Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 5181/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5491/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24. September 2009 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1953 geborene Kläger hat eine Lehre zum Maler abgebrochen und war anschließend ab 1969 als Maler, Gipser, Maurer und Färber sowie ab November 1992 als Lagerarbeiter beschäftigt.
Im April 1995 beantragte der Kläger erstmals die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.02.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.1996 ab. Zwar habe in der Zeit vom 17.01.1994 bis 23.05.1995 Erwerbsunfähigkeit vorgelegen, ein Rentenanspruch habe jedoch wegen des Anspruchs auf Übergangsgeld nicht bestanden.
Am 25.10.1999 beantragte der Kläger, der von August 1997 an als Hilfstechniker beschäftigt war, erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Mit Bescheid vom 22.12.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 20.08.1999, ausgehend von einem Leistungsfall vom 07.05.1999. Grundlage hierfür war ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. C. vom 10. Dezember 1999. Dieser hatte beim Kläger ein rezidivierendes Vorhofflattern, Zustand nach Elektrokardioversion 1994, 1998 und 1999, jetzt Sinusrhythmus, eine dilative Cardiomyopathie ohne Herzinsuffizienz, eine Achillessehnenruptur links 5/97, eine Achillessehnenplastik 11/98 mit bleibender Funktionsbeeinträchtigung der Wadenmuskulatur sowie eine Dauerantikoagulation diagnostiziert und ausgeführt, angesichts der erheblichen Verschlechterung im Krankheitsverlauf seit der Vorbegutachtung im Jahr 1996 sei der Kläger jetzt nicht mehr in der Lage, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Derzeit könne der Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten zweistündig bis unter halbschichtig überwiegend im Sitzen, ebenerdig, ohne Klettern oder Steigen, Hocken, Bücken, schweres Heben und Tragen verrichten. Außerdem sei wegen der Einnahme von Marcumar ein erhöhtes Verletzungsrisiko zu vermeiden. Die Prognose sei unsicher, nach dem bisherigen Verlauf sei damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit wieder Vorhofflimmern auftrete, was bei Persistenz zu einer weiteren Verschlechterung des Leistungsvermögens führen würde. Im Hinblick auf das Alter des Versicherten empfehle er eine Befundanfrage beim Hausarzt in etwa zwei Jahren. Im Rahmen einer Rentenüberprüfung ließ die Beklagte den Kläger auf orthopädischem (Dr. S.), neurologisch-psychiatrischem (Dr. Sch.) und internistischem Gebiet (MDR L.) begutachten. Nach Anhörung des Klägers entzog die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.05.2002 die bisher gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zum 30.06.2002. Widerspruch und Klage hiergegen hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23.09.2002, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts [SG] Freiburg vom 19.01.2006 - S 9 R 3063/02). Die hiergegen eingelegte Berufung (L 2 R 698/06) nahm der Kläger am 06.04.2006 wieder zurück. Im Rahmen des Klageverfahrens hatte das SG ein internistisches Gutachten bei Prof. Dr. F. von September 2003 sowie zwei Gutachten auf nervenärztlichem bzw. psychiatrischem Fachgebiet eingeholt. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. diagnostizierte im Gutachten vom Dezember 2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom April 2005 eine psychische Beeinträchtigung reaktiv-depressiver Art, möglicherweise auch einen vorzeitig einsetzenden zerebralen Alterungsprozess und konnte eine somatoforme Ausgestaltung der Herzerkrankung nicht ausschließen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen hielt er acht Stunden täglich für möglich. Der Neurologe und Psychiater Dr. D., der auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehört worden war, diagnostizierte im Gutachten vom Oktober 2005 eine leichte Anpassungsstörung und hielt vollschichtige Tätigkeiten ebenfalls für zumutbar.
Am 12.04.2006 beantragte der Kläger, der seit Ende des Rentenbezugs arbeitslos war, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Beiziehung eines Befundberichts des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom April 2006 und eines Arztbriefes des Psychiaters Dr. M. vom Mai 2006 sowie Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. C. lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 06.06.2006 ab. Den Widerspruch wies sie nach Einholung einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. C. mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 19.10.2006 Klage zum SG (S 11 R 5181/06) erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und sodann Gutachten auf nervenärztlichem und internistischem Gebiet eingeholt.
Der Orthopäde Dr. B. hat im Februar 2007 mitgeteilt, er habe den Kläger in der Zeit vom 01.12.2005 bis 09.02.2006 dreimal behandelt. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger sechs Stunden täglich verrichten. Dr. L. hat angegeben, der kardiologische Befund sei in letzter Zeit stabil; nunmehr stünden die psychischen Störungen und Depressionen im Vordergrund, weswegen der Kläger leichte Tätigkeiten nur unter sechs Stunden täglich verrichten könne (Auskunft vom Februar 2007). Der Orthopäde Dr. F. hat leichte Tätigkeiten von sechs Stunden und mehr nicht ausgeschlossen. Die Ärztin für innere Krankheiten und Kardiologie Dr. K. hat im Mai 2007 erklärt, aus kardiologischer Sicht sei der Kläger nicht gehindert, täglich sechs Stunden zu arbeiten. Es sollte jedoch auch die psychische Situation berücksichtigt werden. Der Psychiater Dr. M. hat im Juni 2007 mitgeteilt, er behandle den Kläger seit Mai 2006. Der Kläger sei in seinem Belastungs- und Durchhaltevermögen so beeinträchtigt, dass er auch eine leichte körperliche Berufstätigkeit über einen längeren Zeitraum nicht durchhalten könne. Nach seinen Angaben sei er schon nach zwei- bis dreistündiger leichter Haushaltstätigkeit vollkommen erschöpft.
Prof. Dr. E. hat im von Amts wegen eingeholten psychiatrischen Gutachten vom 10.10.2007 beim Kläger eine Dysthymia diagnostiziert. Er ist zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten, ohne schwierige oder mittelschwierige Tätigkeiten geistiger Art, ohne vermehrten Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Dr. W. hat im internistischen Gutachten vom 25.01.2008 ausgeführt, beim Kläger bestehe ein Zustand nach durchgemachter schwerer Virusmyocarditis 1993/94 mit damals schwerer linksventrikulärer Funktionsstörung und Vorhofflimmern mit absoluter Arhythmie. Dieser Herzbefund habe sich im Laufe der Jahre nahezu normalisiert; es liege jetzt nur noch eine grenzwertige enddiastolische Größe des linken Ventrikels vor. Die reduzierte körperliche und geistige Belastbarkeit beruhe auf dem depressiven Syndrom, auf Trainingsmangel und deutlich fehlendem Selbstvertrauen. Auch unter Berücksichtigung des depressiven Syndroms und der Dysthymia seien körperlich leichte Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr möglich.
Auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Dr. G., Arzt für innere und psychosomatische Medizin, Chefarzt der Reha-Klinik G., mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat beim Kläger im psychosomatischen Gutachten vom 14.07.2008 folgende Diagnosen gestellt: Schwergradige chronifizierte depressive Episode, funktionell kardiovaskuläres Syndrom, posttraumatische Belastungsstörung, periphere Polyneuropathie und Verdacht auf ein obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nur noch drei bis weniger als sechs Stunden täglich verrichten. Spätestens nach 90-minütiger Arbeitszeit sollte eine 15-minütige Pause möglich sein. Der Arbeitsweg sollte zu Fuß nicht länger als 15 bis 20 Minuten betragen. Längere Pendelwege mit öffentlichen Verkehrsmitteln könne der Kläger nicht zurücklegen. Wegen seines Vermeidungsverhaltens und der massiven herzbezogenen Ängste werde der Kläger vermutlich keine öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Begleitung seiner Frau benutzen können. Die Leistungseinschränkung bestehe vermutlich seit der letzten gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die Ärztin für Psychiatrie Dr. H. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.08.2008 dargelegt, gegen eine schwere Ausprägung der chronifizierten depressiven Störung spreche, dass zwischen der Begutachtung durch Prof. Dr. E. und Dr. G. keine Intensivierung der Behandlungsmaßnahmen stattgefunden habe und der Kläger in der Lage sei, mit den wesentlichen Anforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Nicht nachvollziehbar sei die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der Leistungsbeurteilung könne nicht gefolgt werden.
Das SG hat daraufhin Dr. S., Arzt für Psychiatrie und Psychosomatische Medizin, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 22.04.2009 folgende Diagnosen gestellt: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischen Symptomen, somatoforme Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems und Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, subklinisch. Der Kläger sei nur noch in der Lage, körperliche leichte Arbeiten ohne besondere seelische Beanspruchung, ohne Publikumsverkehr, ohne Schichtarbeiten und ohne Leistungsdruck bis zu vier Stunden täglich zu verrichten. Eine mehr als vierstündige Arbeitszeit würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die eingeschränkten Ressourcen des Klägers überfordern und zu einer erneuten psychischen Destabilisierung führen. Bezüglich des Weges zur Arbeit bestünden keine Einschränkungen.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.05.2009 hierzu hat Dr. H. ausgeführt, die gutachterliche Begründung, dass eine mehr als vierstündige Arbeitszeit mit hoher Wahrscheinlichkeit die eingeschränkten Ressourcen des Klägers überfordere und zu einer erneuten psychischen Destabilisierung führen würde, sei spekulativ. Aus psychiatrisch-sozial-medizinischer Sicht spreche weiterhin nichts gegen ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 17.07.2009 hat Dr. S. an seiner Beurteilung festgehalten, dass der Kläger derzeit nicht in der Lage sei, eine mehr als sechsstündige Tätigkeit zu verrichten, wobei es sinnvoll wäre, den Kläger einer Arbeitstrainingsmaßnahme zuzuführen, um zu beurteilen, inwieweit er bereit sei, seine Arbeitsfähigkeit unter relativ realen Bedingungen überprüfen zu lassen und seine Leistungsfähigkeit zu steigern.
Mit Urteil vom 24.09.2009 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2006 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.04.2006 bis 31.03.2009 und 01.04.2009 bis 31.03.2010 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger leide unter einer rezidivierenden depressiven Störung bei gegenwärtig mittelgradiger Episode mit somatischen Symptomen und einer somatoformen autonomen Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems. Außerdem bestünden Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, subklinisch. Auf Grund der auf psychiatrischem Gebiet vorliegenden Erkrankungen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers erheblich eingeschränkt. Auch insoweit folge das SG der überzeugenden Schlussfolgerung des Sachverständigen Dr. S ... Der Kläger sei nicht in der Lage, regelmäßig eine mehr als vierstündige Tätigkeit auszuüben. Auf Grund der Verschlossenheit des Arbeitsmarkts stehe dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu. Bei der Befristung bis zum 31.03.2010 werde der erforderlichen Zeitdauer für die Durchführung der im Falle der Erkrankung des Klägers gebotenen therapeutischen Maßnahmen Rechnung getragen.
Gegen das ihr am 16.11.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.11.2009 Berufung eingelegt und unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vorgetragen, zunächst sei zu beanstanden, dass sich weder aus dem Tenor des Urteils noch aus den Entscheidungsgründen ergebe, wann nach Auffassung des SG der Leistungsfall eingetreten sein solle. Auch in sachlicher Hinsicht vermöge das Urteil nicht zu überzeugen. Das SG stütze seine Entscheidung auf das Gutachten von Dr. S ... Hierzu habe Dr. H. ausgeführt, das Gutachten sei nicht schlüssig, da der Gutachter seine Leistungsbeurteilung offenbar auf die subjektiven Angaben des Klägers stütze, ohne diese auf Plausibilität zu prüfen, und vor dem Hintergrund des langjährigen Rentenwunsches, der Aggravationstendenzen und der Verweigerung einer adäquaten Behandlung diese kritisch zu hinterfragen. Hierauf sei das SG - außer in einem einzigen Satz - überhaupt nicht eingegangen. Das Gutachten von Dr. S. sei nicht geeignet, eine Erwerbsminderung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu beweisen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 16.11.2009 zugestellte Urteil am 05.05.2010 Anschlussberufung eingelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.09.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 24.09.2009 zu verurteilen, ihm über den 31.03.2010 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.
Er erwidert, das Urteil des SG sei rechtmäßig. Das Gutachten von Dr. S. sei sehr wohl geeignet, eine verminderte zeitliche Leistungsfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu belegen. Die von Dr. S. erhobenen und auf ihre Plausibilität überprüften Befunde sprächen sehr wohl für ein zeitlich herabgesetztes Leistungsvermögen. Die Anschlussberufung werde damit begründet, dass Dr. S. geäußert habe, angesichts seiner Persönlichkeitsstruktur und Dauer der Symptomatik sei nicht mit einer tiefgreifenden Besserung des Zustandsbildes zu rechnen. Auf Grund dessen sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Dauerrente vorlägen. Der Kläger hat einen Arztbrief des Herzzentrums Bad K. vom 03.09.2009 (erfolgreiche elektrische Kardioversion am 03.12.2009 bei Rezidiv von Vorhofflimmern) vorgelegt.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Psychiater Dr. M. hat am 28.07.2010 erklärt, seit Dezember 2008 sei im Gesundheitszustand des Klägers keine wesentliche dauerhafte Verschlechterung eingetreten.
Die Ärztin für innere Medizin und Kardiologie Dr. K. hat am 09.08.2010 mitgeteilt, seit 2007 sei keine bedeutsame Veränderung eingetreten. Wegen eines intermittierenden Vorhofflimmerns sei eine erfolgreiche Kardioversion im Dezember 2009 durchgeführt worden. Insgesamt sei die kardiale Situation stabil.
Der Kläger hat einen Arztbrief von Dr. K. vom 04.10.2010 (Rezidiv von Vorhofflimmern, Empfehlung einer weiteren Kardioversion) vorgelegt.
Die Internistin Dr. P. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.10.2010 ausgeführt, das intermittierende Vorhofflimmern könne entweder elektrisch oder medikamentös konvertiert werden. Selbst wenn es persistieren würde, würde das zu keiner Erwerbsminderung führen.
Die Beteiligten habe sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Anschlussberufung des Klägers ist ebenfalls zulässig.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet; die Anschlussberufung des Klägers ist dagegen nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger vom 01.04.2006 bis 31.03.2010 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als 6 Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der Gutachten von Dr. W. und Dr. Sch., Dr. B., Dr. D. und Prof. Dr. E ...
Der Kläger leidet im Wesentlichen unter Erkrankungen auf internistischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet, wobei inzwischen die Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet im Vordergrund stehen. Diese Erkrankungen schließen auch bei einer Gesamtbetrachtung körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von 6 Stunden arbeitstäglich nicht aus. Dies ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Dr. W. vom Januar 2008, den sachverständigen Zeugenaussagen der Internistin und Kardiologin Dr. K. vom Mai 2007 und August 2010 sowie der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. P. von Oktober 2010 und den neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. B. von Dezember 2004/April 2005, Dr. D. von Oktober 2005 und Prof. Dr. E. vom Oktober 2007. Soweit hiervon abweichend Dr. G. und Dr. S. - ohne wesentlich abweichende Befunde und ohne wesentliche Verschlimmerung - ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen annehmen, fehlt es hierfür an einer den Senat überzeugenden Begründung.
Auf internistischem Gebiet liegt beim Kläger ein Zustand nach Virusmyokarditis 1993/1994 mit damals schwerer linksventrikulärer Funktionseinschränkung und Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie vor. Mittlerweile hat sich der kardiologische Befund stabilisiert, und Dr. W. hat beim Kläger im Oktober 2007 eine nahezu normale linksventrikuläre Funktion bei enddiastolisch grenzwertiger Größe des linken Ventrikels festgestellt. Seit der gutachterlichen Untersuchung ist eine wesentliche Änderung nicht eingetreten, wie Dr. K. im August 2010 dem Senat bestätigt hat. Das intermittierend aufgetretene Vorhofflimmern wurde im Dezember 2009 erfolgreich durch Kardioversion behoben. Bei dem erneut im Oktober 2010 aufgetretenen Vorhofflimmern ist eine erneute Kardioversion geplant. Für den Senat nachvollziehbar und überzeugend hat Dr. P. ausgeführt, dass das Vorhofflimmern elektrisch oder medikamentös konvertiert und - wie schon zuvor - in einen Sinusrhythmus überführt werden kann.
Aufgrund der Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet ergeben sich qualitative, nicht jedoch quantitative Einschränkungen. Nach den den Senat überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. W., die auch im Einklang stehen mit den Äußerungen der behandelnden Kardiologin und der als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbaren Stellungnahme von Dr. P., kann der Kläger leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde 6 Stunden täglich verrichten. Nicht mehr zumutbar sind schwere körperliche Arbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, in Kälte, Nässe, bei starken Temperaturschwankungen, unter Einwirkung von Gasen und Dämpfen sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten.
Auf nervenärztlichem Gebiet liegt beim Kläger nach Überzeugung des Senats ein depressiv-ängstliches Syndrom bzw. eine fluktuierende rezidivierende depressive Störung vor. Eine von Dr. G. diagnostizierte schwergradige chronifizierte depressive Episode vermag der Senat beim Kläger nicht festzustellen. Hiergegen spricht - wie Dr. H. in der Stellungnahme vom 13.08.2008 nachvollziehbar dargelegt hat -, dass beim Kläger die Alltagstrukturierung noch erhalten ist und seit der Begutachtung durch Prof. Dr. E. keine Intensivierung der Behandlungsmaßnahmen und auch keine Behandlung in einer psychiatrischen Fachklinik erfolgt ist. Darüber hinaus geht Dr. G. davon aus, dass die von ihm dargelegten Einschränkungen vermutlich schon seit der gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente bestünden und mit hoher Wahrscheinlichkeit schon damals eine depressive Störung bestanden habe, die möglicherweise noch nicht ganz so schwerwiegend wie nunmehr ausgeprägt gewesen sei. Hierbei übersieht er, dass die Rentengewährung allein aufgrund des internistischen Befundes erfolgte und die nervenärztlichen Gutachten von Dr. Sch. (März 2002), Dr. B. (Dezember 2004), Dr. D. (Oktober 2005) und Prof. Dr. E. (Oktober 2007) keine psychischen Beeinträchtigungen ergeben haben, die zu einer Minderung des Leistungsvermögen auf unter 6 Stunden täglich geführt hätten. Dr. Sch. hat überhaupt keine neurologisch-psychiatrischen Auffälligkeiten feststellen können. Dr. B. hat Anpassungsstörungen mit längerzeitiger depressiver Reaktion und Dr. D. hat eine leichte Anpassungsstörung diagnostiziert. Prof. Dr. E. hat eine Dysthymia festgestellt. Eine psychiatrische Behandlung erfolgt erst seit Mai 2006 mit einem niedrig dosierten tetrazyklischen Antidepressivum. Soweit Dr. G. die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung stellt, ist dies nicht nachvollziehbar. Dr. H. hat in der o.g. Stellungnahme zu Recht ausgeführt, dass es sich bei der kardialen Erkrankung und den Behandlungen um kein Ereignis und keine Situation außergewöhnlicher Bedrohung und katastrophenartigen Ausmaßes handelt, wie dies bei einem Naturereignis oder bei durch Menschen verursachte Katastrophen, Folter, Terrorismus usw. der Fall ist.
Der Beurteilung von Dr. S. vermag sich der Senat ebenfalls nicht anzuschließen. Soweit er von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischen Symptomen, ausgeht, räumt er selbst ein, dass es möglich sei, dass die depressive Symptomatik des Klägers fluktuierend sei. Auch unter Berücksichtigung der kardiophoben Angstsymptomatik, die Dr. S. als somatoforme autonome Funktionsstörung diagnostiziert, fehlt es an einer überzeugenden Begründung, warum der Kläger aufgrund der Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr 6 Stunden täglich verrichten können soll. Denn auch wenn der Kläger sich - aufgrund der rezidivierenden depressiven Störung - glaubhaft sehr schlecht fühlt, ist angesichts des niedrig dosierten Antidepressivums und des strukturierten Tagesablaufs (Frühstücken, Enkel zum Kindergarten bringen, Hausarbeiten erledigen, wie Betten machen, saugen, gelegentlich kochen, Zeitung lesen, Beobachten der Kanarienvögel, Aufenthalt im Hof mit den Enkeln, Abendessen gelegentlich mit den Enkeln, abends Fernsehen) nicht nachgewiesen, dass die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet derart gravierend sind, dass leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr 6 Stunden möglich wären. Insoweit schließt sich der Senat den übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. B., Dr. D. und Prof. Dr. E. an, zumal insbesondere seit der letzten Begutachtung keine wesentliche Verschlimmerung nachgewiesen ist.
Nach alledem konnte das angefochtene Urteil des SG keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Anschlussberufung des Klägers war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1953 geborene Kläger hat eine Lehre zum Maler abgebrochen und war anschließend ab 1969 als Maler, Gipser, Maurer und Färber sowie ab November 1992 als Lagerarbeiter beschäftigt.
Im April 1995 beantragte der Kläger erstmals die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.02.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.1996 ab. Zwar habe in der Zeit vom 17.01.1994 bis 23.05.1995 Erwerbsunfähigkeit vorgelegen, ein Rentenanspruch habe jedoch wegen des Anspruchs auf Übergangsgeld nicht bestanden.
Am 25.10.1999 beantragte der Kläger, der von August 1997 an als Hilfstechniker beschäftigt war, erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Mit Bescheid vom 22.12.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 20.08.1999, ausgehend von einem Leistungsfall vom 07.05.1999. Grundlage hierfür war ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. C. vom 10. Dezember 1999. Dieser hatte beim Kläger ein rezidivierendes Vorhofflattern, Zustand nach Elektrokardioversion 1994, 1998 und 1999, jetzt Sinusrhythmus, eine dilative Cardiomyopathie ohne Herzinsuffizienz, eine Achillessehnenruptur links 5/97, eine Achillessehnenplastik 11/98 mit bleibender Funktionsbeeinträchtigung der Wadenmuskulatur sowie eine Dauerantikoagulation diagnostiziert und ausgeführt, angesichts der erheblichen Verschlechterung im Krankheitsverlauf seit der Vorbegutachtung im Jahr 1996 sei der Kläger jetzt nicht mehr in der Lage, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Derzeit könne der Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten zweistündig bis unter halbschichtig überwiegend im Sitzen, ebenerdig, ohne Klettern oder Steigen, Hocken, Bücken, schweres Heben und Tragen verrichten. Außerdem sei wegen der Einnahme von Marcumar ein erhöhtes Verletzungsrisiko zu vermeiden. Die Prognose sei unsicher, nach dem bisherigen Verlauf sei damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit wieder Vorhofflimmern auftrete, was bei Persistenz zu einer weiteren Verschlechterung des Leistungsvermögens führen würde. Im Hinblick auf das Alter des Versicherten empfehle er eine Befundanfrage beim Hausarzt in etwa zwei Jahren. Im Rahmen einer Rentenüberprüfung ließ die Beklagte den Kläger auf orthopädischem (Dr. S.), neurologisch-psychiatrischem (Dr. Sch.) und internistischem Gebiet (MDR L.) begutachten. Nach Anhörung des Klägers entzog die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.05.2002 die bisher gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zum 30.06.2002. Widerspruch und Klage hiergegen hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23.09.2002, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts [SG] Freiburg vom 19.01.2006 - S 9 R 3063/02). Die hiergegen eingelegte Berufung (L 2 R 698/06) nahm der Kläger am 06.04.2006 wieder zurück. Im Rahmen des Klageverfahrens hatte das SG ein internistisches Gutachten bei Prof. Dr. F. von September 2003 sowie zwei Gutachten auf nervenärztlichem bzw. psychiatrischem Fachgebiet eingeholt. Der Neurologe und Psychiater Dr. B. diagnostizierte im Gutachten vom Dezember 2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom April 2005 eine psychische Beeinträchtigung reaktiv-depressiver Art, möglicherweise auch einen vorzeitig einsetzenden zerebralen Alterungsprozess und konnte eine somatoforme Ausgestaltung der Herzerkrankung nicht ausschließen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen hielt er acht Stunden täglich für möglich. Der Neurologe und Psychiater Dr. D., der auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehört worden war, diagnostizierte im Gutachten vom Oktober 2005 eine leichte Anpassungsstörung und hielt vollschichtige Tätigkeiten ebenfalls für zumutbar.
Am 12.04.2006 beantragte der Kläger, der seit Ende des Rentenbezugs arbeitslos war, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Beiziehung eines Befundberichts des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom April 2006 und eines Arztbriefes des Psychiaters Dr. M. vom Mai 2006 sowie Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. C. lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 06.06.2006 ab. Den Widerspruch wies sie nach Einholung einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. C. mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 19.10.2006 Klage zum SG (S 11 R 5181/06) erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und sodann Gutachten auf nervenärztlichem und internistischem Gebiet eingeholt.
Der Orthopäde Dr. B. hat im Februar 2007 mitgeteilt, er habe den Kläger in der Zeit vom 01.12.2005 bis 09.02.2006 dreimal behandelt. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger sechs Stunden täglich verrichten. Dr. L. hat angegeben, der kardiologische Befund sei in letzter Zeit stabil; nunmehr stünden die psychischen Störungen und Depressionen im Vordergrund, weswegen der Kläger leichte Tätigkeiten nur unter sechs Stunden täglich verrichten könne (Auskunft vom Februar 2007). Der Orthopäde Dr. F. hat leichte Tätigkeiten von sechs Stunden und mehr nicht ausgeschlossen. Die Ärztin für innere Krankheiten und Kardiologie Dr. K. hat im Mai 2007 erklärt, aus kardiologischer Sicht sei der Kläger nicht gehindert, täglich sechs Stunden zu arbeiten. Es sollte jedoch auch die psychische Situation berücksichtigt werden. Der Psychiater Dr. M. hat im Juni 2007 mitgeteilt, er behandle den Kläger seit Mai 2006. Der Kläger sei in seinem Belastungs- und Durchhaltevermögen so beeinträchtigt, dass er auch eine leichte körperliche Berufstätigkeit über einen längeren Zeitraum nicht durchhalten könne. Nach seinen Angaben sei er schon nach zwei- bis dreistündiger leichter Haushaltstätigkeit vollkommen erschöpft.
Prof. Dr. E. hat im von Amts wegen eingeholten psychiatrischen Gutachten vom 10.10.2007 beim Kläger eine Dysthymia diagnostiziert. Er ist zum Ergebnis gelangt, der Kläger könne noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten, ohne schwierige oder mittelschwierige Tätigkeiten geistiger Art, ohne vermehrten Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Dr. W. hat im internistischen Gutachten vom 25.01.2008 ausgeführt, beim Kläger bestehe ein Zustand nach durchgemachter schwerer Virusmyocarditis 1993/94 mit damals schwerer linksventrikulärer Funktionsstörung und Vorhofflimmern mit absoluter Arhythmie. Dieser Herzbefund habe sich im Laufe der Jahre nahezu normalisiert; es liege jetzt nur noch eine grenzwertige enddiastolische Größe des linken Ventrikels vor. Die reduzierte körperliche und geistige Belastbarkeit beruhe auf dem depressiven Syndrom, auf Trainingsmangel und deutlich fehlendem Selbstvertrauen. Auch unter Berücksichtigung des depressiven Syndroms und der Dysthymia seien körperlich leichte Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr möglich.
Auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Dr. G., Arzt für innere und psychosomatische Medizin, Chefarzt der Reha-Klinik G., mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat beim Kläger im psychosomatischen Gutachten vom 14.07.2008 folgende Diagnosen gestellt: Schwergradige chronifizierte depressive Episode, funktionell kardiovaskuläres Syndrom, posttraumatische Belastungsstörung, periphere Polyneuropathie und Verdacht auf ein obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nur noch drei bis weniger als sechs Stunden täglich verrichten. Spätestens nach 90-minütiger Arbeitszeit sollte eine 15-minütige Pause möglich sein. Der Arbeitsweg sollte zu Fuß nicht länger als 15 bis 20 Minuten betragen. Längere Pendelwege mit öffentlichen Verkehrsmitteln könne der Kläger nicht zurücklegen. Wegen seines Vermeidungsverhaltens und der massiven herzbezogenen Ängste werde der Kläger vermutlich keine öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Begleitung seiner Frau benutzen können. Die Leistungseinschränkung bestehe vermutlich seit der letzten gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die Ärztin für Psychiatrie Dr. H. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.08.2008 dargelegt, gegen eine schwere Ausprägung der chronifizierten depressiven Störung spreche, dass zwischen der Begutachtung durch Prof. Dr. E. und Dr. G. keine Intensivierung der Behandlungsmaßnahmen stattgefunden habe und der Kläger in der Lage sei, mit den wesentlichen Anforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Nicht nachvollziehbar sei die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der Leistungsbeurteilung könne nicht gefolgt werden.
Das SG hat daraufhin Dr. S., Arzt für Psychiatrie und Psychosomatische Medizin, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 22.04.2009 folgende Diagnosen gestellt: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischen Symptomen, somatoforme Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems und Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, subklinisch. Der Kläger sei nur noch in der Lage, körperliche leichte Arbeiten ohne besondere seelische Beanspruchung, ohne Publikumsverkehr, ohne Schichtarbeiten und ohne Leistungsdruck bis zu vier Stunden täglich zu verrichten. Eine mehr als vierstündige Arbeitszeit würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die eingeschränkten Ressourcen des Klägers überfordern und zu einer erneuten psychischen Destabilisierung führen. Bezüglich des Weges zur Arbeit bestünden keine Einschränkungen.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.05.2009 hierzu hat Dr. H. ausgeführt, die gutachterliche Begründung, dass eine mehr als vierstündige Arbeitszeit mit hoher Wahrscheinlichkeit die eingeschränkten Ressourcen des Klägers überfordere und zu einer erneuten psychischen Destabilisierung führen würde, sei spekulativ. Aus psychiatrisch-sozial-medizinischer Sicht spreche weiterhin nichts gegen ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 17.07.2009 hat Dr. S. an seiner Beurteilung festgehalten, dass der Kläger derzeit nicht in der Lage sei, eine mehr als sechsstündige Tätigkeit zu verrichten, wobei es sinnvoll wäre, den Kläger einer Arbeitstrainingsmaßnahme zuzuführen, um zu beurteilen, inwieweit er bereit sei, seine Arbeitsfähigkeit unter relativ realen Bedingungen überprüfen zu lassen und seine Leistungsfähigkeit zu steigern.
Mit Urteil vom 24.09.2009 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2006 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.04.2006 bis 31.03.2009 und 01.04.2009 bis 31.03.2010 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger leide unter einer rezidivierenden depressiven Störung bei gegenwärtig mittelgradiger Episode mit somatischen Symptomen und einer somatoformen autonomen Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems. Außerdem bestünden Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, subklinisch. Auf Grund der auf psychiatrischem Gebiet vorliegenden Erkrankungen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers erheblich eingeschränkt. Auch insoweit folge das SG der überzeugenden Schlussfolgerung des Sachverständigen Dr. S ... Der Kläger sei nicht in der Lage, regelmäßig eine mehr als vierstündige Tätigkeit auszuüben. Auf Grund der Verschlossenheit des Arbeitsmarkts stehe dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu. Bei der Befristung bis zum 31.03.2010 werde der erforderlichen Zeitdauer für die Durchführung der im Falle der Erkrankung des Klägers gebotenen therapeutischen Maßnahmen Rechnung getragen.
Gegen das ihr am 16.11.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.11.2009 Berufung eingelegt und unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vorgetragen, zunächst sei zu beanstanden, dass sich weder aus dem Tenor des Urteils noch aus den Entscheidungsgründen ergebe, wann nach Auffassung des SG der Leistungsfall eingetreten sein solle. Auch in sachlicher Hinsicht vermöge das Urteil nicht zu überzeugen. Das SG stütze seine Entscheidung auf das Gutachten von Dr. S ... Hierzu habe Dr. H. ausgeführt, das Gutachten sei nicht schlüssig, da der Gutachter seine Leistungsbeurteilung offenbar auf die subjektiven Angaben des Klägers stütze, ohne diese auf Plausibilität zu prüfen, und vor dem Hintergrund des langjährigen Rentenwunsches, der Aggravationstendenzen und der Verweigerung einer adäquaten Behandlung diese kritisch zu hinterfragen. Hierauf sei das SG - außer in einem einzigen Satz - überhaupt nicht eingegangen. Das Gutachten von Dr. S. sei nicht geeignet, eine Erwerbsminderung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu beweisen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 16.11.2009 zugestellte Urteil am 05.05.2010 Anschlussberufung eingelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.09.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 24.09.2009 zu verurteilen, ihm über den 31.03.2010 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.
Er erwidert, das Urteil des SG sei rechtmäßig. Das Gutachten von Dr. S. sei sehr wohl geeignet, eine verminderte zeitliche Leistungsfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu belegen. Die von Dr. S. erhobenen und auf ihre Plausibilität überprüften Befunde sprächen sehr wohl für ein zeitlich herabgesetztes Leistungsvermögen. Die Anschlussberufung werde damit begründet, dass Dr. S. geäußert habe, angesichts seiner Persönlichkeitsstruktur und Dauer der Symptomatik sei nicht mit einer tiefgreifenden Besserung des Zustandsbildes zu rechnen. Auf Grund dessen sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Dauerrente vorlägen. Der Kläger hat einen Arztbrief des Herzzentrums Bad K. vom 03.09.2009 (erfolgreiche elektrische Kardioversion am 03.12.2009 bei Rezidiv von Vorhofflimmern) vorgelegt.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Psychiater Dr. M. hat am 28.07.2010 erklärt, seit Dezember 2008 sei im Gesundheitszustand des Klägers keine wesentliche dauerhafte Verschlechterung eingetreten.
Die Ärztin für innere Medizin und Kardiologie Dr. K. hat am 09.08.2010 mitgeteilt, seit 2007 sei keine bedeutsame Veränderung eingetreten. Wegen eines intermittierenden Vorhofflimmerns sei eine erfolgreiche Kardioversion im Dezember 2009 durchgeführt worden. Insgesamt sei die kardiale Situation stabil.
Der Kläger hat einen Arztbrief von Dr. K. vom 04.10.2010 (Rezidiv von Vorhofflimmern, Empfehlung einer weiteren Kardioversion) vorgelegt.
Die Internistin Dr. P. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.10.2010 ausgeführt, das intermittierende Vorhofflimmern könne entweder elektrisch oder medikamentös konvertiert werden. Selbst wenn es persistieren würde, würde das zu keiner Erwerbsminderung führen.
Die Beteiligten habe sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Anschlussberufung des Klägers ist ebenfalls zulässig.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet; die Anschlussberufung des Klägers ist dagegen nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger vom 01.04.2006 bis 31.03.2010 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als 6 Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der Gutachten von Dr. W. und Dr. Sch., Dr. B., Dr. D. und Prof. Dr. E ...
Der Kläger leidet im Wesentlichen unter Erkrankungen auf internistischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet, wobei inzwischen die Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet im Vordergrund stehen. Diese Erkrankungen schließen auch bei einer Gesamtbetrachtung körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von 6 Stunden arbeitstäglich nicht aus. Dies ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Dr. W. vom Januar 2008, den sachverständigen Zeugenaussagen der Internistin und Kardiologin Dr. K. vom Mai 2007 und August 2010 sowie der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. P. von Oktober 2010 und den neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. B. von Dezember 2004/April 2005, Dr. D. von Oktober 2005 und Prof. Dr. E. vom Oktober 2007. Soweit hiervon abweichend Dr. G. und Dr. S. - ohne wesentlich abweichende Befunde und ohne wesentliche Verschlimmerung - ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen annehmen, fehlt es hierfür an einer den Senat überzeugenden Begründung.
Auf internistischem Gebiet liegt beim Kläger ein Zustand nach Virusmyokarditis 1993/1994 mit damals schwerer linksventrikulärer Funktionseinschränkung und Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie vor. Mittlerweile hat sich der kardiologische Befund stabilisiert, und Dr. W. hat beim Kläger im Oktober 2007 eine nahezu normale linksventrikuläre Funktion bei enddiastolisch grenzwertiger Größe des linken Ventrikels festgestellt. Seit der gutachterlichen Untersuchung ist eine wesentliche Änderung nicht eingetreten, wie Dr. K. im August 2010 dem Senat bestätigt hat. Das intermittierend aufgetretene Vorhofflimmern wurde im Dezember 2009 erfolgreich durch Kardioversion behoben. Bei dem erneut im Oktober 2010 aufgetretenen Vorhofflimmern ist eine erneute Kardioversion geplant. Für den Senat nachvollziehbar und überzeugend hat Dr. P. ausgeführt, dass das Vorhofflimmern elektrisch oder medikamentös konvertiert und - wie schon zuvor - in einen Sinusrhythmus überführt werden kann.
Aufgrund der Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet ergeben sich qualitative, nicht jedoch quantitative Einschränkungen. Nach den den Senat überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. W., die auch im Einklang stehen mit den Äußerungen der behandelnden Kardiologin und der als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbaren Stellungnahme von Dr. P., kann der Kläger leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde 6 Stunden täglich verrichten. Nicht mehr zumutbar sind schwere körperliche Arbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, in Kälte, Nässe, bei starken Temperaturschwankungen, unter Einwirkung von Gasen und Dämpfen sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten.
Auf nervenärztlichem Gebiet liegt beim Kläger nach Überzeugung des Senats ein depressiv-ängstliches Syndrom bzw. eine fluktuierende rezidivierende depressive Störung vor. Eine von Dr. G. diagnostizierte schwergradige chronifizierte depressive Episode vermag der Senat beim Kläger nicht festzustellen. Hiergegen spricht - wie Dr. H. in der Stellungnahme vom 13.08.2008 nachvollziehbar dargelegt hat -, dass beim Kläger die Alltagstrukturierung noch erhalten ist und seit der Begutachtung durch Prof. Dr. E. keine Intensivierung der Behandlungsmaßnahmen und auch keine Behandlung in einer psychiatrischen Fachklinik erfolgt ist. Darüber hinaus geht Dr. G. davon aus, dass die von ihm dargelegten Einschränkungen vermutlich schon seit der gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente bestünden und mit hoher Wahrscheinlichkeit schon damals eine depressive Störung bestanden habe, die möglicherweise noch nicht ganz so schwerwiegend wie nunmehr ausgeprägt gewesen sei. Hierbei übersieht er, dass die Rentengewährung allein aufgrund des internistischen Befundes erfolgte und die nervenärztlichen Gutachten von Dr. Sch. (März 2002), Dr. B. (Dezember 2004), Dr. D. (Oktober 2005) und Prof. Dr. E. (Oktober 2007) keine psychischen Beeinträchtigungen ergeben haben, die zu einer Minderung des Leistungsvermögen auf unter 6 Stunden täglich geführt hätten. Dr. Sch. hat überhaupt keine neurologisch-psychiatrischen Auffälligkeiten feststellen können. Dr. B. hat Anpassungsstörungen mit längerzeitiger depressiver Reaktion und Dr. D. hat eine leichte Anpassungsstörung diagnostiziert. Prof. Dr. E. hat eine Dysthymia festgestellt. Eine psychiatrische Behandlung erfolgt erst seit Mai 2006 mit einem niedrig dosierten tetrazyklischen Antidepressivum. Soweit Dr. G. die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung stellt, ist dies nicht nachvollziehbar. Dr. H. hat in der o.g. Stellungnahme zu Recht ausgeführt, dass es sich bei der kardialen Erkrankung und den Behandlungen um kein Ereignis und keine Situation außergewöhnlicher Bedrohung und katastrophenartigen Ausmaßes handelt, wie dies bei einem Naturereignis oder bei durch Menschen verursachte Katastrophen, Folter, Terrorismus usw. der Fall ist.
Der Beurteilung von Dr. S. vermag sich der Senat ebenfalls nicht anzuschließen. Soweit er von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischen Symptomen, ausgeht, räumt er selbst ein, dass es möglich sei, dass die depressive Symptomatik des Klägers fluktuierend sei. Auch unter Berücksichtigung der kardiophoben Angstsymptomatik, die Dr. S. als somatoforme autonome Funktionsstörung diagnostiziert, fehlt es an einer überzeugenden Begründung, warum der Kläger aufgrund der Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr 6 Stunden täglich verrichten können soll. Denn auch wenn der Kläger sich - aufgrund der rezidivierenden depressiven Störung - glaubhaft sehr schlecht fühlt, ist angesichts des niedrig dosierten Antidepressivums und des strukturierten Tagesablaufs (Frühstücken, Enkel zum Kindergarten bringen, Hausarbeiten erledigen, wie Betten machen, saugen, gelegentlich kochen, Zeitung lesen, Beobachten der Kanarienvögel, Aufenthalt im Hof mit den Enkeln, Abendessen gelegentlich mit den Enkeln, abends Fernsehen) nicht nachgewiesen, dass die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet derart gravierend sind, dass leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr 6 Stunden möglich wären. Insoweit schließt sich der Senat den übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. B., Dr. D. und Prof. Dr. E. an, zumal insbesondere seit der letzten Begutachtung keine wesentliche Verschlimmerung nachgewiesen ist.
Nach alledem konnte das angefochtene Urteil des SG keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Anschlussberufung des Klägers war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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