L 19 AS 1369/10 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 1393/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1369/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 22.06.2010 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Kläger begehren die Erstattung von Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Durch Bescheid vom 26.01.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2009. Die Klägerin zu 1) nahm am 02.02.2009 eine Beschäftigung auf. Mit Schreiben vom 26.03.2009 forderte die Beklagte von der Klägerin die erste Lohnabrechnung, einen Nachweis über den Eingang des ersten Lohnes sowie alle weiteren Lohnabrechnungen an. Sie führte aus, dass aufgrund der Arbeitsaufnahme der Klägerin ab 02.02.2009 bei der Leistungsberechnung ein fiktives Einkommen von 200,00 EUR angerechnet werde. Sobald die geforderten Unterlagen vorlägen, werde eine Neuberechnung durchgeführt, ggf. könne dann noch ein Betrag nachgezahlt werden. Durch Bescheid vom 23.04.2009 mit der Überschrift "Änderung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Änderungszeitraum: 01.02.2009 - 31.07.2009" bewilligte die Beklagte den Klägern ab 01.05.2009 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 977,68 EUR unter Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens der Klägerin von 80,00 EUR. Am 23.04.2009 ging bei der Beklagten eine Kopie der Kündigungsbestätigung der Arbeitgeberin vom 16.04.2009 ein, in dem das Ende des Arbeitsverhältnisses infolge einer Kündigung durch die Klägerin zu 1) zum 10.04.2009 bestätigt wurde. Laut Eingangsstempel vom 24.04.2009 lag diese Unterlage am 24.04.2009 der sachbearbeitenden Mitarbeiterin vor.

Am 05.05.2009 ging bei der Beklagten ein Widerspruch des Klägers zu 2) gegen den Bescheid vom 23.04.2009 ein. Er führte aus, dass das Arbeitsverhältnis seiner Frau seit dem 10.05.2009 nicht mehr bestehe. Die relevanten Unterlagen lägen dem Beklagten schon seit dem 12.04.2009 vor. Dem Widerspruch war eine Kopie der Kündigungsbestätigung vom 16.04.2009, des Arbeitsvertrages vom 02.02.2009 sowie die Lohnabrechnungen betreffend die Monate Februar 2009 und März 2009 beigefügt.

Mit Schreiben vom 05.05.2009, eingegangen bei der Beklagten am 05.05.2009 per Telefax, erhob der Prozessbevollmächtigte im Namen der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.04.2009. Er wandte sich gegen die Zurechnung eines fiktiven Einkommens in Höhe von 200,00 EUR. Des weiteren bestätigte er mit Schreiben vom 05.05.2009 an die Kläger die Mandatsübernahme am 29.04.2009. Im Mai 2009 nahm die Klägerin zu 1) Beschäftigungen (drei Putzstellen) mit einem Gesamteinkommen von 45,00 EUR mtl. auf. Durch Bescheid vom 24.06.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen in Höhe von 991,80 EUR für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2009 ohne Anrechnung eines Einkommens. Durch weiteren Bescheid vom 06.07.2009 verfügte sie die Auszahlung einer einmaligen Leistung in Höhe von 236,40 EUR. Sie führte aus, dass aufgrund der eingereichten Einkommensunterlagen der Klägerin zu 1) sich für den Zeitraum von März 2009 bis Juli 2009 eine Nachzahlung in Höhe von 236,40 EUR ergebe. Mit Schreiben vom 17.07.2009 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten mit, dass aufgrund der eingereichten Einkommensunterlagen für die Zeit von März bis Juli 2009 Neuberechnungen durchgeführt worden seien. Die Nachzahlung und einen entsprechenden Einmalzahlbescheid hätten seine Mandanten erhalten. Den Widersprüchen sei mit Bescheid vom 06.07.2009 abgeholfen worden.

Daraufhin beantragte der Prozessbevollmächtigte die Kosten der Beauftragung als notwendig im Sinne von § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) anzuerkennen und den Klägern einen Betrag von 456,96 EUR zu erstatten.

Durch Bescheid vom 24.09.2009 lehnte die Beklagte die Übernahme der Gebühren des Prozessbevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren mit der Begründung ab, dass die Einschaltung eines Bevollmächtigten für das Verfahren nicht erforderlich gewesen sei. Der Kläger zu 2) habe mit gleichem Datum ebenfalls einen Widerspruch in gleicher Sache eingereicht. Dieser Widerspruch sei für die Angelegenheit ausreichend gewesen. Andere Angaben, die zur Entscheidung erforderlich gewesen seien, seien vom Prozessbevollmächtigten nicht gemacht worden. Somit sei die Einschaltung eines Bevollmächtigten für dieses Verfahren nicht erforderlich gewesen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2010 zurück.

Hiergegen haben die Kläger am 26.03.2010 Klage erhoben.

Durch Beschluss vom 22.06.2010 hat das Sozialgericht Dortmund den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Hiergegen haben die Kläger Beschwerde eingelegt.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Das Sozialgericht hat die hinreichende Aussicht auf Erfolg vorliegend zutreffend verneint.

Eine Behörde hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Dies ist der Fall, wenn zwischen dem Rechtsbehelf und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht. Ein Widerspruch ist nicht immer schon dann erfolgreich, wenn zeitlich nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eine dem Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung ergeht, wenn also der belastende Verwaltungsakt, der Widerspruch des Betroffenen hiergegen und ein "stattgebender" Verwaltungsakt in zeitlicher Reihenfolge stehen. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (BSG Urteile vom 13.10.2010 - B 6 KA 29/09 R = juris Rn 16 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen, vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R = juris Rn 30 und vom 21.07.1992 - 4 RA 20/91 = juris Rn 19). Vorliegend kann dahinstehen, ob aufgrund des Verhaltens des Klägers zu 2) - zeitgleiche Einlegung eines Widerspruchs verbunden mit der Vorlage von Unterlagen, welche die Höhe der Lohnzahlungen sowie das Ende des Beschäftigungsverhältnisses belegten, - ein solcher Ursachenzusammenhang verneint werden kann. Gegen einen solchen Zusammenhang spricht schon, dass die für die Aufhebung des Bescheides vom 23.04.2009 wesentlichen Unterlagen - Beleg über die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 10.04.2009 - der Beklagten schon am 23.04.2009 vorgelegen haben.

Nach summarischer Prüfung der Sachlage ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wegen der besonderen Umstände im vorliegenden Fall nicht notwendig i.S.v. § 63 Abs. 2 SGB X gewesen. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ist danach zu beurteilen, ob ein Widerspruchsführer es für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden. Dies beurteilt sich nicht aus subjektiver Sicht des Widerspruchsführers sondern aus der Sicht eines verständigen Beteiligten, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Es kommt darauf an, ob vom Standpunkt einer vernünftigen Person ohne spezielle Rechtskenntnisse in der gegebenen Konstellation die Zuziehung eines Rechtsbeistandes geboten gewesen wäre. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt, in dem die mit Aufwendungen verbundene Handlung vorgenommen worden ist (vgl. BSG Urteile vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R = juris Rn 25 u. vom 20.11.2001 - B 1 KR 21/00 R = juris Rn 16). Vorliegend ist aus dem Verfügungssatz des Bescheides vom 23.04.2009 - "Aufgrund des eingereichten Arbeitsvertrages ab 2.2.09 wird bei ihrer Bedarfsberechnung ab Mai ein fiktives Einkommen von 200,00 EUR angerechnet" - für die Kläger zu erkennen gewesen ist, dass der Beklagte bei Erlass des Bescheides am 23.04.2009 davon ausgegangen ist, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu 2) über den 30.04.2009 hinaus fortbesteht. Für die Kläger ist auch aus dem Handeln der Beklagten erkennbar gewesen, dass zumindest der sachbearbeitende Mitarbeiter der Beklagten bei Erlass des Aufhebungsbescheides vom 23.04.2009 keine Kenntnis von der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin zu 1) zum 10.04.2009 hatte. Auch ohne spezielle Rechtskenntnisse ist für die Kläger deshalb unter Berücksichtigung der dem Bescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung erkennbar gewesen, dass gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen ist und dem Beklagten Belege über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im April 2009 zur Klärung der Sachlage vorgelegt werden müssen. Dies ergibt sich auch aus dem späteren Handeln des Klägers zu 2) - Einlegung eines selbst verfassten Widerspruchs unter Vorlage der angeforderten Lohnbescheinigungen sowie der Kündigungsbestätigung vom 16.04.2009 -. Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass die Beklagte seit dem 12.04.2009 Kenntnis von der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin zu 1) hatte und sie aufgrund der Verfahrensweise der Beklagte auf Beistand angewiesen gewesen seien, ist nach Aktenlage nicht belegt, dass sie die Beklagte 11 Tage vor Erlass des Bescheides mündlich oder schriftlich über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unterrichtet haben. Belegt ist lediglich der Eingang des Schreibens vom 16.04.2009 (in dem die Arbeitgeberin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin zu 1) zum 10.04.2009 bestätigte) laut Eingangstempel am 23.04.2009 bei der Beklagten und am 24.04.2009 bei der sachbearbeitenden Stelle, also nach Erlass des Aufhebungsbescheides. Das Eingangsdatum - der 23.04.2009 - sowie das Ausstellungsdatum der Kündigungsbestätigung sprechen dafür, dass die Unterlagen erst kurz vor Erlass des Aufhebungsbescheides von den Klägern abgesandt worden sind, so dass es aus der Sicht eines verständigen Beteiligten nahegelegen hätte, zunächst mit der Beklagten abzuklären, ob ihm die Unterlagen bei Erlass des maßgeblichen Bescheides vorgelegen haben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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