L 4 R 5110/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 198/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5110/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. Mai 2012.

Der am 1962 geborene Kläger brach nach seinen Angaben eine im November 1981 begonnene Ausbildung als Tankwart wegen Krankheit im Dezember 1981 ab. Er absolvierte von Dezember 1984 bis Oktober 1986 einen Grundausbildungslehrgang bei einem Berufsbildungszentrum und war von 1987 bis 15. August 1997 versicherungspflichtig als Verkäufer von Autoradios (mit Einbau), Fahrer und Lagerarbeiter sowie Kassierer an einer Tankstelle beschäftigt.

Der Kläger leidet seit 1980 an einer entzündlichen Darmerkrankung (Morbus Crohn), in deren Verlauf sich seit 1988 mehrmals Abszesse und Perianalfisteln bildeten. Arbeitsunfähigkeit bestand ab 16. Juli 1997. Im Oktober 1997 erfolgte die Versorgung mit einem Anus praeter (künstlicher Darmausgang). Die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) bewilligte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 30. Juni 2000 (Bescheid vom 26. April 1999). Auf Anträge des Klägers zahlte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter bis 30. Juni 2001. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über diesen Zeitpunkt hinaus sowie eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen, lehnte sie ab (Bescheid vom 1. Oktober 2001).

Nach einer Berufsfindung und Arbeitserprobung im Jahr 2002 sowie einem Rehabilitationsvorbereitungslehrgang absolvierte der Kläger vom 16. Januar 2003 bis 19. November 2004 eine von der Beklagten als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligte Ausbildung zum IT Systemelektroniker (Abschlusszeugnis vom 19. November 2004). Ab 20. November 2004 war der Kläger unterbrochen von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem Call Center vom 24. Januar bis 23. Februar 2005 arbeitslos gemeldet und bezog Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, seit 1. Juni 2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Der Kläger beantragte am 16. November 2005 Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Dezember 2005 und Widerspruchsbescheid vom 30. März 2006 ab. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage (S 10 R 1274/06). Auf die Klage erwiderte die Beklagte u.a. mit der Vorlage der Stellungnahme des Internisten/Sozialmediziner L. vom 14. September 2006, in der dieser u.a. ausführte, der Wechsel der Anus praeter-Platten erfolge im häuslichen Rahmen. Am potentiellen Arbeitsplatz stehe dem Kläger für solche Fälle ebenso wie für den Wechsel des Beutel eine abschließbare, nur von ihm benutzbare Toilette zur Verfügung. Auf Veranlassung des SG erstattete Internist/Gastroenterologe Dr. G. das Gutachten vom 20. April 2007. Er empfahl einen operativen Eingriff mit einer Rektumamputation sowie einer neuen Anlage des Ileostoma (Anus praeter im Bereich des Ileums) und versprach sich davon eine deutliche Reduzierung des noch bestehenden Entzündungs- und potentiellen Entartungsrisikos im Enddarmbereich. Mit gerichtlichem Vergleich vom 16. Oktober 2007 erkannte die Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 23. Dezember 2005 und des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2006 den Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, ausgehend von einem Leistungsfall mit der Antragstellung für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2009 an. Diesen Vergleich führte sie mit Bescheid vom 6. November 2007 aus. Der von Dr. G. empfohlene operative Eingriff wurde nicht durchgeführt.

Der Kläger beantragte am 10. Februar 2009, die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterzuzahlen und legte den Befundbericht der Ärztin für Allgemeinmedizin E. vom 3. Februar 2009 vor. Der Kläger sei durch den (reizlos einliegenden) Anus praeter besonders bei gehäuften Durchfällen behindert. Internist Dr. B. erstattete das Gutachten vom 21. April 2009. Der Morbus Crohn sei bei Zustand nach Ileozökalresektion und subtotaler Colectomie bereits seit längerem völlig blande, ebenso die Narbenverhältnisse. Es sei keinerlei Crohn-spezifische Medikation mehr erforderlich. Seit fünf Jahren träten keine Fistelungen oder Abszedierungen mehr auf. Es lägen keine bewegungseinschränkenden Strikturen, Hautreizungen oder sonstige entzündliche Veränderungen in den Narbenbereichen vor. Zu der anlässlich der Untersuchung gemachten Behauptung des Klägers, das ein- bis zweimal wöchentlich erforderliche Wechseln der Anus praeter-Platte sei aufwändig und dauere zwischen 20 Minuten und drei Stunden, sei anzumerken, dass die Anus praeter-Platte zweimal wöchentlich im Stehen oder Sitzen gewechselt werde und dies ca. zehn bis 20 Minuten, bei 80-jährigen Patienten maximal bis zu 30 Minuten dauere. Hygienische Probleme entstünden nicht, da es entsprechende Sets mit Tüchern und Handschuhen gebe. Ein Wechsel der Platten in einer üblichen abschließbaren Toilette (öffentliche Toilette oder in Kneipen) oder auf Reisen sei kein Problem. Benötigt werde lediglich ein Waschbecken und ein Mülleimer, nicht aber eine separate abschließbare Toilette. Als weitere Gesundheitsstörungen bestünden ein Übergewicht, eine Hypertriglyceridämie, eine Hyperuricämie, eine Belastungshypertonie, ein Schulter-Arm-Syndrom links bei Zustand nach Schulterluxation, ein kariöses Gebiss, ein Nikotinabusus, eine Cholecystolithiasis sowie ein Zustand nach Nephrolithiasis. Der Kläger klage auch über Arthralgien ohne funktionelles Defizit. Dem Kläger sollten dauerhaft keine Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Bücken oder Hocken, Hitzebelastung, Unerreichbarkeit einer Toilette oder dauernde Überkopfarbeiten abverlangt werden. Unter Berücksichtigung dessen sei der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig nur noch für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten einsetzbar. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Aufgrund der erfreulichen signifikanten Besserung des Krankheitsverlaufes sei ein Fortbestehen einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung nicht begründbar. Die Beklagte lehnte den Antrag auf wiederholte Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab (Bescheid vom 24. April 2009).

Der Kläger erhob Widerspruch. Unter Verweis auf das (vorgelegte) Attest der Ärztin E. machte er geltend, wegen seines Persönlichkeitsrechtes sei eine eigene persönliche Toilette für ihn notwendig. Ärztin E. gab an, sie sei sich sicher, der Kläger habe gute Übung in der Durchführung des Wechsels des Stomabeutels. Wegen auftretender Verschmutzungen des flüssigen Beutelinhalts sei eine abschließbare Toilette mit eigenem Waschbecken notwendig. Unter den üblichen Bedingungen mit WC-Kabinen und Waschgelegenheit außerhalb müsse der Kläger ständig damit rechnen, dass Kollegen hinzukämen, wenn er sich abwasche. Dr. B. blieb bei seiner Beurteilung (Stellungnahme vom 8. September 2009), der Chirurg Dr. Graf zustimmte (Stellungnahme vom 27. Oktober 2009). Die Widerspruchsstelle der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2009). Die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den Sozialmedizinischen Dienst, dem Kläger seien leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung der von Dr. B. genannten Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich möglich und eine Toilette müsse in erreichbarer Nähe sein, sei schlüssig und nachvollziehbar.

Der Kläger erhob am 18. Januar 2010 Klage beim SG und wiederholte die Begründung seines Widerspruchs.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage der Stellungnahme der Internistin Dr. Pfister vom 14. Mai 2010, die sich der Auffassung von Dr. B. anschloss, entgegen.

Ärztin E. gab in ihrer Auskunft als sachverständige Zeugin vom 20. April 2010 an, der Kläger sei durch die chronisch-entzündliche Darmerkrankung und die daraus resultierenden Folgen körperlich und seelisch deutlich beeinträchtigt. Bei ihm liege eine psychosoziale Anpassungsstörung vor. Schon der Gedanke daran, Kollegen könnten sein (des Klägers) Stigma sehen oder riechen und man könnte schlecht über ihn reden und ihn ausgrenzen, führe zu einer Zunahme der Angst bei ihm. Er habe im Umgang mit dem Stoma eine gewisse Routine entwickelt und in der Regel trete weder eine Verschmutzung noch eine merkliche Geruchsbelästigung auf. Nach ihrer Einschätzung sei auch bei großer Routine ein Set mit Einmaltüchern und Handschuhen nicht die Lösung, wenn keine Rückzugsmöglichkeit bestehe. Ihrer Auskunft fügte sie Arztbriefe bei, u.a. den Bericht der Psychologischen Ambulanz der Universität Mannheim vom 3. April 2007, wonach eine Therapie wegen einer Anpassungsstörung voraussichtlich im Mai 2007 beginne, sowie den Kurzbericht der Verhaltenstherapeutischen Ambulanz vom 25. Juni 2007, wonach der Kläger sich in der Probatorik befinde.

Das SG hörte den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2010 an und wies mit Urteil vom selben Tag die Klage ab. Die Erkrankungen des Klägers seien nicht derart ausgeprägt, dass eine Einschränkung der arbeitstäglichen Leistungsfähigkeit zu bejahen wäre. Es schließe sich den Ergebnissen der schlüssig und nachvollziehbar begründeten sowie in sich stimmigen Leistungsbeurteilung des Dr. B. an. Der Kläger sei auch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes einer Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Es fehlten Anhaltspunkte, dass er wegen seines Stoma auf eine besondere Ausstattung seines Arbeitsplatzes oder besondere Arbeitspausen angewiesen sei. Auch aufgrund der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei nicht ersichtlich, inwiefern die Leerung des Stomabeutels zu ungewöhnlichen Unterbrechungen im Arbeitsablauf führen solle bzw. separate Räumlichkeiten erforderlich mache. Denn ganz offensichtlich sei es dem Kläger in der Vergangenheit gelungen, die Leerung des Beutels auch mit Tüchern vorzunehmen. Es erscheine zumutbar, dass sich der Kläger auf eine Toilette, gegebenenfalls eine Behindertentoilette, zurückziehe, in einer Toilettenkabine einschließe und nach Säuberung des Stomabeutels mit trockenen oder feuchten Tüchern diese in den vorhandenen Mülleimer werfe. Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bereitstellung von Räumlichkeiten, die nur vom Kläger genutzt werden könnten, seien nicht ersichtlich.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 7. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. November 2010 Berufung eingelegt und begehrt Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. Mai 2012. Das SG sei nicht auf die psychosozialen Aspekte (separate Rückzugsmöglichkeit) eingegangen und habe sein (des Klägers) Persönlichkeitsrecht nicht gewürdigt. Er leide an einer psychosozialen Anpassungsstörung. Er sei auf eine separate Toilette angewiesen, so dass ihm der Arbeitsmarkt verschlossen und er als erwerbsunfähig anzusehen sei. Eine psychologische Behandlung sei im April 2007 beendet worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. September 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. Juni 2009 bis 31. Mai 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. Mai 2012. Denn der Kläger ist nicht erwerbsgemindert.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Beim Kläger besteht eine entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn), in deren Verlauf sich seit 1988 mehrmals Abszesse und Perianalfisteln bildeten. Im Oktober 1997 erfolgte die Versorgung mit einem Anus praeter. Der Morbus Crohn ist nicht aktiv. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. B. vom 21. April 2009, das der Senat urkundenbeweislich verwerten kann, auf entsprechende Angaben des Klägers. Gegenüber Dr. B. gab der Kläger auch an, sich seit 1999 nicht mehr bei einem Gastroenterologen vorgestellt zu haben. Aus der Auskunft der Ärztin E. gegenüber dem SG ergibt sich insoweit nichts Abweichendes. Eine Veränderung insoweit hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht behauptet und eine solche ist aus den vorliegenden Akten auch nicht erkennbar.

Der Senat kann nicht feststellen, dass die vom Kläger behauptete Anpassungsstörung besteht. Eine aktuelle fachärztliche Behandlung erfolgt nicht. Eine deswegen erfolgte psychologische Behandlung endete nach Angaben des Klägers im April 2007.

Die entzündliche Darmerkrankung führt nicht zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden und mehr unter den von Dr. B. genannten qualitativen Einschränkungen zu verrichten. Wie das SG folgt auch der Senat der schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung des Dr. B. im Gutachten vom 21. April 2009. Der ein- bis zweimal wöchentlich notwendige Wechsel des Stomabeutels kann so gelegt werden, dass dieser Wechsel außerhalb der Arbeitszeiten erfolgt. Das mehrmals am Tag notwendige Entleeren des Stomabeutels kann auf einer (Behinderten-)Toilette erfolgen. Toiletten hat jeder Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Wenn ein Arbeitgeber Menschen mit Behinderungen beschäftigt, hat er nach § 3a Abs. 2 Arbeitsstättenverordnung in der seit 27. Juli 2010 geltenden Fassung der Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2006/25/EG zum Schutz der Arbeitnehmer vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung und zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen vom 19. Juli 2010 (BGBl. I, S. 960), zuvor § 3 Abs. 2 Arbeitsstättenverordnung, Arbeitsstätten so einzurichten und zu betreiben, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigt werden (Satz 1). Dies gilt insbesondere für die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie von zugehörigen Türen, Verkehrswegen, Fluchtwegen, Notausgängen, Treppen, Orientierungssystemen, Waschgelegenheiten und Toilettenräumen (Satz 2). Eine Behindertentoilette ist nach den eigenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des SG für Notversorgung ausreichend. Dass der Wechsel oder das Entleeren des Stomabeutels keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht begründen, wird dadurch bestätigt, dass der Kläger mit der bestehenden Darmerkrankung und ihren Folgen die als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligte Ausbildung zum IT-Systemelektroniker absolvieren konnte. Aus den in der Reha-Akte der Beklagten enthaltenen Berichten über diese Ausbildung ist nicht erkennbar, dass es während dieser Ausbildung wegen des Wechsels des Stomabeutels oder sonst wegen des Aufsuchens der Toiletten zu Problemen kam. Der Kläger hat solches auch nicht behauptet. Gleiches gilt auch für die kurze Beschäftigung in einem Callcenter. Zudem bestätigte Ärztin E., dass der Kläger im Umgang mit dem Stomabeutel geschickt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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