L 4 R 1223/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 937/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1223/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Januar 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart wie folgt gefasst wird:
Der Bescheid der Beklagten vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Januar 2008 wird aufgehoben, soweit die Beklagte einen Betrag von mehr als EUR 7.732,55 fordert.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1). Die Klage wegen des Bescheids vom 29. März 2010 wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren S 3 R 937/08 auf EUR 7.808,49 und für das Berufungsverfahren auf EUR 7.732,55 endgültig festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Verjährung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung einschließlich der Beiträge zu den Umlagen U 1 und U 2.

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, beschäftigte zumindest ab 01. Juli 1998 bis 31. Mai 2005 E. D. (E.D.) als Hausverwalterin. E.D. erlernte nach ihren Angaben an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung den Beruf der Diplom-Finanzwirtin und war im Januar 2009 seit 12 Jahren selbständige Hausverwalterin. Während ihrer Ausbildung beschäftigte sie sich insbesondere mit Vermögens- und Grundstücksverwaltung. Bis 30. Juni 1998 wurden Reinigungsarbeiten in der Wohnungseigentumsanlage der Klägerin von der Stuttgarter Hausreinigungs-GmbH durchgeführt. Bei dieser war auch die Beigeladene zu 1) beschäftigt. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der S. Hausreinigungs-GmbH beschäftigte die Klägerin vom 01. Juli 1998 bis 31. Dezember 2004 die Beigeladene zu 1) weiter. Die Klägerin, vertreten durch E.D., und die Beigeladene zu 1) schlossen am 15. Juli 1998 den als "Vereinbarung über eine nebenberufliche Beschäftigung als Hausmeister" bezeichneten Arbeitsvertrag, der u.a. folgende Bestimmungen enthielt (Fettdruck im Original): 3. Arbeitszeit Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bestimmt der Mitarbeiter eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der örtlichen Notwendigkeiten 4. Lohn Der Mitarbeiter erhält einen monatlichen Nettolohn in Höhe von DM 500,00 ... Wichtig: Dem Mitarbeiter ist bekannt, dass wöchentliche Arbeitszeit, monatlicher Lohn und der Stundenlohn unter Berücksichtigung sonstiger Beschäftigungen so ausgelegt sind, dass für diesen Vertrag keine Zahlungspflicht in der Sozialversicherung eintritt und die pauschale Versteuerung nach § 40a EStG zulässig ist. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die Aufnahme einer weiteren Beschäftigung und die Änderung des angegebenen Entgelts bzw. Einkommens sowie die wöchentliche Arbeitszeit unverzüglich schriftlich der Verwaltung bekanntzugeben. Unterlässt der Mitarbeiter diese Bekanntgabe, ist er dem Arbeitgeber zum Ersatz der zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge, einschließlich Arbeitgeberanteil, verpflichtet.

Die Beigeladene zu 1) bezog vom 01. Juli 1998 bis 31. Dezember 2001 ein monatliches Gehalt in Höhe von DM 500,00 bzw. EUR 255,65 und sodann bis 31. Dezember 2004 in Höhe von EUR 230,08. Die Beigeladene zu 1) wurde von der Klägerin zum 01. Juli 1998 nicht bei der zuständigen Krankenkasse angemeldet. Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01. April 1999 bis 31. März 2003 und zu den Umlagen U 1 und U 2 an die zuständige Umlagekasse für die Zeit vom 01. Juli 1998 bis 31. März 2003 wurden nicht entrichtet. Erst zum 01. April 2003 wurde die Beigeladene zu 1) zur Sozialversicherung gemeldet.

In der Zeit vom 11. bis 26. September 2007 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch. Die Prüfung umfasste die Beitragsabführung im Zeitraum vom 01. Juli 1998 bis 31. März 2005. Mit Bescheid vom 26. September 2007 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 4.425,54 (Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 01. April 1999 bis 31. März 2003; Umlagen U 1 und U 2 für die Zeit vom 01. Juli 1998 bis 31. März 2003) zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 3.382,95, insgesamt EUR 7.808,49 fest. Die im Zeitraum vom 01. Juli 1998 bis 31. März 2003 nicht gemeldete geringfügig entlohnte Beigeladene zu 1) sei in diesem Zeitraum bei einem anderen Arbeitgeber in einem versicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigungsverhältnis gestanden. Ihr Gehalt habe sich auf DM 500,00 pro Monat (ab 01. Januar 2002 EUR 230,08 pro Monat) belaufen. Im Zeitraum vom 01. April 1999 bis 31. März 2003 habe folgende Regelung gegolten: Übe ein Arbeitnehmer neben einer nicht geringfügigen (Haupt-)Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber eine geringfügig entlohnte Beschäftigung aus, erfolge in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung eine Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte aus den Beschäftigungen. Dies habe zur Folge, dass auch in der geringfügigen Beschäftigung Versicherungspflicht eingetreten sei. Die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung seien für den Zeitraum vom 01. April 1999 bis 31. März 2003 nachzuerheben. Die Beiträge zu den Umlagen seien für den Zeitraum vom 01. Juli 1998 bis 31. März 2003 nachzuzahlen. Eine Verjährung dieser Beiträge sei noch nicht eingetreten. Die Einstellung der Beigeladenen zu 1) sei über die damalige Hausverwaltung mit schriftlichem Arbeitsvertrag erfolgt. Da eine Hausverwaltung eine Vielzahl solcher Beschäftigungsverhältnisse bei Wohnungseigentümergemeinschaften einrichte und verwalte, habe Kenntnis von der Meldepflicht und ab 01. April 1999 auch von der Beitragspflicht für Aushilfen bestanden. Dies zeige sich insbesondere darin, dass nach dem Wegfall der Regelung der geringfügigen Nebenbeschäftigung neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zum 01. April 2003 die Beigeladene zu 1) bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Minijobzentrale) angemeldet worden sei. Spätestens hier sei das Versäumnis der Nichtanmeldungen der fehlenden Beitragszahlung der damaligen Hausverwaltung offenbar geworden und hätte behoben werden müssen. Das Fehlen der Meldung und die Nichtabführung von Beiträgen seien billigend in Kauf genommen worden. Der Tatbestand des bedingten Vorsatzes, wodurch Beiträge erst nach 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjährt seien (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) sei dadurch erfüllt. Säumniszuschläge seien ab August 1998 für die Umlagebeiträge und ab Mai 1999 für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie berief sich darauf, dass schlichtweg übersehen worden sei, die Beigeladene zu 1) anzumelden. Zum 01. April 2003 sei die Beigeladene zu 1) deshalb angemeldet worden, weil auf die beschlossene Gesetzesänderung in der Presse und in einschlägigen Fachzeitschriften verstärkt hingewiesen worden sei. Die Verjährungsfrist habe dementsprechend vier Jahre betragen. Die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt.

Die Beklagte erwiderte hierauf, dass dem Vortrag in der Widerspruchsbegründung, wonach die Anmeldung versehentlich unterblieben sei, immanent sei, dass E.D. dem Grunde nach bekannt gewesen sei, dass im Fall der Beigeladenen zu 1) eine Anmeldung vorzunehmen und Beiträge abzuführen seien. Dies sei zunächst nicht getan worden. Dieses Versäumnis sei nach dem Vortrag der Klägerin zum 01. April 2003 aufgefallen. Dies wiederum bedeute, dass zu diesem Zeitpunkt klar geworden sei, dass hinsichtlich der Vergangenheit ein Fehler begangen worden sei. Dieser Fehler sei jedoch nur für die Zukunft (ab 01. April 2003) korrigiert worden. Man habe es unterlassen, eine rückwirkende Meldung und Beitragsabführung ab Beschäftigungsbeginn vorzunehmen. Aufgrund dieses Nichthandelns für die Vergangenheit müsse bei strenger Betrachtungsweise nicht nur von bedingtem, sondern sogar von uneingeschränktem Vorsatz ausgegangen werden.

Hierauf entgegnete die Klägerin, dass die Beigeladene zu 1) aus Unkenntnis nicht zur Sozialversicherung gemeldet worden sei. Die Verpflichtung zur Meldung sei erst im Zusammenhang mit der Gesetzesänderung zum 01. April 2003 bekannt geworden. Auch damals sei E.D. aber nicht bekannt gewesen, dass die Beigeladene zu 1) rückwirkend zur Sozialversicherung gemeldet werden müsse. Sie sei davon ausgegangen, mit der zum 01. April 2003 erfolgten Meldung ihre Verpflichtungen erfüllt zu haben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Januar 2008 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die Klägerin müsse sich ein Fehlverhalten von E.D. zurechnen lassen, da diese damals in deren Auftrag und für sie gehandelt habe. Eine vorsätzliche Vorenthaltung von Beiträgen im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV liege vor, wenn der Beitragsschuldner das Bewusstsein und den Willen gehabt habe, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) reiche es aber auch aus, wenn nur bedingter Vorsatz vorliege, d.h. wenn der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. Nach dem Urteil des BSG vom 30. März 2000 (B 12 KR 14/99 R veröffentlicht in Juris = SozR 3-2400 § 25 Nr. 7) liege ein entsprechender Vorsatz regelmäßig vor, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt überhaupt keine Beiträge entrichtet worden seien. Hier seien weder Beiträge abgeführt noch überhaupt Meldungen zur Sozialversicherung gemacht worden. Damit seien die strengen Anforderungen des BSG an den bedingten Vorsatz erfüllt. Hiervon könne auch nicht aufgrund besonderer Umstände abgesehen werden. Von einer Hausverwaltungsfirma, die regelmäßig mit Arbeitnehmern - insbesondere mit geringfügig Beschäftigten - zu tun habe, müsse erwartet werden, dass die Arbeitgeberpflichten zur Meldung von Beschäftigten und gegebenenfalls Beitragsabführung bekannt seien. Verschärfend komme hinzu, dass E.D. nicht einmal zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung zum 01. April 2003 auf die Idee gekommen sei, bei der Einzugsstelle oder beim Rentenversicherungsträger nachzufragen, ob eventuell eine rückwirkende Meldung für die Beigeladene zu 1) erfolgen müsse. Die vorgetragenen Gründe, warum von E.D. keine Anmeldung vorgenommen worden sei, seien im Übrigen uneinheitlich. Der Argumentationswechsel sei nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Vortrags zu stärken.

Hiergegen erhob die Klägerin am 01. Februar 2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie wiederholte, E.D. sei nicht bekannt gewesen, dass die Beigeladene zu 1) als geringfügig Beschäftigte zur Sozialversicherung zu melden sei. Eine etwa zum 01. Juli 1998 entstandene Versicherungspflicht sei deshalb nicht aufgefallen, weil die Beigeladene zu 1), die bei der Stuttgarter Hausreinigungs-GmbH beschäftigt gewesen sei, kurzerhand weiterbeschäftigt worden sei, als das Vertragsverhältnis mit der Hausreinigungs-GmbH zum 30. Juni 1998 beendet worden sei. Von einem vorsätzlichen Verhalten könne nicht die Rede sein.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Mit Beschluss vom 19. Februar 2008 lud das SG die Beigeladene zu 1) zum Verfahren bei. Diese äußerte sich nicht und stellte keinen Antrag.

Das SG hörte anlässlich der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2010 E.D. als Zeugin. E.D. gab hierbei an, dass sie weder gewusst habe, dass sie die Beigeladene zu 1) anzumelden habe, noch dass es möglich sei, eine rückwirkende Anmeldung vorzunehmen. Erst als es durch die Presse gegangen sei, sei die Beigeladene zu 1) 2003 angemeldet worden. Warum sie sich bezüglich der rückwirkenden Anmeldung nicht darüber informiert habe, könne sie nicht sagen. Sie habe dies damals ihrem Steuerberater übergeben, der die Beigeladene zu 1) angemeldet habe.

Mit Urteil vom 26. Januar 2010 änderte das SG den Bescheid vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Januar 2008 dahingehend ab, dass nur die Beiträge und die Säumniszuschläge in gesetzlicher Höhe für die Jahre 1999 bis 2003 gezahlt werden müssten. Zur Begründung führte das SG aus, die Beklagte fordere zu Recht die vorenthaltenen Beiträge für die Jahre 1999 bis 2003 nach. Für die Beiträge, welche im Jahr 2003 hätten abgeführt werden müssen, sei schon die vierjährige Verjährungsfrist bei Erlass des Bescheids am 26. September 2007 noch nicht abgelaufen gewesen. Für die Beiträge aus den Jahren 1998 bis 2002 sei die vierjährige Verjährungsfrist bei der Nachforderung am 26. September 2007 zwar grundsätzlich abgelaufen gewesen. Die Kammer sei vorliegend jedoch davon überzeugt, dass E.D. mindestens seit April 2003 die Vorenthaltung der Beiträge wenigstens billigend in Kauf genommen und somit vorsätzlich gehandelt habe. Dieser Vorsatz sei der Klägerin nach § 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zuzurechnen. Spätestens zum Zeitpunkt der Anmeldung ab 01. April 2003 sei bei E.D. das Bewusstsein eingetreten, dass vor der Gesetzesänderung Versicherungspflicht bestanden habe. E.D. habe die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der Vergangenheit zumindest für möglich gehalten und dabei billigend in Kauf genommen, der Rentenversicherung Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten. Dies habe zur Folge, dass für die Nachforderung der Beiträge aus den Jahren 1999 bis 2003 die 30-jährige Verjährungsfrist eingreife. Ausgeschlossen sei die Nachforderung für das Jahr 1998, denn diese sei im April 2003 bereits verjährt gewesen. Vor dem 01. April 2003 könne E.D. ohne Zweifel grob fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden. Kenntnis von der Versicherungspflicht könne ihr jedoch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die Beiträge zur Umlage in Höhe von EUR 32,21, welche im Jahr 1998 hätten abgeführt werden müssen, könnten deshalb nicht nachgefordert werden.

Mit Ausführungsbescheid vom 29. März 2010 setzte die Beklagte das Urteil des SG um. Sie hob den Bescheid vom 26. September 2007 insoweit auf, als er die Beiträge zur Umlage U 1 und U 2 vom 01. Juli 1998 bis 31. Dezember 1998 betrifft, und setzte die Nachforderung von Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung auf insgesamt EUR 4.391,33 zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 3.341,22, insgesamt EUR 7.732,55 fest. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.

Gegen das am 12. Februar 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. März 2010 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Nach der Aussage von E.D. könne nicht angenommen werden, diese habe die Beigeladene zu 1) für die Vergangenheit zumindest mit bedingtem Vorsatz nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Sie habe bis 2003 keine Kenntnis von der Versicherungspflicht gehabt. Entsprechend ihrer Aussage habe sie das getan, was von ihr im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt werden könne. Sie habe sich sachkundiger Hilfe bedient, nämlich des von ihr auch ansonsten beauftragten Steuerberaters. Zu der typischen Tätigkeit eines Steuerberaters, der Firmen, Wohnungseigentümergemeinschaften etc. vertrete, gehöre auch die Anmeldung von Mitarbeitern z.B. bei der Sozialversicherung. E.D. habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass die Anmeldung korrekt erfolge. Dass sie im Zusammenhang mit der zum 01. April 2003 erfolgten Gesetzesänderung über Fachzeitschriften auch auf die bisherige Rechtslage hingewiesen worden sei, könne nicht unterstellt werden. Die Beiträge seien deshalb verjährt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Januar 2010 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Januar 2008 in der Fassung des Ausführungsbescheids vom 29. März 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheids vom 29. März 2010 abzuweisen.

Sie vertritt weiter die Auffassung, dass E.D., zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt habe. Es könne als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass Arbeitnehmer grundsätzlich versicherungspflichtig in der Sozialversicherung und nur in Ausnahmefällen versicherungsfrei seien. E.D. hätte somit prüfen müssen, ob die Beigeladene zu 1) anzumelden oder versicherungsfrei sei. Dies sei offensichtlich nicht geschehen. Entsprechende Überlegungen hätten von E.D. erwartet werden können. Wenn jemand als Hausverwalter tätig sei und Dritte mit Arbeitsleistungen beauftrage, habe man zwangsläufig zu prüfen, ob man damit Arbeitnehmer beschäftige und welche (sozialversicherungs-)rechtlichen Folgen sich aus der Arbeitgebereigenschaft ergäben. Entsprechende Überlegungen hätten insbesondere von E.D. auch deshalb erwartet werden können, da sie als ausgebildete Finanzwirtin mit rechtlichen - insbesondere öffentlich-rechtlichen - Fragestellungen vertraut gewesen sein müsse. Es möge sein, dass sie die entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften nicht oder nicht im Detail gekannt habe. Sie hätte sich dann jedoch bereits 1998 zwingend in dieser Frage näher informieren und gegebenenfalls von entsprechender Stelle (z.B. Krankenkasse) beraten lassen müssen. Dies sei offensichtlich nicht gesehen. E.D. habe somit eine Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) ab 1998 bereits bei Beschäftigungsbeginn zumindest für möglich halten müssen und habe durch ihr Nichthandeln die unterlassene Beitragsabführung zumindest billigend in Kauf genommen (bedingter Vorsatz). Unabhängig davon gelte, auch wenn E.D. erst 2003 auf eine mögliche Beitragspflicht aufmerksam geworden sein sollte, hätte sie zumindest bei kundiger Stelle klären müssen, ob nicht in der Vergangenheit Versicherungs- bzw. Beitragspflicht bestanden habe. Die Änderungen zum 01. April 2003 hätten die Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit nämlich nicht verschärft, sondern gelockert. Neben der Einführung der Pauschalbeiträge sei auch diese Änderung gegenüber der vorherigen Rechtslage üblicherweise Gegenstand der Presseveröffentlichungen gewesen. Auch der Verweis auf den beauftragten Steuerberater ändere an der Beurteilung nichts. Es sei zunächst Aufgabe von E.D. selbst, eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für die Vergangenheit vorzunehmen. Sofern sie hiermit den Steuerberater beauftragt habe, müsse sie sich dessen Fehlverhalten als Erfüllungsgehilfe zurechnen lassen. Für den Steuerberater würden die obigen Ausführungen zum Kennen müssen und Nichthandeln erst recht gelten.

Der Senat hat mit Beschluss vom 09. April 2010 die Deutsche BKK (Beigeladene zu 2) und die Deutsche BKK - Pflegekasse (Beigeladene zu 3) zum Verfahren beigeladen. Diese haben sich ebenso wie die Beigeladene zu 1) nicht am Verfahren beteiligt und auch keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Januar 2008 in der Fassung des Ausführungsbescheids vom 29. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sowohl die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01. April 1999 bis 31. März 2003 und der Beiträge zur Umlage U 1 und U 2 für den Zeitraum vom 01. Januar 1999 bis 31. März 2003 als auch die Erhebung von Säumniszuschlägen sind rechtmäßig.

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Januar 2008 und in der Fassung des Bescheids vom 29. März 2010. Der Bescheid vom 29. März 2010 ist nach §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden, so dass der Senat über ihn auf Klage entscheidet. Nach dieser Vorschrift wird ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Dies war hier der Fall. Der Bescheid vom 29. März 2010 änderte den ergangenen Ausgangsbescheid vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Januar 2008 bezüglich der Beiträge zur Umlage U1 und U2 vom 01. Juli bis 31. Dezember 1998, im Übrigen wurde die Nachforderung der Beiträge sowie die Erhebung der Säumniszuschläge bestätigt.

Da allein die Klägerin Berufung eingelegt hat, ist im Berufungsverfahren nur zu entscheiden, ob die Beklagte zu Recht Beiträge zur Umlage U 1 und U 2 für die Zeit von 01. Januar 1999 bis 31. März 2003 und Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit von 01. April 1999 bis 31. März 2003 sowie Säumniszuschläge fordert. Denn in diesem Umfang hat das SG die Klage abgewiesen, ohne allerdings diese Abweisung der Klage im Tenor auszusprechen. Der Senat hat deshalb den Tenor des Urteils des SG neu gefasst.

2. Die für die Arbeitgeberprüfung und für die sich anlässlich dieser ergebende Beitragsforderung feststellungsberechtigte Beklagte fordert - was im Berufungsverfahren allein noch streitig ist - zu Recht Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für den Zeitraum vom 01. April 1999 bis 31. März 2003, Beiträge zu den Umlagen U 1 und U 2 für den Zeitraum vom 01. Januar 1999 bis 31. März 2003 und Säumniszuschläge ab 01. Mai 1999 bzw. 01. Januar 1999 in Höhe von EUR 7.732,55.

a) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 SGB IV berechtigt, Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachzufordern. Dies gilt auch für die Umlage U 1 und U 2, denn hierbei handelt es sich ebenfalls um Beitragszahlungen im Sinne dieser Vorschrift (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2002 - B 1 KR 19/01 R -, in juris). Dass § 17 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) ab 01. Januar 2006 außer Kraft getreten ist, hat hieran nichts geändert.

b) Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV u.a. die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 LFZG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.

c) Die Beigeladene zu 1) war in der Zeit ihrer Beschäftigung bei der Klägerin vom 01. April 1999 bis 31. März 2003 aufgrund ihrer entgeltlichen Beschäftigung bei der Klägerin in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 SGB XI) und in der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) versicherungspflichtig. Zwar arbeitete die Beigeladene zu 1) regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche und das Arbeitsentgelt überstieg regelmäßig im Monat nicht DM 630,00 bzw. EUR 325,00, so dass sie bei der Klägerin nach § 8 SGB IV in der vom 01. April 1999 bzw. 01. Januar 2002 bis 31. März 2003 geltenden Fassung eine geringfügige, gemäß § 7 SGB IV in der vom 01. April 1999 bis 31. März 2003 geltenden Fassung grundsätzlich versicherungsfreie Beschäftigung ausübte. Die Beigeladene zu 1) übte diese Beschäftigung jedoch neben einer nicht geringfügigen (Haupt)Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aus. In diesem Fall war nach § 8 Abs. 2 SGB IV in der insoweit vom 01. April 1999 bis 31. März 2003 unveränderten Fassung des Gesetzes die geringfügig entlohnte Beschäftigung und die Hauptbeschäftigung zusammenzurechnen. Dies hatte zur Folge, dass auch in der geringfügigen Beschäftigung bei der Klägerin Versicherungspflicht eintrat. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

d) Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist auch hinsichtlich der Höhe nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat der Berechnung der Beiträge das der Beigeladenen zu 1) von der Klägerin gezahlte Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV), das für die Beitragsbemessung in der Krankenversicherung (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V), in der Pflegeversicherung (§ 57 Abs. 1 SGB XI), in der Rentenversicherung (§ 162 Nr. 1 SGB VI) sowie für die Umlagen U 1 und U 2 (§§ 14, 10 LFZG) maßgeblich ist, zugrundegelegt und mit dem in den einzelnen Versicherungszweigen maßgeblichen Beitragssatz multipliziert. Dies ergibt den Betrag von EUR 4.391,33. Der Senat verweist insoweit auf die dem Bescheid vom 29. März 2010 beigefügte Anlage. Dies wird auch von der Klägerin nicht gerügt.

e) Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Damit entstehen die Beiträge der Sozialversicherungsträger dann, wenn eine versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wird (BSG SozR 4-2400 § 22 Nr. 1), wie dies bei der Beigeladenen zu 1) im streitigen Zeitraum der Fall war. Da die streitigen Beiträge nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen waren, waren sie nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der bis 31. Dezember 2005 und damit im streitigen Zeitraum noch geltenden Fassung spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt.

f) Die nachgeforderten Beiträge zur Umlage U 1 und U 2 für die Zeit von 01. Januar 1999 bis 31. März 2003 und Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit von 01. April 1999 bis 31. März 2003 waren bei ihrer Feststellung im September 2007 entgegen der von der Klägerin weiterhin vertretenen Auffassung auch noch nicht verjährt.

Nach § 25 Abs. 1 SGB IV in der insoweit seit 01. Januar 1983 geltenden Fassung, der nach § 17 LFZG auf die Umlagen nach § 14 LFZG entsprechend Anwendung findet, verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind.

Die Beiträge für Dezember 2002 bis März 2003 waren als sie mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. September 2007 geltend gemacht wurden, auch bei Geltung der kurzen Verjährungsfrist von vier Jahren noch nicht verjährt. Denn die Beiträge für diese Zeit waren in den Monaten Januar 2003 bis April 2003 fällig, so dass Verjährung der Beiträge erst mit dem 31. Dezember 2008 eingetreten wäre. Die Feststellung der Beitragsforderung mit Bescheid vom 26. September 2007 erging damit innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist.

Auch die Beiträge für Januar 1999 bis November 2002 sind nicht verjährt, weil - wovon die Beklagte und des SG zu Recht ausgegangen sind - sie der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegen.

Ob die kurze vierjährige oder die lange dreißigjährige Verjährungsfrist gilt, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber gutgläubig war (d. h. die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten hat) oder ob er bösgläubig war (d.h. die Beiträge vorsätzlich vorenthalten hat). War er bei Fälligkeit der Beiträge gutgläubig und ist er es bis zum Ablauf der dann geltenden vierjährigen Verjährungsfrist geblieben, gilt die kurze Verjährungsfrist. War er hingegen schon bei Fälligkeit der Beiträge bösgläubig, gilt die lange dreißigjährige Verjährungsfrist. Die lange Verjährungsfrist greift auch dann ein, wenn der Arbeitgeber bei Fälligkeit der Beiträge zwar gutgläubig war, aber vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist bösgläubig wurde (vgl. BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; SozR 4-2400 § 23a Nr. 3; ständige Rechtsprechung). Vorsätzlich sind Beiträge dann vorenthalten, wenn der Schuldner von seiner bereits früher entstandenen und fällig gewordenen Beitragsschuld erfährt oder er diese erkennt, die Entrichtung der rückständigen Beiträge aber dennoch willentlich unterlässt. Der Beitragsschuldner bleibt auch in solchen Fällen verpflichtet, bisher unterlassene Meldungen nachzuholen, unrichtige, weil unvollständig erstattete Meldungen zu berichtigen und die bisher unterlassene Beitragszahlung nachzuholen (vgl. § 9 Abs. 2 der 2. Datenerfassungs-Verordnung (2. DEVO) vom 29. Mai 1980, geändert durch Verordnung vom 21. März 1984 für die Zeit bis 31. Dezember 1998; § 28a Abs. 1 Nr. 5, § 28b Abs. 1 SGB IV i. V. mit § 14 Abs. 1 Datenerfassungs- und Übermittlungs-Verordnung (DEÜV) vom 10. Februar 1998 für die Zeit ab 01. Januar 1999). Für Vorsatz im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 3 SGB IV ist das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der Beiträge zu unterlassen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Beiträge mit (nur) bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, also die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - veröffentlicht in juris, BSG SozR 3 - 2400 § 25 Nr. 7 S. 35f.; SozR 4 - 2400 § 23a Nr. 3). Direkter Vorsatz ist daher nicht erforderlich. Das BSG hat in seiner Rechtsprechung Fallgruppen entwickelt, die für das Vorliegen des (bedingten) Vorsatzes sprechen (vgl. BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Danach sind zwar allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestands ausgeschlossen. Jedoch wird Vorsatz regelmäßig dann angenommen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden. Vorsatz liegt auch noch nahe, wenn Beiträge für "verbreitete Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher sowie beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne Weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht. Demgegenüber muss der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und Beitragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt ist, die nicht voll übereinstimmen, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften nach Ansicht des BSG in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen, zumal wenn es sich um kleine Betriebe handelt, bei denen der Arbeitgeber die Beitragsberechnung ohne Fachpersonal selbst vornimmt (vgl. zum Ganzen BSG a.a.O.; SozR 4-2400 § 23a Nr. 3). Jedenfalls dann, wenn feststeht, dass der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht hatte und die Zahlung nicht sichergestellt hat, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies den im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erforderlichen Vorsatz (BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - veröffentlicht in Juris). Andernfalls läuft die Verlängerung der Verjährung in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch bei bedingtem Vorsatz weitgehend ins Leere (vgl. BSG a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, ist der Senat, wie das SG, davon überzeugt, dass die Klägerin die streitigen Beiträge zumindest ab April 2003 für die Zeit von 1999 bis 2003 mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat. E.D. war bei Abschluss des als "Vereinbarung über eine nebenberufliche Beschäftigung als Hausmeister" bezeichneten Arbeitsvertrages mit der Beigeladenen zu 1) bekannt, dass dieser Arbeitsvertrag sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen haben kann. Dies ergibt sich aus der Anmerkung zu Nr. 4 dieser Vereinbarung, in der ausdrücklich darauf abgehoben wird, dass die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) keine Zahlungspflicht in der Sozialversicherung zur Folge haben soll. Daraus ergibt sich, dass E.D. trotz der gewollten geringfügigen und damit an sich versicherungsfreien Beschäftigung bekannt war, dass unter bestimmten Umständen gleichwohl eine Versicherungspflicht bestehen kann. Unterstellt die Beigeladene zu 1) gab die weitere Beschäftigung bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht an, konnte damals E.D. nichts von einer möglichen Versicherungspflicht wissen. Veranlassung, die Beigeladene zu 1) zur Sozialversicherung anzumelden, zumindest jedoch sich über die Frage der Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung Gedanken zu machen, bestand dann allerdings zum 01. April 1999. Denn zu diesem Zeitpunkt ist mit dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 (BGBl. I, S. 388) die pauschale Beitragspflicht zur Kranken- und Rentenversicherung für entgeltgeringfügige Beschäftigungen eingeführt worden. Nach § 249b Satz 1 SGB V in der ab 01. April 1999 geltenden Fassung hatte der Arbeitgeber einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV für Versicherte, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig sind, einen Beitrag (zur Krankenversicherung) in Höhe von 10 v.H. des Arbeitsentgelts dieser Beschäftigung zu tragen. Nach § 172 Abs. 3 SGB V in der ab 01. April 1999 geltenden Fassung trugen die Arbeitgeber für Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind oder die nach § 5 Abs. 4 SGB VI versicherungsfrei sind, einen Beitragsanteil (zur Rentenversicherung) in Höhe von 12 v. H des Arbeitsentgelts, das beitragspflichtig wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären. Es lag deshalb zum damaligen Zeitpunkt die Prüfung nahe, ob diese Pauschalbeiträge abzuführen sind oder nicht. Dies wäre der Fall gewesen, wenn die Beigeladene zu 1) auch unter Berücksichtigung der von ihr ausgeübten weiteren Beschäftigung nur geringfügig beschäftigt gewesen wäre. Wenn die Beigeladene zu 1) in ihrer ausgeübten weiteren Beschäftigung versicherungspflichtig gewesen wäre, wären zwar die Pauschalbeiträge nicht zu entrichten gewesen, es wäre jedoch nach den allgemeinen Regeln die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten gewesen. Wenn E.D. nunmehr zum 01. April 2003 erkannt hat, dass die Beigeladene zu 1) zur Sozialversicherung anzumelden ist, hätte Anlass bestanden, dies auch für die Vergangenheit zu prüfen. Die zum 01. April 2003 erfolgten Änderungen durch das Zweite Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4621) betrafen nicht die pauschale Beitragspflicht zur Kranken- und Rentenversicherung für entgeltgeringfügige Beschäftigungen dem Grunde nach, angehoben wurde allein der Beitragssatz zur Krankenversicherung von 10 v.H. auf 11 v.H. (Art. 3 Nr. 8 Buchst. a) des Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt). Zum 01. April 2003 wurde ferner in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV die Entgeltgeringfügigkeitsgrenze auf EUR 400,00 pro Monat erhöht und die Zeitgrenze von 15 Stunden pro Woche gestrichen (Art. 2 Nr. 3 Buchst. a) aa) des Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt). Insoweit lautete § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV dann wie folgt: Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung regelmäßig im Monat EUR 400,00 nicht übersteigt. Ausgehend von der Behauptung der Klägerin, E.D. habe sich im Jahr 2003 nicht nur über die Tagespresse, sondern auch über Fachzeitschriften informiert, hätte auch die rückwirkende Anmeldung, zumindest aber die Prüfung einer Beitragspflicht auch für die Vergangenheit nahegelegen. Denn in der Fachpresse muss eigentlich auch die schon bestehende pauschale Beitragspflicht des Arbeitgebers für einen (entgelt-)geringfügig Beschäftigten erwähnt worden sein. In Anbetracht ihrer Ausbildung an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung, bei der sie insbesondere Vermögens- und Grundstücksverwaltung gelernt hatte, und der schon langjährigen Tätigkeit als Hausverwalterin - im Jahr 2003 war sie bereits seit etwa sechs Jahren als selbstständige Hausverwalterin tätig - sowie der genannten Kenntnis von möglichen sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen muss sie damit eine Beitragspflicht in der Vergangenheit zumindest für möglich gehalten haben.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil sich E.D. nach dem Vortrag der Klägerin an ihren Steuerberater gewandt hat. Für den Fall, dass E.D. bei diesem wegen der Anmelde- und Beitragspflicht der Beigeladenen zu 1) auch für die Vergangenheit nachgefragt und die Mitteilung erhalten haben sollte, dass eine Anmeldung für die Vergangenheit nicht erforderlich ist, hat sie von ihrem Steuerberater eine fehlerhafte Auskunft erhalten. Dem Steuerberater muss aufgrund seiner Ausbildung die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) auch für die Zeit ab Aufnahme der Tätigkeit, jedenfalls ab 01. April 1999 bis zum 31. März 2003 bekannt gewesen sein. Falls dies nicht so gewesen sein sollte, trifft den Steuerberater zumindest bedingter Vorsatz, d. h. er muss die Versicherungspflicht zumindest für möglich gehalten haben. Dieses Verhalten muss sich die Klägerin gemäß § 278 BGB ebenfalls zurechnen lassen, denn sie hat sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Arbeitgeberin über E.D. auch dieser Person bedient. Für den Fall, dass E.D. ihrem Steuerberater nur den Auftrag gegeben haben sollte, die Beigeladene zu 1) ab 01. April 2003 anzumelden und der Steuerberater E.D. damit über die vorangegangene Versicherungspflicht überhaupt nicht informieren konnte, gilt, dass sich E.D. in diesem Fall nicht bei einer kundigen Stelle im Hinblick auf die Versicherungspflicht in der Vergangenheit hat beraten lassen, so dass sie weiterhin der Vorwurf bedingten Vorsatzes trifft.

g) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte Säumniszuschläge festgesetzt hat. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vom Hundert des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. So liegt der Fall hier nicht. Die Beklagte macht zwar Säumniszuschläge auch für die Vergangenheit geltend, die Klägerin hatte jedoch - wie im Zusammenhang mit der Verjährung ausgeführt - nicht unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht.

Die Höhe der Säumniszuschläge wurde von der Beklagten zutreffend berechnet. Der Senat verweist insoweit auf die dem Bescheid vom 29. März 2010 beigefügte Anlage. Einwände werden von der Klägerin insoweit nicht erhoben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

4. Die Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert für das Klageverfahren ist auf EUR 7.808,49, der Streitwert für das Berufungsverfahren ist auf EUR 7.732,55 festzusetzen. Im Klageverfahren wandte sich die Klägerin gegen die mit Bescheid vom 26. September 2007 verfügte Nachforderung in Höhe von auf EUR 7.808,49, nach Abänderung dieses Bescheides im Berufungsverfahren nur noch gegen die Nachforderung in Höhe von EUR 7.732,55. Die Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV sind mit einzurechnen. Denn es handelt sich nicht um Früchte, Nutzung, Zinsen oder Kosten im Sinne des § 43 GKG (Behn, ZFS 2005, 1998 ff). Der Säumniszuschlag soll auch einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Beiträge dem Versicherungsträger nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen; es handelt sich damit um einen standardisierten Mindestschadensausgleich (BSG SozR 4-2400 § 24 Nr. 2). Die Festsetzung erfolgt für beide Rechtszüge, nachdem eine endgültige Festsetzung in der ersten Instanz nach den dem Senat vorliegenden Akten unterblieben ist.
Rechtskraft
Aus
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