L 9 U 4597/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2544/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 4597/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Entziehung der Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.1.1985.

Der 1960 geborene Kläger erlitt am 19.1.1985 einen Arbeitsunfall, als er bei seiner Tätigkeit als Anzeigenvertreter auf dem Weg zu einem Kunden mit seinem PKW ins Schleudern geriet und auf der Gegenfahrbahn mit einem anderen Pkw zusammenstieß. Hierbei zog er sich eine frische Innenbandruptur am linken Kniegelenk zu, die operativ versorgt wurde. Vom Arbeitsunfall unabhängig bestand ein Zustand nach alter komplexer Kniebandverletzung, ein Zustand nach medialer Menisektomie sowie Refixation eines veralteten Kreuzbandabrisses vom August 1984 (Bericht deren Chirurgischen Universitätsklinik F. vom 23.4.1985 und DA-Bericht vom 5.6.1985).

Mit Bescheid vom 13.12.1985 gewährte die Beklagte dem Kläger nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit vom 22.4.1985 bis 31.1.1986 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. in Form einer Gesamtvergütung.

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 7.2.1986 die Weitergewährung von Rente beantragt hatte, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 12.6.1986 ab 1.2.1986 bis auf weiteres eine vorläufige Rente nach einer MdE um 20 v.H. Als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte sie: "Endgradige Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk. Geringe Muskelminderung des linken Ober- und Unterschenkels. Herabsetzung der Belastungsfähigkeit des linken Beines". Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden nicht anerkannt: "Zustand nach Riss des vorderen Kreuzbandes und Innenmeniskusläsion am linken Kniegelenk (Privatunfall 1984)". Grundlage hierfür war das Gutachten von Dr. H., Oberarzt der Chirurgischen Universitätsklinik F., vom 26.3.1986. Dieser beschrieb darin, der Kläger sei zu der Untersuchung mit angelegter IOWA-Schiene erschienen, die er seit ca. 12 Wochen wieder trage, nachdem gelegentlich eines kleineren Distorsionstraumas das Kniegelenk geschwollen sei. Dr. H. erhob beim Kläger am linken Kniegelenk folgende Bewegungsausmaße: 0-5-125° (rechts: 5-0-145°) und beschrieb folgenden Befund: Reizlose Narbe von 22 cm über dem medialseitigen Kniegelenk sowie 7 cm lange reizlose Narbe über dem lateralen Kniegelenk. Deutliche Prominenz über dem medial-seitigen Femurcondylus (Schraubenkopf). Keine Schwellung, kein Gelenkserguss. Geringes retropatellares Reiben. Vorderes Kreuzband gegenüber rechts gering gelockert. Innenband gegenüber rechts gering gelockert. Beweglichkeit weitgehend frei. Geringe Muskelminderung.

Zur erstmaligen Feststellung der Dauerrente ließ die Beklagte den Kläger von Prof. Dr. L., Oberarzt an der Chirurgischen Universitätsklinik F., untersuchen. Nachdem dieser die Unfallfolgen im Gutachten vom 1.9.1986 mit einer MdE um 10 v.H. eingeschätzt hatte, entzog die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 26.9.1986 die vorläufige Verletztenrente mit Ablauf des Monats Oktober 1986. Sie führte aus, ein Anspruch auf Dauerrente anstelle der vorläufigen Rente bestehe nicht. Die ärztliche Begutachtung habe ergeben, dass die Unfallfolgen (endgradige Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk, geringe Muskelminderung des linken Ober-und Unterschenkels) die Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenberechtigendem Grade minderten. Die Klage hiergegen hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts [SG] Freiburg vom 5.11.1987 - S 9 U 2072/86).

Auf die Berufung des Klägers hob das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 13.6.1988 (L 2 U 326/88) das Urteil des SG vom 5.11.1987 und den Bescheid der Beklagten vom 26.9.1986 auf. Zur Begründung führte es aus, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, da es die Beklagte pflichtwidrig unterlassen habe, die Anhörungsfrist zu verlängern.

Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung des Klägers. Der Orthopäde Dr. N. führte im Gutachten vom 23.8.1988 aus, beim Vergleich mit dem Befund des Gutachtens vom 26.3.1986 ergebe sich keine wesentliche Befundänderung, insbesondere keine Besserung der Unfallfolgen. Die MdE betrage - wie bisher - 20 v.H.

Im Rahmen einer Rentennachprüfung erstattete Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Unfallchirurgischen Klinik des K.hospitals S., zusammen mit Oberarzt Dr. K. ein Gutachten vom 26.5.2006. Darin stellte er eine seitengleiche Kniegelenksfunktion (rechts und links 0-0-135°) fest und nannte als Unfallfolgen: "Stattgehabte Kniegelenksdistorsion mit Innenbandläsion und Rekonstruktion der dorso-medialen Kapselschale am linken Kniegelenk. Zweifach positive mediale Aufklappbarkeit des linken Kniegelenks. Angedeutete hintere Schublade des linken Kniegelenks. Muskelmanteldefizit des linken Beines. Zunahme der medial betonten Arthrose des linken Kniegelenks bei medio-dorsaler Instabilität. Stattgehabte Kniegelenksdistorsion mit Ersatz des vorderen Kreuzbandes und Augmentation mit Kennedy LAD-Band mit geringer ventraler Instabilität. Teilresektion des medialen Meniskus." Die MdE schätzte er auf 20 v.H.

Nach Hinweis der Beklagten auf den Unfall von 1984 und Nachfrage, ob sich die Folgen des Arbeitsunfalls wesentlich geändert hätten und welche MdE sie nunmehr bedingten, führten Prof. Dr. H. und Dr. K. aus, über das Ausmaß der Meniskusresektion sei nichts bekannt. Somit sähen sie die jetzt bestehende medial betonte Arthrose als überwiegende Unfallfolge der erlittenen posterior-medialen Instabilität des rechten (gemeint: linken) Kniegelenks. Das MRT könne einen chronischen hinteren Kreuzbandschaden nicht erfassen bzw. genau festlegen. Aufgrund der erhobenen Befunde schätzten sie die MdE auf 20 v.H.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 7.9.2006 führten PD Dr. G., Nachfolger von Prof. Dr. H., und Dr. K. aus, zum Zeitpunkt der Begutachtung hätten die Unterlagen über die Operation aus dem Jahr 1984 nicht vorgelegen. Unter Bewertung der nunmehr vorliegenden Befunde sei die Innenbandläsion unter geringer Insuffizienz ausgeheilt, die im Gutachten (zu Punkt 5) beschriebenen Veränderungen seien auf den Privatunfall von 1984 zurückzuführen. Als Folge des Arbeitsunfalls bestehe noch eine geringe Insuffizienz des Innenbandes am linken Kniegelenk. Die MdE hierfür betrage 10 v.H.

Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2006 den Bescheid vom 12.6.1986 auf und teilte mit, die Rente auf unbestimmte Zeit werde letztmalig für den Monat November 2006 geleistet. Hinsichtlich der im Bescheid vom 12.6.1986 festgestellten Unfallfolgen sei eine Besserung eingetreten. Die bei dem Unfall vom 19.1.1985 erlittene Innenbandverletzung am linken Kniegelenk sei bis auf eine geringe Innenbandinsuffizienz folgenlos ausgeheilt. Die Belastungsfähigkeit des linken Beines sei unfallbedingt nicht mehr herabgesetzt. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.4.2007 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 8.5.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben, mit der er die Aufhebung des Bescheides vom 16.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.4.2007 begehrt.

Das SG hat den Orthopäden Dr. G. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser ist im Gutachten vom 14.5.2008 zum Ergebnis gelangt, als Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.1.1985 fänden sich noch eine mäßige Insuffizienz des Innenbandes am linken Kniegelenk sowie die beschriebene Narbenbildung über dem linken Innenband. Gegenüber der Rentennachprüfung vom 13.3.1986 (Gutachten vom 26.3.1986) sei das Bewegungsausmaß am linken Knie nunmehr besser; die Flexionsfähigkeit liege nunmehr seitengleich bei 140°, im Gutachten von 1986 habe sie links bei 125° gelegen. Vonseiten des Arbeitsunfalls bestünden mit Ausnahme einer muskulär voll kompensierbaren diskreten medialen Aufklappbarkeit als Zeichen einer mäßigen Innenbandinsuffizienz keine wesentlichen Unfallfolgen. Die Folgen des Arbeitsunfalls bedingten eine MdE um 10 v.H.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 14.9.2008 hat Dr. G. ausgeführt, die Einschätzung der MdE im Rentengutachten zur erstmaligen Feststellung der Dauerrente (Untersuchung vom 15.8.1986) sei mit 10 v.H. korrekt gewesen. Die Beurteilung von Dr. N. halte er nicht für zutreffend.

Mit Urteil vom 23.6.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, gegenüber den im Gutachten vom 26.3.1986 dokumentierten Befunden sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die durch den Arbeitsunfall bedingte MdE betrage jedenfalls seit November 2006 nur noch 10 v.H. Diese Überzeugung stütze das SG auf das Sachverständigengutachten von Dr. G. sowie auf die im Gutachten des Prof. Dr. H. vom 26.5.2006 mitgeteilten Befunde. Der Rechtsgedanke des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs stehe der Entziehung der Rente nicht entgegen. Zwar habe es die Beklagte unterlassen, per Verwaltungsakt eine Dauerrente festzustellen, wie von § 1585 Reichsversicherungsordnung (RVO) vorgeschrieben. Jedenfalls stünde dem Kläger auch bei pflichtgemäßem Verwaltungshandeln die Verletztenrente nicht zu. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 11.9.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7.10.2009 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Rentenbescheides lägen nicht vor. Vorliegend käme nur eine Rücknahmeentscheidung nach § 45 Satz Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Betracht. Dies gelte insbesondere bei der Aufdeckung einer Fehldiagnose oder einer sonstigen fehlerhaften Überbewertung. Unabhängig davon seien auch im Falle der Aufhebung von Verwaltungsakten nach § 48 SGB X Fristen nach § 48 Abs. 4 SGB X zu beachten. Sowohl die Zehnjahresfrist ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts als auch die Jahresfrist ab Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen seien verstrichen. Ausweislich des Gutachtens von Dr. G. sei die Feststellung der Dauerrente aufgrund der dann noch bestehenden Unfallfolgen am 15.8.1986 mit einer MdE um 10 v.H. korrekt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte Kenntnis von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen gehabt. Dass nachträglich das Gutachten von Dr. N. am 13.8.1988 zu einer falschen Einschätzung der MdE gekommen sei, hindere an dieser Erkenntnis nicht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, das Urteil sei zu Recht ergangen. Sie verweise auf ihren Schriftsatz im Klageverfahren vom 3.12.2008. Danach sei zu prüfen gewesen, ob zwischenzeitlich eine wesentliche Änderung in den der damaligen Rentengewährung zu Grunde liegenden Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten sei. Dies sei ausweislich der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten der Fall.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. G. eingeholt. Dieser hat unter dem 6.7.2010 mitgeteilt, die wesentliche Änderung im Vergleich zum Gutachten vom 26.3.1986 bestehe darin, dass der zuletzt erhobene Befund eine freie linksseitige Kniegelenksbeweglichkeit mit Extension/Flexion 0-0-140° ergeben habe. Die Verbesserung der Beweglichkeit lasse sich mit einer MdE um 10 v.H. bewerten.

Mit Verfügung vom 23.2.2011 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 16.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.4.2007 hat. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Beklagte dem Kläger vielmehr zu Recht die Verletztenrente zum 30.11.2006 entzogen.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 23.2.2011 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Entziehung der Verletztenrente - §§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 73 Abs. 3 SGB VII sowie § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger ab 1.12.2006 keine Verletztenrente mehr zusteht, da eine wesentliche Besserung seit den im Gutachten vom 26.3.1986 dokumentierten Befunden eingetreten ist, die jedenfalls seit November 2006 nur noch eine MdE um 10 v.H. bedingen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass Rechtsgrundlage für die Entziehung der Verletztenrente § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X und nicht § 45 Abs. 1 SGB X ist, da der Bescheid vom 12.6.1986 nicht von Anfang an rechtswidrig war. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte dem Kläger nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraumes ab 1.2.1986 eine vorläufige Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. gewährt. Diese Rente wurde gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 RVO - durch Zeitablauf - zur Dauerrente, nachdem das LSG mit Urteil vom 13.6.1988 den Bescheid vom 26.9.1986, mit dem die Beklagte die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt hatte, aus formalen Gründen aufgehoben hatte.

Maßgeblicher Bescheid ist somit der Bescheid vom 12.6.1986. Diesem lag das Gutachten von Dr. H. vom 26.3.1986 zu Grunde. Bei der damaligen gutachterlichen Untersuchung erschien der Kläger mit IOWA-Schiene. Die Kniegelenksbeweglichkeit (Beugung) war links gegenüber rechts um 20 °eingeschränkt, es fand sich eine Muskelminderung am linken Oberschenkel, und es bestand eine geringe Lockerung des Innenbandes. Inzwischen ist die Innenbandläsion unter geringer Insuffizienz ausgeheilt und ein Beugedefizit des linken Kniegelenks gegenüber rechts ist nicht mehr vorhanden, so dass PD Dr. G. und Dr. K. in ihrer Stellungnahme vom 7.9.2006, nachdem sie die Abgrenzung zu dem Vorschaden aufgrund des privaten Unfalls von 1984 vorgenommen haben, nachvollziehbar und überzeugend die MdE auf 10 v.H. geschätzt haben. Durch das Gutachten von Dr. G. vom 14.5.2008 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 14.9.2008 und zuletzt im Berufungsverfahren vom 6.7.2010 wurde diese Beurteilung bestätigt, wobei Dr. G. dargelegt hat, dass der nunmehr erhobene Befund eine wesentliche Besserung darstellt und die Änderung der MdE mehr als 5 v.H. beträgt.

Die Beklagte war auch nicht durch § 48 Abs. 4 SGB X gehindert, den Bescheid vom 12.6.1986 aufzuheben, selbst wenn die Änderung - hier Besserung - schon im September 1986 (Gutachten Prof. Dr. L.) bzw. im August 1988 (Gutachten Dr. N.) eingetreten sein sollte. Denn mit Wirkung für die Zukunft (mit Bescheid vom 16.11.2006 hat die Beklagte den Bescheid vom 12.6.1986 für die Zukunft, nämlich ab 1.12.2006, aufgehoben) können Bescheide mit Dauerwirkung auch dann noch wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn seit der Änderung mehr als 10 Jahre verstrichen sind. Dem steht die Regelung in § 48 Abs. 4 SGB X Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.1992 - 9a RV 20/90 - in SozR 3-1300 § 48 Nr. 22; Steinwedel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, Stand Oktober 2010, § 48 SGB X Rn. 77). Die Verweisung von § 48 Abs. 4 SGB X auf § 45 Abs. 4 SGB X ist nur dahingehend zu verstehen, dass eine Aufhebung des Ursprungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Berechtigten lediglich durch einen Bescheid möglich ist, der innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Behörde von den Aufhebungstatsachen ergeht (Steinwedel a.a.O. Rn. 78). Vorliegend handelt es sich jedoch um eine Aufhebung für die Zukunft, wie oben dargelegt wurde. Darüber hinaus war der Beklagten erst nach Eingang der Stellungnahme von PD Dr. G./Dr. K. vom 7.9.2006 am 29.9.2006 bekannt, dass die Unfallfolgen lediglich eine MdE um 10 v.H. bedingen und erst am 8.11.2006 ging die Stellungnahme des Klägers zum Anhörungsschreiben ein. Mit dem Bescheid vom 16.11.2006 wäre die Einjahresfrist damit gewahrt.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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