L 1 AL 6/11 B

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 17 AL 225/10
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 1 AL 6/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Sofern sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für die genaue Bestimmung des Streitwerts finden lassen, sich jedoch aus dem Klagevorbringen das wirtschaftliche Interesse durch einen maximalen Wert begrenzen lässt, ist jedenfalls dann aus Billigkeitsgründen ausgehend von diesem fiktiven Maximalwert der Streitwert festzusetzen, wenn dieser Wert unterhalb des Auffangstreitwertes in § 52 Abs. 2 GKG liegt.
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 15.12.2010 – S 17 AL 225 /10 – abgeändert.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Sozialgericht wird auf 600,70 Euro festgesetzt.

2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ( § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 68 Abs. 1 und 2 sowie 66 Abs. 6 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) ) gegen die Festsetzung des Streitwerts durch Beschluss des Sozialgerichts Koblenz (SG) vom 15.12.2010 ist begründet.

Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass es bei der vorliegenden Klage gegen den Arbeitgeber auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) einer Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des GKG bedurfte. Da die Beteiligten nicht dem Personenkreis des § 183 SGG zuzuordnen gewesen sind, kommt unter Berücksichtigung der Vorschrift in § 197a SGG das GKG zur Anwendung und es ist eine Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG erforderlich (siehe auch Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2008, Az.: L 16 B 426/07 AL sowie SG Hamburg, Urteil vom 27.04.2006, Az.: S 60 AL 2074/01, zit. bei Juris).

Der Streitwertbeschluss des SG ist vorliegend jedoch abzuändern und der Streitwert lediglich auf einen Betrag von 600,70 Euro festzusetzen.

Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung und deren Auswirkungen. Dabei ist nicht auf den Prozesserfolg abzustellen, sondern auf den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch. Im konkreten Fall richtet sich die Klage auf die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III, mit der ein Gesamt-Brutto-Verdienst für den Zeitraum vom 16.02. 15.06.2010 in Höhe von 6006,87 Euro bescheinigt wurde. Die von dem Kläger verlangte Korrektur betrifft hierbei auch nicht die Höhe des bescheinigten Bruttoverdienstes, sondern allein die Angaben des Arbeitgebers bezüglich arbeitsvertragswidrigen Verhaltens des Klägers.

Auch wenn sich nach dem aus der Akte ergebenden Sachverhalt unklar bleibt, ob der Kläger im Anschluss an die erstrebte korrigierte Arbeitsbescheinigung Arbeitslosengeldansprüche geltend machen möchte, ist das ermittelbare Klagebegehren und das hiermit verbundene wirtschaftliche Interesse eingrenzbar, so dass nach Ansicht des Gerichts eine Bestimmung des Streitwertes nach dem lediglich subsidiär eingreifenden Auffangwert in § 52 Abs. 2 GKG - wie sie durch das SG erfolgt ist als unbillig und nicht sachgerecht anzusehen ist (siehe zur Subsidiarität: Dörndorfer im Kommentar zum GKG und JVEG von Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, 2007, § 52 Rz.: 6, Kommentar zu den Kostengesetzen von Hartmann, 40. Aufl., § 52, Rz.: 20 ff sowie Kommentar zum GKG von Meyer, 9. Aufl., § 52, Rz.: 22).

Nach der genannten Vorschrift in § 52 Abs. 2 GKG ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro nur dann anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet.

Das Begehren des Klägers bietet jedoch hinreichende Anhaltspunkte, um zumindest sein maximal erkennbares wirtschaftliches Interesse nach billigem Ermessen bestimmen zu können. Da eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III - wie sich auch aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift ergibt dazu dient, gegenüber der Agentur für Arbeit die für eine Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosen- oder Übergangsgeld erheblichen Tatsachen darzulegen, lässt sich das mit der Ausstellung einer solchen Bescheinigung relevante wirtschaftliche Interesse im Normalfall relativ einfach bestimmen. Wenn wie im vorliegenden Fall sämtliche übrige Eckdaten fehlen, um den mit der Bescheinigung zu erlangenden Anspruch auf Arbeitslosen- oder Übergangsgeld genauer bestimmen zu können, lässt sich das Interesse jedoch insoweit negativ abgrenzen, als ein mit der Bescheinigung verfolgter entsprechender Leistungsanspruch in keinem Fall den genannten Bruttoverdienstbetrag erreichen kann.

Unter Hinweis auf die bisherige Rechtssprechung des Senats (siehe Beschluss vom 23.03.2009, Az.: L 1 AL 25/09 B, zit. bei Juris sowie unter C I 11. des Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit (StreitwKat SozGb), Stand April 2009) ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Streitwert der Klage auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III nicht als identisch mit der mittelbar durch die Berichtigung erstrebten (ungekürzten) Leistungsgewährung angesehen werden kann. Das Berichtigungsbegehren ist hiernach vielmehr einem Begehren auf Auskunftserteilung vergleichbar, weshalb der Streitwert nur mit 1/10 des mittelbar verfolgten Anliegens angesetzt werden kann.

Legt man diese Maßstäbe zu Grunde, kann bei einem mittelbar verfolgten Begehren, das einen Wert von 6.006,87 Euro nicht erreichen kann, nur von einem Berichtigungsbegehren in Höhe von maximal 600,70 Euro (≈ 6006,87 Euro: 10) ausgegangen werden.

Selbst wenn der Streitwert auf diese Weise nur annährungsweise und von Maximalwerten ausgehend bestimmt worden ist, wäre es nach Auffassung des Gerichts unbillig und sachlich nicht zu rechtfertigen, von dem deutlich höheren Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG auszugehen, obwohl hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein solchermaßen festgesetzter Streitwert erkennbar deutlich über dem mit der Klage maximal verfolgten wirtschaftlichen Interesse des Klägers liegt.

Sofern der Kläger mit der Beschwerde nur eine herabgesetzte Streitwertfestsetzung von 5.000 Euro auf 1.500 Euro begehrt (siehe Beschwerdeschrift vom 03.01.2011, Bl. 51 d. Gerichtsakte), ist das Gericht an diesen Antrag nicht gebunden, zumal es auch von Amts wegen gehalten ist, die Entscheidung des Vorgerichts zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern, auch wenn dies im Einzelfall zum Nachteil des Beschwerdeführers erfolgen müsste (siehe Entscheidung d. BSG vom 05.10.2006 (Az.: B 10 LW 5/05 R) sowie B 1.8; B 11.1 und B 11.2 d. StreitwKat SozGb und Kommentar zu den Kostengesetzen von Hartmann, 40. Aufl., § 68 GKG, Rz.: 17 + 19 m.w.Nachw. sowie Oestreich im Loseblatt-Kommentar zum GKG/FamGKG, 78. Aufl., St.: Sept. 2010, § 68 GKG, Rz. 16a).

Nach § 68 Abs. 3 GKG ist das Beschwerdeverfahren gebührenfrei. Gleichfalls sind nach der genannten Vorschrift Kosten nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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