L 7 SO 850/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 5333/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 850/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Kosten für die Erstellung steuerrechtlicher Erklärungen für die Jahre 2006 und 2007 durch einen Steuerberater als Leistung der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die am 1921 geborene Klägerin ist persönlich haftende Gesellschafterin der Fa. K. V. GmbH (im Folgenden K GmbH) und neben ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragen. Unter dem 2. Juli 2007 wurde der Eintritt der K GmbH in Liquidation eingetragen. Zum Liquidator wurde der Betreuer und im vorliegenden Verfahren bevollmächtigte Rechtsanwalt bestellt. Des Weiteren ist die Klägerin als Kommanditistin mit einer Einlage von DM 50.000.- an der G. J. GmbH & Co. KG (im Folgenden KG) beteiligt. Persönlich haftender Gesellschafter der KG ist die K GmbH.

Aufgrund einer fortschreitenden Demenz steht die Klägerin seit dem 11. Juni 2008 unter umfassender Betreuung - alle Angelegenheiten einschließlich der Postkontrolle -. Zum Betreuer ist der im vorliegenden Verfahren bevollmächtigte Rechtsanwalt bestellt. Bereits im Februar 2008 war die Klägerin örtlich, zeitlich und situativ nicht, zur Person nur unscharf orientiert. Sie bezieht Alters- und Witwenrente i.H.v. derzeit EUR 163,11 bzw. EUR 662,25 monatlich. Sie ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks mit einem Wert i.H.v. EUR 360.000, das u.a. mit einer Grundschuld zugunsten der Sparkasse Rastatt i.H.v. EUR 357.904.- belastet ist. Des Weiteren stehen ihr aus einem Rentenvertrag vom 23. Dezember 1994 gegen einen ihrer Söhne Ansprüche i.H.v. DM 4.987,50 monatlich zu, die bislang fruchtlos geltend gemacht wurden. Eine Begutachtung der Klägerin im Februar 2008 führte zur Einstufung zunächst in Pflegestufe I. Daneben gewährte die Pflegekasse zusätzliche Betreuungsleistungen wegen demenzbedingt erhöhten Betreuungsbedarfs. Auf den Antrag des Betreuers gewährte der Beklagte mit Bescheiden vom 15. September 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 22. und 29. Oktober 2008 ergänzende Hilfe zur Pflege für die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 31. Mai 2009, darlehensweise wegen des Vermögens und vorschussweise im Hinblick auf die Ansprüche aus dem Rentenvertrag; die Bewilligungsentscheidung ist bestandskräftig. Seit dem 8. Januar 2009 lebt die Klägerin stationär in einem Pflegeheim. Wegen fehlender steuerrechtlicher Erklärungen zu der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte, der Umsatz- und Gewerbesteuer für 2006 hinsichtlich der KG sowie zu Körperschaftssteuer, Feststellung des Gewerbesteuermessbetrages und des Eigenkapitals für 2006 hinsichtlich der K GmbH drohte das Finanzamt Rastatt in der ersten Jahreshälfte 2008 der Klägerin Zwangsgelder an bzw. setzte solche fest. Des Weiteren kündigte es für die K GmbH an, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Zumindest hinsichtlich der KG wurden festgesetzte Zwangsgelder unter dem 20. August 2008 zunächst zurückgenommen; auf die weiter bestehende Verpflichtung zur Abgabe der ausstehenden Erklärungen wurde aber hingewiesen.

Mit Schreiben vom 2. Juli 2008 erteilte der Betreuer der Klägerin für diese der Steuerberaterkanzlei W., Bezug nehmend auf ein dortiges Schreiben vom 18. Juni 2008, den Auftrag zur Erstellung der Steuererklärungen für die KG für die Jahre 2006 und 2007 (gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) und kündigte die Überlassung der "erforderlichen Steuererklärungen" für die K GmbH 2006 und 2007 an. Diesbezüglich bat er mit Schreiben vom 25. September 2008, wiederum als Betreuer der Klägerin, die entsprechenden Erklärungen für die K GmbH schnellst möglich zu übersenden. Unter dem 17. Oktober 2008 forderte der Steuerberater einen Vorschuss i.H.v. EUR 1.500.- zzgl. Umsatzsteuer, bevor die "weitere Bearbeitung" der Einkommenssteuererklärung 2006 und 2007 sowie des Jahresabschlusses für die K GmbH und die KG für diese Jahre vorgenommen würden. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 bestätigte die Steuerberaterkanzlei den Auftrag für die Erstellung der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für die K GmbH und die KG sowie der Steuererklärungen für die Klägerin jeweils für die Jahre 2006 und 2007. Die Erklärungen seien mittlerweile fertiggestellt, was dem Betreuer im Zusammenhang mit der Anforderung einer Akontozahlung mitgeteilt worden sei. Das voraussichtliche Honorar für den Auftrag liege bei ca. EUR 4.000.- zzgl. Umsatzsteuer.

Bereits unter dem 28. Oktober 2008, Eingang beim Beklagten am 29. Oktober 2008, hatte der Betreuer für die Klägerin die Gewährung einer einmaligen Beihilfe zur Bezahlung von Steuerberaterleistungen beantragt. Erstmals gab er an, dass die Klägerin "auf dem Papier" Geschäftsführerin der K GmbH und der KG sei. Auch wenn diese Firmen seit 2006 keine Umsätze mehr machten, fordere das Finanzamt entsprechende Steuererklärungen an. Er habe daher den die Firmen seit Jahren betreuenden Steuerberater gebeten, die entsprechenden Steuererklärungen 2006 und 2007 für diese abzugeben. Den vom Steuerberater angeforderten Vorschuss könne die Klägerin jedoch nicht zahlen. Er beantrage daher eine einmalige Beihilfe, notfalls als Darlehen, damit die Zahlungen an den Steuerberater zur Fertigung der Steuererklärungen erfolgen könnten. Unter Übersendung des Schreibens vom 31. Oktober 2008 konkretisierte der Betreuer den Antrag auf eine Beihilfe i.H.v. EUR 4.000.- zzgl. Umsatzsteuer.

Mit Bescheid vom 10. November 2008 lehnte der Beklagte die Hilfegewährung ab. Die Übernahme von Steuerberaterkosten stelle keinen pflegerischen Bedarf dar. Ein Abzug der Kosten vom Einkommen könne nicht erfolgen, da sie nicht mit der Erzielung der Renten in Zusammenhang stünden und aus der Geschäftsführertätigkeit kein Einkommen erzielt werde. Die Kosten stellten auch keinen Bedarf i.S.d. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung dar. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2008 als unbegründet zurück. Steuerberaterkosten seien nicht der Sicherung des Lebensunterhalts zuzuordnen, nicht im sozialhilferechtlichen Regelsatz enthalten und daher auch nicht im Rahmen der damit verknüpften Darlehensregelungen zu berücksichtigen. Eine Übernahme als Schulden komme nicht in Betracht, da keine der Sicherung der Unterkunft vergleichbare Notlage vorliege. Eine Leistung in besonderen Lebenslagen i.S.d. § 73 SGB XII liege nicht vor, da die Steuerberaterkosten nicht der Beseitigung einer besonderen sozialhilferechtlichen Bedarfssituation dienten. Des Weiteren sei die Verpflichtung gegenüber dem Steuerberater eingegangen worden, bevor der Sozialhilfeträger Kenntnis von der Notlage erhalten habe, so dass ein Anspruch auch am sozialhilferechtlichen Kenntnisgrundsatz scheitere, der rückwirkende Leistungen grundsätzlich ausschließe.

Hiergegen hat die Klägerin am 3. Dezember 2008 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen, sie sei aufgrund der Komplexität des Sachverhalts und ihrer Demenzerkrankung nicht in der Lage, die vom Finanzamt geforderten Steuererklärungen ohne Hilfe eines Steuerberaters abzugeben. Die Kosten hierfür könne sie jedoch nicht leisten, da sie bereits auf Sozialhilfe als ergänzende Hilfe zur Pflege angewiesen sei. Die Klägerin laufe Gefahr, dass das Finanzamt die Steuerschuld aufgrund früherer Einnahmen schätze, das Finanzamt Zwangsgelder festsetze und vollstrecke, weshalb bereits ihr Konto gepfändet worden sei, so dass eine der Sicherung der Unterkunft vergleichbare Notlage bestehe. Da sie zur Abgabe der Steuererklärungen verpflichtet sei, sei die Übernahme von Schulden i.S.d. § 34 SGB XII auch gerechtfertigt. Jedenfalls bestehe im Auffangtatbestand des § 73 SGB XII eine ausreichende Anspruchsgrundlage. Dass diese keine Rechtsverfolgungs- und -beratungskosten umfasse, beruhe allein darauf, dass hierfür mit der Prozesskostenhilfe spezielle Regelungen existierten, die aber Steuerberaterkosten nicht erfassten. Angesichts der Pflicht zur Abgabe der Steuererklärungen sei ein eventuelles Ermessen des Sozialhilfeträgers auf null geschrumpft.

Mit Urteil vom 27. Januar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SGB XII biete keine Anspruchsgrundlage für die begehrte Hilfe. Für eine Schuldenübernahme i.S.d. § 34 SGB XII fehle es bereits an eine dem drohenden Verlust der Unterkunft vergleichbaren Notlage. Eine solche müsse den vorhandenen gegenständlichen Existenzbereich des Leistungsberechtigten betreffen; dies sei bei der Versorgung der Unterkunft mit Strom, Wasser oder Heizung gegeben, auch beim drohenden Verlust notwendiger Haushaltsgegenstände. Die vergleichbare Notlage setze einen Bezug zur Sicherung der Unterkunft oder deren Bewohnbarkeit voraus, was für die Steuerberaterkosten nicht gelte. Ein Anspruch aus § 73 SGB XII scheide aus, weil die geltend gemachte Bedarfslage nicht, wie erforderlich, eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII erfassten Notlagen aufweise. Zweck des § 73 SGB XII sei es, dem Sozialhilfeträger eine flexible und angemessene Reaktion auf veränderte Bedingungen innerhalb der Aufgaben der Sozialhilfe zu ermöglichen. Steuerberaterkosten, die notwendig außerhalb der Aufgaben der Sozialhilfe lägen, würden davon regelmäßig nicht erfasst. Der Einsatz öffentlicher Mittel sei hier jedenfalls schon deshalb nicht i.S.d. § 73 SGB XII gerechtfertigt, weil die vorzulegenden Steuererklärungen ausweislich des Schreibens des Finanzamtes vom 17. Juni 2008 mangels erzielter Umsätze einfach seien. Zumindest der Betreuer der Klägerin sei als Rechtsanwalt hierzu in der Lage. Des Weiteren sei die Verbindlichkeit gegenüber dem Steuerberater bereits begründet worden, bevor der Beklagte durch den Antrag der Klägerin von der Bedarfslage Kenntnis erhalten habe. Solche allgemeinen Schulden seien von der Sozialhilfe nicht erfasst.

Hiergegen richtet sich die am 15. Februar 2010 beim SG eingegangene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie über ihr bisheriges Vorbringen hinaus ausgeführt hat, auch eine Drohung der Finanzbehörden mit Rechtsfolgen gefährde die Bezahlung der Unterkunft der Klägerin und führe daher zu einer vergleichbaren Notlage i.S.d. § 34 SGB XII. Die vom SG vorgenommene Auslegung des § 73 SGB XII werde durch Rechtsprechung und Literatur nicht gestützt. Die Überzeugung des SG, dass eine besondere Bedarfslage im Sinne dieser Vorschrift nicht vorliege, stelle, weil nicht begründet, eine reine Leerformel dar. Darüber hinaus sei der Betreuer entgegen der Vorstellung des SG zur Abgabe der Steuererklärungen nicht in der Lage und haftungsrechtlich nicht berechtigt. Die weitere Annahme, die Verpflichtung gegenüber dem Steuerberater sei bereits vor Antragstellung entstanden, träfe nicht zu. Dessen Schreiben vom 17. Oktober 2008 mit der Forderung nach einem Vorschuss i.H.v. EUR 1.500.- stelle eine Ablehnung des erteilten Auftrags und ein neues Vertragsangebot dar, das aber seitens der Klägerin nicht angenommen worden sei; ein verbindlicher Vertrag sei daher nicht zustande gekommen. Die Steuerberaterkanzlei habe die Erklärungen auch nicht erstellt; vielmehr seien nur die überlassenen Unterlagen zurückgesandt worden. Es gehe daher nicht um die Erstattung früherer Aufwendungen oder die Übernahme von Schulden der Klägerin, sondern allein um die Gewährung einer Beihilfe, damit sie die von ihr gegenüber dem Finanzamt geschuldeten Steuererklärungen fertigen lassen könne. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich der K GmbH für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2008 zu verurteilen, ihr Beihilfe zur Bezahlung des Steuerberaterhonorars für die Abgabe von Steuererklärungen gegenüber dem Finanzamt Rastatt für die Jahre 2006 und 2007 als Geschäftsführerin der Komplementärin der G. J. GmbH & Co. KG zu gewähren, hilfsweise über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat über sein bisheriges Vorbringen hinaus vorgetragen, der Klägerin habe es offen gestanden, über ihren Betreuer entweder die Hilfe einer Beratungsstelle des Finanzamtes in Anspruch zu nehmen oder diesem gegenüber glaubhaft zu versichern, dass keine Geschäftsvorfälle stattgefunden hätten. In diesen Fällen ergehe regelmäßig eine Nichtveranlagungsverfügung, die von der Pflicht zur Steuererklärung befreie. Des Weiteren zeige die mittlerweile erfolgte Abgabe der geforderten Steuererklärungen bzgl. der KG durch den Betreuer selbst, dass er diese Aufgabe durchaus selbst bewältigen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Trotz der Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin zu den Voraussetzungen des § 34 SGB XII ist deren erkennbares Rechtsschutzbegehren (§ 123 SGG) nicht auf die Übernahme von Schulden, konkret einer möglichen Schuld gegenüber der Steuerberaterkanzlei W., gerichtet. Klarstellend hat sie zuletzt ausgeführt, es gehe nicht um die Erstattung früherer Aufwendungen oder die Übernahme von Schulden, sondern allein um die Gewährung einer Beihilfe, damit sie die von ihr gegenüber dem Finanzamt geschuldeten Steuererklärungen fertigen lassen könne. Auf dieses Ziel ist auch der schriftsätzlich gestellte Antrag gerichtet, wenn sich auch der genannte Mindestbetrag der begehrten Beihilfe gerade an dem von der Steuerberaterkanzlei genannten Betrag orientiert. Die Klägerin trägt aber selbst vor, dass eine verbindliche Verpflichtung aus einem entgeltlichen Dienstvertrag mit dem Steuerberater - bisher - nicht begründet worden sei. Die Bedarfslage, die die Klägerin geltend macht, ist daher die Übernahme der Kosten, die entstehen, um die vom Finanzamt angeforderten Erklärungen durch einen Steuerberater erstellen zu lassen. D.h. sie will in die Lage versetzt werden, den vom Finanzamt konkretisierten Erklärungspflichten durch eine von einem Steuerberater erstellte Erklärung nachzukommen. Die Übernahme der vom benannten Steuerberater verlangten Vergütung stellte dann nur eine Möglichkeit der Bedarfsbefriedigung dar, die vom Beklagten finanzierte Erstellung durch einen anderen Steuerberater eine andere. Dieser Bedarf ist nach bisherigem Stand auch noch offen, da die Erklärungen nicht abgegeben worden sind. Auch ihre Ausführungen zur Notlage, die in Schätzungen und Vollstreckungshandlungen des Finanzamtes gesehen wird, nicht aber in Vollstreckungen des Steuerberaters, zeigen, dass sie eine aktuelle Bedarfslage geltend macht. Damit scheidet jedoch § 34 SGB XII, der sich allein auf die Übernahme von Schulden richtet, von vornherein als Anspruchsgrundlage aus.

Es bestehen bereits Bedenken, ob angesichts des eigenen Vortrags der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Leistung nicht schon daran scheitert, dass es mangels verbindlicher zivilrechtlicher Verpflichtung bereits an einem aktuellen sozialhilferechtlichen Bedarf fehlen könnte. Ob die Klägerin in einem solchen Falle eine Zusicherung i.S.d. § 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch begehren könnte, war nicht zu entscheiden, da ihr Begehren vorliegend auf die Gewährung einer Geldleistung gerichtet ist. Letztlich kann dies hier offenbleiben, da der Anspruch der Klägerin jedenfalls daran scheitert, dass für die begehrte Leistung keine Anspruchsgrundlage im SGB XII gegeben ist, so dass auch eine darauf gerichtete Zusicherung nicht in Betracht käme.

Die Steuerberaterkosten sind keiner der im Katalog des § 8 SGB XII genannten Hilfen zuordnen.

Die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII gewähren gem. § 27 Abs. 1 (i.V.m. § 42) SGB XII bzw. ab dem 1. Januar 2011 gem. § 27a Abs. 1 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I S. 453, (n.F.)) den notwendigen Lebensunterhalt. Dieser umfasst insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die aufgezählten Bedarfsgruppen sind zwar nicht abschließend ("insbesondere"). Sie haben jedoch gemeinsam, dass sie allein die persönlichen Grundbedürfnisse des Hilfesuchenden betreffen, also seinen elementaren privaten Lebensbereich und die damit verbundenen Beziehungen zur Umwelt. Dies spiegelt die Aufgabe der Sozialhilfe wider, dem Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Aus dieser Funktion und dem Wortsinn des Tatbestandsmerkmals "Lebensunterhalt" ergibt sich, dass Aufwendungen, die einem Hilfesuchenden aus einer Erwerbstätigkeit, Beschäftigung, Einkommenserzielung oder Vermögensverwaltung entstehen, nicht als sozialhilferechtliche Bedarfslagen anzusehen sind. Vielmehr sind solche Ausgaben, wie das SG und der Beklagte zutreffend dargelegt haben, allenfalls nach § 82 Abs. 2 SGB XII als Abzugsposten von einem hieraus erzielten Einkommen zu berücksichtigen. Der Bezug auf rein "private" Bedarfslagen ergibt sich auch aus den Vorgaben zur Regelsatzbemessung: Diese berücksichtigt Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. Grundlage sind die tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. Datengrundlage ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (§ 28 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 SGB XII bzw. § 28 Abs. 2 SGB XII n.F.). Anknüpfungspunkt sind demnach Verbrauchsausgaben und Bedarfslagen von Haushalten, nicht Aufwendungen von Betrieben oder Unternehmen. Solche finden sich auch nicht in den ebenfalls zum notwendigen Lebensunterhalt gehörenden Sonderbedarfen nach den §§ 30 bis 33 SGB XII. Die Pflicht zur Abgabe der hier maßgeblichen steuerrechtlichen Erklärungen trifft die Klägerin nur als Geschäftsführerin der Komplementärin der KG gem. § 34 der Abgabeordnung. Für deren Erstellung anfallende Steuerberaterhonorare sind daher zunächst Kosten allein der Gesellschaft. Jedenfalls fallen sie nicht für die Klägerin aufgrund ihrer privaten Lebensführung in ihrem Haushalt an, betreffen mithin nicht den Lebensunterhalt. Eine Übernahme dieser Kosten durch den Sozialhilfeträger käme einer Sozialhilfeleistung an ein Unternehmen oder einen Betrieb gleich, was nach dem Menschenwürde sichernden Zweck der Sozialhilfe ausgeschlossen ist. Damit kommt auch eine Darlehensgewährung nach §§ 37, 38 SGB XII nicht in Betracht, da diese nach ausdrücklichem Wortlaut nur für Bedarfe erbracht werden dürfen, die vom Regelsatz erfasst werden oder sich den §§ 28 bis 33 SGB XII zuordnen lassen.

Ebenso wenig dienen die Steuerberaterkosten Zwecken der Hilfe zur Gesundheit, zur Pflege oder zur Eingliederungshilfe nach dem Fünften bis Siebten Kapitel SGB XII. Die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Achten Kapitel SGB XII wird an Personen erbracht, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind (§ 67 SGB XII). Ziel ist die Überwindung sozial ausgrenzenden Verhaltens, um dem Betroffenen eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (vgl. Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 67 Rdnr. 14 f.). Solches steht bei der hier begehrten Leistung nicht im Raume.

Schließlich sind auch die Voraussetzungen der allein noch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 73 Satz 1 SGB XII nicht erfüllt. Danach können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das SG zutreffend erkannt, dass es unbestritten Zweck dieser Regelung ist, die Möglichkeiten der Hilfeleistungen weiterzuentwickeln und an zukünftige Entwicklungen anzupassen (vgl. Grube in Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 73 Rdnr. 1 m.w.N.). Sonstige Lebenslagen liegen nur vor, wenn sich die Hilfesituation thematisch keinem Tatbestand der in § 8 SGB XII genannten Hilfen zuordnen lässt (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Dezember 2010 - B 8 SO 7/09 R -: atypische Lebens¬lagen, die nicht bereits durch andere Vorschriften erfasst sind). Allerdings soll mit der Vorschrift unbenannten Notlagen von einigem Gewicht begegnet werden. Daher kann § 73 SGB XII nicht so verstanden werden, dass schon bei Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der im SGB XII benannten Hilfen die Hilfeleistung nach § 73 SGB XII zu erbringen ist (Grube, a.a.O., Rdnr. 4). Vielmehr soll vermieden werden, dass ein den Grundrechtsbereich tangierender Bedarf ungedeckt bleibt, weil er sich den Kataloghilfen des § 8 SGB XII nicht zuordnen lässt. Der besondere Bedarf muss daher eine gewisse Nähe zu den in den §§ 47 bis 72 und 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweisen (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 73 Rdnr. 5; Böttiger in jurisPK-SGB XII, § 73 Rdnr. 20; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 15 zur Anwendung des § 73 SGB XII im Leistungsregime des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch). An einer solchen Nähe zu den Bedarfen der §§ 47 bis 74 SGB XII fehlt es vorliegend bereits, weil es sich nicht um eine "private" Bedarfslage handelt, sondern geschäftliche Aufwendungen geltend gemacht werden. Insoweit gilt für die Bedarfslagen der §§ 47 bis 74 SGB XII nichts anderes als für die Hilfe zum Lebensunterhalt. Alle dort erfassten Hilfen sind spezielle Ausprägungen des allgemeinen, die Menschenwürde sichernden Leistungsziels des § 1 Abs. 1 SGB XII. Wie im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt werden Aufwendungen aus dem Bereich der Erwerbstätigkeit, Beschäftigung, Einkommenserzielung bzw. Vermögensverwaltung auch bei diesen Hilfen nur als Abzugsposten bei der Einkommensermittlung berücksichtigt, nicht jedoch als sozialhilferechtlicher Bedarf angesehen. Dieser "Menschenwürdebezug" gilt daher sowie aufgrund der allgemeinen Zielvorgabe des § 1 Abs. 1 SGB XII auch für die Hilfe nach § 73 SGB XII.

Da es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen fehlt, war auch der auf Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats gerichtete Hilfsantrag abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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