L 5 AS 2149/10 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 39 AS 16717/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 2149/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die durch § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II vorgenommene Unterscheidung zwischen Teilaufhebungen und Vollaufhebungen verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Beschwerde des Klägers gegen Versagung von Prozesskostenhilfe durch den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 3. November 2010 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Die am 15. November 2010 eingegangene Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 3. November 2010, mit dem der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist, hat keinen Erfolg.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat aus § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 114 Satz 1, 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.

Die am 25. Mai 2010 erhobene Anfechtungsklage richtet sich gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 11. März 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 1. bis zum 30. Juli 2009 teilweise und vom 1. bis zum 31. August 2009 vollständig aufgehoben und insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.078,07 EUR zurückfordert, und zwar wegen der nachträglichen Anrechnung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Der Kläger arbeitete in den streitgegenständlichen Monaten für den Verein zur Förderung von Arbeit, Forschung und Bildung (AFB) sowie für das Bezirksamt S-Z von B. Vom AFB erhielt er im Juli 2009 ein Nettoentgelt in Höhe von 828,44 EUR (Brutto 1.083,33 EUR) und im August in Höhe von 361,19 EUR (Brutto 476,67 EUR). Vom Bezirksamt bezog er im August 2009 ein Nettoentgelt in Höhe von 791,57 EUR (Brutto 1.170,29 EUR), von dem der Arbeitgeber einen Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 16,50 EUR abführte. Insgesamt erzielte er im August 2009 ein Nettoentgelt in Höhe von 1152,76 EUR (Brutto 1.646,96 EUR). Der Kläger ist der Auffassung, der zurückgeforderte Betrag sei um 127,47 EUR zu hoch. Der Beklagte habe zu Unrecht den Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung nicht in voller Höhe von dem zu berücksichtigenden Einkommen abgesetzt. Soweit der Beklagte ihm bei der Rückforderung für den Monat Juli – abweichend vom Monat August – von den Leistungen für die Unterkunft nicht 56 Prozent belassen habe, sei in der dieser Verfahrensweise zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu sehen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11. März 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2008 ist rechtmäßig. Die Rechtsgrundlage ist § 40 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit den §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X), 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Hierbei gilt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X in Fällen, in denen Einkommen auf einen zurückliegenden Zeitraum anzurechnen ist, als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Beginn des Anrechnungszeitraums.

Das erzielte Einkommen des Klägers führte im streitigen Zeitraum im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zur Minderung des Leistungsanspruchs, so dass die Bewilligung aus diesem Grunde teilweise aufzuheben war. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers wurde durch das erhöhte Einkommen vermindert. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Von dem anerkannten Bedarf ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II das anzurechnende Einkommen abzuziehen. Dabei sind laufende Einnahmen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V a. F.) vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2942) für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Die Arbeitsentgelte wurden dem Kläger jeweils am Ende des laufenden Monats überwiesen, so dass sie für diesen Monat als Einkommen zu berücksichtigen sind.

Von den Nettoentgelten ist nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II ein Grundfreibetrag in Höhe von 100,- EUR abzusetzen. Die Absetzung eines höheren Grundfreibetrages kommt nicht in Betracht. Sie ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II nur möglich, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Absetzbeträge aus § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis Nr. 5 SGB II den Grundfreibetrag von 100,- EUR übersteigt, was hier nicht der Fall ist. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis Nr. 5 SGB II sind vom Einkommen abzusetzen: Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (Nr. 3); geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten (Nr. 4); die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (Nr. 5). Im Rahmen des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II steht dem Kläger nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V a. F. ein pauschaler monatlicher Absetzbetrag für Versicherungen in Höhe 30,- EUR zu. Mit dem festgelegten Betrag werden die Beiträge zu privaten Versicherungen abgedeckt, die bei in einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Bürgern in Deutschland allgemein üblich sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R). Die Pauschale ist ohne jeden Nachweis abzuziehen (Bundessozialgericht, Urteil vom 19. September 2009, B 14 AS 56/07 R; Urteil vom 13. Mai 2009, B 4 AS 39/08 R). Darüber hinaus können nur Beiträge für Versicherungen im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II abgesetzt werden, die mit der Versicherungspauschale nicht abgegolten sind und die durch konkrete Ausgaben nachgewiesen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 21. Dezember 2009, B 14 AS 42/08 R). Dazu gehört hier der im August 2009 geleistete Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 16,50 EUR, der jedenfalls bis zur ersten rechtlichen Möglichkeit der Änderung der Beitragshöhe nach dem Beginn des Leistungsbezugs (Schonfrist) in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen ist. Danach ist er nur noch bis zur Höhe des Mindesteigenbeitrags nach § 86 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen (Bundessozialgericht, Urteil vom 9. November 2010, B 4 AS 7/10 R). Da es sich im vorliegenden Fall um ein vom 12. August 2009 bis zum 2. Oktober 2009 befristetes Arbeitsverhältnis handelte, muss der tatsächliche Beitrag abgesetzt werden. Soweit § 6 Abs. 1 Nr. 3 Alg II-V a. F. bestimmt, dass von dem Einkommen Erwerbstätiger für die Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II bei Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit monatlich ein Sechzigstel der steuerrechtlichen Werbungskostenpauschale (§ 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG) als mit seiner Erzielung verbundene notwendige Ausgaben, zusätzlich bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,06 EUR für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist, sind hier als nachgewiesene höhere notwendige Ausgaben die Aufwendungen für das Sozialticket in Höhe von 33,50 EUR anzusetzen. Zudem ist auch der Gewerkschaftsbeitrag in Höhe von 13,- EUR abzusetzen (vgl. zum Sozialhilferecht: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 4. Juni 1981, 5 C 46/80; zum Recht der Arbeitslosenversicherung: Bundessozialgericht, Urteil vom 17. März 2005, B 7a/7 AL 70/04 R). Damit ergeben sich für den Monat Juli nur Absetzbeträge in Höhe von 76,50 EUR (30,- EUR + 33,50 EUR + 13,- EUR) und für den Monat August in Höhe von 93,- EUR (30,- EUR + 16,50 EUR + 33,50 EUR + 13,- EUR), so dass der Grundfreibetrag von 100,- EUR jeweils nicht überschritten wird. Weitere anzuerkennende Beträge sind weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

Darüber hinaus sind gemäß § 30 SGB II von dem monatlichen Nettoeinkommen aus der Erwerbstätigkeit weitere Freibeträge abzusetzen, und zwar für den Teil des monatlichen Bruttoeinkommens, das 100,- EUR übersteigt und nicht mehr als 800,- EUR beträgt, ein Betrag von 20 Prozent – hier also in Höhe von 140,- EUR – und für den Teil des monatlichen Bruttoeinkommens, das 800,- EUR übersteigt und nicht mehr als 1.200,- EUR beträgt, ein Betrag von 10 Prozent – hier also für den Monat Juli in Höhe von 28,33 EUR und für den Monat August in Höhe von 40,- EUR. Insgesamt sind von den Nettoentgelten demnach für Juli Freibeträge in Höhe von 268,33 EUR (100,- EUR + 140,- EUR + 28,33 EUR) und für August in Höhe von 280,- EUR (100,- EUR + 140,- EUR + 40,- EUR) abzuziehen, so dass für Juli 560,11 EUR (828,44 EUR – 268,33 EUR) und für August 872,76 EUR (1.152,67 EUR – 280,- EUR) zur Anrechnung verbleiben. Ausgehend von den für die Monate Juli und August gewährten Leistungen in Höhe von jeweils 663,- EUR ergibt sich für Juli noch ein Anspruch in Höhe von 102,89 EUR (663,- EUR – 560,11 EUR), während für August kein Anspruch mehr verbleibt (663,- EUR – 872,76 EUR).

Der Aufhebung steht nicht die Jahresfrist des gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 48 Abs. 4 SGB X entsprechend anzuwendenden § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entgegen. Danach muss die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, dieses innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme des Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen. Diese Frist hat der Beklagte eingehalten.

Die Rückforderung beruht auf § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB X. Danach sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, wobei die Behörde die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen hat. Die Ausnahmevorschrift des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach abweichend von § 50 SGB X 56 Prozent der berücksichtigten Kosten für die Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für die Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten sind, ist gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der seit dem 1. April 2006 geltenden Fassung (BGBl. I S. 558, 559) auf den Monat Juli nicht anwendbar, da es sich hier um eine teilweise Aufhebung der Bewilligung handelt. Hinsichtlich des Monats August hat der Beklagte dem Kläger zutreffend 56 Prozent der Unterkunftskosten ohne Berücksichtigung der Heiz- und Warmwasserkosten (213,- EUR Kaltmiete + 46,- EUR Betriebskosten = 259,- EUR) belassen, indem er von dem Aufhebungs- und Erstattungsbetrag 145,04 EUR (259,- EUR: 100 x 56) abgezogen und von den überzahlten 663,- EUR nur noch 517,96 EUR gefordert hat. Die Gesamtforderung in Höhe von 1.078,07 EUR (560,11 EUR + 517,96 EUR) ist demnach nicht zu beanstanden.

Soweit der Kläger in der Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sieht (so auch Conradis in Münder, SGB II, 3. Auflage 2009, § 40 Rn 24; Brönstrup in GK-SGB II, § 40 Rn 160), teilt der Senat diese Auffassung nicht (ebenso ablehnend Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Februar 2011, L 7 AS 724/09; Urteil vom 21. Februar 2011, L 7 AS 725/09). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz, der die Gleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte gebietet, ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lässt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. September 2007, 2 BvR 1673/03, 2 BvR 2267/03, 2 BvR 1046/04, 2 BvR 584/07, 2 BvR 585/07, 2 BvR 586/07). Dabei ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende und generalisierende Regelungen aus Praktikabilitätsgründen notwendig sein können. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden, wenn die Benachteiligung nur eine kleine Anzahl von Personen betrifft und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Stehen die wirtschaftlichen Folgen einer solchen Regelung jedoch in einem Missverhältnis zu den mit der Typisierung verbundenen Vorteilen, so genügt sie dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht (Beschluss vom 2. Mai 2006, 1 BvR 1275/97).

Die durch § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II vorgenommene Unterscheidung zwischen einer vollständigen und einer teilweisen Aufhebung beruht auf sachlichen Gründen. Ausgangspunkt war die Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Neuregelung der Sozialhilfe. Die Empfänger dieser Transferleistungen wurden von dem Bezug von Wohngeld ausgeschlossen, um zu vermeiden, dass zwei Stellen – nämlich die Transferleistungsbehörde und die Wohngeldbehörde – in die Bewilligung der Unterkunftskosten eingeschaltet werden müssen. Mit der Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II, die ursprünglich nur die Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfasste, sollte ausweislich der Gesetzesbegründung berücksichtigt werden, dass nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 1969 (1 BvL 4/69) der Ausschluss von Sozialhilfeempfängern vom Wohngeldbezug mit Art. 3 Abs. 1 GG nach der damaligen Rechtslage unvereinbar war. Der Ausschluss der Empfänger des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes vom Wohngeld sollte sich deshalb rechtlich und tatsächlich nicht nachteilig auf die Betroffenen auswirken. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass das Wohngeld grundsätzlich nicht der Rückforderung unterliegt. Die Betroffenen sollten durch den teilweisen Ausschluss der Rückforderung der Transferleistungen so gestellt werden, wie sie stünden, wenn sie Wohngeld erhalten hätten. Der Gesetzesbegründung zufolge orientiert sich der Satz von 56 Prozent am tatsächlichen Subventionssatz des besonderen Mietzuschusses auf der Basis der empirischen Werte der Wohngeldstatistik 2001. Der durchschnittliche Subventionssatz ergibt sich danach durch Teilung des durchschnittlichen Wohngeldanspruchs durch die durchschnittliche berücksichtigungsfähige Miete (BT-Drucksache 15/1516, S. 48f., 63). Die Einbeziehung von Teilaufhebungen in die Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II erfolgte im Ergebnis mit derselben Begründung. Die Vorschrift sei eine Folge des Wegfalls des Wohngeldes für Leistungsempfänger nach dem SGB II. Als Kompensation solle der Teil der Unterkunftskosten, der durchschnittlich der Leistung des Wohngeldes für frühere Sozialhilfeempfänger entsprach, nicht zurückerstattet werden müssen (BT-Drucksache 16/688, S. 6).

Die Unterscheidung zwischen Teilaufhebungen und Vollaufhebungen ist demnach grundsätzlich dadurch gerechtfertigt, dass nur dann ein Anspruch auf Gewährung von Wohngeld bestanden hätte, wenn keine Leistungen nach dem SGB II gewährt worden wären. Wer infolge einer Teilaufhebung weiterhin nach dem SGB II leistungsberechtigt ist, muss nicht so gestellt werden, als hätte er Wohngeld bezogen, da er einen Teil seiner Leistungen für Unterkunft und Heizung ohnehin behalten darf. Soweit es durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Pauschalierung des Anteils an den Kosten der Unterkunft, der bei vollständiger Aufhebung und Rückforderung der Leistungen verbleibt, im Einzelfall zu ungleichen Ergebnissen gegenüber denjenigen kommen kann, bei denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird, nämlich bei einer Teilaufhebung von über 44 Prozent der berücksichtigten Kosten der Unterkunft, sind diese Ungleichbehandlungen nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinzunehmen. Die Unterscheidung betrifft nur einen kleinen Personenkreis, nämlich von sämtlichen Hilfesuchenden lediglich diejenigen, die überhaupt über ein Einkommen verfügen, das zudem wegen der Anrechnungsreihenfolge aus § 19 Satz 3 SGB II höher als die den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zustehenden Regelleistungen und darüber hinaus höher als 44 Prozent der Aufwendungen für die Unterkunft sein muss. Dass nur ein kleiner Personenkreis betroffen sein kann, belegt auch die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Danach verdienten im Dezember 2008 lediglich 27,4 Prozent aller erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Davon bezogen 55 Prozent der abhängig erwerbstätigen Leistungsempfänger monatlich Bruttoeinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 400,- EUR, 19 Prozent zwischen 400,- und 800,- EUR und 27 Prozent mehr als 800,- EUR (Bundesagentur für Arbeit, Grundsicherung für Arbeitsuchende: Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher: Begriff, Messung, Struktur und Entwicklung, März 2010, S. 8-9, www.statistik.arbeitsagentur.de). Die Auswirkung der Ungleichbehandlung ist auch nicht sehr intensiv. Dem Hilfesuchenden werden bei der Anrechnung von Einkommen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II sowie gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II in Verbindung mit § 30 SGB II erhebliche Freibeträge eingeräumt, die zur Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung eingesetzt werden können, da sie nicht der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dienen, sondern lediglich einen Anreiz zur Arbeitsaufnahme beziehungsweise zur Arbeitsbeibehaltung bieten sollen (BT-Drucksache 15/1516, S. 59-60; BT-Drucksache 15/5446, S. 4-5).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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