auch nicht aus dem ärztlichen Attest des Anstaltsarztes Dr. M. vom 23. November 2009 oder der sachverständigen Zeugenauskunft dieses Arztes vom 22. Januar 2010. Auch in der weiteren Stellungnahme des medizinisch-pädagogischen Dienstes des KVJS vom 26. Mai 2010 sei eine wesentliche Behinderung des Klägers verneint worden. Die Behauptung des Klägers, er leide an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung sei durch das Gutachten des Dr. H. vom 4. Mai 2009 widerlegt. Diagnostisch lägen beim Kläger die Kriterien für eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen vor. Ansonsten sei eine psychiatrische Erkrankung jedoch nicht feststellbar. Zwar hätten sich beim Kläger dissoziale Persönlichkeitszüge entwickelt; das Vollbild einer umschriebenen (oder auch kombinierten) Persönlichkeitsstörung liege jedoch nicht vor. Eine andere Einschätzung folge auch nicht aus dem Gutachten von Prof. Dr. F. vom 30. Juli 2002. Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel daran, dass die vom Kläger begehrte Therapie die Aufgaben der Eingliederungshilfe (§ 53 Abs. 2 SGB XII) erfüllen könnte.

Gegen diesen dem Kläger am 17. November 2010 mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 26. November 2010 beim Landessozialgericht schriftlich Berufung eingelegt und im Wesentlichen auf seine bisherigen Ausführungen verwiesen. Es hätte durch ein aktuelles sozialpsychologisches Gutachten die Notwendigkeit einer Therapie geprüft werden müssen. Hierzu sollten der Diplompsychologe A. G. und die Psychotherapeutin S. K. gehört werden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts H. vom 16. November 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten einer stationären Sucht- und Sozialtherapie in einer Übergangswohngemeinschaft des C. e.V., K., zu tragen, hilfsweise, ein sozialmedizinisches Gutachten dazu einzuholen, dass eine Drogentherapie notwendig sei, hilfsweise, den Diplompsychologen A. G. und die Psychotherapeutin S. K. dazu zu hören, dass eine Drogentherapie notwendig sei.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und seine Bescheide für rechtmäßig. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), der Gerichtsakte des SG (S 13 SO 2221/10), der Berufungsakte des Senats (L 2 SO 5475/10) und der beigezogenen Gerichtsakte des LSG (L 7 SO 1659/10 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Mai 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme für eine stationäre Sucht- und Sozialtherapie in einer vom C. e.V., K., betriebenen Übergangswohngemeinschaft durch den Beklagten. Diesen Anspruch hat das SG zurecht und aus zutreffenden Gründen abgelehnt. Der Senat sieht daher gem. §§ 153 Abs. 2 Satz 1 SGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück, wobei insbesondere auf die sehr ausführliche und inhaltlich zutreffende Darstellung und Anwendung der anspruchsbegründenden Voraussetzungen aus § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, nämlich wann eine Behinderung vorliegt und dass nur diejenigen behinderten Menschen einen Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen haben, deren Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft wesentlich beeinträchtigt ist, Bezug genommen wird. Genauso inhaltlich zutreffend hat das SG ausgehend davon, dass nur eine wesentliche Fähigkeitsbeeinträchtigung, die dazu führt, dass ein Mensch an seiner Teilhabe wesentlich beeinträchtigt ist, einen Leistungsanspruch auslösen kann, die Abgrenzung des danach leistungsberechtigten Personenkreises gem. § 3 Eingliederungshilfeverordnung (EinglVO) vorgenommen. Hiervon ausgehend hat das SG zutreffend verneint, dass der Kläger zum leistungsberechtigten Personenkreis gehört, da bei ihm eine wesentliche Einschränkung seiner Teilhabefähigkeit nicht feststellbar ist. Dies folgt - zur Bekräftigung der Begründung des SG durch den Senat - aus dem Sachverständigengutachten von Dr. H. vom 4. Mai 2009, der das Vollbild einer umschriebenen (oder auch einer kombinierten) Persönlichkeitsstörung im Sinne der psychiatrischen Klassifikationssysteme ICD-10 verneint hat, sondern - nur - ausgehend von der Bejahung der Kriterien für das Vorliegen einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum psychotroper Substanzen die Entwicklung dissozialer Persönlichkeitszüge festgestellt hat. Somit steht für den Senat fest, dass beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung, insbesondere eine dissoziale Persönlichkeitsstörung nicht vorliegt. Dass beim Kläger eine im Sinne der anspruchsbegründenden Normen "wesentliche Behinderung" nicht vorliegt, folgt auch aus den Berichten der Anstaltsärztin Dr. J. vom 20. Januar 2009 und des KVJS vom 2. Oktober 2009 und 26. Mai 2010. In diesen Äußerungen wird explizit das Vorliegen einer "wesentlichen Behinderung" verneint. Etwas diesbezüglich anderes folgt - und da schließt sich der Senat der Begründung des SG an - auch nicht aus dem Attest von Dr. M. vom 23. November 2009 und seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 22. Januar 2010. Bestätigt wird schließlich die Überzeugung, dass der Kläger nicht im Sinne der anspruchsbegründenden Normen an einer wesentlichen Einschränkung seiner Teilhabefähigkeit leidet durch das Gutachten von Prof. Dr. F. vom 30. Juli 2002, welches der Kläger im Klageverfahren vorgelegt hat. Darin hat Prof. Dr. F. ausgeführt, dass "auch vor dem Hintergrund des Drogenkonsums nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger in seiner Selbststeuerung durch diesen Konsum maßgeblich beschränkt sei". Die Fähigkeit des Klägers, an der Gesellschaft teilzuhaben, sind somit zur Überzeugung des Senats über die Delinquenz durch die Drogensucht hinaus nicht eingeschränkt.

Im Übrigen hat der Senat - ebenso wie das SG im Gerichtsbescheid vom 16. November 2010 und der 7. Senat des LSG in seinem Beschluss vom 14. Juli 2010 - Zweifel daran, ob die konkrete, vom Kläger begehrte stationäre Sucht- und Sozialtherapie in einer Übergangswohngemeinschaft des C. e.V. geeignet ist, die in § 53 Abs. 3 SGB XII geregelten Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen. Denn nach dem Sachverständigengutachten von Dr. H. ist es nicht ganz eindeutig beurteilbar, in welchem Umfang eine Unterbringung in der Übergangseinrichtung des C. e.V. (auch kriminal-)prognostisch positiv wirksam werden könnte. Nach seinem Eindruck bei Berücksichtigung der ihm überlassenen Konzeption der Therapie in der Einrichtung des C. e.V. dürfte dort eine in Intensität und Qualität (und der erzielbaren Wirkung) einer im Vollzug ablaufenden Sozialtherapie gleichenden Behandlung nicht stattfinden. Diese Einschätzung des Sachverständigen Dr. H. spricht gegen eine Eignung der beabsichtigten Sucht- und Sozialtherapie zum Erreichen des Eingliederungsziels, nämlich der Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft.

Die Beweisanträge des Klägers waren abzulehnen. Im Hinblick auf § 103 Satz 2 SGG kann ein Beweisantrag dann abgelehnt werden, wenn die beantragte Beweiserhebung am Maßstab der Amtsermittlungspflicht gemessen nicht notwendig erscheint (vgl. BSG SozR 1500 § 160 SGG Nr. 5, 12, 13, 35; BSG, Beschluss vom 27. Juni 2006 - B 2 U 421/05 B). Die beantragte Beweiserhebung, nämlich ein Sachverständigengutachten einzuholen bzw. Diplompsychologin A. G. und Psychotherapeutin K. zu befragen zum Beweis der Tatsache, dass beim Kläger eine Drogentherapie notwendig sei, ist nicht erforderlich. Schon auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens von Dr. H. vom 4. Mai 2009 verneint auch der Senat die Notwendigkeit einer Drogentherapie nicht. Dr. H. hat im Sachverständigengutachten ausgeführt, dass "eine bisher nicht suffizient behandelte Störung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen vorliege". Da nach Einschätzung des Sachverständigen eine bislang nicht genügende Behandlung der Drogensucht des Klägers durchgeführt wurde, liegt es nahe, von einer weiteren Behandlungsbedürftigkeit diesbezüglich auszugehen. Der Kläger missversteht jedoch die anspruchsbegründende Voraussetzung der "wesentlichen Beeinträchtigung der Teilhabefähigkeit an der Gesellschaft", wenn er sie mit einer Behandlungsbedürftigkeit seiner Drogensucht gleichsetzt. Nicht schon deshalb, weil eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt, ist der erkrankte Mensch wesentlich an seiner Teilhabemöglichkeit beeinträchtigt. Dies wird im vorliegenden Fall auch belegt durch die nachvollziehbare und überzeugende Beurteilung des Sachverständigen Dr. H., der angesichts einer nach seiner Auffassung noch bestehenden Behandlungsnotwendigkeit der Drogensucht des Klägers verneint hat, dass beim Kläger vom Vorliegen einer "wesentlichen Behinderung" im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII auszugehen ist. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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